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2/2021
Mobilität für Landstreitkräfte Fähigkeiten, Technologien, Trends
SCHUTZ UND ÜBERLEBENSFÄHIGKEIT DURCH MOBILITÄT HUTCHINSON WELTWEIT IM EINSATZ
SAFETANK
Fotos: Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG, General Dynamics European Land Systems-Mowag GmbH, Rheinmetall MAN Military Vehicles Österreich GesmbH
auslauf- und explosionsgeschützt
RÄDER UND NOTLAUFSYSTEME einsatzerprobt
TIRE SAVER SHIELD™ hochwirksam
[emailprotected]
Grußwort
Foto: Deutscher Bundestag
Military Mobility in der Landes- und Bündnisverteidigung: Es muss schneller gehen!
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er russische Truppenaufmarsch an der ukrainischen Ost-Grenze im Frühjahr dieses Jahres hat die NATO und Europa mit Vehemenz daran erinnert, dass insbesondere der Faktor Zeit bei der Herstellung der Einsatzfähigkeit in der Landes- und Bündnisverteidigung eine ganz entscheidende Rolle spielt. Mit der VJTF und den NRF-Einheiten hat die NATO besonders im Baltikum und in Polen wieder ihre ursprüngliche Aufgabe der territorialen Verteidigung unterstrichen. Der Anspruch ist, dass die VJTF binnen 48 bis 72 Stunden dort steht, wo sie gebraucht wird. Soll dies gewährleistet sein, ist eine geeignete Infrastruktur unabdingbar. Für Europa bedeutet das konkret: „Military Schengen“. Die Befähigung also, militärische Güter ebenso schnell und reibungslos über die Grenzen auf dem europäischen Kontinent transportieren zu können, wie es heute bereits mit dem zivilen Warenverkehr innerhalb der EU der Fall ist. Deutschland wird dabei eine buchstäblich zentrale Rolle zuteil, weil es durch seine geografische Lage im Herzen Europas wie kein anderes Land eine Achse zwischen West und Ost, zwischen Nord und Süd darstellt und damit zwangsläufig auch die logistische Drehscheibe eines militärischen Schengenraumes bildet. Das 2018 in Ulm aufgestellte NATO Joint Support and Enabling Command (JSEC) trägt dieser Tatsache Rechnung. Beginnend mit dem NATO Readiness Action Plan 2014, der Roadmap on Military Mobility, der Gemeinsamen Mitteilung zur Verbesserung der militärischen Mobilität in der EU und dem Aktionsplan zur militärischen Mobilität in den Jahren 2017 und 2018 sind hier wichtige Weichenstellungen erfolgt. Insbesondere das 2018 ins Leben gerufene PESCOProjekt Military Mobility, an welchem sich neben Deutschland auch 23 weitere EU-Mitgliedsstaaten beteiligen, bildet hierbei das Fundament der europäischen Bemühungen um eine bruchlose militärische Verlegefähigkeit auf dem
Kontinent. Dass sich die USA, Kanada und Norwegen unmittelbar nach der Öffnung des Projektes für Drittstaaten der Initiative angeschlossen haben, unterstreicht nochmals die Bedeutung der militärischen Mobilität in Europa für das NATO-Bündnis in toto. Neben dem dringend gebotenen Abbau bürokratischer Hürden muss hierbei die Ertüchtigung der Infrastruktur im Zentrum stehen, denn auch in Deutschland sind längst nicht mehr alle Brücken und Straßen den Belastungen militärischer Schwertransporte gewachsen. Je weiter wir nach Osten blicken, desto dringlicher stellt sich diese Notwendigkeit dar. Gleichwohl hat die Übung Defender Europe 20 deutlich gemacht, dass die Lücke bis zum Eintreffen von Folgekräften im Falle eine Eskalation an der Peripherie Europas nur durch europäische Kräfte geschlossen werden kann. Hieraus ergeben sich speziell für das Heer spezifische Herausforderungen, die gezielt angegangen werden müssen. Der Fokus muss auf schnell verlegbaren Kräften und einem funktionalen Mix aus Rad- und Kettenfahrzeugen liegen. Der Anfang dieses Jahres erbrachte Nachweis der taktischen Gefechtstauglichkeit des Puma stimmt mich hier zuversichtlicher. Für die VJTF 2023 haben wir im Parlament viel auf den Weg bringen können – hierzu zählen die gleichnamige Kampfwertstei-
gerung für insgesamt 41 Schützenpanzer Puma und die notwendige Ausstattung zur Realisierung eines Battle Management Systems. Die Beschaffung des Pionierpanzers, die Fortschritte bei der Weiterentwicklung der britisch-deutschen Brückenlegefähigkeiten in Minden, die bewegliche Unterbringung im Einsatz – etliche Entscheidungen zur Stärkung des Heeres sind getroffen worden. Im Sinne der Durchhaltefähigkeit muss hierbei unbedingt berücksichtigt werden, dass logistische und sanitätsdienstliche Leistungen, etwa der geschützte Verwundetentransport, beim Ausbau der Mobilität des Heeres nicht ins Hintertreffen geraten dürfen. Dringlich sind und bleiben die Entscheidungen über einen schweren Transporthubschrauber sowie den mobilen bodengebundenen Schutz gegen Bedrohungen aus der Luft. Es bleibt also noch viel zu tun, um die gesteckten Ziele entlang der Wegmarken 2023, 2027 und 2031 zu erreichen. Das Parlament konnte vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen erwirken, dass der Verteidigungsetat trotz der CoronaZäsur auch 2021 stabil geblieben ist und sogar in der Planung für 2022 leicht anwächst. Dennoch wird der pandemiebedingt beispiellose wirtschaftliche Einbruch der vergangenen Monate haushalterisch auch an der Bundeswehr nicht spurlos vorübergehen können. Umso wichtiger ist es deshalb, dass seitens des Ministeriums eine sinnvolle Priorisierung entlang des Fähigkeitsprofils vorgenommen wird. Ohne ein handlungsfähiges und bedarfsgerecht (voll-)ausgestattetes Heer wird auch kein europäischer Impuls seine Wirkung entfalten können. Dieser Herausforderung werden sich Legislative und Exekutive stellen müssen, und zwar unabhängig davon, welcher Farbenlehre Parlament und Ministerien nach der Bundestagswahl folgen mögen. Wolfgang Hellmich MdB Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages 3
Inhalt/Impressum
Grußwort Military Mobility in der Landes- und Bündnisverteidigung: Es muss schneller gehen!
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Wolfgang Hellmich MdB
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Beste Schutzlösungen für die Überlebensfähigkeit
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Saab Deutschland GmbH
TenCate Advanced Armour Danmark A/S
Vorwort Landmobilität – ein entscheidender Beitrag zum Erfolg militärischer Operationen
Erhaltung von Einsatzwert und Kampfkraft
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Logistik Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft Wolfgang Gelpke
Generalmajor a. D. Wolfgang Köpke, Präsident Förderkreis Deutsches Heer e. V.
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Geschützte Radfahrzeuge Bw Konzeptionelle Grundlagen Konzeptioneller Bedarf der Bundeswehr im Bereich Landmobilität im gesamten Aufgabenspektrum
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Geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge für die Bundeswehr
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Gerhard Heiming
Ralph Willi Jeroma
Kampfkraftmultiplikatoren für Kampfunterstützer Autorenteam Rheinmetall AG
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Transportfahrzeuge Mobilitätsträger Erneuerung der Lkw-Flotte der Bundeswehr
Das Heer 4.0 auf dem Weg in das Jahr 2032 18
Gerhard Heiming
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Dietmar Klos
Information und Kommunikation aus einer Hand25
Sonstige geschützte Transportfahrzeuge
Landmobilität – Sachstand und Planungen in der AG Landmobilität
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Schwerer Waffenträger Infanterie – Bedarf und Forderungen
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Landfahrzeuge in der sanitätsdienstlichen Unterstützung
Baukasten Boxer
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Dr. Claus Heinrich Gattermann
Dr. med. Johannes Backus und Jörg Weindl
Effiziente Energieversorgung von Fischer Panda
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Auf die Größe kommt es an
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Fischer Panda GmbH
L3Harris
Robotik und automatisierte Systeme in der Bundeswehr
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Johannes Pellenz, Arno Retterath und André Volk
Karlheinz Boenke
Peter Gerlach und Oliver Gawrylowicz
Gerhard Heiming
Kettenfahrzeuge Getriebetechnologie für Kettenfahrzeuge
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Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied
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Aktuelle Aspekte zur Kampfpanzerentwicklung
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Schützenpanzer Puma
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Gepanzerte Pioniermaschine fördert die Landmobilität
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Rolf Hilmes
DST Defence Service Tracks GmbH
Schutz Schutz für militärische Landfahrzeuge – Sachstand und Herausforderungen
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Michael Horst und Rolf Hilmes
Transparente Schutzverbunde
GuS glass + safety GmbH & Co. KG
Rolf Hilmes
Christoph Jansen
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Gerhard Heiming
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GTK Boxer – Varianten des Heeres, Bewaffnung und Schutz Aktuelle und zukünftige Forderungen
ATM ComputerSysteme GmbH
Impressum Landmobilität der Fallschirmjägertruppe
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Wehrtechnischer Report 2/2021 Juni 2021
Demonstrator nimmt Formen an Nachfolgemodell für den Wiesel
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Herausgeber: Mittler Report Verlag GmbH ein Unternehmen der Gruppe
Marcus Christoph
André Forkert
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Geschäftsführer: Peter Tamm Thomas Bantle
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Prokurist: Jürgen Hensel
Ungeschützte Mobilität Merkmale moderner militärischer Logistik-Lkw Gerhard Heiming
Schnittstelle zur Nutzlast
Stephan Mayer, Henning Schütz, Nico Boden SAXAS Nutzfahrzeuge Werdau GmbH
Ungeschützte Mobilität von IVECO in der Bundeswehr IVECO
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Neue Fahrzeuggeneration im Feldjägerwesen
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Ronny Scherz
Cargo Mule – unbemannte Bodenfahrzeuge für die Infanterie
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Container für alle Fälle
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Waldemar Geiger und Lars Hoffmann
Gerhard Heiming
Zukunftsentwicklung Zukünftige Fähigkeiten der Landstreitkräfte – Eine technologische Trendanalyse Thomas Doll und Uwe Beyer
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Projektleiter: Michael Horst Redaktion: Wolfgang Gelpke Gerhard Heiming Layout: CREATIV.CONSULTING GmbH Meckenheim Verlagsanschrift: Mittler Report Verlag GmbH Beethovenallee 21, 53173 Bonn Telefon: +49 (0) 228 3500870 Telefax: +49 (0) 228 3500871 E-Mail: [emailprotected] Internet: www.mittler-report.de Abo/Leserservice: PressUp GmbH, Postfach 701311, 22013 Hamburg Tel: (040) 386666319 Fax: (040) 386666299 [emailprotected] Anzeigenleitung: Dr. Andreas Himmelsbach Marketing und Business Development Mittler Report Verlag GmbH Beethovenallee 21 D-53173 Bonn Tel: +49 (0) 228 35 00 887 [emailprotected] Druck: Lehmann Offset Druck GmbH Gutenbergring 39, 22848 Norderstedt Einzelpreis: 14,80 Euro (zzgl. Versandkosten) Titelabbildung: Bundeswehr, R. Alpers, Rheinmetall, IVECO, GDELS
Die Broschüre und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbeondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
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Vorwort
Landmobilität – ein entscheidender Beitrag zum Erfolg militärischer Operationen
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beweglich geführten Gefecht gegen einen mindestens gleichwertigen Gegner, der über moderne Waffensysteme in großer Bandbreite verfügt, bis hin zu Einsätzen im Internationalen Krisenmanagement, zum Zwecke der Evakuierung und der Katastrophenhilfe. In diesem Einsatzspektrum sind militärische Operationen ohne Land-Fahrzeuge unterschiedlichster Konfiguration nahezu undenkbar, da sie mit ihren Fähigkeiten in den jeweiligen Domänen wichtige Aufgaben erfüllen. Letztlich bringen sie die Masse der Wirkmittel ins Ziel, haben so maßgeblichen Anteil an der Durchsetzungsfähigkeit und damit der erfolgreichen Auftragserfüllung. Basierend auf dem Weißbuch 2016 der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr, der Konzeption der Bundeswehr und dem Fähigkeitsprofil der Bundeswehr, wurde das Konzept „Landmobilität der Bundeswehr“ erlassen. Dieses Konzept enthält Vorgaben für den Aufwuchs und die Regeneration der Landsysteme sowie für die Handlungsfelder Schutz,
Foto: Bundeswehr/Marco Dorow
ie Wiedererlangung einer umfassenden Befähigung unserer Streitkräfte zur kollektiven Landes- und Bündnisverteidigung ist – nach Jahren der Konzentration auf das Internationale Krisenmanagement – auch mit Blick auf die hierfür unverzichtbare Mobilität der Landstreitkräfte eine besondere Herausforderung. Gerade die Umsetzung des Readiness Action Plan der NATO
mit der sogenannten Speerspitze der NATO, der Very High Readiness Joint Task Force, stellt an die Mobilität von Landstreitkräften sehr hohe Ansprüche. Readiness ohne Mobilität wird es nicht geben. Wer die Mobilität von Landstreitkräften im Blick hat, darf das Permanent Structured Cooperation (PESCO)-Projekt „Military Mobility“ der EU nicht außer Acht lassen. Dieses Projekt soll Vereinfachung, Standardisierung sowie Beschleunigung von Verfahren und Modernisierung von (Verkehrs-)Infrastruktur erzielen, um Truppen und Material in Europa schneller grenzüberschreitend verlegen zu können. Erst jüngst haben Canada, Norwegen, die Türkei sowie die Vereinigten Staaten von Amerika angezeigt, sich diesem – für Deutschland angesichts seiner geostrategischen Lage sehr wichtigen – Vorhaben anzuschließen. Unsere Landstreitkräfte werden sich auch künftig auf ein breites Einsatzspektrum einstellen müssen. Die Spanne erstreckt sich vom hochintensiven,
Deutschland als logistische Drehscheibe für Europa – Entladung von Fahrzeugen im Rahmen einer NATO-Großübung durch Soldaten der Hafenumschlagkompanie Logistikbataillon 161 6
Vorwort
Die Frage nach dem Für und Wider von Rad- und Kettenfahrzeugen wurde in der Vergangenheit häufig und stets kontrovers diskutiert. Richtigerweise aber wird an dem Ziel einer ausgewogenen Ausrüstung der Landstreitkräfte mit beiden Antriebsarten festgehalten, weil jede für sich mit ihren Stärken zum Fähigkeitsprofil beitragen muss. Die Landmobilität hat insgesamt entscheidenden Einfluss auf die „readiness“, die Leistungsfähigkeit und die Auftragserfüllung der Bundeswehr. Der Fahrzeugschutz und der Schutz in der Bewegung sind unverzichtbare Voraussetzungen für die geforderte Durchhalte-, Durchsetzungs- und Überlebensfähigkeit. Ohne jeden Zweifel ist es für Planer, Ausrüster und Haushälter eine Herkulesaufgabe, nicht nur den Fähigkeitserhalt, sondern auch den unbedingt notwendigen Fähigkeitszuwachs unter Wahrung der jeweiligen Systemzusammenhänge sicherzustellen. Dafür braucht es vor allem die entsprechenden finanziellen Ressourcen. Diese sind leider immer noch zu knapp bemessen. Aber positiv zu bewerten ist, dass die Beschaffungsplanungen für die handelsüblichen Lkw mit und ohne militärische Sonderausstattung, für die Geschützten Transportfahrzeuge (GTF) und die Ungeschützten Transportfahrzeuge, militarisiert (UTF mil), auf gutem Weg sind.
Bis zur Vollausstattung des „Systems Landmobilität“, einschließlich der geschützten Fahrzeuge, ist allerdings noch viel Engagement aller Verantwortlichen notwendig. Der Betrieb von unbemannten Landfahrzeugen und die automatisierte Konvoi-Fahrt könnten jedoch Lösungsmöglichkeiten sein, um dem zunehmenden Bedarf an Transportaufgaben, bei gleichzeitig abnehmender Verfügbarkeit von Personal und wachsenden Schutzanforderungen, zu decken. Ein insgesamt leistungsfähiges, durchhaltefähiges und robustes „System Landmobilität“ – unter Einbindung von Leistungen der Industrie sowie befreundeter/verbündeter Streitkräfte – ist für den Erfolg im Einsatz unverzichtbar. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam mit Nachdruck weiter darauf hinwirken, dass unsere Soldatinnen und Soldaten bestmöglich, vollständig, modern und bedrohungsgerecht ausgestattet werden, damit sie ihre Aufträge im Grundbetrieb, in einsatzgleichen Verpflichtungen und in Einsätzen professionell erfüllen können. Der vorliegende Wehrtechnische Report stellt den Themenbereich der Mobilität der deutschen Landstreitkräfte umfassend dar. Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre viel Freude und für Ihre Aufgabenwahrnehmung hilfreiche Erkenntnisse. Generalmajor a. D. Wolfgang Köpke Präsident Förderkreis Deutsches Heer e. V. Foto: WTD 41
Automatisierung, Funktionalität und Kraftstoff-Resilienz. Um dem anspruchsvollen Ziel der Vollausstattung bis Ende 2031 gerecht werden zu können, ist bei der Mobilität der Landstreitkräfte einerseits eine Modernisierung des Fahrzeugparks, andererseits in bestimmten Bereichen auch eine deutliche Erhöhung des Ausstattungsumfangs unumgänglich. Neben der Ermittlung des Bedarfs war und ist es dabei äußerst schwierig zu entscheiden, wo aus taktisch-operativer Sicht geschützte Landsysteme (zwingend) erforderlich sind und wo ungeschützte Fahrzeuge (verantwortbar) hinreichend erscheinen, kurzum also das Verhältnis von geschützten zu ungeschützten Landsystemen festzulegen. Sich bei dieser Festlegung allein dem Diktat verfügbarer finanzieller Mittel zu unterwerfen, ist nicht zielführend. Die jüngsten kriegerischen Auseinandersetzungen um die Region BergKarabach haben mehr als deutlich gemacht, welcher eklatanten Bedrohung und damit auch Einschränkung der Mobilität Landstreitkräfte durch Klein- und Kleinstdrohnen ausgesetzt sein können. Zur Abwehr einer solchen Bedrohung bedarf es zwingend geschützter hochmobiler Flugabwehr-/Drohnenabwehrsysteme für den Nah- und Nächstbereich. In unseren Streitkräften klafft hier seit nunmehr fast zehn Jahren eine erhebliche Fähigkeitslücke.
Auswahl Geschützter Transportfahrzeuge (GTF) – ein wichtiger Bestandteil für den Erfolg im Einsatz 7
Der Förderkreis Deutsches Heer e.V. (FKH) wurde am 11. Oktober 1995 in Bonn gegründet. Der FKH will all denjenigen ein Forum für Kommunikation, Argumentation und Interessenausgleich bieten, die sich umfassend und aktiv der Bundeswehr und hier vor allem dem Deutschen Heer verpflichtet fühlen. In diesem Verständnis will der Förderkreis alle Kräfte aus Politik, Gesellschaft und Öffentlichkeit, Armee, Wirtschaft, Beschaffung sowie Forschung und Lehre zusammenführen, die sich in besonderer Verantwortung für die bei allen multinationalen und streitkräftegemeinsamen Friedensmissionen im Schwerpunkt stehenden Landstreitkräfte sehen. Zweck des Vereins ist die Förderung gemeinschaftlicher Interessen der Mitglieder gegenüber Staat und Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft sowie deren Vertretung gegenüber nationalen und internationalen Organisationen und Stellen. Dies schließt das gemeinsame Bemühen um eine leistungsfähige nationale Industriebasis für die Ausrüstung des Deutschen Heeres und der deutschen Landstreitkräfte insgesamt mit ein.
Förderkreis Deutsches Heer e.V. Büro Bonn: Förderkreis Deutsches Heer e.V. Adenauerallee 15 · 53111 Bonn Telefon: 0228 261071 Fax: 0228 261078 Büro Berlin: Büro Berlin: Förderkreis Deutsches Heer e.V. Förderkreis Deutsches Heer e.V. Voßstraße 22 · 10117 Berlin Unter den Linden 21 · 10117 Berlin Telefon: 030 20165623 Telefon: 030 20165623 Fax: 030 20165625 E-Mail: [emailprotected] [emailprotected] Web: www.fkhev.de
Konzeptionelle Grundlagen
Konzeptioneller Bedarf der Bundeswehr im Bereich Landmobilität im gesamten Aufgabenspektrum Ralph Willi Jeroma Um sich mit dem konzeptionellen Bedarf der Bundeswehr im Bereich Landmobilität im gesamten Aufgabenspektrum zu beschäftigen, ist es angezeigt, sich zunächst mit den Rahmenbedingungen zu befassen, die in der jüngeren Vergangenheit planungsleitend waren. enn man sich diese vergegenwärtigt, wird auch klar, welche tiefgreifenden Änderungen die laufende Neuausrichtung der Bundeswehr mit sich bringt und was diese für die Ermittlung der konzeptionellen Bedarfe der Bundeswehr bedeutet.
Die Rahmenbedingungen der Vergangenheit Die ausschließliche Ausrichtung der Streitkräfte auf Einsätze im erweiterten Aufgabenspektrum im Rahmen des Internationalen Krisenmanagements (IKM) bescherte der Bundeswehr Streitkräftestrukturen mit Verbänden und Einheiten, die darauf optimiert waren, dauerhaft Kontingente in festgelegter Größe und mit festgelegten Fähigkeiten in mandatierte Einsätze entsenden zu können. In sogenannten Stabilisierungseinsätzen/-operationen waren dabei unterschiedlichste Aufgaben zu erfüllen, welche von humanitärer Hilfeleistung bis hin zum erfolgreichen Führen eines hochintensiven Gefechts reichen konnten. Trotz dieser anzunehmenden Bandbreite einer möglichen Bedrohung war die Durchsetzungsfähigkeit dieser Kräfte begrenzt und insbesondere zu Beginn dieser Stabilisierungsoperationen standen Sicherungs- und Unterstützungs-
Autor: Oberstleutnant i.G. Ralph Willi Jeroma ist Referent in der Abteilung Planung des BMVg.
aufgaben für die parallel ablaufenden Missionen der Vereinten Nationen und staatlicher oder nichtstaatlicher Hilfsorganisationen im Vordergrund. Die Vorbereitung und Ausbildung der Einsatzkräfte folgte einem langfristigen Rotationsplan und entsprechend vollzog sich die Organisation der personellen Aufstellung der Einsatzkontingente. Unterschiede in den Einsatzkontingenten und deren Vorbereitung ergaben sich allenfalls durch Entwicklungen bzw. Lageänderungen in den jeweiligen Einsatzgebieten. Materiell war diese Phase der Ausrichtung auf Stabilisierungsoperationen gekennzeichnet durch erhebliche Einsparungen im Verteidigungshaushalt durch das Einbringen der sogenannten „Friedensdividende“. Dies bedeutete, dass bis weit in die 2000er Jahre hin-
ein notwendige Regenerationsprojekte für einzelne Landsysteme und ganze Flottenanteile innerhalb des Systems der Landmobilität zwar in der Regel planerisch berücksichtigt wurden aber aufgrund fehlender Finanzierbarkeit nicht verwirklicht werden konnten. Gleichzeitig wuchs der Druck, Landsysteme in die Streitkräfte einzuführen, die über ein höheres Schutzniveau für die Besatzung verfügen, insbesondere auch für Kräfte, die lediglich Sicherungs- und Unterstützungsaufgaben durchführen und hierfür zunächst nicht über geeignete geschützte Fahrzeuge verfügen konnten. Die Minimierung der Wahrscheinlichkeit von Verlusten eigener Kräfte war neben der geforderten Funktionalität bestimmend für die damals eingeführten Landsysteme. Hieraus entstanden die FahrzeugkateFoto: Bundeswehr
W
Mit dem Allschutz-Transport-Fahrzeug Dingo von KMW begann 2000 die Ausstattung mit geschützten Führungs- und Funktionsfahrzeugen (GFF). 9
Foto: Daimler
Konzeptionelle Grundlagen
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den, aber in Anerkennung der haushalterischen Einschränkungen durch Einführung von Stückzahlobergrenzen bindende Vorgaben für die Beschaffung von einsatzwichtigem Großgerät gemacht wurden. Die bisherigen Ausführungen sind nicht im Sinne einer Abrechnung zu verstehen, sondern sollen exemplarisch deutlich machen, in welch schwierigem Umfeld die Entwicklung des Systems der Landmobilität stattfinden musste, als die Realität der Einsätze im Rahmen des IKM und der Kampf gegen einen überwiegend „asymmetrisch“ agierenden Gegner planungsleitend waren. Der Zetros von Mercedes Benz ist der erste als geschütztes Transportfahrzeug (GTF) beschaffte Lkw der Bundeswehr.
Der aktuelle Aufgabenbereich
gorien der geschützten Führungs- und Funktionsfahrzeuge (GFF) und der geschützten Transportfahrzeuge (GTF). Aufgrund der haushalterischen Rahmenbedingungen war es jedoch zu dieser Zeit nicht möglich, die Streitkräfte aufgaben- und strukturgerecht auszustatten. Stattdessen ging insbesondere die Beschaffung der GFF in aller Regel auf die Formulierung einsatzbedingter Sofortbedarfe (ESB) zurück. Das heißt, eine kurzfristige operative Bewertung der Bedingungen in den Einsatzgebieten lieferte die Vorgaben für die Beschaffung hinsichtlich Funktionalität und Stückzahl und wurde in der Folge unter hohem Zeitdruck umgesetzt. Vielfach war es den für die Bedarfsdeckung zuständigen Stellen dabei kaum möglich, wesentliche Projektelemente vollständig umzusetzen, sodass beispielsweise die tatsächliche Einsatzreife der GFF erst hergestellt werden konnte, als diese bereits in den Einsätzen verwendet wurden. Zudem wurden aus den gleichen Gründen Ersatzteilvorräte nicht ausreichend konfiguriert. Sonderwerkzeugsätze wurden erst nachträglich realisiert. Das Herstellen der Befähigung militärischer Instandhaltungskräfte zur Durchführung der klassischen Feldinstandsetzung, also das Beherrschen aufwändiger Instandsetzungsarbeiten, erfolgte zum Teil mit jahrelanger Verspätung. Aus dieser Lage ergab sich zusätzlich das Erfordernis, Firmenteams der Fahrzeughersteller vertraglich zu verpflichten, auch in Standorten im Aus-
Traurige Realität ist heute, dass zwischenstaatliche Konflikte wieder wahrscheinlicher geworden sind und eine zusätzliche sicherheitspolitische Herausforderung darstellen. Damit ergibt sich von selbst, dass die möglichen Einsatzszenare der Streitkräfte nicht nur zu erweitern waren, sondern dass nach Jahren der ausschließlichen Ausrichtung auf Einsätze im Rahmen IKM die umfassende Befähigung der Streitkräfte zur kollektiven Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) zurückzuerlangen ist und dass diese gleichzeitig mit der Befähigung zur Teilhabe am IKM vorzuhalten ist. Alle Fähigkeiten und Strukturen sind an der anspruchsvollsten Aufgabe, also der Befähigung zur kollektiven LV/BV, auszurichten und einsatzbereit zur Verfügung zu stellen. Im Fähigkeitsprofil der Bundeswehr (FPBw) sind die sich daraus ergebenden Fähigkeiten beschrieben. Unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen im Szenar LV/BV werden in sogenannten Ressourcenverbünden die Fähigkeiten beschrieben, die beispielsweise innerhalb der Systemverbünde Bündnisverteidigung Land und Unterstützung Bundeswehr zur Erfüllung der damit einhergehenden Aufgaben und Teilaufgaben erforderlich sind. Dabei gilt die grundsätzliche Festlegung, dass die Aufgaben LV/BV und IKM aus der sogenannten „Grundaufstellung“ zu erbringen sind und das gewissermaßen als Ausnahme zusätzliche „Missionspakete“ gebildet werden, wenn die materielle Ausstattung der Grundaufstellung nicht ausreicht.
land bzw. in den Einsatzgebieten Instandhaltungsleistungen zu erbringen, um die materielle Einsatzbereitschaft entsprechend den operativen Anforderungen aufrecht zu erhalten. Statt einer kontinuierlichen Beschaffungsplanung für einsatzwichtige Landsysteme wie GFF ergab sich ein stückweises, anlassbestimmtes Vorgehen entlang der über die Jahre eingebrachten ESB. Die daraus entstandene Fahrzeugflotte zum Beispiel der GFF 3 Dingo 2 weist deshalb erhebliche Unterschiede in den Varianten auf und ist bis heute im sich daraus ergebenden Nutzungsmanagement sehr aufwändig zu betreuen. Alle mit Aufstellung und Ausbildung von Einsatzkontingenten beauftragten Anteile der Streitkräfte standen vor dem Dilemma, dass GFF und GTF nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung standen, um alle Verbände der Bundeswehr gleichzeitig und im erforderlichen Umfang auszustatten. Die aus diesem Zwang geborene Lösung hierfür war die Schaffung von Pools für Einsatzgerät, welches - dem Rotationsplan folgend - nach jeder Einsatzvorbereitung auf Ebene Bataillon bzw. Brigade an jeweils andere Verbände weitergegeben wurde. Dieses Poolgerät unterlag damit einem erheblich höheren Verschleiß als unter normalen Umständen und letzten Endes waren dadurch die Verbände einer steten materiellen Umgliederung unterworfen. Konzeptionell wurde dieser „Status Quo“ weiter zementiert, indem zwar die Strukturen der Landstreitkräfte materiell ausgeplant wur-
Konzeptionelle Grundlagen Um dies anschaulich zu verdeutlichen: Sondergeschützte handelsübliche Fahrzeuge sind in einer bestimmten Anzahl in der Grundaufstellung vorhanden, wenn sie zur Aufgabenerfüllung in allen Szenaren benötigt werden. Einsatzspezifisch können höhere Bedarfe entstehen, die dann in einem Missionspaket abzubilden sind. Grundaufstellung bedeutet aber auch, dass frühere Stückzahlobergrenzen keine Bedeutung mehr haben und dass alle Einheiten und Verbände aufgaben- und strukturgerecht ausgestattet werden müssen. Für das System der Landmobilität ergibt sich damit ein schrittweiser Aufwuchs, der den Umfang an Landsystemen nach gegenwärtigem Planungsstand bis 2031 um rund 50 Prozent anwachsen lassen wird.
Das Konzept „Landmobilität der Bundeswehr“ Auf diesen grundsätzlichen Vorgaben hat das durch den Generalinspekteur der Bundeswehr 2019 gebilligte Kon-
zept „Landmobilität der Bundeswehr“ aufgesetzt und den einzuschlagenden Weg zur Modernisierung des Systems Landmobilität beschrieben. Es enthält zukunftsweisende und klare Vorgaben, die als „Leitplanken“ für den Aufwuchs und die dringende Regeneration der Landsysteme dienen. Im Folgenden sollen die vier im Konzept abgebildeten Gestaltungsfelder „Schutz“, „Trennung von Mobilität und Funktionalität“, „Kraftstoffresilienz“ und „Automatisierung und unbemanntes Fahren“ und deren konkrete Auswirkung bei der Ermittlung der konzeptionellen Bedarfe der Bundeswehr im gesamten Aufgabenspektrum eingehender betrachtet werden. Schutz Um Festlegungen für den Schutzbedarf von Landsystemen zu treffen, wurde im Konzept „Landmobilität der Bundeswehr“ eine Bedrohungsmatrix entwickelt. Sie berücksichtigt unterschiedliche Bedrohungsarten für Landsysteme innerhalb des Einsatzraumes
und stellt diese der Dauer gegenüber, die das Landsystem der Bedrohung durchschnittlich ausgesetzt ist. Daraus lässt sich schließlich ableiten, welchen Schutzbedarf das Landsystem hat, so dass zwischen Landsystemen mit höchstem, hohem und niedrigem Schutzbedarf sowie ungeschützten Landsystemen unterschieden werden kann. Für die Ermittlung der konzeptionellen Bedarfe im System Landmobilität wurde auf der Grundlage des FPBw zunächst eine Betrachtung innerhalb von generischen Fahrzeugkategorien durchgeführt. Innerhalb der generischen Fahrzeugkategorie, zum Beispiel Lkw aller Zuladungsklassen (ZLK), wurde dann, abgeleitet aus den Strukturen der Ressourcen- und Systemverbünde, heruntergebrochen bis auf die Ebene des Trupps bzw. Einzelsystems ermittelt, wie viele Landsysteme mit welchem Schutzbedarf als konzeptioneller Bedarf für die planungsleitende Aufgabe LV/BV einzuplanen sind. Bereits aus dieser generischen Betrachtung konnte abgeleitet werden,
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The Transatlantic Partner for Land Defense in Europe
Foto: Bundeswehr/Sebastian Grünberg
Konzeptionelle Grundlagen
Geschützter Eagle IV auf dem Flughafen Bamako
Damit ist auch absehbar, dass sich der Beschaffungsschwerpunkt insgesamt von Landsystemen mit hohem Schutzbedarf hin zu solchen mit niedrigem Schutzbedarf bzw. ungeschützten Systemen verschieben wird, da eine Vollausstattung mit Landsystemen, die zur Abdeckung eines hohen Schutzbedarfs über passiven Schutz (insbesondere Panzerung) verfügen, finanzplanerisch derzeit nicht abbildbar sein wird. Die besondere Herausforderung der Ausplanung lag also darin, festzustellen, in welchen Anteilen der Ressourcen- und Systemverbünde Landsysteme mit niedrigem Schutzbedarf bzw. ungeschützte Landsysteme aufgaben- und strukturge-
Foto: Bundeswehr/Wilke
dass sich mit Blick auf die Zielerreichung für den Zwischenschritt 2 des FPBw bis 2027 im Bereich der geschützten Fahrzeuge ein Mehrbedarf ergeben wird. Dieser Mehrbedarf ist parallel zu dem bestehenden Regenerationsbedarf für Bestandssysteme zu decken, denn es darf nicht übersehen werden, dass im Bereich der GFF große Flottenanteile bis 2027 bereits länger als zwanzig Jahre in der Nutzung sein werden. Insgesamt prognostiziert die Ermittlung der konzeptionellen Bedarfe ein Anwachsen des Umfangs des Systems Landmobilität um rund 20 Prozent bis 2027 und rund 50 Prozent bis 2031, jeweils bezogen auf den heutigen Umfang.
Logistische Transporte mit Standard-Wechselpritsche verlastet auf Lkw 12
recht eingeplant werden konnten. Dabei wurde auch eine Betrachtung von sogenannten Hochwertzielen durchgeführt, die aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die Operationsführung einen hohen Schutzbedarf haben, obwohl sich dies aus der Bedrohungsmatrix nicht unmittelbar ableiten lässt. Diese aufwändige Ermittlung der konzeptionellen Bedarfe, also die Fortschreibung des Systems der Landmobilität auf der Grundlage des FPBw, wurde am 26. Juni 2020 durch den Generalinspekteur der Bundeswehr als Grundlage für die weitere konzeptionelle Arbeit gebilligt. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich das Verhältnis von Landsystemen mit Schutzbedarf zu ungeschützten Landsystemen bei etwa eins zu drei eingependelt hat, wobei sich naturgemäß Unterschiede zwischen den Systemverbünden ergeben, wie etwa innerhalb des Systemverbunds Bündnisverteidigung Land im Vergleich zur Basis Inland in Deutschland. Bewertet wurde außerdem, an welcher Stelle innerhalb der Ressourcenund Systemverbünde Produkte der Bundeswehr Fuhrpark Service GmbH (BwFPS) aufgaben- und strukturgerecht zur Bedarfsdeckung herangezogen werden können. Neben rein handelsüblichen Fahrzeugen (hü) ist absehbar, dass handelsübliche Fahrzeuge mit militärischer Sonderausstattung (hümS) und handelsübliche Sonderfahrzeuge (hüSd) auch künftig einen wesentlichen Beitrag zur Deckung der Mobilitätsbedarfe innerhalb des Systems der Landmobilität leisten werden und dass dieser Beitrag über den reinen Ersatz der in den 80er und 90er Jahren eingeführten teilmilitarisierten (tmil) Fahrzeuge hinausgehen wird. Zwischenzeitlich ist die weitere Konkretisierung der oben dargestellten Bedarfe angelaufen in Form einer projektbezogenen konkreten Betrachtung einzelner Materialplanungsobjekte (MPO) als Zielsystem für die Zwischenschritte 2 (2027) und 3 (2031) des FPBw. Dabei kann es sich um Landsysteme handeln, die bereits eingeführt sind, jedoch noch nicht in ausreichender Stückzahl zur Zielerreichung zur Verfügung stehen, oder um gänzlich neue Rüstungsprojekte.
Dem gegenüberzustellen ist die Entwicklung der Bestandssysteme auf der Zeitachse. In einer fortlaufenden Delta-Analyse ist dann im jährlichen Planungszyklus abzuleiten, welche Schritte der Bedarfsdeckung in welchem Umfang bis wann einzuleiten sind, um Fähigkeitslücken zu vermeiden und den erforderlichen Fähigkeitsaufwuchs zu gewährleisten. Die hiermit erzeugte Datenbasis wird im jährlichen Planungszyklus zur Auswertung herangezogen und regelmäßig zu aktualisieren sein. Die Datenbasis selbst wurde erstellt und wird gepflegt mit dem Ressourcen Informations- und Planungssystem (RIPS), welches innerhalb der durch das FPBw vorgegebenen Strukturen die Ausplanung bis auf die Ebene des einzelnen Landsystems erlaubt. Durch zu vergebende Materialsondercodes lassen sich zahlreiche weitere Informationen einpflegen, wie beispielsweise der Schutzbedarf, über den das Zielsystem verfügt oder nach der Realisierung/Einführung verfügen soll. Alle abgeleiteten Maßnahmen zur Bedarfsdeckung haben sich grundsätzlich innerhalb der konzeptionellen Vorgaben zu bewegen oder werden in weiteren Iterationsschritten zu deren Anpassung und erneuten Billigung führen.
Foto: Rheinmetall
Konzeptionelle Grundlagen
Der von RMMV gelieferte MAN TGS 8x4 Abrollkipper zählt zu den handelsüblichen Fahrzeugen mit militärischer Sonderausstattung (hümS).
Trennung von Mobilität und Funktionalität Die Trennung von Mobilität und Funktionalität ist ein in seiner Bedeutung vielfach unterschätztes und leider gelegentlich missverstandenes Gestaltungsfeld. Grundlegende Idee ist es, soweit möglich und sinnvoll, funktionsbestimmende Rüstsätze (Funktionalitäten) nicht fest in bestimmte Mobilitätsträger zu integrieren. Vielmehr ist dafür Sorge zu tragen, dass die Funktionalität auf standardisierten Ladungsträgern (zum Beispiel Standard-Wechselpritsche 10ft, 15ft oder 20ft) verlastet
oder in einer Funktions-Containerhülle (10ft, 20ft) untergebracht bzw. integriert werden kann. Damit ergibt sich der große Vorteil, dass die Funktionalität durch unterschiedliche Mobilitätsträger, so wie diese verfügbar sind, für den jeweiligen Auftrag als Ladung übernommen und an den vorgesehenen Einsatzort verbracht werden kann. Im Idealfall sind die auf Standard-Ladungsträgern verlasteten bzw. in Funktions-Containerhüllen untergebrachten Funktionalitäten dabei so beschaffen, dass es keiner weiteren spezifischen Anpassung der
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Konzeptionelle Grundlagen Absicht ist es, unter Berücksichtigung der Vorgaben des FPBw • die bestehenden Rüstsätze (Rüstsatztypen) bzw. die damit verbundenen funktionalen Forderungen bezüglich ihrer Zukunftsfähigkeit zu bewerten, • den Grundsatz der Trennung von Mobilität und Funktionalität wo immer möglich und unter Rückgriff auf standardisierte Ladungsträger (Standard-Wechselpritschen), FunktionsFoto: Fraunhofer FKIE
Mobilitätsträger bedarf, um diese aufnehmen zu können. Die Trennung von Mobilität und Funktionalität zielt also ausschließlich darauf ab, der Truppe ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Nutzung ihrer Funktionalitäten und Mobilitätsträger einzuräumen. So können beispielsweise Funktionscontainer auch mit hümS Fahrzeugen der BwFPS im Straßentransport befördert werden, obwohl diese an sich auf einem militarisierten
Die elektronische Kolonne hat noch keinen Eingang in die Truppe gefunden.
Lkw zu verlasten wären, der höchsten Mobilitätsanforderungen genügt, um auch entlegene Einsatzstellen in schwierigem Gelände zu erreichen. Sowohl in den aktuellen Projekten querschnittlicher militarisierter Lkw als auch bei den durch die BwFPS bereitgestellten Lkw ist das Prinzip der Trennung von Mobilität und Funktionalität konsequent umgesetzt. In der technischen Realisierung ist außerdem sichergestellt, dass auch bereits eingeführte Kabinen transportiert werden können. Damit das Prinzip voll zur Wirkung kommen kann, ist es zwingend erforderlich, dass eine möglichst große Anzahl von Funktionalitäten auf Standard-Ladungsträgern verlastet bzw. in Funktions-Containerhüllen untergebracht bzw. integriert wird. Hier haben die Streitkräfte noch einen langen Weg vor sich, die damit einhergehende Regenerationsplanung für funktionsbestimmende Rüstsätze wurde am 17. September 2020 angewiesen. 14
container bzw. Funktionscontainerhüllen zur künftigen Aufnahme bzw. Integration der Rüstsätze umzusetzen und • unter Berücksichtigung des durch den Bedarfsträger für erforderlich gehaltenen Fähigkeitserhalts/-aufwuchses der Rüstsätze und der Mobilitätsträger (Lkw) die Umsetzung der Regeneration der Rüstsätze auf der Zeitachse zu priorisieren. Die Bedarfe sollen mit dem diesjährigen Planungszyklus beginnend, also ab 2023, und dann in jährlichen Teilpaketen in den Planungsprozess eingebracht und realisiert werden. Kraftstoffresilienz Auch das Gestaltungsfeld der Kraftstoffresilienz beeinflusst die Überlegungen und Entscheidungen zu den konzeptionellen Bedarfen der Streitkräfte innerhalb des Systems der Landmobilität. Wie bekannt, erfolgt die Versorgung der Landsysteme mit Betriebs-
stoff entlang der Vorgaben der NATOweit akzeptierten Single Fuel Policy. Die sieht – vereinfacht ausgedrückt – vor, dass Landsysteme in Krise und Konflikt mit Flugturbinenkraftstoff betrieben werden können müssen, welcher lediglich durch Zugabe von Additiven entsprechend aufbereitet wird. Dies folgt dem Rational, dass die eingesetzten Luftfahrzeuge die Großverbraucher sein werden und damit bestimmen, welcher Treibstoff dann auch für die Landsysteme als Single Fuel zur Verfügung steht. Daraus ergibt sich das Erfordernis, dass Landsysteme in der Lage sein müssen, mit Betriebsstoffen zurecht zu kommen, bei denen der Schwefelgehalt bis zu 3.000 parts per million (ppm) betragen kann, also um ein Vielfaches höher ist als in handelsüblichen Dieselkraftstoffen, die der entsprechenden Euronorm genügen. Das hat Auswirkungen auf die Gestaltung der Abgas- und Abgasnachbehandlungsysteme der Landsysteme, denn die für die Umsetzung der Single Fuel Policy erforderliche Kraftstoffresilienz steht in Konkurrenz zu den gesetzlichen Vorschriften zur Luftreinhaltung, das heißt, den einzuhaltenden gesetzlichen Abgasnormen. Für Gefechtsfahrzeuge und militarisierte Lkw ist gefordert, dass diese ohne Einschränkung gemäß Single Fuel Policy betrieben werden können. Hierzu erforderliche Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Bau- und Zulassungsbestimmungen sind die natürliche und unumgängliche Folge. Etwas schwieriger wird die Situation, wenn man an die vorangehend erläuterte Bedeutung des Anteils, der durch die BwFPS GmbH bereitgestellten hümS und hüSd Fahrzeuge denkt. Schließlich gilt hier für die Beschaffung der Grundsatz der Anmietung und Bereitstellung von handelsüblichen Fahrzeugen und Geräten. Damit stehen zunehmend nur noch Produkte zur Verfügung, deren Abgas- und Abgasnachbehandlungssysteme auf die Einhaltung der aktuellen Abgasnormen optimiert sind. Damit sind unweigerlich Einschränkungen hinsichtlich der Kraftstoffresilienz beim Betrieb gemäß Single Fuel Policy verbunden, sodass gegenwärtig für diese Flottenanteile (im Schwer-
Konzeptionelle Grundlagen punkt hümS) unter den zu erwartenden Einsatzbedingungen lediglich eine Mindestreichweite ohne funktionale Einschränkungen gefordert wird. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Gestaltungsfeld Kraftstoffresilienz weiter auswirken wird unter dem Aspekt einer künftigen Verwendung von synthetischen Kraftstoffen und den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben zur Verringerung von Abgasemissionen und Maßnahmen zur Nachhaltigkeit, denen sich die Streitkräfte nicht verschließen können und werden.
sprechend höher qualifiziert – benötigt wird, automatisierte Landsysteme zentral zu steuern bzw. um diese überwachen zu können. Technisch bieten die bereits heute eingeführten bzw. zur Einführung heranstehenden modernen militarisierten Lkw auf jeden Fall vielfältige Möglichkeiten zur nachträglichen Implementierung von Steuerungskits, Sensorik und Aktuatoren, um diese Fahrzeuge nach erfolgter Einrüstung auch ohne Besatzung einsetzen zu können.
Weiterentwicklung des Systems Landmobilität
Foto: Fraunhofer FKIE
Automatisierung und unbemanntes Fahren Automatisierung und unbemanntes Fahren ist ein Gestaltungsfeld, welches sich insbesondere auf die konzeptionellen Bedarfe in den Jahren ab 2027 ff. auswirken wird. Bis dahin soll in den Streitkräften eine Anfangsbefähigung geschaffen werden, die es ermöglicht, auf der Grundlage der laufenden F&T-Projekte, wie etwa dem Interoperablen Robotik Konvoi, querschnittliche militarisierte Lkw so auszustatten, dass bemannte Führungsfahrzeuge eine Reihe weiterer unbemannter gleichartiger Fahrzeuge führen können. Neben der offensichtlichen Reduzierung des Gefährdungspotentials durch Einsparung von Besatzungen in der konkreten Einsatzsituation lässt sich durch den entschlossenen Ausbau dieses Gestaltungsfeldes im Optimalfall zumindest teilweise kompensieren, dass Dienstpostenumfänge in den Strukturen logistischer Leistungserbringer in der Domäne Unterstützung mit jenen in den übrigen Domänen
Führung, Aufklärung und Wirkung konkurrieren müssen. Es ist davon auszugehen, dass zur Aufgabenerfüllung in der Domäne Unterstützung ein höherer Grad an Automatisierung zwingend notwendig werden wird. In den weiteren jährlichen Bedarfskonkretisierungen sind in den Ressourcen- und Systemverbünden die Einheiten und Teileinheiten zu identifizieren, in denen die Automatisierung eine Chance bietet, die logistische Leistungserbringung bruchfrei und mit insgesamt verringertem Personalbedarf sicherzustellen. Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass sich nicht jede logistische Aufgabe für eine Automatisierung anbietet und dass letzten Endes die konkreten Einsatzbedingungen diktieren, wo auf eine gut ausgebildete und selbständig handelnde Besatzung verzichtet werden kann und wo dieses ausgeschlossen ist. Die Bewegung von Marschgruppen mit logistischen Fahrzeugen auf Hauptversorgungsstraßen ist sicherlich ein mögliches Szenar für einen gewissen Automatisierungsgrad im Gegensatz zur Wahrnehmung von logistischen Aufgaben innerhalb der Versorgungsdienste von verbrauchenden Truppenteilen, welche auch unter taktisch schwierigen Einsatzbedingungen zu erbringen sind. Neben der Identifikation von Einsatzmöglichkeiten automatisierter Landsysteme innerhalb von Versorgungsketten muss aber auch herausgearbeitet werden, ob durch die Einsparung von militärischen Kraftfahrern und Beifahrern tatsächlich Personal für andere Aufgaben eingespart bzw. freigesetzt werden kann oder ob dieses dann nicht – ent-
Der Probot V2 wurde vom Fraunhofer FKIE für seine Rolle als MULE getestet.
Die Entwicklung des Systems der Landmobilität innerhalb der beschriebenen Gestaltungsfelder sowie die konkrete Umsetzung bzw. Realisierung der konzeptionellen Bedarfe in Rüstungsprojekte zur Sicherstellung des notwendigen Fähigkeitserhalts und -aufwuchses ist eine planerische Herkulesaufgabe. Sie fußt auf den Vorgaben des FPBw und leitet im Rhythmus der jährlichen Planungszyklen im Rahmen des Strategischen Fähigkeitscontrollings ab, welche Mobilitätsbedarfe in welcher Priorität und in welchem Umfang auf der Zeitachse zu decken sind. Selbstredend ist damit lediglich die planerische Voraussetzung geschaffen, das System Landmobilität so weiter zu entwickeln, dass die Zielerreichung in den Zwischenschritten des FPBw (2027 bzw. 2031) möglich ist. Dieses planerische Ergebnis lässt sich natürlich nur dann in die Tat umsetzen, wenn es gelingt, identifizierte Maßnahmen als Rüstungsprojekt auf den Weg zu bringen und zeitgerecht im erforderlichen Umfang zu realisieren. Trotz der eingeleiteten Trendwenden Personal und Material ist hier ein weiter Weg zu gehen und im Bereich der rüstungsinvestiven Ausgaben eine bis 2031 stetig steigende Finanzlinie unerlässlich. Absehbar dagegen ist die planerische Herausforderung, das System der Landmobilität innerhalb der haushälterischen Rahmenbedingungen so fortzuentwickeln, dass verfügbare Finanzmittel entlang der ermittelten konzeptionellen Bedarfe zielgerichtet und zum größtmöglichen Nutzen eingesetzt werden. L 15
Rheinmetall AG
Kampfkraftmultiplikatoren für Kampfunterstützer Autorenteam Rheinmetall AG Landstreitkräfte müssen hinsichtlich hoher Mobilität einen ganzheitlichen Ansatz fahren. Nicht nur die Gefechtsfahrzeuge der Kampftruppen müssen exzellente Beweglichkeit, Feuerkraft und Schutz bieten, sondern auch die Systeme der Kampfunterstützer. Rheinmetall bietet hier gemeinsam mit seinen Partnern ein umfangreiches Portfolio an.
Foto: Rheinmetall
Der Pionierpanzer 3 Kodiak ist speziell für die Bedürfnisse moderner Pionierkräfte entwickelt und basiert auf dem Leopard 2. Weltweit befinden sich gegenwärtig über 40 Pionierpanzer Kodiak in Nutzung. Die Bundeswehr hat entschieden, den Kodiak als neuen Pionierpanzer zu beschaffen. Daneben haben auch weitere europäische und NATO-Partner Interesse bekundet. Die Schweiz, Schweden, die Niederlande sowie Singapur verstärken ihre Kampfpanzer Leopard 2-Flotten zudem mit dem Bergepanzer 3 Büffel – dem ebenfalls von Rheinmetall entwickelten Waffenbruder des Kodiak aus der Leopard 2basierten Fahrzeugfamilie. Herausragendes Merkmal des Kodiak ist der in der Mitte der Fahrzeugfront positionierte dreiteilige Baggerarm. Dieses Mittelarmkonzept bietet den Vorteil, dass die Besatzung bei Baggerarbeiten den besseren Überblick behalten kann
Herausragendes Merkmal des Pionierpanzers Kodiak ist das Mittelarmkonzept. 16
und das Fahrzeug auch in Engstellen einsetzbar ist. Der leistungsstarke Knickarmbagger lässt sich darüber hinaus auch zum Anheben und Versetzen von Lasten einsetzen. Zudem steht eine Vielzahl weiterer unter Schutz wechselbarer Werkzeuge zur Verfügung. Der Kodiak verfügt weiterhin über ein Räumschild mit Schnitt- und Neigungswinkelverstellung. Die vielseitig einsetzbare Windenanlage im Frontbereich des Fahrzeugs ist mit zwei unabhängig voneinander nutzbaren Spillwinden ausgestattet. Die vergleichsweise leichten Windenseile können schnell und ohne zusätzliche Hilfsmittel oder Werkzeuge von einem Soldaten an ein Objekt herangeführt werden, wodurch der Aufenthalt außerhalb des hoch geschützten Fahrzeugs minimiert wird. Für den Selbstschutz verfügt der Kodiak über eine moderne Nebelmittelwurfanlage im Kaliber 76mm sowie über die von Rheinmetall entwickelte fernbedienbare Waffenstation „Natter“. Diese kann wahlweise mit einem MG im Kaliber 7,62 mm x 51 oder 12,7 mm x 99 ausgerüstet werden oder eine 40-mmGranatmaschinenwaffe aufnehmen. Rheinmetall hat gemeinsam mit der RUAG als technologischem Partner der Schweizer Armee den Kodiak entwickelt. Auch bei einem anderen Fahrzeugprojekt kooperiert das Unternehmen erfolgreich mit einem internationalen Partner.
Hohe Mobilität in extremem Gelände: Der Bv206 S und mögliche Nachfolger Vornehmlich in der Gebirgstruppe, aber auch bei Spezial- und spezialisierten
Kräften und im Sanitätsdienst nutzt die Bundeswehr die Überschneefahrzeuge Bandvagn (Bv) 206 D und Bv206 S. Sie kommen u.a. in den Varianten Transporttrupp (TrspTrp), Gefechtsstandtrupp (GefStdTrp), Führungsunterstützungstrupp (FüUstgTrp) und Sanitätstrupp/Beweglicher Arzttrupp (SanTrp/ BAT) zum Einsatz. Der leicht gepanzerte Bv206 S ist eine Weiterentwicklung des ungepanzerten Bv206 D. Herausragende Merkmale der mit C-160 und CH-53 (Außenlast) luftFoto: Bundeswehr/Schulz
Pionierpanzer Kodiak – ein echter Pionier
Der Bv206 S während der Übung Cold Response 2020 in Norwegen.
transportierbaren Überschneefahrzeuge sind das zweigliedrige Design mit hydraulischer Lenkeinheit (Knicklenkung) sowie der durch die breiten Laufbänder erreichte äußerst geringe spezifische Bodendruck. Das ermöglicht eine sehr hohe Mobilität im extremen Gelände. Die schwimmfähigen Fahrzeuge eignen sich für arktische Regionen und Hochgebirge ebenso wie für amphibische Einsätze, sumpfiges Gelände und Wüsten.
Artillerie der nächsten Generation: Rheinmetall Radhaubitze 155 mm Seit seiner Gründung im Jahr 1889 ist Rheinmetall ein weltweit führendes Kompetenzzentrum im Bereich der Artillerie. Auf Basis der nationalen wie internationalen Forderungslagen ist mit der neuen 155-mm-Rheinmetall-Radhaubitze eines der modernsten Artilleriesysteme der Welt entstanden. Wesentliches designbestimmendes Kriterium war es, die strategische Beweglichkeit von Standard-Militär-Lkw mit der Leistungsfähigkeit modernster Panzerhaubitzen zu kombinieren und gleichzeitig die Reichweite der Rohrartillerie maßgeblich zu steigern, um wieder eine Reichweitenüberlegenheit gegenüber gegnerischer Artillerie zu erzielen.
Die Haubitze baut auf dem bewährten, hochmobilen HX 10x10-Chassis der Rheinmetall MAN Military Vehicles auf und verfügt über eine hochgeschützte Kabine sowie einen vollautomatischen, ferngesteuerten und besatzungslosen aber begehbaren Artillerieturm. Somit lässt sich das System theoretisch von nur einem Soldaten unter Schutz bedienen, wobei unter taktischen Gesichtspunkten wohl zwei Soldaten zum Einsatz kommen werden. Der Turm hat die Fähigkeit, 360 Grad rundum zu schießen. Das Turmmagazin fasst Geschosse und Treibladungen für 40 Schuss. Als Bewaffnung ist die in der Entwicklung befindliche L60-Waffenanlage vorgesehen. Diese kann kostengünstige Standardmunition (Boattail; Basebleed; V-LAP) auf Reichweiten jenseits von 75 km verschießen. Selbst Boattailmunition analog der deutschen DM121 wird Reichweiten von rund 48 km erreichen können. Präzisonssondermunition, wie z.B. Vulcano, wird Hochwertziele auf Reichweiten um 100 km bekämpfen können. Auf Kundenwunsch kann aber auch die bewährte und in der PzH2000 genutzte 155-mm-L52 Waffenanlage eingebaut werden. Gegenüber anderen radbasierten Trägerfahrzeugen, welche bereits an Gewichts- und Zuladungsgrenzen stoßen, bietet die Verwendung des HX 10x10 ein bisher ungenutztes Aufwuchspotential von fünf Tonnen Nutzlast. Dieses kann über eine angenommene Nutzungsdauer von 30-40 Jahren für Kampfwertsteigerungen, wie z.B. die Integration von Drohnen oder aber auch für das Mitführen weiterer Munition genutzt werden. Ebenso ist die Haubitze von Grund auf für einen fernbedienbaren und (teil-)autonomen Betrieb ausgelegt, um bei Bedarf besatzungslos agieren zu können – die Feuerfreigabe erfolgt freilich gemäß des „human in the loop“-Ansatzes weiterhin nicht autonom. Die Haubitze bietet ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis in Beschaffung und Nutzung gegenüber klassischen Panzerhaubitzen aber auch Radhaubitzen auf taktischen Gefechtsfahrzeugen bei gleichzeitig deutlicher Steigerung der Kernfähigkeit einer jeden Haubitze im Bereich der Wirkung durch Reichweitenüberhang. Weiterhin reduziert die logistische Gleichheit mit den in der Bundeswehr und anderen Streitkräften eingeführten HX-Logistik-
Foto/Grafik: Rheinmetall
Rheinmetall und sein Partner BAE Systems Hägglunds, der Hersteller der Fahrzeuge, arbeiten als Dienstleister der Bundeswehr erfolgreich zusammen. Rheinmetall konnte so die besonderen Anforderungen der Bundeswehr in Deutschland umsetzen, z.B. Funk- und Führungssysteme einrüsten, Anpassungen an die Straßenverkehrsordnung vornehmen und so eine reibungslose Einführung in die Bundeswehr ermöglichen. Darüber hinaus konnte Rheinmetall die Einbindung deutscher mittelständischer Firmen, wie z.B. die Fa. Binz fördern. Technische Änderungen sowie Obsoleszenz-Bereinigungen werden im Rahmen der für die Nutzungsphase vorgesehenen vollumfänglichen technischen und logistischen Betreuung entwickelt und in die Fahrzeugflotte eingebracht. Bei der Neubeschaffung eines moderneren Überschneefahrzeugs steht Rheinmetall als Systemhaus seinen Kunden zur Seite. Für einen Nachfolger soll die Konzeption des Bv206 als zweigliedriges Fahrzeug mit Knicklenkung oder Ähnlichem sowie Bandlaufwerk beibehalten werden. Derzeit bietet nämlich nur dieses Design die unübertroffenen Fahreigenschaften unter den unterschiedlichen Gelände- und Umweltbedingungen. Erkannte Defizite sollen durch die Auswahl von Komponenten nach dem Stand der Technik möglichst eliminiert, zumindest minimiert werden.
Konzept der Rheinmetall Radhaubitze 155 mm
fahrzeugfamilien die Lebenszykluskosten und zeigt sich darüber hinaus bei multinationalen Einsätzen ebenso vorteilhaft wie bei der Landes- und Bündnisverteidigung.
Ausblick Neue Antriebsformen, Waffensysteme, Zukunftstechnologien wie Robotik und Autonomie, immer stärkere Vernetzung, die Einbindung unbemannter Systeme in Gefechtsverbunde, neue Mensch-Maschine-Schnittstellen und vieles mehr werden die Gefechtsfelder der Zukunft kennzeichnen. Als integrierter Technologiekonzern wird Rheinmetall hier weiter Trends setzen. Dabei arbeitet Rheinmetall mit internationalen Partnern erfolgreich zusammen und sichert ebenso langfristig wehrtechnische und technologische Kernkompetenzen in Deutschland. Weitere Informationen: Oliver Hoffmann Head of Public Relations Rheinmetall AG Rheinmetall Platz 1 D - 40476 Düsseldorf Phone: +49 211 473 47 48 Fax: +49 211 473 41 58 [emailprotected] www.rheinmetall.com 17
Konzeptionelle Grundlagen
Das Heer 4.0 auf dem Weg in das Jahr 2032 Dietmar Klos Die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung soll – nach Jahren des Rückbaus – als gleichrangig zu vielen anderen Aufgaben von Bundeswehr und Heer wiederbelebt
D
adurch sollen die Verpflichtungen gegenüber der NATO erfüllt, die Führungsverantwortung als Anlehnungsnation im Sinne des „Framework Nation Concept“ ermöglicht und die Zukunftsfähigkeit des Heeres durch voll und modern ausgestattete Großverbände mit durchsetzungsstarken, reaktionsschnellen, präzise wirkenden und durch umfassende Digitalisierung gut vernetzten Kräften erreicht werden. Das verstärkte Vermögen zur engen Zusammenarbeit mit den anderen Teilstreitkräften/Militärischen Organisationsbereichen (TSK/MilOrgBer) sowie verbündeten Streitkräften, einschließlich der Integration solcher Kräfte, ist auch ein Ziel. Das Heer wird über die nächsten gut zehn Jahre sein Fähigkeitsprofil dazu aufwachsen lassen. Dieses soll nach dem „Plan Heer“ stufenweise und fortschreitend geschehen. Zum Erreichen des Zielzustands Heer 4.0 bis 2032 wird in zwei Bewegungsachsen vorgegangen. Auf der oberen Achse wird als Zwischenziel und zugleich „Zwischenschritt 1“ die Gestellung der „Very High Readiness Joint Task Force“ 2023 genutzt, um eine voll und modern ausgestattete mechanisierte Brigade verfügbar zu machen. Im Folgeschritt soll die „Division 2027“ als „Zwischenschritt 2“ mit drei vollständigen, anteilig digitalisierten mechanisierten Brigaden erreicht werden. Zu beiden Schritten gehören Teile von Divisionsund Korpstruppen. Die untere Achse zielt vermehrt in die Zukunftsfähigkeit des Heeres, damit angetrieben von dem Willen zur umfassenden Digitalisierung und Vernetzung der Truppen und Ausstattungen. In allen
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Grafik: Bundeswehr
und mit Schwerpunkt aufgebaut werden.
„Plan Heer“
Dimensionen und Fähigkeiten soll ein enormer Fortschritt für ein voll ausgestattetes Heer erzielt werden. In 2032 sollen dann drei Divisionsäquivalente mit einem durchaus unterschiedlichen Kräfte- und Fähigkeitsmix verfügbar sein. Die Ausgestaltung soll aus den derzeitigen Kräften des Heeres erfolgen, angedickt durch Beigaben der „Trendwende Personal“ sowie modernisiert durch etliche Rüstungsvorhaben. Der bisher zugestandene aktive Personalumfang von 60.000 sowie 20.000 Reservedienstleistenden reicht jedoch für das Heer 4.0 in 2032 nicht. Der Weg zum Ziel 2032 führt über die „Division 2027“ mit bereits entschiedenen Ausstattungen als Basis des nächsten Sprunges. Vor allem für das Erreichen des Ziels „Heer 4.0“ werden
zukünftige Entwicklungen zu erkennen und einzubeziehen sein. Sicherheitspolitische Veränderungen, insbesondere der Bedrohungspotentiale, technologische Fortschritte, wie z.B. bei Waffen, Cyberfähigkeiten, Digitalisierung und Automatisierung, sind zu berücksichtigen. Daher kann die letztendliche Ausgestaltung des Plans erst fortlaufend vollzogen oder angepasst werden.
VJTF 2023 – 1. Zwischenziel Teil des „NATO Readiness Action Plan“ ist die rotierende NATO-Speerspitze durch die „Very High Readiness Joint Task Force“ (VJTF). Für die VJTF (Land) 2023 wird das Heer erneut eine Rahmennationengruppe anführen, gemeinsam mit den Niederlanden und Norwegen.
system bis 15 Tonnen vor allem für die Logistiktruppen erhalten, anteilig auch für die VJTF 2023. Zur Verbesserung der Führungsfähigkeit und Einstieg in das große Vorhaben der umfassenden „Digitalisierung-Landbasierter Operationen“ des Heeres wird die VJTF 2023 anteilig ausgestattet. Neben dem vorhandenen Battle Management System (BMS) SitaWare Headquarters für Gefechtsstände Division bis Bataillon werden mobile Kräfte mit dem neuen BMS SitaWare Frontline bestückt. Mit Hilfe neuer Kommunikationsserver können damit auch die leider noch zu nutzenden „alten“ SEM-Funkgeräte einbezogen werden. Die PzGren-Kräfte werden im Rahmen des Projekts „System Panzergrenadier VJTF 2023“ sogar für die Schützenpanzer Puma sowie die abgesessenen Kräfte mit taktischem „Software Defined Radio“, Führungsfunkanbindung simultan mit Sprache und IP-Daten sowie „Mobile Ad hoc Network“/Router-Funktionalität, ausgerüstet – den ausgewählten V-/UHFFunksystemen „Soveron HR/VR“. Diese sind kompatibel mit bereits zulaufenden „Soveron D“ für Führungsfahrzeuge. Die Brigade wird damit über daten- und sprachfähige Kommunikation sowie ein bruchfreies Führungsinformationssystem über mehrere taktische Ebenen verfügen. Rund 40 Schützenpanzer Puma im Konstruktionsstand „VJTF 2023“ mit dem „Mehrrollenfähigen leichten Lenkflugkörpersystem“ (MELLS), verbesserten Sichtsystemen und der digitalen Führungsausstattung, einschließlich des verbesserten Systems „Infanterist der Zukunft-Erweitertes System (IdZ-ES) plus“, sollten ab Anfang 2021 ausgeliefert werden. Damit würde ein zweiter Führungskreis zum Zug bzw. zur Kompanie möglich und ein durchgängiger Informations- und Kommunikationsverbund vom Soldaten bis zur Kompanie – abgestützt auf das neue BMS. Die Entscheidung für die Nutzung der Puma ist noch offen. Die taktische Einsatzprüfung erfolgte im Sommer 2020 und soll erkennbare Verbesserungen erbracht haben. Nun soll die Einsatzreife bis Frühjahr 2021 hergestellt werden. Für die VJTF 2023 stehen als Alternative modernisierte Schützenpanzer Marder zur
ÜBERLEGENE VERNETZUNG. AUF DREI KANÄLEN.
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Dafür wird der Kern der Truppe aus der Panzergrenadierbrigade 37 (PzGrenBrig 37) kommen. Dazu gehört u.a. ein Gefechtsverband mit je zwei modernsten Panzer- und Panzergrenadierkompanien. Führung und Teile eines Artillerie-, Pionier-, Aufklärungs- und Logistikverbandes gehören dazu. Ziel ist die Gestellung von Truppe und Material weitgehend aus dieser Brigade mit modernster Vollausstattung. Unterstützung aus der Streitkräftebasis, Sanitätstruppe und dem Kommando CIR tritt hinzu. Mit dieser geschlossenen Gestellung soll das erste Zwischenziel des „Plans Heer“ erreicht werden und der Sprung nach vorne in Richtung 2027 und 2032 weiteren Schwung aufnehmen. Geschlossen bedeutet, Fähigkeiten, Personal sowie Gerät weitgehend aus dieser Brigade und ihren originären Truppenteilen zu stellen. Ein enormer Kraftaufwand, aber zugleich der Nachweis, dass nur über voll verfügbare und ausgerüstete Kräfte das „System Brigade“ zum Leben erweckt wird. Dazu muss die PzGrenBrig 37 in 2021 die Ausbildung sicherstellen, um für die „Stand-up-Phase“ ab 2022 einsatzbereit zu sein. Die Ausstattung der Brigade mit möglichst modernstem Material ist ein erster Fortschritt für die moderne Vollausstattung des Heeres. Dieses wird wohl weitgehend erreicht. Aber nicht alles wird wie geplant umgesetzt werden können, somit werden zum Teil doch noch Materialausgleiche erforderlich sein. Zum Teil wurden Forderungen haushälterisch nicht umgesetzt, die Umsetzung per Vertrag oder durch die Industrie noch nicht realisiert. Auch soll die Einsatzbereitschaft von Gerät im Heer erheblich gesteigert werden, was sich auch auf die PzGrenBrig 37 positiv auswirkt. Beispiele für neue Ausstattungen der VJTF 2023/PzGrenBrig 37 sind u.a. neue „Beobachtungs- und Aufklärungsradare zur Überwachung“ (BARÜ) zur Allwetter-Aufklärung großer Räume bis 40 km ab Anfang 2022 beginnend, das Wirkmittel 1800+, neue Nachtsichtbrillen, Brückenlegesysteme Leguan, weitere Route Clearing Systeme und Transportpanzer Fuchs KAI (Kampfmittelaufklärung und -identifizierung) oder allgemeine Bekleidungs- und Schutzausstattungen. Das Heer wird bis 2022 rund 280 geschützte und ungeschützte große Transportfahrzeuge mit Wechsellade-
L3HARRIS AN/PRC-167 Das Funkgerät der nächsten Generation. Heute. > ISR-Empfänger für Luft-Boden-Video (CAS) > flexible Mehrkanal-Architektur > WebUI: integrierte Apps > Crossbanding zwischen Sicherheitsdomänen (MLS) > Wraith: robuste, hochdatenratige MANET Wellenform > vertraute Bedienung wie PRC-117G
Beratung, Betreuung und Service in Deutschland:
www.jkdefence.de
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Foto: Bundeswehr
Konzeptionelle Grundlagen
Infanterietruppen im Einsatz/Übung
phy vor. Nach dem Schwerpunkt der Arbeiten 2023 sollen die Kampfpanzer mit Schutzsystemen im Zeitraum 2024 bis 2025 ausgeliefert werden. Das Heer will durch die „qualifizierte Fliegerabwehr“ für Kampftruppenbataillone die Fähigkeit zur Selbstverteidigung gegen Luftbedrohungen, insbesondere durch Kleinstdrohnen/ small Unmanned Aerial System (sUAS) bis hin zu Drohnenschwärmen, verbessern. Für die VJTF 2023 wird eine Art Feuereinheit „qualifizierte Fliegerabwehr“ mit acht Systemen in den verstärkten Gefechtsverband integriert. Dazu werden zehn Transportfahrzeuge Boxer beschafft, in die als Drohnenabwehrsysteme fernbedien-
Foto: Bundeswehr
Verfügung, u.a. ausgerüstet mit MELLS, neuen Sichtsystemen, leistungsstärkerem Triebwerk, aber nur dem Führungs- und Informationssystem Heer. Insgesamt 103 Kampfpanzer Leopard 2 werden bis 2023 in den modernsten Ausrüstungsstand A7V gebracht. Neben den Verbesserungen der Variante A7 hinsichtlich Wirkung, Sensorik, Minenschutz und Führungsinformationssystems IFIS werden hier u.a. noch die Nachtsehfähigkeit, ein Rundumschutz, der Motor und Antrieb modernisiert. Ein abstandsaktives Schutzsystem APS Trophy (Firma Rafael) sowie das neue BMS kommen hinzu. Der Zeitplan sieht den unmittelbaren Beginn der Arbeiten beim APS Tro-
Schützenpanzer Puma zusammen mit Kampfpanzer Leopard 2 A7/A7V 20
bare Waffenstationen „Protector Remote Weapon Station“ der Fa. Kongsberg Defence & Aerospace (NOR) mit automatischem 40-mm-Granatmaschinenwerfer integriert werden. Mit dem Spexer Radar der dritten Generation von HENSOLDT werden UAS/ sUAS verfolgt. Der Zeitplan für die Fertigstellung der Systeme wird nicht ganz eingehalten werden können, einzelne Systeme werden ggfs. später bei der VJTF eintreffen. Die vorbereitende Ausbildung an Einzelkomponenten hat bereits begonnen. Auch der Zulauf des unbemannten Aufklärungssystems HUSAR, die LUNA NG (Next Generation), zur abbildenden Aufklärung in mittlerer Reichweite ab 2021 verzögert sich. Eine höhere Reichweite von über 100 km, die Flugdauer von mehr als zwölf Stunden, Mehrfachnutzlasten, modernste Sensorik und Anbindung an Informationsverbünde kämen damit nicht zum Tragen. Aufgrund industrieller Verzögerungen wird der Zeitplan zum Einsatz bei der VJTF 2023 überarbeitet. Eventuell müssen noch die Systeme KZO und LUNA zum Einsatz kommen.
Division 2027 Die Befähigung einer einsatzbereiten Division zur Landes- und Bündnisverteidigung bis 2027 ist der bedeutendste „Zwischenschritt 2“ für ein voll einsatzfähiges Heer und zugleich ein ehrgeiziges Ziel. Dazu müssen heute fehlende Fähigkeiten sowie neue Technologien aufgebaut werden, um mehr
Kampfkraft, höhere Reichweiten, Mobilität sowie Durchhaltefähigkeit für hochbewegliche Operationen zu erzielen. Gemäß der „Trendwende Personal“ werden bestimmte Truppengattungen etwas mehr Personal erhalten. Zur Division 2027 sollen neben einem Hubschrauberverband eine Panzer- und zwei Panzergrenadierbrigaden voll und modern ausgestattet gehören. Diese bestehen aus jeweils drei mechanisierten Kampftruppenbataillonen und einem Infanterieverband. Vor allem aber sollen Führungs-, Kampf- und logistische Unterstützungstruppen der Divisionsebene und als Einstieg anteilig auch der Korpsebene neben solchen in den Brigaden vorhanden sein. Die Zusammenarbeit mit und Unterstützung durch Fähigkeiten anderer TSK/MilOrgBer soll gewährleistet sein, ebenso wie das multinationale Zusammenwirken. So soll die Beistellung von zwei Brigaden anderer Nationen im Sinne des „Framework Nation Concept“ ermöglicht werden. Auch soll mit der Division 2027 der erste Meilenstein der „Digitalisierunglandbasierter Operationen“ erreicht werden, um eine enge Vernetzung, verbesserte Führung und schnelle Entscheidungsfindung zu erzielen. So kann z.B. die Umsetzung von Aufklärungsergebnissen in direkte Wirkung („sensor-to-shooter“) gelingen. Zudem wird das Zusammenwirken der verbundenen Kräfte in Operationen verbessert, insbesondere die flexiblere Nutzung von Unterstützungskräften. Schnell verlegbare, kleinere und geschützte Gefechtsstände der Großverbände mit Abstützung auf rückwärtige Anteile („Reachback“) bedürfen hoher Digitalisierung und Vernetzung.
Foto: Kongsberg
Konzeptionelle Grundlagen
Die Waffenstation Protector Remote Weapon Station von Kongsberg soll auf dem GTK Boxer eingesetzt werden
Weitere Beispiele für die Ausprägung der „Division 2027“ und deren innovative Ausstattung sollen angerissen werden. Die Aufklärung wird durch ein Aufklärungsbataillon der Division und eine gemischte Kompanie der Brigade sichergestellt. Der Verbund aller Mittel streitkräftegemeinsam und multinational sowie ein verbesserter Aufklärungs-Wirkungs-Verbund mit genauen Zieldaten wird angestrebt. Bei der Wirkung soll die Duell- und Durchsetzungsfähigkeit der Truppen und Systeme verbessert werden. Die Version Puma „VJTF“ soll ab 2021 auf alle Puma übertragen werden. Der Puma mit voller Einsatzbefähigung – möglichst in der Konfiguration Puma S2 – und als „System PzGren“ mit moderner Ausstattung „IdZ-ES“ soll für die „Division 2027“ bereitstehen. Kampfwertsteigerungen zum KPz Leopard 2 A7/A7V sollen vollzogen sein. Für die drei Jägerbataillone soll der
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„schwere Waffenträger“ auf Boxer-Basis verfügbar sein. Für die „Division 2027“ sollen ein gemischtes Divisionsartillerieregiment und drei Brigadebataillone zu zwei Batterien mit neun Haubitzen aus heutigen Kräften zeitgerecht verfügbar gemacht werden. Bei den weitreichenden Wirkmitteln werden Modernisierungen erfolgen, auch wenn nicht alle Vorhaben des Wirkmittelverbunds „Zukünftiges System Indirektes Feuer“ für die Wirksysteme (Rohr, Rakete und Mörser) umgesetzt werden können. Der Anteil Artillerie der „Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung“ (STF) kann in der Division im Wesentlichen erreicht werden. Die 45 Kampfhubschrauber Tiger des Heeres, davon 32 im Kampfhubschrauberregiment 36, bieten eine breite Nutzung in vielen Einsatzoptionen so-
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Konzeptionelle Grundlagen Class I im Heer angegangen. Dazu sollen vorerst die Waffensysteme der Kampftruppenbataillone auch für die Bekämpfung von Kleinstzielen sowie Hubschraubern befähigt werden. Die Ausstattung mit modernen geschützten und ungeschützten Fahrzeugen läuft seit einiger Zeit und soll vor allem für die Logistiktruppen fortgeführt werden. Allerdings ist schon heute spürbar, dass nicht alle Vorhaben voll umgesetzt werden können. Inzwischen ist man im Heer auch vorsichtig geworden. Es heißt nicht mehr „Division 2027“, sondern „Division Zwischenschritt 2“, ergo: das Ziel steht, die Jahreszahl kann sich ziehen.
Parallel zur Division 2027 und danach wird die Zukunftsentwicklung des Heeres fortentwickelt – heute noch in einer nicht sicher vorhersehbaren La-
deren Truppenteile werden denen der „Division 2027“ ähneln. Divisions- und entsprechende Korpstruppen gehören ebenfalls dazu. Der o.a. zugestandene Personalumfang des Heeres reicht nicht. Ohne zusätzliches Personal könnte das 2. und 3. Divisionsäquivalent wohl nur bei um 75% aktivem Personalanteil stehen. Auch ist offen, ob genügend Reservisten, nach der Entlassung grundsätzlich für sechs Jahre beordert, dem Ruf zu notwendigen Wehrübungen folgen. Nach der „Strategie der Reserve 2019“ erfolgt die Teilnahme nur auf freiwilliger Basis. Noch ist vieles also offen, aber einige Grundzüge sind schon im Visier. Die Entscheidung zur Beschaffung eines 2. Loses Puma ist wohl erst in 2022 zu erwarten – damit auch die Auswirkungen auf die Panzergrenadiertruppe bis 2032. In den heute vorhandenen vier gemischten Artilleriebataillonen werden die zukünftigen Artilleriekräfte
ge. Das Heer 4.0 in 2032 soll drei der NATO avisierte, vollständige, aber ggf. differenzierte Divisionen umfassen. Acht voll aufgestellte Brigaden gehören dazu, wobei ein Aufwuchs auf zehn Brigaden im Plan ist. Dabei sind drei Infanterie-/Gebirgsjägerbrigaden geplant. Die mechanisierten Brigaden und
zusammengefasst. Daraus wird bei Bedarf ein Korpsraketenartilleriebataillon mit vier Batterien zu acht Werfern ausgeschieden. Ebenso werden drei gemischte Artillerieregimenter der Divisionen aufgestellt mit je einer Rohr-, Raketen- und Aufklärungsbatterie. Die Gefechtsstände, je eine
Heer 4.0 in 2032
Foto: Bundeswehr
wie mit fünf Waffensystemen hohe Wirkungen gegen unterschiedliche Ziele. Die Flotte soll bis ca. 2025 insgesamt auf den in Afghanistan genutzten Ausrüstungsstand ASGARD-F angepasst werden. Die Pioniertruppe wird gestärkt. Ein neues Panzerpionierlehrbataillon 90 (PzPiLBtl) wird in Munster zusammengestellt. In einem aktiven bi-nationalen „DEU/GBR Pionierbrückenbataillon“ 130 werden alle deutschen Brückenkapazitäten (drei Kompanien Amphibie M3 bzw. Faltschwimmbrücke) zusammengefasst, dazu eine britische Kompanie mit Amphibie M3. Damit können die Pionierkräfte für die „Division 2027“, ein schweres PiBtl, ein PzPiBtl und je eine PzPiKp der Brigaden, gestellt werden. Beispiele für die Beschaffung neuer Ausstattungen sind das Brückenlegesystem Leguan (bis 40 m/MLC 80), 44 Gepanzerte Pioniermaschinen (Kodiak von Rheinmetall) ab 2026 und ein neu-
Das Brückenlegesystem Leguan
es Minenräumsystem. Die Sperrfähigkeit der Pioniere wird aufgebaut. Bis ca. 2023 werden 23 Minenverlegesysteme 85 reaktiviert. Ein zukünftiges Sperrsystem soll mittelfristig beschafft werden. Ab 2026 wird die umfassende Befähigung zur „qualifizierten Fliegerabwehr“ zur Bekämpfung von UAS 22
MISSIONSUCCESS SPITZENTECHNOLOGIE FÜR DIE ARTILLERIE Erhöhte Reichweite, gesteigerte Mobilität, reduzierter Personalbedarf und intelligente Vernetzung im Verbund sind die Anforderungen an ein zukünftiges Artilleriesystem. Wir bei Rheinmetall entwickeln bereits heute Lösungen, um dies zu ermöglichen. Als führendes europäisches Systemhaus für Landstreitkräfte bietet Rheinmetall vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrung und Innovationskompetenz im Bereich gepanzerter Fahrzeuge, Waffen, Munition, Elektrooptik und Vernetzung ein weites Spektrum an Beiträgen für die Artillerie des 21. Jahrhunderts.
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Konzeptionelle Grundlagen Maschinenkompanien und eine weitere PzPiKp entstehen, wahrscheinlich mit vergleichbarer Ausstattung und unter Nutzung auch von Reservisten. Das Vorhaben „Zukünftiges Schwimmbrückensystem“ als Nachfolgesystem soll ab 2030 eingeführt werden, mit Erhöhung der Tragfähigkeit auf MLC 100 (Ausnahme MLC 130) und 600 m Länge an Brückengerät. Die bewährte Interoperabilität mit britischen Schwimmbrückenpionieren könnte in Zukunft fortgeführt werden, ggfs. auch mit einem bi-nationalen Rüstungsprojekt. Durch das aufwachsende „Luftverteidigungssystem für den Nah- und Nächstbereichsschutz“ der Luftwaffe ab etwa 2023 wird diese Lücke auch für das Heer geschlossen. Die volle Ausstattung für die umfassende Befähigung zur „qualifizierten Fliegerabwehr“ wird wohl erst für das Heer 4.0 in 2032 erreichbar sein. Mit der konkreten Ausplanung des Heeres 4.0 wird auch die Zukunftsfähigkeit der Ausstattung fortlaufend weiterverfolgt. Dabei wird eher Wert auf Neubeschaffungen, als auf aufwändige Modernisierungen gelegt. Moderne Technologien werden betrachtet, von der vertieften Digitalisierung über „Human Performance Enhancement“ bis hin zur Künstlichen Intelligenz.
Grafik:AHEntwg
Versorgungs-/Unterstützungsbatterie und die STF-Koordinierungselemente für die insgesamt zwölf Artillerieverbände werden ebenfalls aktiv bereitgehalten. Die Beschaffung des Systems „Zukünftiges System Indirektes Feuer mittlere Reichweite“ in zwei Varianten ist bis 2031 geplant. Für 108 Panzerhaubitzen 2000 auf Leopard-Fahrgestell mit der Waffenanlage 155mm L/52, in den Brigadeartillerieverbänden eingesetzt, soll u.a. die Reichweite von ca. 30 auf rund 75 km bei präzisen Wirkungen erhöht werden. Auch 108 neue Rohrwaffensysteme Rad für die Artillerieregimenter der Divisionen und bei den Infanteriebrigaden sollen eine Reichweite von 75 bis 100 km haben. Mit dem „Zukünftiges System Indirektes Feuer große Reichweite“ auf Korpsund Divisionsebene ist eine Steigerung der Reichweite bis 300 km mit Raketen und/oder Flugkörpern angedacht. Für die langfristige Nutzung von Kampfhubschraubern stehen Entscheidungen noch aus. Fähigkeitserweiterungen durch die Tiger-Staaten (GE, FR, ESP) für einen möglichen Tiger Mark III und die Nutzung für den Zeitraum bis 2040+ wären eine Option. Aber auch andere Lösungen sind möglich, wie z.B. Beschaffung des marktverfügbaren Hubschraubers Apache AH-64E. Bis 2032 sollen zwei fehlende Pi-
Der Aufwuchs des Heeres 4.0 bis 2031+ 24
Ausblick Die gezeigten Absichten zeigen, dass einiges erreicht wurde, aber vieles noch offen ist. Letztlich ist das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr und anteilig des Heeres sowie der „Plan Heer“ eine Zielvorstellung für das Heer, die Bundeswehr gesamt, aber auch für die verantwortlichen Politiker. Es ist ein „Wurstzipfel“, um die Notwendigkeiten zur Erlangung der Zukunftsfähigkeit des Heeres zu verdeutlichen und möglichst zu erreichen. Zu fragen ist, ob nicht auch strukturelle Veränderungen für die Bundeswehr erforderlich sind, zumal es ja nicht nur um die Fähigkeitsentwicklung des Heeres geht. Die Jahre 2027 und erst Recht 2032 sind noch einige Zeit hin. Allein bis 2027 stehen noch zwei Bundestagswahlen an. Deren Auswirkungen auf die Verteidigungspolitik und vor allem die Finanzierung der Kräfte und Mittel des Heeres sind nicht sicher vorherzusehen. Ebenso sind sicherheitspolitische und technologische Entwicklungen offen. Trotzdem muss das Heer den „Plan Heer“ konsequent verfolgen und dessen Erreichung einfordern. Andernfalls müssten durch die politische Führung konsequenterweise Abstriche bei den Fähigkeitsforderungen erfolgen. L
ATM ComputerSysteme GmbH
Information und Kommunikation aus einer Hand Abbildungen: ATM
E
ntscheidend für das optimale Lagebild ist die Verfügbarkeit von Informationen über alle Subsysteme und den eingesetzten Gefechtsverband hinweg. Als IT-Systemhaus setzt die ATM mit ihren Systemlösungen hier an. Die ATM vernetzt Kommunikationsteilnehmer und taktische Anwendungen auf der einen sowie Sensoren und Subsysteme auf der anderen Seite.
Zentraler Informationsknoten Innerhalb von Fahrzeugen übernimmt der ATM CENTURION i7 Fahrzeugserver diese Aufgabe. Als zentraler Knoten im Netzwerk empfängt, verwertet und verbreitet der CENTURION i7 die Informationen aus verschiedenen Quellen. Das Verschmelzen aller Informationen auf einer einheitlichen Softwareoberfläche und Darstellung auf der ATM VistaMaster Panel-PC und Displayfamilie oder dem PALLADION Panel-PC erhöht die Situational Awareness. Da die Geräte der VistaMaster- und PALLADION-Serie an den jeweiligen Arbeitsplatz anpassbar sind, eignen sich diese für unterschiedliche Aufgaben: • als reines Display, Tochterdisplay und Heckdisplay; • als Display mit Terminalfunktion; • als zentrales Bedien- und Anzeigegerät.
Der CENTURION i7 ist ein leistungsfähiger Computer für Landkampffahrzeuge.
Der ATM Kommunikationsserver sichert die Kommunikation der Streitkräfte.
Die ATM entwickelt Display- und Panel-PC-Systeme sowie Systembediengeräte in den Größen 7“ – 17“, die auch SIL gemäß DIN EN 61508 einhalten.
Resistiver Singletouch oder kapazitiver Multitouch unterstützen den Soldaten bei der Bedienung des Touchscreens. Sind potenziell sicherheitskritische Einrichtungen betroffen, wendet die ATM die funktionale Sicherheit nach DIN EN 61508 an und erfüllt das Sicherheitsintegritätslevel (SIL).
Zentraler Kommunikationsknoten Um die Informationsüberlegenheit zu erlangen, vernetzt der ATM KommServer alle Einheiten und Befehlsstände im Kommunikationsverbund. Als zentrale Intelligenz bindet der KommServer bestehende wie zukünftige heterogene, schmal- und breitbandige Funk- und Drahtnetze an. Damit macht der KommServer die kommunikationstechnische Infrastruktur erst verfügbar. Für die vernetzte Operationsführung erweist sich der Taktische Service Provider als Backbone der taktischen Kommunikation. Der Taktische Service Provider der ATM wickelt den interoperablen Austausch von Informationen von Anwender zu Anwender ab. Als Kernelement im Kommunikationsverbund errichtet er ein selbstorganisierendes, mobiles Ad-hoc-Netzwerk. In dieses integriert er alle Übertragungsmittel in
einem einheitlichen und grundsätzlich IP-fähigen Netz. Der Taktische Service Provider und der KommServer als Hardwarebasis erlauben das Adaptieren zukünftiger Kommunikationsmedien und Softwarefunktionalitäten.
Aufrechterhalten der Funktionen Mit ihren Life Cycle Softwarelösungen trägt die ATM zur Materialerhaltung während und nach dem Einsatz bei. Einfache und intuitiv bedienbare Tools unterstützen bei Diagnose und Wartung in den Bereichen • Funktionsüberwachung während des Einsatzes; • Installation, Konfiguration und Sicherung durch die Administratoren; • Wartung, Fehlerlokalisierung und Funktionsprüfung durch die Instandsetzer.
Systemlösungen für uneingeschränkten Betrieb Als informationstechnische Schnittstelle zwischen Fahrzeug, Bediener und externen Kommunikationsteilnehmern, garantieren die IT-Systeme und Life Cycle Lösungen der ATM unbeschränkten Betrieb in allen Situationen. 25
Konzeptionelle Grundlagen
Landmobilität – Sachstand und Planungen in der AG Landmobilität Claus Heinrich Gattermann Mobilität zu Lande ist nahezu in allen Streitkräften ein zentraler Faktor bei der Entfaltung militärischer Fähigkeiten. Das gilt auch und gerade für die Bundeswehr.
D
Konzept Landmobilität Nunmehr dreht es sich planerisch darum, wieder die moderne, landgebundene Mobilität der gesamten, wohlbemerkt auch noch aufwachsenden Bundeswehr zu erreichen. Zentraler Akteur auf dem Weg zur Realisierung dieser ambitionierten Zielvorstellung ist die Ständige Arbeitsgruppe Landmobilität, welche einschlägige Kompetenz aus
und zivilen Organisationsbereichen bündelt. Die Ständige Arbeitsgruppe Landmobilität ist das Gremium, in dem planerische Vorgaben, vor allem aus den aufeinander folgenden Fortschreibungen des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr, in ihrer Gesamtheit harmonisiert und umgesetzt werden. Wie Landmobilität überhaupt zu gestalten ist, ergibt sich aus dem seit 2019 erarbeiteten Konzept Landmobilität. Das Konzept beschreibt die qualitati-
Foto: Bundeswehr/Christian Kuhrt
er Einsatz zu Lande steht im Mittelpunkt zahlreicher denkbarer Szenarien. Dabei steigen seit einigen Jahren die Anforderungen und Stückzahlen, mit denen die deutschen Streitkräfte planen müssen. Ursächlich dafür ist die Re-Fokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung, die nach Jahren der Krisen- und Konfliktprävention im Rahmen von personell und materiell überschaubaren Auslandseinsätzen wieder im Zentrum der Überlegungen steht.
Leopard 2A6-Kolonne in Litauen (2020)
Autor: Oberstleutnant Dr. Claus Heinrich Gattermann ist Referent für Landmobilität im Planungsamt der Bundeswehr.
26
dem Verteidigungsministerium, dem Planungsamt der Bundeswehr, dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAINBw), dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr sowie den militärischen
ve Grundlage der Landmobilität und definiert vier Handlungsfelder: Kraftstoffresilienz, Trennung von Funktionalität und Mobilität, Automatisierung und unbemanntes Fahren sowie Schutz.
Foto: Bundeswehr/Torsten Kraatz
Konzeptionelle Grundlagen
Ungeschütztes Transportfahrzeug mit Container
Arbeitsschwerpunkte Trennung von Funktionalität und Mobilität Aktuell steht insbesondere die Trennung von Funktionalität und Mobilität im Fokus der Arbeitsgruppe. Funktionalität bedeutet in diesem Zusammenhang die Fähigkeit, eine bestimmte Aufgabe im engeren Sinn erfüllen zu können. Diese Fähigkeit wird oft durch sogenannte Rüstsätze generiert. So wird beispielsweise im Rahmen der ABC-Abwehr die Fähigkeit, Wasser für die Dekontamination von Personen einzusetzen, durch einen Rüstsatz gewonnen. Genauer, durch einen Wassertank mit einem Fassungsvermögen von 2.000 Litern. Damit dieser Wassertank zu seinem Einsatzort gelangen kann, ist ein Anhänger erforderlich und natürlich ein Fahrzeug, das diesen Anhänger zieht. Insgesamt verfügt die Bundeswehr über mehr als 800 Arten von Rüstsätzen, die sich, abgesehen von den durch sie bereitgestellten Fähigkeiten, nicht zuletzt durch die Art der Verbindung mit dem Fahrzeug unterscheiden. Je nach dem Grad der Flexibilität dieser Verbindung ist hier zwischen „verlastet“, also
leicht vom Fahrzeug zu trennen, „verbaut“, im Sinne einer prinzipiell auf längere Zeiträume angelegten Zusammenführung von Funktionalität und Mobilität sowie „untrennbar verbunden“ zu unterscheiden. Um der Bundeswehr eine breit gefächerte Nutzung ihrer Rüstsätze zu ermöglichen, kommt es darauf an, viele Rüstsätze mit unterschiedlichen Fahrzeugen von einem Ort an den anderen verbringen zu können, also die starre Bindung an ein bestimmtes Einzelfahrzeug und – wenn machbar – an ein bestimmtes Fa h r ze ug m o d e l l aufzugeben. Wenn
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Träger der Mobilität = Fahrzeug bzw. Anhänger
© Planungsamt der Bundeswehr
Foto: Bundeswehr
Konzeptionelle Grundlagen
MOBILITÄT FUNKTIONALITÄT Standardisierte Schnittstelle
FUNKTIONSTRÄGER Standardisierte Ladungsträger
Rüstsatz (Gerätesatz + Einbausatz)
20 ft 15 ft
10 ft
Container
oder
StandardWechselpritschen
Zusammenspiel von Rüstsätzen und Fahrzeugen (Prinzipskizze)
also das Fahrzeug A mit einem Getriebeschaden ausfällt, muss es möglich sein, den Rüstsatz mit dem Fahrzeug B zu einem neuen Einsatzort zu bewegen und optimalerweise auch mit einem ganz anderen, vielleicht sogar handelsüblichen Fahrzeugtyp. Das minimiert die Nichtverfügbarkeit bestimmter Fähigkeiten im Einsatz, aber auch im normalen Tagesdienst oder z.B. dem Ausbildungsbetrieb. Auf dem Weg zu diesem Ziel ist die Ständige Arbeitsgruppe Landmobilität dazu übergegangen, standardisierte Schnittstellen zwischen Rüstsatz und Fahrzeug zu definieren und zu planen. Also im Regelfall Container oder Wechselpritschen, in die Rüstsätze aufgenommen und dann vergleichsweise einfach auf Fahrzeuge verlastet werden können. Zu diesem Zweck gilt es, die umfangreiche Rüstsatzlandschaft in Familien einzuteilen, die wiederum für bestimmte Container in Frage kommen – eine planerische Mammutaufgabe, die viel Detailkenntnis und das Hand-in-Hand-Arbeiten zahlreicher Experten erfordert. Fahrzeugumfänge Zweiter aktueller Tätigkeitsschwerpunkt der Ständigen Arbeitsgruppe Landmobilität ist, den momentan in 28
der Bundeswehr vorhandenen Fahrzeugpark zu erfassen und planerisch vorzubereiten, wie dieser vielfältige „Fahrzeug-Mix“ zukünftig ausgestaltet werden soll. Diese Zukunft wird bestimmt durch das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr, ein fortzuschreibendes und zyklisch weiterzuentwickelndes Dokument, das in drei Zwischenschritten militärpolitische Ambitionen der Bundeswehr, nicht zuletzt mit Blick auf die Ausrüstung und daraus erwachsende Fähigkeiten in qualitativer und quantitativer Hinsicht, beschreibt. Dabei kommt es, beispielhaft und verkürzt mit Blick auf das Heer dargestellt, darauf an, bis 2023 eine Brigade (Zwischenschritt 1), bis 2027 eine Division (Zwischenschritt 2) und bis 2031 ein Korps mit drei Divisionen (Zwischenschritt 3) auszustatten. Ähnlich wie bei der Planung der Rüstsätze bedeutet das, die Fülle der in der Bundeswehr vorhandenen und künftig einzuführenden verschiedenen Fahrzeuge in Bezug auf Schutz, beispielsweise Panzerung, zu klassifizieren (rund 750 unterschiedliche Modelle, dazu über 100 Anhängertypen), diese Modelle den Zwischenschritten zuzuordnen und schließlich die erforderlichen Stückzahlen zu ermitteln.
Die zu betrachtenden Größenordnungen sind beträchtlich: Ausgehend von der Gliederung der Bundeswehr 2016 mit ca. 56.000 Fahrzeugen, sieht der Zwischenschritt 2 für 2027 rund 68.000 Fahrzeuge vor, der Zwischenschritt 3 im Ausblick auf 2031 über 100.000 Fahrzeuge. In welchem Maße sich die ReFokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung auswirkt, mag allein der Blick auf die Artilleriesysteme verdeutlichen. Deren Anzahl wird sich allein zwischen 2027 und 2031 in etwa verdoppeln. Es bleibt dabei festzuhalten, dass es sich bei den genannten Zahlen um Planungen handelt, mit denen die Arbeitsgruppe versucht den politischen Willen in eine zukünftige Realität zu überführen. Ob diese Planungen Wirklichkeit werden, hängt maßgeblich von den aus dem Bundeshaushalt dafür bereitgestellten Finanzmitteln ab – ein Faktor, der nach momentanem Stand die termingerechte Zielerreichung im Bereich Landmobilität maßgeblich beeinflusst.
Komplexe Dienstleistungen Ein Weg, die Zwänge komplizierter militärischer Beschaffung und die Knapp-
Foto: Bundeswehr/Rott
Konzeptionelle Grundlagen
BwFPS-Fahrzeuge
heit von Haushaltsmitteln in ihrer Auswirkung auf die Landmobilität zu lindern, besteht in der schon seit Jahren praktizierten Nutzung „komplexer Dienstleistungen“ – ein Schlagwort, das hier vor allem die Zusammenarbeit mit dem BwFuhrparkService beschreibt. Der BwFuhrparkService als Unternehmen im Eigentum von Bundeswehr und der Deutschen Bahn stellt den deutschen Streitkräften Dienste wie Fahrzeugleasing und -vermietung sowie Flottenmanagement zur Verfügung. Allerdings ist diese Dienstleistung begrenzt auf handelsübliche bzw. geringfügig umgebaute und an die militärische Nutzung angepasste Fahrzeuge. Das bedeutet, dass die Bundeswehr z.B. keine Gefechtsfahrzeuge über den BwFuhrparkService beziehen kann. Trotz dieser Einschränkung ist das Potential, das im Rahmen der Erreichung der Zwischenschritte des Fähigkeitsprofils genutzt werden kann, immens: Für 2027 ist von etwa 35.000 Fahrzeugen auszugehen, für 2031 mit dem dann erhöhten Anteil an Gefechtsfahrzeugen von rund 41.000 Fahrzeugen. Dabei bietet die Verwendung handelsüblicher Fahrzeuge aus Beständen des BwFuhrparkService nicht nur den Vorteil, durch Verzicht auf kostentreibende Neuentwicklungen Finanzmittel einsparen zu können, sondern auch die Chance, durch eben
somit deren Anbindung an andere Elemente auf dem Gefechtsfeld erschwert würde.
Die Zukunft Die nächsten Schritte der Ständigen Arbeitsgruppe Landmobilität als zentrale Schnittstelle für die Landmobilität der Bundeswehr sind damit vorgegeben: Nachdem die Bedarfe erfasst und beschrieben wurden, kommt es in den nächsten Monaten und Jahren auf die Umsetzung an. Dabei ist der Bedarf der Bundeswehr in Jahresscheiben möglichst weitgehend zu decken, angepasst an die Haushaltsmittel und Priorisierungen die vorgenommen werden. An dieser Stelle fließen dann auch die anderen Handlungsfelder der Landmobilität, insbesondere die Automatisierung und unbemanntes Fahren sowie Schutz, wieder in die Arbeit der Ständigen Arbeitsgruppe Landmobilität ein. L
diesen Verzicht Zeit zu gewinnen mit dem Effekt einer rascheren Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Es ist jedoch notwendig, dass die Nutzer, also die militärischen Organisationsbereiche, das vorgesehene Einsatzszenario genau planen, denn BwFuhrparkServiceFahrzeuge mit ihrer zivil garantierten Wartung und Versorgung sind gemäß Vertragskonstruktion in Konfliktszenarien nur eingeschränkt von Nutzen – weil die Wartung eben von zivilen Dienstleistern in Deutschland Verlegefähig an jeden Ort: selbst durchzuführen Elektronische Wache für ist. Hinzu kommt, das temporäre Einsätze bestimmte, für den Einsatz im Gefecht notwendige AusrüsSecuriWall M3: Mobiler Objektschutz tungselemente (wie für zeitlich begrenzte Operationen z.B. Kommunikationsmittel) aufgrund ihrer Komplexität in handelsübliche BwFuhrparkService-Fahrzeuge Besonders. Sicher. nicht mit vertretbarem securiton-defence.com Aufwand eingerüstet werden können und
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Konzeptionelle Grundlagen
Landfahrzeuge in der sanitätsdienstlichen Unterstützung Dr. med. Johannes Backus und Jörg Weindl Der Zentrale Sanitätsdienst der Bundeswehr (ZSanDstBw) ist Eigner des Leistungsprozesses „Gesundheitsversorgung sicherstellen“. Hierin ist der Auftrag zur Sicherstellung einer robusten und nachhaltigen Rettungskette für alle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr begründet.
U
Patiententransport (GroundMedEvac) im Zuge der Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung (LV/ BV) die entscheidende Rolle zu. In diesem Artikel wollen wir anhand der Planungen des Sanitätsdienstes zur NATO Response Force (NRF) 2022-2024 die Systeme und Fähigkeiten beleuchten, aber auch Fähigkeitslücken aufzeigen.
Die Fahrzeuge in der Rettungskette Beginnen wir also an dem Punkt, an dem die Fähigkeiten des Sanitätsdienstes erstmals zum Einsatz kommen, am
grundsätzlich mit geschützten Sanitätsfahrzeugen, wie z.B. dem schweren geschützten Sanitätskraftfahrzeug (sgSanKfz) GTK Boxer. Dieses Fahrzeug verfügt über die höchste Schutzklasse bei maximaler Mobilität und höchstmöglicher Funktionalität. Es sorgt so für den sicheren Transport von Sanitätspersonal und Patienten zugleich. Das sanitätsdienstliche System Boxer ist ein seit Jahren bewährtes und zuverlässiges Fahrzeug und befähigt die Sanitätskräfte mechanisierten Gefechtsverbänden ohne Fähigkeitseinschränkungen flexibel zu folgen und sie in allen Gefechtsarten zu unterstützen. Foto: Bundeswehr/Grüterich
nterstützt durch die Luftwaffe und die Marine liegt der Fokus der sanitätsdienstlichen Versorgung des ZSanDstBw bei den Landstreitkräften und daher ist auch die materielle und personelle Ausstattung der Rettungskette naturgemäß für Kräfte landbasierter Operationen ausgerichtet. Wenngleich der Patiententransport durch die Luft (AirMedEvac, Medical Evacuation – Medizinische Evakuierung) insbesondere bei Auslandseinsätzen im Rahmen des internationalen Krisenmanagements erheblich an Bedeutung gewonnen hat, kommt den landbasierten Transportmitteln zum qualifizierten
Autoren: Generalarzt Dr. Johannes Backus, Kdo SanDstBw - Abteilungsleiter A und Oberstleutnant Jörg Weindl , Kdo SanDstBw VII – Einsatzplaner NRF.
Schweres geschütztes SanKfz GTK Boxer im Rahmen einer Informationslehrübung
Casualty Collecting Point (CCP, Verwundetensammelstelle), früher auch als „Verwundetennest“ bezeichnet. Die Rettungstrupps oder Beweglichen Arzttrupps (BAT) erreichen diesen
Mit dem leichten geschützten Sanitätsfahrzeug (lgSanKfz) für den BAT, dem Eagle IV BAT, verfügt der Sanitätsdienst über ein Fahrzeug, das hinsichtlich seiner Fähigkeiten im erweiterten 31
Foto: Autor
Einsatzspektrum den kleinen und leichten Gegenpol zum GTK Boxer abbildet. Der Eagle IV BAT ist wendig und überzeugt aufgrund seiner geringen Größe insbesondere in urbanem Gelände. Er bietet allerdings weniger Schutz gegen Beschuss und Wirkung von Sprengfallen. Der GTK Boxer hingegen bietet mit seiner Schutzklasse umfassenden Schutz, ist dafür aber mit 35 Tonnen Gewicht schwer und vergleichsweise weniger agil und breit einsetzbar.
Mittleres geschütztes SanKfz Eagle 6x6
Der ehemalige Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt a.D. Dr. Tempel, sagte vor gut fünf Jahren „Das eine zu wenig – das andere zu viel“ und meinte damit die Fähigkeitslücke zwischen diesen beiden Fahrzeugen. Denn nicht nur hinsichtlich Schutz und Mobilität liegen die beiden Protagonisten weit auseinander, sondern auch in der Transportkapazität. Während der GTK Boxer bis zu drei liegende oder sieben sitzende Patienten aufnehmen kann, bleibt im Eagle IV BAT lediglich Platz für einen liegenden Patienten. Die Fähigkeitslücke wird aber nun beginnend ab Herbst 2022 endlich mit dem bereits seit langer Zeit konzeptionell geplanten mittleren geschützten Sanitätsfahrzeug (mgSanKfz) geschlossen. Das mgSanKfz bildet hinsichtlich des Umfangs in der Zielstruktur von rund 300 Fahrzeugen und der möglichen querschnittlichen Zuordnung künftig das Rückgrat des geschützten Patiententransports der Bundeswehr. Unter dem Dreiklang Schutz, Beweglichkeit und Nutzlast wird ak32
tuell ein Fahrzeug gerüstet, welches einen schonenden und schnellen Patiententransport aber auch taktische Beweglichkeit optimal gewährleisten kann. Neu ist aber nicht nur das Fahrzeug. Bei Einführung des mgSanKfz wird auch erstmals das 4-PersonenBesatzungskonzept umgesetzt werden können (in der Variante BAT). Dabei kann der Fahrzeugkommandant und Notfallsanitäter grundsätzlich im Fahrzeug verbleiben und taktisch führen, während der SanStOffzArzt mit einem weiteren Notfallsanitäter die ersten notfallmedizinischen Maßnahmen an den Verwundeten vornehmen kann. Das mgSanKfz sollte ursprünglich so rechtzeitig zulaufen, dass es im Kräftedispositiv NRF 2022-2024 berücksichtigt werden kann. Die Planungen diesbezüglich wurden auch aufgenommen, mussten jedoch im Jahre 2019 eingestellt werden, da eine verlässliche Zusage der Auslieferung nicht getroffen werden konnte. Im kommenden Jahr 2022 soll es dann endlich so weit sein. Diese Verzögerungen führten bei den Planungen zu NRF 2022 ff. bedauerlicherweise nochmals zu Ersatzlösungen (Substitutionen). Sie führten letztlich dazu, dass der allseits bekannte Krankenkraftwagen (KrKw) 2t gl (auf Basis Unimog), der sich nach fast 40 Jahren eigentlich schon auf seiner Abschiedstour von der Truppe befand, zum wiederholten Male zum „Retter der Rettungskette“ wurde. „Er läuft und läuft und läuft…“, der bekannte Werbeslogan zum VWKäfer passt auch für den KrKw absolut trefflich. Er ersetzt fehlende Fahrzeuge im Bereich der Medevac-Kompanien zwischen den gestaffelt eingesetzten Behandlungseinrichtungen der Behandlungsebene (Role) 1 und Role 3. Hier zeichnet sich leider die nächste Lücke ab, die ebenfalls erst zum Jahreswechsel 2022/23 geschlossen werden wird. Der KrKw steht ja entgegen den vorgenannten Fahrzeugen für den ungeschützten Patiententransport. Hier wartet der Sanitätsdienst der Bundeswehr auf den Lkw UVT, gl, das ungeschützte Verwundetentransportfahrzeug. Man kennt ihn auch vergleichsweise aus dem zivilen Rettungsdienst als Rettungstransportwagen, kurz RTW. Der rettungsmedizinische Ausstattungsstandard entspricht dem neuesten Stand der Technik
Foto: Bundeswehr/Neumann
Konzeptionelle Grundlagen
KrKw San Lkw 2t gl
allerdings mit dem zusätzlich wesentlichen Vorteil einer Geländegängigkeit, vergleichbar dem alten KrKw.
Großraumverwundetentransport Findet der Lkw UVT, gl in den kommenden zwei bis vier Jahren seinen stabilen und verlässlichen Platz in der Truppe, wird der endgültige Abschied vom KrKw eingeläutet und eine Ära findet ihr Ende. Und dabei hinterlässt er, wenngleich schon lange nicht mehr für den zeitgemäßen Patiententransport geeignet und für Sitzendtransport schon lange gesperrt, eine Fähigkeitslücke, die erkannt ist, und sich als geschützter Großraumverwundetentransport bereits im Rüstungsprozess wiederfindet, es handelt sich um den geschützten Verwundetentransportcontainer (GVTC). Beim „Graben“ in der Vergangenheit stößt man noch auf den olivfarbenen Kraftomnibus (KOM Typ O 303 und Nachfolgemodelle), der seinerzeit binnen kurzer Zeit in einen solchen Großraumtransport mit zwölf Liegendplätzen umgebaut werden konnte. Nach deren Ausmusterung verblieb einzig der KrKw mit vier Liegendplätzen und der hohen Anzahl an Fahrzeugen (fast 400) als Transportmittel für eine hohe Zahl an Patienten. Die Refokussierung auf die LV/BV zeigt schonungslos auf, wo es u.a. an adäquaten Fähigkeiten und Kapazitäten mangelt. Erste Überlegungen wurden zwar hier und da angestellt, aber mit Blick auf das Fähigkeitsprofil konnte die Fähigkeit Großraumtransport auf
Konzeptionelle Grundlagen der Zeitachse erst im Zwischenschritt (ZS) 2031 platziert werden. Aber es gibt mittlerweile wieder Überlegungen, die auch eine andere sehr probate Möglichkeit betrachtet: die strategische Patientenevakuierung auf der Schiene. Die Idee, Züge zu nutzen, ist keine Fiktion, eher sogar eine Rückbesinnung auf bereits dagewesenes. Lazarettzüge gab es lange Zeit und kann es auch zukünftig wiedergeben. Erste Stellproben in einem ICE verliefen sehr vielversprechend. Die Untersuchungen auch unter Beteiligung anderer Ressorts gehen weiter. Ein Ergebnis vermag finanziell sicher nicht günstig werden, aber böte insbesondere für weite Strecken bei nicht verfügbarem Lufttransport eine ausgezeichnete Lösung, eine qualifizierte medizinische Betreuung für eine Vielzahl von Patienten sicherstellen zu können.
Weiterer Mobilitätsbedarf des ZSanDstBw Unbenommen dessen sind Landfahrzeuge in der sanitätsdienstlichen Unterstützung weiterhin unverzichtbar. Das Aufnehmen am Point of Injury (Unglücksort), das Verbringen zu einer notfallmedizinischen oder notfallchirurgischen Behandlungseinrichtung, der Weitertransport zu einem Flugplatz, der Abtransport nach der Landung ist in der Masse nur mit Landfahrzeugen zu realisieren. Ohne Landfahrzeuge kann eine Rettungskette nur per Luft zeitgerecht sichergestellt werden. Die erforderlichen Ressourcen hierfür sind aber sowohl sehr limitiert, als auch von einer bestehenden Luftüberlegenheit abhängig. Deren Einsatz ist in den sanitätsdienstlichen Planungen von LV/BVSzenarien sicherlich einzuplanen, wird aber oftmals nicht realisiert werden. Der zentrale Sanitätsdienst der Bundeswehr ist strukturell grundsätzlich für die Unterstützung landbasierter Operationen ausgerichtet. Nicht nur Rettungskräfte müssen daher mobilisiert und Patienten transportiert werden, auch Behandlungseinrichtungen und logistische Einrichtungen des ZSanDstBw sind zu verlegen und erfordern, je nach Größe und Einsatzbereich umfangreiche Transportkapazitäten. Das aufwändige Ab- und Aufsetzen von Containern oder Sanitätsmaterial kostet Zeit. Zeit,
die man in hochintensiven, hybriden und mobilen Gefechten kaum mehr im Überfluss hat. Diese Transportfahrzeuge müssen analog zu den SanKfz schnell, robust und geländegängig sein und sollten selbstverständlich hinsichtlich der geforderten Schutzklassifizierung im Einsatzraum flexibel einsetzbar sein. Die Zahl der benötigten Fahrzeuge ist selbstverständlich vom Umfang der Behandlungseinrichtung und möglichem Verwundetenaufkommen abhängig. Fakt ist, ein Verlegen in mehreren Umläufen mit Ab- und Aufladen von Material entspricht nicht mehr den Ansprüchen einer modernen Armee. Dies hat der ZSanDstBw in seine Überlegungen zur Neukonzipierung von Feldsanitätseinrichtungen der Zukunft bereits berücksichtigt. Der Mobilitätsträger wird künftig immer integraler Bestandteil der Einrichtung sein, unabhängig davon, ob es um einen aufgesetzten Betrieb und nur die Transportleistung geht. Dies hat der Zentrale Sanitätsdienst erkannt und bereits in Auftrag gegeben: eine schnell einsatzbereite, hochmobile, bestenfalls geschützte und flexibel einsetzbare Behandlungseinrichtung – das geschützte, hochmobile Rettungszentrum Role 2B (ghmR2B). Das System ist in kürzester Zeit betriebsbereit, wenn der aufgesetzte Container entfaltet (3-1-Container) und ein weiterer Lkw mit Versorgungsgütern und Medien (Strom, Sauerstoff, Wasser) angeschlossen wird. Der nachrangig priorisierte Anbau von luftgestützten Zelten komplettiert die volle Einsatzbereitschaft dieser ghmR2B. Gemeinsam mit den geschützten Fahrzeugen und dem System ghmR2B kann der Sanitätsdienst als Force Enabler den Bedarfsträgern einen verlässlichen, modernen und hochmobilen Beitrag zur sanitätsdienstlichen Versorgung zur Verfügung stellen. Der Zulauf der ersten System ghmR2B ist allerdings erst nach 2024 zu erwarten, was für die NRF-Kräfte wiederum eine weitere Substitution mit Altsystemen und Kompromissen bedeutet.
Spezielle Mobilitätsträger in der Sanitätsdienstlichen Versorgung Werfen wir abschließend noch einen kurzen Blick in die Subspezialisierun-
gen hinein: luftverlegbar und gebirgsbefähigt. Welche Fahrzeuge werden hier durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr genutzt: Luftlandefähige SanKfz auf Wolf-Basis, der Wiesel 2 San und der BV 206 S Hägglunds in der San-Variante. Auch diese Fahrzeuge sind schon seit vielen Jahren im Einsatz und bedürfen einer Modernisierung bzw. Weiterentwicklung. Entsprechende Regenerationen oder Nutzungsdauerverlängerung sind angestoßen. Die luftbeweglichen Fähigkeiten werden künftig im Rüstungsprojekt Luftlande (LL)-Plattform abgebildet. 18 Fahrzeugvarianten, die einen je nach Einsatzszenar modularen oder integrierten Schutz aufweisen sollen, davon zwei Varianten zum qualifizierten Patiententransport, sind geplant. Der ZSanDstBw ist an diesem Projekt aber nicht nur mit Patiententransportfahrzeugen (PatTrspFzg) beteiligt, sondern auch mit Fahrzeugen zur Führungsunterstützung, sowie zum Personal- und Materialtransport.
Fazit Landfahrzeuge sind und bleiben auch zukünftig Kernfähigkeitsträger der sanitätsdienstlichen Versorgung. Echte Alternativen lassen sich absehbar nicht wirklich erkennen. Der Sanitätsdienst hat viele seiner Hausaufgaben gemacht, es gibt aber immer noch einiges zu tun. Im laufenden Jahrzehnt gilt es nun den Mix an Fahrzeugen und Systemen, nebst neuen, leichten und hochmobilen Behandlungseinrichtungen und sanitätsdienstlichen Neuentwicklungen so aufeinander abzustimmen, dass die Rettungskette auch unter den Bedingungen LV/BV entlang der fachlichen Leitlinie bruchfrei sichergestellt werden kann. Nur mit einer gut funktionierenden und ineinandergreifenden Rettungskette mit gut ausgebildetem Fachpersonal sowie verlässlichen und zukunftsfähigen Fahrzeugen und Systemen aus einer Hand kann eine sanitätsdienstliche Versorgung auch zukünftig „im Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entsprechend“ sichergestellt werden. L 33
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A
lle Stromaggregate für Militäranwendungen eignen sich für Energielösungen von 2,0 - 48 kW und erfüllen die wichtigsten Anforderungen nach MIL-STD 461 und 810, insbesondere hinsichtlich EMV und Geräuschemission. Dank einer kompakten Schalldämmkapsel laufen die Generatoren leise und nahezu vibrationsfrei. Fischer Panda fertigt nach Kundenspezifikation (custom-made). Die Strom- und Klimaaggregate werden unter anderem in Kommandozentralen, Kliniken, Gefechtsständen, Radaranlagen oder Überwachungseinheiten eingesetzt.
Wassergekühlte AC-Generatoren, 4 – 48 kW Fischer Panda AC Generatoren sind in verschiedenen Ausführungen (50 / 60 / 400 Hz) erhältlich. Sie erzeugen eine extrem saubere Sinuswelle für empfindliche elektronische Geräte und sind für den Start anspruchsvoller Verbraucher wie z. B. Kompressoren geeignet. Motor und Wicklung sind wassergekühlt. Kühlluft innerhalb der Kapsel ist nicht erforderlich. Somit können die Generatoren auch in staubigen und sandigen Umgebungen eingesetzt werden.
Panda 30 PSC „Panda Self-Contained Generator“
Luft- und wassergekühlte Batterielade-Generatoren, 2,0 – 12 kW Fischer Panda DC-Generatoren ermöglichen eine schnelle und effiziente Batterieladung und sind in verschiedenen Größen erhältlich. Dank ihrer modularen Bauweise lassen sie sich leicht auf Fahrzeugen installieren. Sie zeichnen sich durch ihr leichtes Gewicht und sehr leise Betriebsgeräusche aus.
Ein All-In-One-Aggregat bestehend aus Generator, Radiator, Schaltschrank und Kraftstofftank. Der Generator kann z. B. in Containern und auf Trailern installiert werden. Mit einer Dauerleistung von 23 kW kann der Panda 30 PSC bei Umgebungstemperaturen zwischen -40° C und +55° C betrieben werden.
Panda 8000 Combo
Panda 8000 Combo 34
Fotos: Fischer Panda
Panda 8000 ECU
Ein Kombi-Aggregat bestehend aus Generator und ECU. Dieses Kombi-Aggregat eignet sich für die Montage an mobilen Sheltern von Rad- und Kettenfahrzeugen oder ISO-Containern. Die Stromzufuhr liegt bei 6 kW; die Kühlleistung bei 8 kW.
Panda 30 PSC
DC Batterielade-Generator von Fischer Panda
Die Kraftstoffversorgung erfolgt über einen externen Tank, alternativ ist auch ein Anschluss an den Kraftstofftank des Fahrzeugs möglich. Montiert wird das Kombi-Aggregat an der Vorderseite des Fahrzeug-Shelters. Der Klimaverdampfer und ein kleines Steuergerät befinden sich im Container.
Panda 8000 Environmental Control Unit Ein Split-Klimagerät für zivile und militärische Anwendungen mit Kühl- und Heizeigenschaften.
Das ECU besteht aus einem Kondensator, der an einer geschützten Position innerhalb des Fahrzeugs installiert wird, sowie einem Verdampfer im Bereich des Shelters, wo er den Shelter mit Kühl- oder Heizluft versorgen kann. Das Bedienpanel befindet sich am Verdampfer. Das ECU hat eine Kühlleistung von 8 kW und eine Heizleistung von 5 kW. Fischer Panda ECUs und Kombi-Aggregate können in extremen Umgebungstemperaturen von -32°C bis + 55°C eingesetzt werden.
L3Harris
Auf die Größe kommt es an L3Harris präsentiert das kompakteste Dreikanal Funkgerät der Welt
I
Autor: Felix Wickenhäuser ist Technologieberater Militärische Funkkommunikation bei JK Defence.
Die modulare Architektur ermöglicht es Informationen zwischen verschiedenen Funknetzen ohne zusätzliche Hardware zu verteilen.
andere Geräte hinsichtlich Größe und Gewicht noch an Altsystemen orientieren, zeigt dieses Gerät was heute technisch möglich ist. Mit einem Gewicht von gerade einmal 5,2 kg werden die dynamischen Lasten in Einbauracks signifikant reduziert. In der Folge lassen sich diese, beziehungsweise die Montagepunkte selbst, entsprechend leichter auslegen, was wiederum ebenfalls zu einem reduzierten Gesamtgewicht des Funkgeräte-Rüstsatzes beiträgt. Zusätzliche Shockmounts sind unnötig – ein entscheidender Vorteil hinsichtlich der Blast-Qualifizierung. Die Wartung der Puffer über die Nutzungszeit entfällt ebenfalls. Fotos: L3Harris
n diesem Jahr feiert der Schützenpanzer Marder sein 50. Jubiläum. Mit dieser langen Dienstzeit steht er exemplarisch für eine zentrale Herausforderung, bei der Weiterentwicklung der Waffensysteme der Bundeswehr. Während die Plattformen selbst über große Laufzeiten genutzt werden, dreht sich die Innovationsspirale der Subsysteme, teils deutlich schneller. Besonders trifft dieser Umstand auf die IT der Fahrzeuge zu. Mit dem Ziel der vernetzten Operationsführung besteht vor allem bei den Funkgeräten der größte Nachholbedarf. So sind die Geräte in der Nutzung teils älter als deren Nutzer und entsprechen hinsichtlich Daten- und Netzwerkfähigkeit längst nicht mehr dem Stand der Technik, sowie dem Einsatzbedarf der Truppe. Neben schneller und robuster Übertragung von Sprache und Daten, auch in herausfordernden sogenannten Electronic-Warfare Lagen, wie sie jüngst an den östlichen Grenzen der NATO beobachtet werden, gehören zur Fahrzeugintegration aber auch andere Tugenden: Größe, Gewicht und Energieverbrauch (Size, Weight and Power – SWaP) spielen eine entscheidende Rolle beim Upgrade vorhandener Plattformen. Diese Größen gilt es insofern besonders zu beachten, da Bauraum, verfügbare Nutzlast und Energie auch von gänzlich neuen Komponenten beansprucht werden. Zu diesen gehören unter anderem erweiterter Selbstschutz, zusätzliche Bewaffnung oder erweiterte Beobachtungssysteme. Mit dem Software-Defined-Radio (SDR) RF-7850D adressiert L3Harris diese Integrations-relevanten Faktoren, und erlaubt es vom technologischen Fortschritt in allen Bereichen vollständig zu partizipieren. Während sich
Das RF-7850D bietet bei einem Drittel des Bauraums bis zu drei unabhängige Kanäle.
Auch der Anforderung an ein reduziertes Volumen wird das RF-7850D gerecht. Mit äußerst kompakten Eckmaßen von lediglich (7.1cm x 26.4cm x 23.4cm) beansprucht das Radio lediglich ein Drittel des Bauraums bekannter Einkanal-
Geräte. Trotz der stark reduzierten Größe bietet das Funkgerät dem Nutzer maximale Leistungsfähigkeit und Flexibilität. Durch den parallelen Betrieb von drei unterschiedlichen Funkverfahren („Wellenformen“) und der Möglichkeit Informationen zwischen diesen zu routen, kann der Nutzer auf unterschiedlichste Szenare schnell und bedarfsgerecht reagieren. Auf dem Radio verfügbare Apps reduzieren darüber hinaus den Bedarf nach dedizierter IT-Hardware. Durch den modularen Einsatz leistungsfähiger externer Verstärker (RF410, 30 MHz – 2600MHz) ergeben sich weitere Vorteile, bei der Integration auf Plattformen. Sind die Einsatzanforderungen geklärt, so lässt sich je nach Betriebsart und Kommunikationsziel die Leistung jenen Funklinien flexibel anpassen, wo dies auch tatsächlich benötigt wird. Folglich wird die Energiebilanz optimiert, während Bauraum und Gewicht ihrerseits reduziert werden. Aus Sicht der erzielbaren Reichweite sind integrierte Co-Site-Filter und die Möglichkeit der antennennahen Montage, ein weiterer Pluspunkt. Der Lauf der Geschichte hat die Missionsanforderungen des exemplarisch genannten Marders massiv verändert. Umfassende Upgrades und Anpassungen waren die Folge und werden auch bei weiteren Systemen künftig notwendig sein. Die Herausforderung liegt darin, die neuen Missionssysteme mit den Rahmenbedingungen der Plattform in Einklang zu bringen. Diesem Umstand trägt das RF-7850D vollumfänglich Rechnung. Seine Flexibilität und Leistungsfähigkeit machen es zu einer kompakten und zukunftssicheren Investition, für Streitkräfte die die besten Lösungen verlangen. Erfahren Sie mehr über die Möglichkeiten des RF-7850D. 35
Konzeptionelle Grundlagen
Robotik und automatisierte Systeme in der Bundeswehr Johannes Pellenz, Arno Retterath und André Volk Unbemannte Systeme haben in der Luft seit Langem ihren festen Platz in militärischen Einsätzen gefunden – auch bei der Bundeswehr. Verstärkt werden jetzt auch landbasierte unbemannte Systeme gefordert, sei es für die unbemannte Aufklärung, die Unterstützung der infanteristischen Truppen beim Materialtransport oder für den teilweise unbemannten Konvoi auf der Straße. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die aktuell in der Bundeswehr eingesetzten unbemannten Systeme, fasst die Dokumentenlage für die Weiterentwicklung zusammen und stellt eine Auswahl von laufenden
Z
ivile Unternehmen wie Tesla, Daimler oder VW sowie neue Player wie Uber, Argo AI oder Waymo forschen aktiv seit einigen Jahren auf dem Gebiet der Automatisierung von Fahrzeugen. Dabei konzentrieren sich die Aktivitäten auf den öffentlichen Straßenverkehr mit seinen befestigten Straßen. Diese Entwicklungen lassen sich nur begrenzt auf militärische Anwendungen übertragen, da Fahrzeuge im militärischen Kontext oft auch im unwegsamen Gelände ohne feste Infrastruktur eingesetzt werden. Starke Erschütterungen und Umwelteinflüsse wie Schlamm, Staub und Niederschlag erschweren dabei die automatisierte Navigation. Zudem muss das System in militärischen Anwendungen auch ohne GPS navigieren können und sollte – um Entdeckung zu vermeiden – möglichst auf aktive Sensoren verzichten.
Unbemannte Landsysteme in der Bundeswehr: Eingeführtes Gerät und Forschung Wegen dieser hohen Anforderungen an die Automatisierung im unstrukturierten Gelände werden die aktuell
Autoren: Johannes Pellenz, Arno Retterath und André Volk sind Angehörige des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) U6.2.
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Foto: Bundeswehr/Paulick
Forschungsvorhaben und Projekten zum Thema Landrobotik vor.
Das Fahrzeug TULF navigiert selbständig bei der ELROB 2018 im Szenario „MULE“.
in Nutzung befindlichen, militärischen unbemannten Landsysteme in der Bundeswehr ferngesteuert. Primär werden solche Systeme zur Kampfmittelbeseitigung (tEODor und Packbot EOD) oder zur Minendetektion (z. B. das German Route Clearance Package) eingesetzt. Neben diesen Systemen unterstützt das kürzlich eingeführte System RABE (Roboter zur Aufklärung, Beobachtung und Erkundung im Ortsbereich) die Soldaten bei der Aufklärung. Dieses ferngesteuerte
und sehr leichte (ca. 3,5 kg) System liefert bei abgesessenen Operationen abbildende Aufklärungsergebnisse in Echtzeit. Im Bereich F&T (Forschung und Technologie) der Bundeswehr werden für den Materialtransport per Lkw die Möglichkeiten der Automatisierung im Rahmen verschiedener Studien untersucht. Ziel ist es, langfristig bei gleichem Personalansatz eine Erhöhung der Transportkapazitäten zu erreichen. Außerdem kann bei einem
Konzeptionelle Grundlagen teilweise unbemannten Konvoi die Gefährdung von Soldaten reduziert und eine Neuzuordnung des Personals für Kernaufgaben der Bundeswehr erreicht werden. Im BAAINBw werden daher durch das Referat U6.2 Beiträge zum (wahlweise) unbemannten Lkw im Rahmen von F&T-Studien erarbeitet. Hier dient der TULF (Technologieträger Unbemanntes Landfahrzeug) als Integrations- und Testplattform für verschiedene Untersuchungen und Entwicklungen zum unbemannten Fahren. Der TULF basiert auf einem Lkw vom Typ MAN HX58. Mit unterschiedlichen Sensoren (u.a. 3-D-Laserscanner, Radar sowie Hyperspektralkameras) wurden Untersuchungen zur Erkennung von Hindernissen und zur Klassifikation von Wegen für die automatisierte Navigation im unwegsamen Terrain durchgeführt. Die UniBw München verfügt mit den Fahrzeugen MuCAR-3 (VW Touareg) und MuCAR-4 (VW Tiguan) über zwei Pkw, die ebenfalls für die Entwicklung und die Experimente mit dem Schwerpunkt
aktuell am Markt verfügbarer Systeme. Die Szenare der ELROB werden in enger Zusammenarbeit mit den militärischen Nutzern entwickelt und in Kooperation mit dem Fraunhofer FKIE durchgeführt und bewertet. Sowohl der TULF als auch die Münchener Fahrzeuge nahmen in der Vergangenheit an den Szenaren für das Konvoifahren und den Materialtransport für Logistik und Ausrüstung (MULE - Multifunction Utility / Logistics and Equipment) erfolgreich teil.
Grundlagen für die weitere Planung von F&T und Projekten In den konzeptionellen Grundlagendokumenten der Bundeswehr erleben unbemannte Systeme aktuell einen kontinuierlichen Bedeutungszuwachs. Während im Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr von 2016 vor allem noch von unbemannten Luftfahrzeugen gesprochen wurde und „Autonome
Grafik: Bundeswehr/Retterath
Modulare Architektur für unbemannte Systeme
3-D-Punkteverarbeitung, Stereosehen und Bildverarbeitung genutzt werden können. Die aktuellen Erfahrungen und Fortschritte all dieser Experimentalsysteme werden regelmäßig auf der militärischen ELROB (European Land Robot Trial) im direkten Vergleich zu anderen System gezeigt. Die ELROB ist eine internationale Leistungsschau für die neuesten Forschungen und Entwicklungen im Bereich unbemannter Systeme sowie die Plattform für die Demonstration
Systeme“ in der F&T verortet wurden, betont die Konzeption der Bundeswehr zwei Jahre später bereits die herausgehobene Bedeutung „unbemannter Systeme und ihre[r] Einsatzperspektiven […] für alle Domänen“. Mittlerweile sind automatisierte, unbemannte Systeme fester Bestandteil konzeptioneller und planerischer Vorgaben von der Zukunftsentwicklung bis hin zum Fähigkeitsprofil der Bundeswehr. Zuletzt fanden die automatisierten Systeme Einzug in die
Mittelfristplanung und werden zunehmend durch Initiativen konkretisiert. Als ehrgeiziges Ziel sieht die Mittelfristplanung seit 2020 den technologisch anspruchsvollen „Aufbau einer Grundbefähigung zum (teil-) autonomen/unbemannten Fahren für Landfahrzeuge“ bis 2027 vor. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssen vor allem die nationalen F&T-Aktivitäten in diesem Bereich intensiviert werden. In einem ersten Schritt wurde das Thema „Unbemannte Landsysteme“ daher im BMVg bereits zum „Strategischen Interessenfeld“ erklärt. Zukünftig müssen jedoch auch moderne Wege gefunden werden, um die zuweilen disruptiv und exponentiell verlaufenden Innovationen in den Technologien „automatisiertes Fahren“ und „künstliche Intelligenz“ nicht nur geplant, sondern auch explorativ entwickeln zu können und für die Bundeswehr nutzbar zu machen.
Erhöhung der Transportleistung: F&T Vorhaben „Interoperabler Robotik Konvoi“ Bisherige F&T-Arbeiten haben gezeigt, dass die Integration der DriveBy-Wire-Fähigkeit in ein bestehendes Fahrzeug einen erheblichen Aufwand bedeutet. Bei der Umrüstung sollten die Aktoren für die Quer- und Längsregelung so verbaut werden, dass das Fahrzeug nach wie vor für einen menschlichen Bediener nutzbar bleibt. Im aktuell laufenden Vorhaben InterRoK (Interoperabler Robotik Konvoi) wird daher sehr früh Wert auf die Integration der Drive-By-Wire-Fähigkeit gelegt. Um eine hohe Wiederverwendbarkeit der F&T-Ergebnisse für spätere Beschaffungsprojekte zu erreichen, wird bei InterRoK die neueste Generation der Ungeschützten Transportfahrzeuge (UTF) verwendet. Diese aktuell in die Bundeswehr eingeführten UTFs basieren auf der neuen MAN HX2-Baureihe der Firma Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV) und bieten durch das vollautomatisierte Getriebe und die elektrische Ansteuerung der Beschleunigung (E-Gas) ideale Voraussetzungen für die Drive-by-Wire-Fähigkeit. 37
Konzeptionelle Grundlagen zu bewegen. Der Einsatz der genormten Schnittstelle wird dabei den Austausch der A-Kits und die Nutzung der A-Kits auf verschiedenen Systemen erleichtern. In einem ersten Schritt wird ein existierendes A-Kit vom Hersteller Robotic Research aus den USA in die deutschen Fahrzeuge eingebaut und erprobt. Diese A-Kits werden im Rahmen einer F&T Kooperation zwischen Deutschland und den USA für dieses Vorhaben von der amerikanischen Seite ausgeliehen. Die Entscheidung, im ersten Schritt diese amerikanischen A-Kits zu verwenden, basiert auf der fortgeschrittenen Entwicklung und erfolgreichen Erprobung der A-Kits auf der amerikanischen Seite sowie der engen Kooperation des BAAINBw mit der Dienststelle Combat Capabilities Development Command (CCDC) Ground Vehicle Systems Center (GVSC; ehemals TARDEC) der U.S. Army. Das GVSC arbeitet seit Jahren intensiv an einer unbemannten Konvoilösung. Es wurden bereits verschiedene Systeme erprobt, in denen die Leader-Follower Funktion implementiert wurde und zahlreiche praktische Versuche auf
Foto: RLS
Bei InterRoK wird untersucht, wie ein unbemannter Konvoi aus verschiedenen Lkw der Bundeswehr (und perspektivisch auch aus Lkw unterschiedlicher Nationen) technisch realisiert werden kann (elektronische Deichsel). Das Konzept sieht einen militärischen Konvoi mit nur noch einem einzigen bemannten und geschützten Führungsfahrzeug vor, dem ein oder mehrere unbemannte Lkw folgen. Neben der Erweiterung zweier MAN HX2 um die Drive-By-Wire Aktoren (engl. By Wire Kit, kurz B-Kit) wird eine standardisierte Schnittstelle (IOP, Interoperability Profile) genutzt, über die mit dem B-Kit kommuniziert werden kann. Die Sensorik und die Intelligenz eines menschlichen Fahrers wird durch einen Autonomie-Satz (engl. Autonomy Kit oder kurz A-Kit) ersetzt, der über die IOP Schnittstelle mit dem B-Kit kommuniziert. Das A-Kit besteht aus Sensorik, Rechnern und der Software zur Wahrnehmung und Interpretierung der Umgebung, der Planung des Pfades sowie zur Quer- und Längsregelung des Fahrzeugs. Mit Hilfe des A-Kits ist der Lkw in der Lage, sich selbstständig auf Grundlage des Fahrauftrags und seiner Sensordaten
militärischen Übungsplätzen der USA durchgeführt. Aktuell werden von der U.S. Army im Rahmen des Expedient Leader Follower Programs 90 PLS (Palletized Loader System; Driveby-Wire-fähige Logistikfahrzeuge) der Firma Oshkosh mit dem A-Kit von Robotic Research ausgerüstet und von der U.S. Army erprobt. Im Anschluss an die Integration und die Tests der amerikanischen AKits sollen alternative A-Kits (z. B. von deutschen oder europäischen Herstellern) auf den Fahrzeugen getestet und verglichen werden. Neben dem Umbau der Fahrzeuge und der Integration der A-Kits mit den dazugehörigen Erprobungen, soll die Studie den Aufwand und das mögliche Optimierungspotenzial bei der Nachrüstung der deutschen UTF für die teilweise unbemannte Konvoifahrt liefern. Außer diesen technischen Untersuchungen für das unbemannte Fahren im Konvoi müssen auch rechtliche Grundlagen betrachtet werden: Wie sieht es mit der Zulassung solcher Systeme für den öffentlichen Straßenverkehr aus? Wie können ethische Fragen zufriedenstellend beantwortet werden? Trotz möglicher Ausnahmereglungen für die Bundeswehr bei der hoheitlichen Aufgabenwahrnehmung müssen diese rechtlichen Grundlagen geklärt werden, bevor unbemannte Systeme eingeführt werden können.
Erhöhung der Abstandsfähigkeit und Schutz des Soldaten: Entwicklungsprojekt „MoSeS – Mobiles Sensor-System“
UTF HX2 der Bundeswehr mit integriertem US A-Kit, von denen zwei in der F&T Studie InterRoK für den teilautomatisierten Konvoi verwendet werden. 38
Im Rahmen eines explorativen Projektes „Systemdemonstrator Mobiles Sensor-System (Systemdemonstrator MoSeS)“ soll in den Jahren 2020 und 2021 untersucht werden, wie ein unbemanntes mobiles Landsystem, das der Aufklärung von Personen, Fahrzeugen und anderen Objekten dient, technisch realisiert werden kann. Für den Systemdemonstrator MoSeS sollen weitgehend existierende RoboterPlattformen verwendet werden. Um einen möglichst breiten Überblick zu erhalten, wird von bis zu vier Unter-
Konzeptionelle Grundlagen
Entlastung im Gelände: Cargo-Mule Ein weiteres Gebiet für den Einsatz von unbemannten Landsystemen ist die Unterstützung der infanteristischen Truppen mit MehrzweckBodenfahrzeugen, sog. Cargo-Mule Systemen (von englisch mule für Maulesel). Der bisher genutzte Waffenträger Wiesel soll durch den größeren GTK Boxer ersetzt werden. Gerade aber für unwegsames und schwer zugängliches Gelände (z. B. im Wald) kann die Truppe den Boxer aufgrund seiner Größe nicht immer nutzen. Hier könnten kleinere und unbemannte Systeme (zwischen 400 und 1.000 kg) die Truppe bei Trans-
portaufgaben, Überwachungsaufgaben oder dem Schutz der eigenen Soldaten helfen. Die unbemannten Systeme sollen den Soldaten beim Tragen von schwerer Ausrüstung (persönliche Ausrüstung oder schwere Waffen wie z. B. die Granatmaschinenwaffe) unterstützen, sodass die Einsatzkräfte ausgeruhter und schneller am Zielort ankommen. Diese Cargo-Mule-Funktionalität soll durch mittelgroße elektrobetriebene Systeme erreicht werden. Vorerst werden die Fahrzeuge noch ferngesteuert, zukünftig sollen sie dem Soldaten jedoch auch automatisiert folgen oder angelernte Wege zum Materialtransport selbstständig abfahren. Erste praktische Tests und Vorführungen mit drei Cargo-Mule Systemen unterschiedlicher Herstel-
und die Entlastung des Personal, sowie die Erhöhung der Leistungsfähigkeit bei gleichem Personaleinsatz. Beispiele sind die F&T Studie InterRoK, um mittelfristig einen teilautomatisierten Konvoi zu realisieren. Dabei hängt der Zeitpunkt der Einführung der Systeme in die Bundeswehr – neben der technischen Umsetzung – auch von den rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen ab. Noch vor der Einführung der unbemannten Lkw wird daher wohl die Cargo-Mule-Fähigkeit zur Verfügung stehen, also mittelgroße unbemannte Systeme für die infanteristische Truppe, die zunächst noch von einem menschlichen Bediener gesteuert werden. Dabei kann die Steuerung über eine Fernbedienung oder über Gesten erfolgen. Als nächstes unbemanntes mobiles Aufklärungs-System wird MoSeS eingeführt werden und Foto: Fraunhofer FKIE
nehmen jeweils ein Systemdemonstrator untersucht und angemietet, so dass der aktuelle Stand der Technik erfasst werden kann. Eine besondere Herausforderung stellt das geforderte geringe Gewicht für den mobilen Sensorträger dar. Die Hauptkomponenten des Systemdemonstrators sind seine eigenbewegliche Einheit (der mobile Sensorträger) und seine Bedien- und Auswerteeinheit (BAE). Der mobile Sensorträger wird mittels BAE gesteuert und überwacht. Hierfür muss die BAE dem Bediener die Möglichkeit bieten, den mobilen Sensorträger direkt zu steuern oder die zurückzulegende Strecke auf Grundlage von abzufahrenden Wegpunkten in eine elektronische Karte einzutragen. Für die Ausführung der Mission muss der mobile Sensorträger in der Lage sein, Wegpunkten teilautonom zu folgen. Dabei soll der mobile Sensorträger Hindernisse bei Tag und Nacht erkennen und automatisiert vermeiden. Das System muss dem Bediener die Möglichkeit bieten, Aufklärungsergebnisse ständig und verzugsarm zu betrachten. Die Untersuchungen der Systemdemonstratoren an der WTD 41 in Koblenz finden 2021 statt. Im Anschluss erfolgt die Ausschreibung für die Entwicklung des eigentlichen Systems MoSeS, die bis 2022 abgeschlossen sein soll. Ab 2023 soll dann der Bau und die Einführung der MoSeS Seriengeräte beginnen.
Soldat bei praktischen Tests mit einem Cargo-Mule System in Hammelburg 2019.
ler haben in Zusammenarbeit mit der Truppe und den Herstellerfirmen im Jahr 2019 am Ausbildungszentrum der Infanterie in Hammelburg erfolgreich stattgefunden. Eine Fortsetzung mit weiteren Systemen fand im Jahr 2020 auf dem Truppenübungsplatz Lehnin statt.
Zusammenfassung und Ausblick Die Bundeswehr forscht intensiv an unbemannten Landsystemen sowohl im Bereich der unbemannten Lkw als auch im Bereich kleinerer Unterstützungssysteme. Ziel dabei ist der Schutz
die Abstandsfähigkeit bei der Aufklärung auch bei widrigen Wetterbedingungen (wenn fliegende Systeme nicht starten können) ermöglichen. Insgesamt nimmt die Anzahl der Forderungen in der Bundeswehr nach unbemannten Landsystemen stark zu. Den Weg von Ergebnissen aus der F&T Stufe 2 hin zu einsatzfähigen Produkten zu gestalten wird die große Herausforderung in der Zukunft sein. Hier müssen in der Bundeswehr moderne Wege gefunden werden, um die zuweilen disruptiv verlaufenden Innovationen weiterzuentwickeln und schnellstmöglich für die Bundeswehr L nutzbar zu machen. 39
Schutz
Schutz für militärische Landfahrzeuge – Sachstand und Herausforderungen Michael Horst und Rolf Hilmes Die zurzeit gültigen Verpflichtungen in NATO, Vereinte Nationen und Europäischer Union stellen auch die Bundeswehr – in einem engen Zeitrahmen – vor große personelle und materielle Herausforderungen. Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) und Aufgaben im Internationalen Krisenmanagement (IKM) sind auch im Aufgabenbereich des Schutzes eine besondere Herausforderung.
F
ahrzeuge der taktischen Landmobilität erfüllen in allen Fähigkeitskategorien entscheidende Aufgaben und erfordern einen nach Einsatzzweck, Bedrohung und Funktion abgestuften Schutzgrad. Es gilt also, sowohl in den Einsätzen im IKM als auch in der LV/ BV angemessen und sicher zu bestehen. Da bis 2027 ein weiterer Aufwuchs von geschützten und gepanzerten Fahrzeugen zu realisieren ist, ist es zurzeit von entscheidender Bedeutung, welche Schutzentwicklungen es gibt und wie diese an Fahrzeugen der Landmobilität umgesetzt werden können.
Direkter Schutz
passiver Schutz
explosive Reaktivpanzerung (ERA)
transparente Panzerung
Softkillsysteme
reagible Reaktivpanzerung (SRA)
nichttransparente Panzerung
Hardkillsysteme
nichtexplosive Reaktivpanzerung (NERA)
homogene Panzerung
Nahbereichssysteme
elektrische Reaktivpanzerung
Verbundpanzerung
abstandsaktiver Schutz
Foto: Archiv Autoren
reaktiver Schutz
Schottpanzerung
Werferbasierte Systeme
Beulblechpanzerung
Schutztabelle
statistische Panzerung
Durch den IS zerstörter türkischer Kampfpanzer Leopard 2
Schutzverständnis Schutz aus militärischer Sicht dient dem Erhalt der Einsatzfähigkeit eigener Kräfte und Mittel und damit der eigenen Handlungsfähigkeit. Der indirekte Schutz zielt auf Maßnahmen, Verfahren und die Organisation, um das Auftreten einer Bedrohung schon im Vorfeld zu verhindern. Beim „Direkten Schutz“ unterscheidet man zwischen aktivem, reaktivem und passivem Schutz. 40
In der Leitlinie zur „Landmobilität der Bundeswehr“ gibt es auch ein Gestaltungsfeld „Schutz“. Militärische Fahrzeuge erfordern danach einen nach Zweck, Risiko (Bedrohung) und Funktion abgestuften Schutzgrad. Grundsätzlich sollte ein Einsatz von Soldaten immer mit dem bestmöglichen Schutz erfolgen. Der Schutzbedarf gilt stets dem Personal, kann sich aber auch auf die Ladung und/ oder die Plattform erstrecken, wobei besondere Bedrohungen durch Effektoren mit hoher kinetischer Energie besondere Schutzklassen erfordern. In dem folgenden Artikel geht es im Wesentlichen um materielle Schutzlö-
Quelle: MRV
aktiver Schutz
sungen und im Speziellen um die Sachstände und Entwicklungen bei passiven, reaktiven und abstandsaktiven Schutzlösungen.
Die Bedrohung Militärische Landfahrzeuge werden im gesamten Aufgabenspektrum rundum durch Wirkmittel u. a. durch Sprengstoffangriffe (Improvised Explosive Devices, IED bzw. Explosively Formed Penetrator, EFP), Minen, Splitter und Geschosse von Direktfeuerwaffen einschließlich Panzerabwehrhandwaffen bedroht.
SAAB BARRACUDA
Viel mehr als optische Tarnung Für den Erhalt von Kampfkraft und Einsatzwert
Auf dem modernen Gefechtsfeld werden in stetig steigender Anzahl hochgradig leistungsfähige Sensoren und Aufklärungssysteme eingesetzt. Der Aufklärung und Identifizierung eigener Systeme und Kräfte durch feindliche Kapazitäten entgegenzuwirken wird zunehmend schwerer. Mit modernsten multispektralen Tarnsystemen bleiben eigene Kräfte der feindlichen Aufklärung weitestgehend entzogen und erreichen dadurch entscheidende taktische und operative Vorteile. Signatur Management erhält die Kampfkraft und den Einsatzwert der eigenen Kräfte und trägt entscheidend zum Operationserfolg bei. www.saab.com
Schutz
Foto: Vitaly Kuzmin
KPz T-72 B3M
Foto: Vitaly Kuzmin
KPz T-80 BWM mit Reaktivpanzerung vom Typ RELIKT
Kpz T -90 M mit Reaktivpanzerung und Gitterabstandspanzerung 42
Beim Kampf in der LV/BV sind besonders die Bedrohungen durch die – in den letzten Jahren beschlossenen Kampfwertsteigerungsprogramme der eingeführten russischen Hauptkampfpanzer (T-72, T-80 und T-90) von entscheidender Bedeutung. Bei den Modernisierungen der drei russischen Hauptkampfpanzer wurden in den vergangenen Jahren die Leistungsmerkmale Feuerkraft und Schutz erheblich verbessert. Insbesondere die KPz T-72 B3/B4 und T- 90M konnten mit der neuen 125-mm-Glattrohrkanone 2 A46M-5 und der modernen Feuerleitanlage Kalina bezüglich der Feuerkraft annähernd auf das Niveau des KPz T-14 Armata angehoben werden. Der Schutz wurde u.a. durch die Verwendung der sehr leistungsfähigen Reaktivpanzerung vom Typ Relikt signifikant verbessert. Beim T-72 B3 wurden Leistungssteigerungen in allen klassischen Bereichen (Feuerkraft, Beweglichkeit, Schutz und Führbarkeit) vorgenommen. Die Feuerkraft wurde durch den Einbau der modernsten Version der 125-mm Glattrohrkanone (2 A46M - 5) verbessert. Weiterhin soll bei der Version T-72 B3 ein geänderter Ladeautomat verwendet werden, der auch KE (Kinetische Energie)-Geschosse mit bis zu 695 mm langen Penetratoren aufnehmen kann. Damit können beim T-72 B3 die neueren Geschosse 3 BM 59 (Svinets-1) und 3 BM 60 (Svinets-2) verwendet werden. Nach russischen Angaben kann mit dieser Munition eine Durchschlagsleistung von mindesten 600 mm (RHA, Rolled Homogeneous Armour) auf 2.000 m erreicht werden. Im T-80 BWM soll die bisherige 125-mm-Glattrohrkanone 2 A46M 4 beibehalten worden sein. Aus der Waffe kann ebenfalls der lasergelenkte Flugkörper 9 M 119 M Invar mit TandemHL-Gefechtskopf verschossen werden. Die neue Version T-90 M „Prorvy-3“ soll ebenfalls die moderne 125-mmGlattrohrkanone 2 A46M - 5 erhalten. Aus der Waffe kann der Lenkflugkörper Invar verschossen werden. Auch der neue russische Kampfpanzer Armata T-14 stellt hinsichtlich der Bedrohung einen entwicklungstechnischen Sprung dar. Ein unbemannter Turm, ein partiell hoher passiver Schutz sowie reaktive und aktive Schutztech-
nologien sowie eine starke Bewaffnung (125-mm-Panzerkanone) sind die Hauptmerkmale dieses Kampfpanzers. Die Herausforderung besteht hier also in der Abwehr von ca. sieben Kilogramm schweren KE-Geschossen mit einer Durchschlagsleistung von mehr als 600 mm RHA die mit einer Geschwindigkeit von über 5-facher Schallgeschwindigkeit im Ziel auftreffen. Foto: Archiv MRV
Foto: Uralvagonzavod
In den aktuellen IKM-Einsätzen ist die Bedrohung durch Minen, IED und durch Panzerabwehrhandwaffen z. B. die RPG 7 besonders akut. Die Gefährlichkeit der RPG 7 resultiert aus der hohen Eindringleistung und besteht auch darin, dass sie preiswert ist, weltweit in sehr hohen Stückzahlen gebaut wurde und in allen Krisengebieten verfügbar ist. Die Bedrohungen im Aufgabenspektrum des IKM sind im Wesentlichen bekannt, erforscht und Abwehrmöglichkeiten sind realisiert.
Der neue Kampfpanzer T 14 bei der Militärparade 2017 in Moskau
Schutz – Lösungsmöglichkeiten Schutz, Gewicht und Mobilität stehen immer in einem Spannungsfeld gegenseitiger Beeinflussung. Die Anforderungen an den Schutz sind in den letzten Jahren auch durch Mehrfachbedrohungen in einem sphärischen Raum um das Fahrzeug gestiegen. Benötigt wird immer eine stabile Grundstruktur die die Restmengen an Energie bzw. an Projektilen sicher aufnehmen kann. Passiver Schutz Mit dem Einsatz von Materialien, die bei gleicher oder besserer Leistung eine geringere Dichte (wie z.B. Titan) gegenüber Stahl haben oder die dem Eindringen von Projektilen mehr Widerstand entgegensetzen (Glas, Keramik, Verbundpanzerungen) wurden teilweise große Erfolge erzielt. Doch immer wurden solche Vorteile durch ein größeres Bauvolumen und/oder einen hohen Preis erkauft, wobei die Gewichtseinsparungen in der Regel bei maximal 50 Prozent liegen. Ob Panzerstahl, neuartige Kompositwerkstoffe oder Keramikverbundsystemen zum Einsatz kommen, neben einem hohen Schutzfaktor sollen auch deutliche Gewichtseinsparungen erzielt werden. Selbst mit den heute verfügbaren modernsten Materialien (z. B. NanoWerkstoffe), würden – bei den erwarte-
Die wirksame Abwehr eines KEPenetrators aus einer großkalibrigen Panzerkanone oder von TandemGefechtsköpfen mit großen Einlagendurchmessern durch eine rein passive Lösung ist sinnvoll nicht zu realisieren. Reaktiver Schutz Bei dem reaktiven Schutz unterscheidet man grundsätzlich zwischen explosiven, reagiblen, nicht explosiven und elektrischen Panzerungen. Besonders explosive Reaktivschutzlösungen zeichnen sich durch deutliche Erfolge in der Schutzwirkung aus und werden nunmehr seit über 40 Jahren bei vielen Nationen bei gepanzerten Gefechtsfahrzeugen eingesetzt, natürlich auch an russischen Gefechtsfahrzeugen. Bei der klassischen Reaktivpanzerung wird beim Auftreffen eines HLStachels eine Sprengstoffschicht zwi-
Funktion des Reaktivschutzes in einer Röntgenblitz-Aufnahme, der Strahl des Stachels wird gestört und partikuliert. Foto: DND
schen zwei dünnen Platten (aus Metall oder auch aus Verbundwerkstoff) zur Explosion gebracht. Dabei arbeitet sich der HL-Stachel u. a. an den wegfliegenden Stahlplatten ab und verliert durch die Strahlstörung bis zum Auftreffen auf die Grundpanzerung einen Teil seiner Durchschlagsleistung. Die Dimensionierung der Reaktivpanzerung (Blechdicken, Winkel, Sprengstoffart und -menge) richtet sich nach der Leistung der zu bekämpfenden Bedrohung. In der Praxis kommen mehrere gezielt angeordnete Reaktivschutzelemente in Boxen zum Einsatz. Dadurch bleibt im Trefferfall die Wirkung in der Regel auf eine Box beschränkt. Die Boxen sind gewichtsmäßig so bemessen, dass sie von der Besatzung des Fahrzeuges ohne großen Aufwand montiert bzw. ausgetauscht werden können. Für die praktische Anwendung an Fahrzeugen stehen Gewicht und Bauvolumen einer solchen Schutzanordnung im Vergleich zu einer Stahlpanzerung im Wettbewerb. Durch die Verwendung von Reaktivschutz erreicht man theoretisch eine Gewichtsreduktion von bis zu 90 Prozent gegenüber einer reinen Stahllösung. In der Praxis werden ca. 80 Prozent erreicht, dies hängt stark vom Fahrzeug ab. Für den Reaktivschutz an einem Fahrzeug, werden extrem unempfindliche Sprengstoffe verwendet. Sie detonieren nur bei einem Auftreffen eines Hohlladungsstrahls und bleiben beim Beschuss mit Maschinenkanonen, leistungsstarker KE-Munition oder den Wirkungen von IED passiv. Auch benachbarte Boxen reagieren nicht, da nur die vom Hohlladungsstrahl direkt getroffenen Wirkelemente detonieren. Der Schutz muss nicht nur hinsichtlich seiner ballistischen Wirksamkeit ge-
Reaktivelemente in Boxen Foto: PSM
ten Schutzforderungen – die taktischen Gewichtsobergrenzen der Plattformen überschritten. Durch Kombination dieser Materialien in Hybridlösungen können neue Schutzlösungen entwickelt werden, mit denen Hoffnungen verbunden sind, das zukünftige Bedrohungsspektrum besser abzudecken zu können. Als Hybridlösung in 3D-Faserverbundstoff-Formteile eingebettet, können z. B. Metall- und Keramikkombinationen möglicherweise auch komplexe Fahrzeugbereiche schützen und ballistische Lücken schließen. Reichen diese Maßnahmen zur Erfüllung der Schutzfähigkeiten nicht aus, muss man zu weiteren Schutzlösungen oder Kombinationen von Schutzsystemen übergehen, die auch modular zur Anwendung kommen können.
Foto: DND
Schutz
SPz Puma mit aufgerüsteten Reaktivschutzelementen
prüft werden, sondern es gilt auch die sogenannte Systemkompatibilität und die Einhaltung besonderer Sicherheitsanforderungen zu berücksichtigen. Der Reaktivschutz muss unterschiedlichen Umweltbedingungen standhalten, oh-
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Unser transparenter Schutz: Mehr muss höhere Sicherheit nicht wiegen. Schutzverbunde von GuS überzeugen durch hohen ballistischen Schutz bei besonders leichtem Gewicht. Das erhöht die Mobilität, verbessert das Fahrverhalten und erlaubt mehr Zuladung. Entscheiden Sie sich für langlebigen Schutz von GuS. gus-germany.com
Schutz ne seine Wirkung und seine Unempfindlichkeit zu verlieren oder seine Eigenschaften zu ändern. Dazu gehören Standardprüfmethoden zu Temperaturwechseln, Regen, Sand, Blitzschlag, Erschütterungen und Beschuss mit unterschiedlichen Waffen und Munitionstypen. Belastete (z. B. durch Umwelteinflusse, Beschuss) wie auch unbelastete Boxen müssen regelmäßig einer Funktionsprüfung unterzogen werden, da sie der Munitionsüberwachung unterliegen. In Deutschland führten erst die konsequente Verwendung von nicht splitterfähigem Material für die Platten der Reaktivpanzerung und der Verwendung spezieller Befestigungsschrauben innerhalb der Box sowie der Einsatz eines relativ unempfindlichen Sprengstoffes zur Akzeptanz. Es werden Verbundstoffplatten und Kunststoffschrauben verwendet, die sich nach Umsetzung des Sprengstoffs in unmittelbarer Nähe des beschossenen Fahrzeuges zerlegen und keine gefährlichen Splitter erzeugen. Im Zuge der Qualifikation für zwei
mit dem Puma sowie ein ausländischer Kunde bekannt. Zudem gab es Studien für andere Fahrzeuge der Bundeswehr. Das System lässt sich auf Fahrzeuge verschiedener Größe – vom Fennek bis zum Kampfpanzer – anpassen. ERA ergänzt den existierenden Fahrzeugschutz. Mit modernen Materialien und dem insensitiven Sprengstoff kann bei gleichem Schutzniveau eine Gewichtsersparnis von 80 Prozent im Vergleich zu reinem Passivschutz erreicht werden.
Foto: IDF
Eine Schutzwirkung gegen Hohlladungen besteht. Gegen große KEProjektile – wie sie bei der LV/BV zu erwarten sind – müsste ein sehr viel höherer Aufwand (Plattendicke) betrieben werden, um eine signifikante Reduzierung der Durchschlagsleistung zu erreichen.
Trophy von Rafael wird in Israel erfolgreich auf dem Kampfpanzer Merkava eingesetzt.
Fahrzeugtypen der Bundeswehr konnten bestehende Sicherheitsbedenken ausgeräumt werden, sodass nun ein effektives und nachweislich ungefährliches Produkt zum Schutz militärischer Fahrzeuge zur Verfügung steht. Hersteller dieses Reaktivschutzes ist die Firma Dynamit Nobel Defence GmbH. Reaktivpanzerung am Puma Das erste Los des Schützenpanzer Puma wird – an den Seiten im Bereich der Wanne – teilweise mit der Reaktivpanzerung (Explosive Armor, ERA) ausgestattet. Bisher sind als Kunden für diesen – von Dynamid Nobel Defence hergestellten – Schutz die Bundeswehr 44
Abstandsaktive Schutzlösungen (Hard-Kill) Der Schutz der Gefechts- und Transportfahrzeuge (Radfahrzeuge) gegen Hohlladungsgefechtsköpfe ist eine besondere Herausforderung. Da die Verwendung herkömmlicher Schutzmaterialien (Stahl, Keramik, Verbundwerkstoffe), aber auch aktiver – mit Sprengstoff wirkender – Schutzelemente hinsichtlich des Volumens und der zulässigen Gewichte bei Fahrzeugen nur schwer realisierbar ist, ohne die Mobilitätseigenschaften wesentlich zu beeinflussen. Dieser Art der Bedrohungen kann z. B. mit abstandsaktiven Schutzsystemen begegnet werden, die nach dem HardKill-System arbeiten. In den achtziger Jahren wurden auf russischen Kampfpanzern die ersten Hard-Kill-Schutzsysteme eingeführt. Da gelenkte und ungelenkte Panzerabwehrwaffen in der Regel eine vergleichsweise geringe Geschwindigkeit (150 m/s bis 330 m/s) aufweisen, lässt die zur Verfügung stehende Zeit zwischen Erkennen/Erfassen der Bedrohung und Auftreffen des Wirkmittels am Fahrzeug die Möglichkeit zu, die Geschosse aktiv zu bekämpfen und durch Gegenmaßnahmen zu zerstören. Abstandsaktive Schutzsysteme werden weltweit von einigen Firmen angeboten und sind teilweise auf Gefechtsfahrzeugen schon im Einsatz.
Von einigen Firmen werden Systeme zur Verwendung auf Kampffahrzeugen und leichtere Systeme zur Verwendung auf Radfahrzeugen angeboten. Beim System Trophy von Rafael werden mit einem Radar Bedrohungen erfasst, verfolgt und mithilfe eines Feuerleitcomputers mit einer Serie von kleinen projektilbildenden Hohlladungen (EFP) zerstört. Trophy wird in Israel erfolgreich auf Kampffahrzeugen (Merkava) eingesetzt. Iron Curtain von Artis verwendet Radar und optische Sensoren zur Auffassung von Zielen und bekämpft diese nach Berechnung der Bedrohung mit Gegenmunition. Ziele können in noch wenigen Zentimetern Entfernung vor dem Ziel abgewehrt werden. Das aktive Schutzsystem Iron Fist erfasst anfliegende Bedrohungen (Geschosse und Raketen) mit AESA (Active Eletronically Scanned Array)-Radar und Infrarot-Sensoren, beurteilt sie und löst automatisch eine Gegenmaßnahme aus, die die Bedrohung in sicherer Entfernung vom eigenen Gefechtsfahrzeug neutralisieren soll. In optimaler Entfernung wird der Abwehrkörper gestartet, der in der Nähe des Ziels detoniert und mit seiner Druckwelle die anfliegende Bedrohung zerstört oder nachhaltig vom Kurs abbringt. Iron Fist ist bei verschiedenen Streitkräften im Einsatz/Gespräch sowie für Tests auch von der U.S. Army zum Schutz des Bradley ausgewählt worden. Die Tests durch die U.S. Army sollen 2021 fortgesetzt werden. Iron Fist ist auch für den Boxer der australischen Streitkräfte im Rahmen der Phase-2-Programms Land 400 im Gespräch. BAE Systems Hägglunds hat 2019 den Auftrag erhalten, das aktive Schutzsystem Iron Fist (APS) von Elbit Systems an die Infanterie-Kampffahrzeuge CV9035NL (IFV) der niederländischen Armee anzupassen. Lieferung und Einbau der Systeme sollen bis Ende 2025 erfolgen. Die Entwicklungen, einschließlich der APS-Integration, wurden vom CV90 User Club vorangetrieben. AVePS (Active Vehicle Protection System) von Diehl ist ein werferbasiertes Schutzsystem, das Effektoren gegen anfliegende Bedrohungen verschießt. Kombinierte Radar- und IR-Sensoren
Schutz dienen der Detektion und Verfolgung der Bedrohung ab einer Entfernung von mehreren hundert Metern wie auch im Nahbereich. Kampfpanzer Leopard 2 mit abstandsaktivem Schutzsystem Der Mangel an abstandsaktiven Schutzsystemen stellte für die deutschen Kampfpanzer eine bereits seit Jahren bekannte Schwäche dar, die zuletzt im Januar 2017 wieder aktuell wurde, als türkische Kampfpanzer Leopard auch aufgrund dieses fehlenden Schutzsystems durch IS-Kräfte zerstört wurden. Die Bundeswehr will 17 Kampfpanzer Leopard 2 mit Trophy ausstatten – das ist die Ausstattung für eine Panzerkompanie – und zusätzlich einen Versuchsträger. Mit der Integration der Schutzsysteme in die Kampfpanzer und Auslieferung der ausgestatteten Kampfpanzer wird Krauss-Maffei Wegmann (KMW) beauftragt. Der Bund stellt 17 Türme Leopard 2 A6 A3 und für den Versuchsträger einen
Turm (Leopard 2 VT-ETB) bei, in die von KMW die Schutzsysteme integriert werden. Die Türme mit eingebauten Trophy-Systemen werden mit 18 neugebauten Fahrgestellen Leopard 2 A7 „verheiratet“, die KMW eigens für dieses Projekt herstellt. Der Zeitplan sieht den unmittelbaren Beginn der Arbeiten vor. Nach dem Schwerpunkt der Arbeiten 2023 sollen die Kampfpanzer mit Schutzsystemen im Zeitraum 2024 bis 2025 ausgeliefert werden. Die Kampfpanzer mit Trophy sollen die Bezeichnung Leopard 2 A7A1 erhalten.
Im Juni 2019 übernahm Rheinmetall die IBD Deisenroth Engineering GmbH in Lohmar und deren nationale und internationale Tochtergesellschaften. Diese ist nun gemeinsam mit der Rheinmetall Chempro GmbH und der Rheinmetall Ballistic Protection GmbH Teil der neuen Business Unit Rheinmetall Protection Systems (RPS) mit Headquarter in Bonn. Das Active Defense System (ADS) ist ein boxenbasiertes System und verfügt über redundante elektro-optische Sensoren, die bei erkannter Bedrohung die Aktivierung eines Schutzsektors veranlassen. Die Wirkung der Bedrohung wird durch gerichtete pyrotechnische Energie (fokussierter Blast-Strahl) ausgeschaltet. Das System ist besonders effektiv in Multi-Hit-Szenarien und kann auf jede Fahrzeuggröße angepasst werden. Das abstandsaktive Schutzsystem „ADS-Gen3“ wurde neu entwickelt und zur Nutzungsreife geführt. Der Ansatz ist darauf gerichtet, die Nachteile und Einschränkungen der werferbasierten Schutzsysteme der ersten Generation vollständig zu vermeiden. Flugkörper werden im Anflug detektiert und mit gerichteter Energie unmittelbar vor dem Ziel zerstört. Die Wirkladungen sind fest um das Fahrzeug angeordnet und verwenden keine drehbaren Werfer. Der Sensor verfolgt die Flugbahn, und die ADS-Abwehrlogik ermittelt, ob die Waffe treffen wird. Liegt ein Vorbeiflug vor, werden die weiteren Komponenten nicht aktiviert. ADS gewährleistet dank modernsten Sensorsystemen ein umfassendes Bedrohungs-Lagebild, ohne dabei hohe
Foto: Rheinmetall
Active Defence System (ADS)
Foto: KMW
Kampfpanzer Leopard 2 mit dem System Trophy
Abstrahlleistungen zu benötigen. Wenn die Sensoren eine Bedrohung erkennen, reagiert das System innerhalb von Millisekunden, indem es automatisch einen Schutzsektor aktiviert und die eingehende Bedrohung neutralisiert. ADS ist das einzige leistungsstarke aktive Nahfeldschutzsystem, das eine Gegenmaßnahme einsetzt, die die Bedrohung in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs abfängt und so das Risiko von Kollateralschäden erheblich verringert und begrenzt. Hybrid Protection Module von Rheinmetall kombinieren dabei aktive und passive Schutztechnologien und sind vor allem für eine Integration an taktische Rad- und Kettenfahrzeuge konzipiert. Die Hybrid-Schutzmodule folgen einem integrativen Ansatz: Passi-
Eine Schutzwirkung gegen die Hohlladungen von Raketen und Panzerabwehrhandwaffen besteht. Gegen große KE-Projektile – wie sie bei der LV/BV zu erwarten sind – besteht mit den derzeit bekannten Systemen kein ausreichend wirksamer Schutz. Die Zeitspanne des anfliegenden Geschosses reicht zur wirksamen Erfassung und Bekämpfung nicht aus und die Unempfindlichkeit des Penetrators erfordert massive und aufwendige Gegenmaßnahmen.
Abwehr eines ATGM-Angriffes aus kürzester Entfernung mit dem ADS-System
ve Schutzkomponenten bilden zugleich Schnittstelle und Schutz für die Komponenten des aktiven Schutzsystems ADS. Umgekehrt stellen ADS-Komponenten ballistische Funktionen und Eigenschaften bereit. Die äußere Schutzebene dient dazu, die ADS-Komponenten gegen Fragmente, Kleinkaliberbeschuss und vor mechanischen Belastungen zu schützen. Die Gegenmaßnahme des ADS ist von außen in die erste Schutzplatte eingelassen und ist gleichzeitig Teil der ersten passiven Schutzebene. In dem Zwischenraum werden die Sensoren des Systems integriert. Das Gesamtmodul bietet als StandAlone-Aufbau schon einen ballistischen Zusatzschutz, der den Grundschutz der Fahrzeughülle nochmals erhöht. Das integrierte abstandsaktive Schutzsystem ADS wirkt zusätzlich gegen Hohlladungsgeschosse von Panzerabwehrhandwaffen und Panzerabwehrlenkflugkörpern. Der Vorteil dieser neuen 45
Möglichkeit der ADS-Integration in taktische Fahrzeuge liegt vor allem in der äußerst kompakten, platz- und gewichtsparenden Bauweise. Die Module können relativ einfach adaptiert und auf vorhandenen Fahrzeugen angebracht werden. Sie bieten damit eine einfach umsetzbare Erweiterung der Plattform um eine aktive Schutztechnologie. Unter dem Namen StrikeShield ¬– entspricht dem ADS-Gen3 – will die U.S. Army das System einem Testprogramm unterziehen. Die Erprobungen beginnen im Oktober dieses Jahres und werden im scharfen Schuss in einem Zeitraum über mehrere Monate im Test Center in Huntsville, Alabama (USA) stattfinden.
Foto: Rheinmetall
Schutz
Lynx KF 41 (links) und KF 31 (rechts)
für die Erfassungssysteme so verschleiert, dass Treffer vermieden werden. MUSS schützt sowohl vor laser- als auch drahtgelenkten Flugkörpern und ist auch für den Einsatz gegen Fire-and-ForgetWaffen geeignet. Das System MUSS wurde von einem Konsortium mit EADS Defence & Security (DS) (später Airbus Defence and Space, heute Hensoldt), Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Buck (einem Tochterunternehmen von Rheinmetall Defence) entwickelt. KMW führte die Systemintegration durch. Buck steuerte die pyrotechnischen Gegenmaßnahmen bei. MUSS wurde Mitte der 1990er Jahre entwickelt und 2003 erstmals erfolgreich auf dem Kampfpanzer Leopard 2 getestet. Das System wurde neben der Verwendung auf dem Schützenpanzer Puma außerdem für die Integration auf dem GTK Boxer und dem Spähwagen Fennek konzipiert. Das kürzlich vorgestellte MUSS 2.0 mit verbesserter und erweiterter Sensorik und modernisierten Gegenmaßnahmen ist für die Einbindung von Hardkill-Effektoren ausgelegt.
Abstandsaktive Hard-Kill-Systeme bieten grundsätzlich Potenzial zur Verbesserung des Schutzes der Kräfte im Einsatz wobei die Abwehr von leistungsfähigen KE-Penetratoren in den nächsten Jahren noch eine erhebliche Entwicklungsarbeit bzgl. Reaktionszeit und Wirkmechanismen erfordern wird. Für die Abwehr von IED/EFP-Wirkung erscheinen Hard-Kill-Systeme weniger gut geeignet. Hier ist ein stabiler Grundschutz des Fahrzeugs erforderlich. Multifunktionales Selbstschutzsystem (Soft-Kill) Das abstandsaktive Schutzsystem MUSS ist ein Selbstschutzsystem für gepanzerte Fahrzeuge. Das System arbeitet nach dem Soft-Kill-Prinzip. Anfliegende Lenkflugkörper (LFK) werden durch die Störung der Lenksysteme (SACLOS, SemiAutomatic Command to Line of Sight) vom Kurs abgebracht oder das Ziel wird 46
Die Auslegung der Schutzsysteme von militärischen Fahrzeugen ist entscheidend von der Bedrohungslage abhängig und nur in einem Gesamtsystemansatz zu realisieren. Einzelne Schutzlösungen wirken häufig nur gegen einen Teil der Bedrohungen. Auch in der Bundeswehr sollten weitere Planungs- und Realisierungsschritte zur Verbesserung des Schutzes eingeführter und zukünftig geplanter Systeme der Gefechtsfahrzeuge (MGCS) sowie einsatzwichtiger geschützter Radfahrzeuge mit Nachdruck weiter vorangetrieben werden. Technische Lösungsmöglichkeiten z. B. Hard-Kill- und Soft-Kill-Lösungen sind bereits verfügbar und an der deutlichen Reduzierung der Wirkung moderner KE-Geschossen wird – z. B. durch die Kombination passiver und explosiver Reaktivschutzpanzerungen – bereits gearbeitet. Schutz hat – nicht zuletzt auch angesichts der Fürsorgepflicht des Dienstherrn – einen hohen L Stellenwert.
Foto: Hensoldt
Hybridschutz für die Lynx-Familie Für die neu entwickelte Fahrzeugfamilie Lynx ist optional die hybride Schutzlösung auf Basis von ADS verfügbar. Die Schützenpanzer Lynx der ungarischen Streitkräfte werden mit dem aktiven Schutzsystem StrikeShield von Rheinmetall ausgerüstet. Dieses System verbindet passiven Schutz gegen kinetische Geschosse und Splitter gem. des Standards AEP 55 und aktiven Schutz gegen Panzerabwehrhandwaffen gem. der AEP 62 in einem Schutzmodul.
Die Zukunft
MUSS 2.0 wird als eine mögliche Leistungssteigerung für den SPz Puma und andere Gefechtsfahrzeuge angeboten.
GuS glass + safety GmbH & Co. KG
Transparente Schutzverbunde eit 1977 steht GuS für höchste Kompetenz bei der Entwicklung, Produktion und Reparatur von Winkelspiegeln, Panzerglas und Panzerung. Das Knowhow in der Auswahl, Verarbeitung und Verbindung von Materialen sucht dabei international seinesgleichen. Der beste Beweis: Die GuS-Produkte sind weltweit bei 40 Armeen im Einsatz. Ebenso sind die Verbindlichkeit eines mittelständischen Familienunternehmens und hochwertige Leistungen „Made in Germany“ bei GuS eine hundertprozentige Garantie. Panzerglas von GuS beweist jeden Tag seine Tauglichkeit in verschiedensten Kampffahrzeugen und bei jeglichen klimatischen Gegebenheiten. Es entspricht je nach Kundenwunsch den geforderten Normen. Es wird alles aus einer Hand angeboten von der Konstruktion über die Herstellung bis zur Instandhaltung. Die Kunden erhalten komplette Baugruppen, die fertig montiert direkt in das Fahrzeug integriert werden können, oder modulare Schutzsysteme nach individuellen Anforderungen. Eine flexible Fertigungstiefe ist dabei selbstverständlich. Selbst kleinere Stückzahlen können schnell umgesetzt werden. Als weltweit führender Entwickler von Verbund-Technologien setzt GuS bei der Herstellung von Panzerglassystemen spezielle Glasmaterialien und Produktionsprozesse ein und achtet darauf, bestmöglich nachhaltig zu handeln. Damit garantiert GuS optimale Produkte im Hinblick auf Beschusssicherheit, Dichtigkeit, Gewicht und soziale sowie ökologische Verträglichkeit. Als Klebefachbetrieb sind die klebetechnischen Prozesse der Fa. GuS nach TL A-0023 „Kleben und verwandte Prozesse – Qualitätsanforderungen an Herstell- und Instandsetzungsbetriebe für militärische Produkte“ zertifiziert. Dank der langjährigen Erfahrung bietet GuS Schutzverbunde für unterschiedliche Anforderungen und Bedrohungsszenarien nach STANAG 4569 (Stufen 1 bis 4), BR-Klassen, TL2350-0006 und der NIJ (0108.01).
Zusätzlich sind GuS Aufbauten vom Kraftfahrtbundesamt nach StVZO zugelassen. Im Zuge der Bemühungen, kontinuierlich bestehende Produkte weiterzuentwickeln und hierbei den größten Nutzen für den Kunden anzubieten, ist es GuS gelungen neue innovative Verbunde zur Marktreife zu bringen. Hierbei spielen die Aspekte Verbunddicke und Flächengewicht eine entscheidende Rolle. Bei gleichbleibendem Schutz wird eine erhebliche Gewichtsersparnis generiert. Hervorzuheben sind STANAG Level 2 und 3 Glasverbunde, die bei gleichem Schutzniveau eine Gewichtsersparnis von bis zu 20% ermöglichen. Diese Innovation erhöht die Nutzungseigenschaften des Fahrzeuges (mehr Reichweite bzw. Zuladung und besseres Fahrverhalten). Diese neuen Verbunde sind ideal für neue Fahrzeugentwicklungen oder zur Umrüstung von vorhandenen Fahrzeugen geeignet. Um ein Höchstmaß an Sicherheit für die Fahrzeuginsassen zu garantieren, intensiviert GuS weiter ihre Forschungsbemühungen.
glas, entwickeln wir Kunststoffverbunde unter der Marke GuSPLEX®. Diese Verbunde können sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich zum Einsatz kommen. Gegenüber klassischem Sicherheitsglas wird der gleiche ballistische Schutz VPAM 3+4 sichergestellt bei einer Gewichtersparnis von rund 30%. Aufgrund der hohen splitterfreien Schlagzähigkeit zeichnet sich der neuartige Verbund zudem durch eine verbesserte Restsicht nach Beschuss aus. Die extreme Widerstandsfähigkeit gegenüber externer Gewalteinwirkung ist somit von hohem Nutzen auch für zivile Anwendungsbereiche. So werden bereits Forstfahrzeuge und UntertageFahrzeuge mit GuSPLEX-Verbunden ausgerüstet. Die aufgezeigten Produkteigenschaften werden in Zukunft in weiteren zivilen Bereichen die bestmögliche transparente Sicherheit garantieren. Foto/Grafik:: GuS
S
GuS-Reparatur für Glas- und Kunststoffverbunde
GuS bietet Schulungen für Kunden an, um zu beurteilen, ob Schäden eine potenzielle Gefahr für die Insassen darstellen. Durch Steinschläge oder Kratzer an der Innenschicht der Scheiben kann es während des Betriebs zu Beschädigungen kommen. In diesem Fall stehen bei GuS zertifizierte Reparaturmethoden zur Verfügung, um die Ausfallzeiten und Wartungskosten des Fahrzeugs zu reduzieren. Zusätzlich zur Kernkompetenz, die Herstellung von Verbundsicherheits-
GuSPLEX – verbesserte Restsicht nach Beschuss
Weitere Informationen: GuS glass + safety GmbH & Co. KG Daimlerstraße 1 D-32312 Lübbecke Tel. +49 5741 9003 0 Fax. +49 5741 9003 90 [emailprotected] www.gus-germany.com
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Saab Deutschland GmbH
Erhaltung von Einsatzwert und Kampfkraft
N
Herausforderungen in Wüsten, Wäldern und der Arktis
Fotos: Saab
eben der Konfrontation mit dem militärischen Gegenüber finden sich Soldaten und die von ihnen eingesetzten Systeme und Fahrzeuge in Gefahrensituationen und herausfordernden Umgebungen wieder, die jeden möglichen Schutz erfordern. Die Anpassung an die Umgebung mittels hochwertigen Tarnsystemen erhöht die Überlebensfähigkeit und jegliche Erfolgsaussicht im Gefecht. Seit über 60 Jahren erkundet Saab Barracuda weltweit jede erdenkliche klimatische und vegetative Umweltsituation, beispielsweise in Wüsten, Wäldern und arktische Regionen, um selbst kleinste Details akribisch zu analysieren.
SAAB Barracuda Tarnnetz: Optischer Sensor im Wald
Jedes Gelände erfordert einen angepassten Einsatz der verwendeten Tarnsysteme. Wüsten stellen hohe Anforderungen an Mensch und Material. Sandstürme, Staub, extreme Hitze am Tage und starke Temperaturschwankungen in der Nacht bedingen ständige Anpassungen der Kleidung und der Maßnahmen zur Signaturreduktion. Oberflächlich betrachtet mag es hingegen einfach erscheinen, eine Tarnung in Waldumgebungen zu schaffen. Jedoch erschweren die Vielzahl an Farben und Schattierungen eine effektive Tarnung in bewaldeten Umgebungen ganz erheblich. Besonders im europäischen Raum mit vielen Mischwäldern und unterschiedlich dicht bewachsen Flächen ist die Auswahl der richtigen Materialien, Farben und deren Pigmentierung ein komplexer Entwicklungsvorgang. Arktische Regionen sind technisch das anspruchsvollste Gelände für Tarnsysteme. Ein reiner Sichtschutz gegen Aufklärung erzielt hier kaum eine Wirkung, weil die wärmebedingten Kontraste der genutzten Systeme, insbesondere der Fahrzeuge, im Vergleich zur Umgebungstemperatur extrem hoch sind. Hier hat die richtige Materialauswahl bei den verwendeten Tarnsystemen eine überragende Bedeutung.
Farben und Umweltbedingungen
SAAB Barracuda Tarnnetz: Infrarotsensor im Wald 48
In Wüsten geht es vor allem um Temperaturen, die tagsüber konstant stark ansteigen, nachts wiederum sehr schnell dramatisch fallen. Tarnmaterial, das seine Leistungsfähigkeit in einem sehr breiten Temperaturband erhält, ist hier unerlässlich und überlebenswichtig. Auch die Farbgebung der Tarnsysteme darf in Wüsten nicht außer Acht gelassen werden. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung erscheinen Wüsten nicht nur in einem sandigen Orange, sondern in
einer Vielzahl von zu berücksichtigenden Schattierungen. Für Wälder ist wiederum die Farbe das größte Problem. Die Menschen glauben oft, dass die meisten Wälder ähnlich beschaffen sind und Grün die Hauptfarbe ist. Aber schon geringe Höhenunterschiede und räumliche Verschiebungen ergeben völlig unterschiedliche Farberscheinungen. Farbe ist auch ein wichtiger Faktor in der Arktis. Auch in den monoton erscheinenden Grau-, Blau- und Weißtönen ergibt sich bei genauer Auswertung eine recht breite Varianz. Und natürlich ist auch in der Arktis die Temperatur enorm wichtiger Faktor. Schon geringe Wärmequellen können in der sehr kalten Umgebung sofort den eigenen Standort offenbaren, wenn kein effektives Tarnmaterial eingesetzt wird.
Statische Tarnung – ULCAS Saab Barracuda hat sich auf eine Vielzahl fortschrittlicher und anpassungsfähiger Tarnlösungen spezialisiert, die gegen alle sensorischen Aufklärungssysteme schützen. Eine dieser Lösungen ist ULCAS (Ultra-Lightweight Camouflage Screen), ein multispektrales Tarnnetz mit unübertroffenem Signaturschutz, insbesondere für Fahrzeuge und Systeme in statischen Positionen. Die multispektralen Eigenschaften des ULCAS können konventionelle Tarnnetze nicht bieten, besonders hinsichtlich des Schutzes gegen ultraviolette, visuelle, thermische und kurzwellige Infrarotstrahlen, sowie im nahen Infrarot- und Radarbereich des elektromagnetischen Spektrums. ULCAS kann die Erwärmung durch Sonneneinstrahlung innerhalb von Fahrzeugen, Unterständen, Zelten und Containern um bis zu 80 Prozent reduzieren. Die volle Leistungsfähigkeit bietet das ULCAS bei Betriebstemperaturen zwischen -21°C und +80°C. Ein effizientes Wärmemanagement führt zusätzlich zu verminderten Verbräuchen von Treibstoff und Betriebsmitteln, da die benö-
tigte Energie zur Kühlung von Motoren und Triebwerken erheblich sinkt. Aus operativer Sicht ist ULCAS sehr einfach zu handhaben, alle erforderlichen Eigenschaften sind jeweils in einem Netz vereint. Dabei ist ULCAS sehr leicht, 250 Gramm Gewicht pro Quadratmeter bedeuten, dass ein einzelner Soldat mühelos 50-75 Quadratmeter Tarnnetz bewegen und tragen kann.
Eine neue Dimension der Tarnung Die statischen ULCAS-Netze haben eine 3D-Oberflächenstruktur und sind dank ihrer Flexibilität sehr einfach zu installieren. Mit dreidimensionaler Tarnung ist es unter anderem möglich, Aspekte wie Blätter und Belaubung zu simulieren, d.h. sie passt sich dem Gelände permanent an und bewegt sich mit und in ihm. Die Netze sind kosteneffizient, so dass die herkömmliche mehr- und einschichtige Tarnsysteme für unterschiedliche Anforderungen überflüssig werden. Die Eigenschaften des Materials von ULCAS erhöhen seine Lebensdauer im Vergleich zu konventioneller Tarnung dramatisch und sind zudem in der Verwendung äußerst geräuscharm.
fahrungen im industriellen Umfeld, wodurch wir ein umfangreiches Portfolio an kampferprobten Produkten bereitstellen können. Saab Barracuda ist weltweit erfolgreich tätig und stolz auf seinen stetig wachsenden Kundenkreis. Unsere speziell eingerichteten und angepassten Labore beherbergen hochmoderne Infrastrukturen und Anlagen zur Prüfung und Bewertung von Material- und Tarneigenschaften. Wo internationale Standards nicht etabliert sind, entwickelt Saab eigene Testmethoden in enger Abstimmung mit seinen Kunden. Saab Barracuda führt auch Feldversuche für seine Produkte und die verwendeten Materialien in jeder Klima- und Vegetationszone der Erde durch. Mit konkurrenzlosem Fachwissen im Bereich des Signaturmanagements und exzellenten F&E-Fähigkeiten ist Saab Barracuda weltweit einzigartig positioniert, um komplette Tarnkonzepte für jeden militärischen Bedarf über alle Hierarchieebenen hinweg anzubieten, vom einzelnen Soldaten über Fahrzeuge bis hin zur Großverbands- und Armeeebene. „Saab Barracuda ist das einzige Unternehmen der Welt, das sich mit seinem Portfolio systemisch ausschließlich auf Tarnung fokussiert und spezialisiert
Signaturmanagement ist der Schlüssel Das exklusive und individuelle Signaturmanagement von Saab Barracuda ist das Herzstück jedes unserer Produkte. Diese Technologie minimiert den Kontrast zwischen einem Objekt und dem Hintergrund, was die sensorische Aufklärung und Identifikation erheblich erschwert. Die Saab-Ingenieure haben sehr früh erkannt, dass sich stetig weiterentwickelnde Sensoren und fortschrittliche Detektionstechnologie bedeuten, dass auch Tarnmaterial völlig neuen Anforderungen genügen muss. Heute reduzieren unsere Tarnsysteme Signaturen über das gesamte elektromagnetische Spektrum und schützen die Nutzer vor Sensorbedrohungen, indem sie ultraviolett-, visuelle, Nahinfrarot-, kurzwellige Infrarot-, thermische Infrarot- und Radarsensoren abdecken können.
Kunden rund um den Globus Saab Barracuda hält heute etwa 90 Prozent des Weltmarktes für mobile Tarnung und ist Lieferant von ca. 60 Prozent sämtlicher konventioneller Tarnung. Das Unternehmen liefert innovative Lösungen in über 45 Länder darunter viele NATOMitglieder, Demokratien im Nahen Osten und die nordischen Länder. Zudem unterhält Saab seit mehr als einem halben Jahrhundert weltweit etablierte Beziehungen zu Kunden und Partnern.
Potente Partnerschaften und Kooperationen
SAAB Barracuda Tarnnetz : Optischer Sensor – Drohnenaufnahme
Warum Saab Barracuda wählen? Saab Barracuda ist führend in der Entwicklung und Herstellung hochmoderner, kosteneffizienter und auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittener Tarnsysteme. Damit einhergehend verfügen wir über herausragende Kenntnisse und Er-
hat, seit nunmehr über 60 Jahren. Wir sind zuverlässige Experten, mit der Erfahrung, unsere Tarnsysteme auf mehr als 7.000 verschiedene Fahrzeugmuster zuschneiden zu können - dies vermag kein anderes Unternehmen der Welt.“, erklärt Niklas Ålund, System Manager for Signature Management at a joint level der Geschäftseinheit Saab Barracuda.
Saab Barracuda engagiert sich in besonderer Weise in Partnerschaften und Kooperationen, unter anderem mit den NATO-Mitgliedsstaaten. „Der unmittelbare Austausch mit den Experten unserer Kunden und den Nutzern unserer Lösungen ist für uns unerlässlich. Dadurch ist es uns möglich, zielgerichtete Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu betreiben und prägt die Art und Weise, wie wir an Tarnung herangehen.“, fügt Herr Ålund hinzu. Weitere Informationen über Saab Barracuda erhalten Sie unter: www.saab.com 49
TenCate Advanced Armour Danmark A/S
Beste Schutzlösungen für die Überlebensfähigkeit
T
enCate Advanced Armour ist ein globaler Anbieter von passiven Schutzlösungen für militärische und zivile Anwendungen mit Kunden in Europa, dem Nahen Osten, Asien und Nordamerika. Aufbauend auf einer umfassenden Erfahrung mit KompositSchutzlösungen ist das Unternehmen seit 25 Jahren auch Teil der militärischen und zivilen LandfahrzeugIndustrie. TenCate entwickelt neue Lösungen, Anwendungen und Methoden, um die Überlebensfähigkeit in neuen Plattformen zu realisieren oder durch Nach- und Umrüstungsprogramme bei eingeführten Systemen zu verbessern. Mit Standorten in Dänemark und Frankreich ist TenCate ein Partner für Deutschland und die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.
Verwaltungs- und Produktionsstätten von TenCate in Vissenbjerg, Dänemark
Fotos: TCAA
Im Interview: Helle Specht, Geschäftsführerin und Henrik Jørstad, Vertriebsleiter TenCate Advanced Armour Dänemark
MRV: Welche besonderen Schwerpunkte legt TenCate Advanced Armour Dänemark in der Zusammenarbeit mit Kunden und speziell mit Kunden aus dem deutschsprachigen Raum? Specht: Wir haben jahrelang mit deutschen Kunden gearbeitet und haben daher gute Verbindungen zu unterstützenden Partnern im deutschsprachigen Raum und in Europa aufgebaut. Wir verstehen die Anforderungen der Kun50
den und wissen, wie diese im Inland oder international umgesetzt werden können. Wir sind also in der Lage, die technischen und wirtschaftlichen Gespräche in deutscher Sprache mit den Kunden zu führen und sie wirksam zu unterstützen. Wir sind räumlich nie zu weit entfernt, um nicht persönlich mit den Kunden die gegebenen Anforderungen zu analysieren und in Lösungen und Produkte umzusetzen. Das TenCate-Team arbeitet transparent und kundenorientiert. Wir sind gemäß unserer dänischen Kultur pragmatisch und lösungsorientiert und setzen dies mit deutscher Gründlichkeit um. MRV: Welche entscheidenden Vorteile bei der Entwicklung, Integration und Herstellung von Schutztechnologie bietet das Unternehmen TenCate? Jørstad: TenCate arbeitet seit Mitte der 90iger Jahre in der Entwicklung und Fertigung von Schutztechnologien. Daher bieten wir Produkte, Wissen, Erfahrung und vor allen Dingen Zuverlässigkeit an. Blick in die Produktion
Wir sind ein eingespieltes Team, mit Projekterfahrung auch an einer Vielzahl von Rad- und Kettenfahrzeugen der deutschen Landstreitkräfte. Wir bieten maßgeschneiderte Schutzlösungen an, wobei das Design nach Zeichnungsvorgaben – aber auch in Zusammenarbeit mit dem Kunden – entwickelt werden kann. TenCate ist ein OEM-unabhängiger Schutzanbieter. Die Produktions- und Vertriebsstätten sind international verteilt, lokale Präsenz ermöglicht Kundennähe, lokale Wertschöpfung und enge Zusammenarbeit vor Ort. Sehr gerne unterstützen wir beim Etablieren von Offset-Leistungen und der Beteiligung einheimischer Firmen. Heute reicht es nicht aus, der Plattform eine funktionierende Schutzlösung zur Verfügung zu stellen, kommerzielle Vermögenswerte wie Lieferkette, lokal erbrachte Leistungsanteile und Business Compliance sind ebenfalls immer Teil unserer Projekte. MRV: Welche wesentlichen innovativen Leistungen bieten Produkte, Dienstleis-
tungen und Lösungsmöglichkeiten im Bereich der Schutztechnologie aus dem Hause TenCate? Specht: Es ist wichtig zu verstehen, dass der Bereich des Fahrzeugschutzes in den letzten zehn Jahren zur Forderung nach „Überlebensfähigkeit“ ausgedehnt wurde. Als ein Anbieter von Schutzlösungen verfolgen wir dabei einen ganzheitlichen Ansatz. In unseren Lösungen bedenken wir nicht allein den Schutz, sondern auch die weiteren Effekte eines Treffers, denn das Fahrzeug sollte auch sicher und ohne Gefährdung der Besatzung weiterhin mobil bleiben. Daher haben wir unsere internen Prozesse und Verfahren erneuert und deren Nutzen für unsere Partner verbessert. Ein Schritt in diesem Prozess war die Einführung von Modellierungs- und Simulationswerkzeugen zur zuverlässigen Vorhersage von Ergebnissen ohne unnötiges aufwendiges Testen. Ein weiteres Beispiel sind unsere 3D-Verbundpanzerungslösungen und neue Montagesysteme, zur Lösung weiterer an uns gestellten Herausforderungen. Um diese Leistungen anbieten zu können, haben wir die Produktionsstätten in Dänemark und Frankreich erweitert. Zurzeit sind mehr als 20.000 m2 Produktionsfläche vorhanden, in denen nun auch die Beschichtung und Oberflächenbehandlung durchgeführt werden kann und der CNC-Maschinenpark sowie Autoklaven zur Herstellung von dreidimensionalen Schutzlösungen zur Verfügung stehen. MRV: Wie stellen Sie die Leistungsfähigkeit und die gleichbleibende Qualität Ihrer Produkte sicher? Jørstad: Wir erfüllen die Qualifikationsansprüche die uns als Lieferant der Verteidigungs- und Automobilindustrie vorgegeben sind. TenCate-Zertifizierungen des Qualitätsmanagements nach ISO9001, EN9100, des Umweltmanagements nach 14001 liegen vor und zudem arbeiten wir gemäß des Qualitätsmanagements der Automobilindu-
strie nach IATF 16949 und des NATOStandards AQAP 2120. Unser Team und unsere Fertigung steht für Kundenbesuche, Audits und Erstbemusterungen zur Verfügung. MRV: Können Sie uns bitte einige Informationen zur Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens geben? Specht: Unsere Fähigkeit, einige der besten Schutzlösungen auf dem heutigen Markt anzubieten, beruht auf unserer Fähigkeit, als Team zu arbeiten. Wir haben Ingenieure, Projektmanager, Qualitätsmanager und Kaufleute die seit mehreren Jahrzehnten in der Branche oder bei TenCate tätig sind. Alle sind wichtige Teammitglieder, die mit ihrer eigenen Erfahrung und Verantwortungskompetenz zum Projekterfolg beitragen. Es ist unsere Zusammenarbeit, die das Ergebnis hervorbringt. Unser größtes Kapital ist das Team und unsere Erfahrungen in der Entwicklung und Ausgestaltung von Lösungen im Fahrzeugschutz. Im Bereich Forschung und Entwicklung arbeiten wir international mit Universitäten und Kollegen aus den Niederlanden, Frankreich, England und Dänemark zusammen.
Optimierung der Schutzlösungen mit Hilfe der 3D-Tools
höhere Leistung und damit einen Mehrwert bieten. Einige der interessantesten Projekte, bei denen wir Fortschritte gemacht haben, sind aktive/passive Schutzkombinationen und speziell entwickelte Montagesysteme für die Schutzmodule. Der holistische Ansatz zum Fahrzeugschutz und die Entwicklung aktiver Schutzsysteme schaffen für uns in der passiven Schutzindustrie eine neue Position und zwingt die Anbieter von Systemen zur Erhöhung der Überlebensfähigkeit ihre Kompetenzen anzupassen und zu erweitern.
MRV: Wo liegen zurzeit die Kernaktivitäten des Bereiches Forschung und Entwicklung im Unternehmen? Specht: Wir optimieren kontinuierlich die Kernfunktionen der Schutzlösungen sowohl im Hinblick auf KE-Bedrohungen als auch in Bezug auf IED- und Minenbedrohungen. Hier liegt unser Schwerpunkt als Lieferant von Schutztechnologien. Aber wir gehen auch darüber hinaus, weil wir einen ganzheitlichen Ansatz für den Schutz sehen. 3D-Schutzlösungen und großflächige Paneelen sind einige der jüngsten Produkte unserer Entwicklungsbemühungen, sie bieten weniger Schwachstellen und eine schnellere Montage in Verbindung mit dem zu schützenden System. Wir arbeiten stetig daran Verbesserungen und Funktionen zu entwickeln, die unseren Partnern einen höheren Schutz (bis zum Schutzlevel 6), eine
MRV: Welches Ziel strebt TenCate kurzund mittelfristig in Deutschland an? Specht: In den letzten Monaten haben bedeutende Veränderungen in der deutschen Rüstungsindustrie stattgefunden. Auch wir haben in dieser Zeit unseren Eigentümer gewechselt und das eröffnet uns neue Möglichkeiten. TenCate hat sich in den letzten zehn Jahren stark weiterentwickelt, unsere Marktposition in Deutschland ist dadurch verbessert. Wir können ein deutlich positives Wachstum auf dem deutschen Markt verbuchen und verstehen uns als Teil der deutschen Sicherheitsund Verteidigungsindustrie. Den Kunden in Deutschland die besten Schutzlösungen liefern zu dürfen und daher als Schutzlieferant der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie anerkannt zu werden – das ist unser Ziel.
Autoklav zur Herstellung von Komposit-Schutzlösungen
Die Fragen stellten Wolfgang Gelpke und Michael Horst. 51
Julia Maria Egleder
ARBEITGEBER BUNDESWEHR Wie Einstieg und Karriere bei unseren Streitkräften gelingen
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Logistik
Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft Wolfgang Gelpke Mit den 2017 eingeleiteten Trendwenden Personal, Finanzen und Material wird die Neuausrichtung und Refokussierung der Streitkräfte sowie ihrer Organisation und Ausstattung auf die Landes- und Bündnisverteidigung und die Nationale Risiko- und Krisenvorsorge (NatRKV) begleitend unterstützt.
I
n ganz besonderem Maß stehen die Herausforderungen zur Umsetzung der im Fähigkeitsprofil der Bundeswehr (FPBw) beschriebenen nationalen Ambition im Fokus der Betrachtungen.
Zur Situation Aufgrund der seit geraumer Zeit festgestellten Defizite in der materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr, wird das Parlament durch das BMVg halbjährlich in Form des Rüstungsberichtes und des Berichtes zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme über den jeweiligen Sachstand im Bereich Material und Ausrüstung informiert. Die Agendas Rüstung und Nutzung begleiten gleichfalls die Anstrengungen hinsichtlich der Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft. Im Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages 2020 nimmt die materielle Einsatzbereitschaft und die materielle Ausstattung ebenfalls einen prominenten Platz ein. Alle Militärischen Organisationsbereiche haben im Zuge der Initiative Einsatzbereitschaft der Bundesministerin KrampKarrenbauer vom Januar 2020 in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen diesbezügliche Handlungsfelder identifiziert und arbeiten konzentriert an deren Umsetzung. Mit dem Weg zur Vollausstattung aller Truppenteile, einschließlich der Truppenreserve, mit ihrem zur Auftragserfüllung notwendigen Material (=aufgabenorientierte Ausstattung) stehen der Bundeswehr große Anstrengungen bevor. Insgesamt stellt die materielle Einsatzbereitschaft hohe Anforderungen an das Logistische System der Bundeswehr, bestehend aus der Verknüpfung
von logistischen Leistungserbringern der militärischen Logistik im Grundbetrieb und im Einsatz, den Anteilen bundeseigener Unternehmen, sowie den Anteilen ziviler logistischer Leistungserbringer. Im Logistikkommando der Bundeswehr wird die Aufgabe des Hauptprozessmanagers Logistik wahrgenommen.
Einsatzreife Zum Verständnis der jeweiligen Analysen und Maßnahmen in allen Planungskategorien, sollen hier die Grundlagen zur Erreichung einer hohen materiellen Einsatzbereitschaft, fokussiert auf den Bereich der Land-(Waffen)-Systeme, dargestellt werden. Die Bundeswehr verfügt über eine Vielzahl an Systemen, die sich in verschiedenen Produktlebenszyklen befinden. In Bezug auf die materielle Einsatzbereitschaft ergeben sich hier durchaus sehr unterschiedliche Handlungsfelder. Grundlage jeglichen Handelns ist der Begriff der Einsatzreife, die nach der Vorgabe des novellierten Customer Product Management (CPM (nov.)), unter dem
Begriff: Materialverantwortung für die Einsatzreife, in der Verantwortung des zuständigen Projektleiters liegt. Ist sie gegeben, dann erfüllt ein System oder Produkt alle Anforderungen an eine sichere Verwendbarkeit unter den geforderten (realistischen) Einsatzbedingungen auch unter Berücksichtigung rechtlicher Auflagen. Sie schließt insbesondere auch alle logistischen und sonstigen Maßnahmen mit ein, die für den Erhalt und den Einsatz des Systems in der Nutzung erforderlich sind. Mit der Einsatzreife ist die Grundlage für den Erhalt und die Wiederherstellung der materiellen Einsatzbereitschaft und der Einsatzfähigkeit der zur Nutzung übergeben Produkte, hier per Definition des CPM (nov.) durch den Betriebs- und Versorgungsverantwortlichen Inspekteur, gelegt.
Der Produktlebenszyklus: von der Wiege bis zur Bahre Die Hauptwaffensysteme der Bundeswehr bestehen oft aus einem Mix an Systemen. Diese wiederum befinden
Bedingungen die erfüllt sein müssen, um die logistische Versorgung und damit die materielle Einsatzbereitschaft sicherzustellen: Die Materialgrundlagen sind verfügbar, zum Beispiel: • Stammdaten im Logistischen Informationssystem (SASPF) • Instandhaltungsvorschriften • Ersatzteilkataloge • Interaktive Elektronische Technische Dokumentation Die Versorgungskette ist mit Ersatzteilen (Ersatzteilerstbedarf) aufgefüllt. Die Deckung des Ersatzteilfolgebedarfs ist gewährleistet durch Lieferverträge/ Rahmenverträge. Umlaufreserven für instandsetzbare Baugruppen sind verfügbar. Verträge mit der Industrie zur Baugruppeninstandsetzung sind geschlossen. Einrichtungen, Sonderwerkzeuge, Prüf- und Messgeräte stehen zur Verfügung. Die für die Materialerhaltung und Materialbewirtschaftung benötigten Kräfte sind verfügbar. Erforderliche Ausbildungsunterlagen und -mittel liegen vor. Die Ausbildung des erforderlichen Personals für die Materialerhaltung53ist erfolgt,alternativ ist die industrielle Betreuung am Einsatzort vertraglich sichergestellt. Erforderliche Betreuungsleistungen durch die Industrie sind vertraglich vereinbart.
sich jeweils in unterschiedlichen Phasen ihres Produktlebenszyklus. Für den Erhalt der materiellen Einsatzbereitschaft ergeben sich deshalb jeweils eine Vielzahl verschiedenster Herausforderungen im Hinblick auf die Schnittstellen zur Industrie, sowie zu den internen Prozessen der Planung und Logistik. Phase 1: Systeme in der Einführungsund Wachstumsphase Aktuelle Beispiele sind der SPz Puma und die geschützten Transportfahrzeuge ZLK 15 t und die ungeschützten Transportfahrzeuge. Vor dem Hintergrund der Refokussierung auf Aufgaben in der Landesund Bündnisverteidigung ist der frühen und uneingeschränkten Herstellung der Einsatzreife, insbesondere in den logistischen Aspekten, eine hohe Priorität einzuräumen. In Phase 1 ist es zur Erreichung der Einsatzreife daher wichtig, die Grundlagen für eine erfolgreiche Logistik in die Forderungsdokumente im CPM als Projektbezogenes Logistisches Konzept einzubringen und im Zuge der Beschaffung mit hoher Priorität durchzusetzen. Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Sonderwerkzeugen und speziellen Meß- und Prüfmitteln in nach den Organisationsgrundlagen ausreichender Anzahl, ausgebildetes Personal und entsprechende Lehrgänge sowie Verfügbarkeit der Materialgrundlagen, wie z.B. Instandhaltungsvorschriften und Ersatzteilkataloge (heute in Form der Interaktiven Elektronischen Technischen Dokumentation – IETD), ist sicherzustellen. Der Auswertung von Nutzungsdaten und der flexiblen Umsetzung von Erkenntnissen ist hohe Priorität einzuräumen. Auch die stark zunehmende Komplexität der Systeme stellt vor die Herausforderung, dass diese in allen Bereichen, nicht nur der Logistik, erst einmal beherrscht werden müssen. Mit der internationalen Kooperation im Rahmen der Beschaffung können hier Erfahrungen anderer Nutzernationen mit einfließen. Für den SPz Puma konnten innerhalb der Phase 1 zuletzt bereits Erfolge erzielt werden und durch den Zulauf neuer ungeschützter Transportfahrzeuge in größerer Stückzahl konnte die materielle Einsatzbereitschaft im Bereich der Lkw gesteigert und Altsysteme aus der Nutzung genommen werden. 54
Foto: Bundeswehr/Selsemeier
Logistik
Klassische Militärische Feldinstandsetzung SPz Marder
Phase 2: Systeme in der Wachstumsbis Sättigungsphase Beispiele hierfür sind das GTK Boxer und das GFF Dingo Grundsätzlich ist die materielle Einsatzbereitschaft von Systemen in dieser Kategorie hoch. Erfahrungen aus der Nutzung konnten umgesetzt werden, Prozesse sind eingespielt, Nutzungsgrenzen sind ausgelotet und die Defizite der Phase 1 konnten zumindest in die weitere Planung eingebracht werden, wie beispielsweise noch fehlende Dokumentation oder hinreichende Anzahl von Sonderwerkzeugsätzen. Die Erkenntnisse müssen und werden in die Produktpflege und Produktweiterentwicklung eingebracht und stellen, die Verfügbarkeit der Mittel vorausgesetzt, eine hohe materielle Einsatzbereitschaft und Verfügbarkeit sicher. In dieser Phase bringt, mit einem gesicherten Zulauf auf das materielle Soll hin, auch die Entscheidungen zur Ablösung der Vorgängersysteme eine wesentliche Entlastung in die Truppe. Reduzierung von Ausbildungsbedarfen, Entlastung von nicht mehr erforderlichem Material (Werkzeuge, Vorräte) ermöglichen es den Verantwortlichen Kräfte und Ressourcen frei zu machen, zum Erhalt der Einsatzfähigkeit des aktuellen Systems. Phase 3: Systeme in der Sättigungs- bis Degenerationsphase Beispiel hierfür: SPz Marder In dieser Phase wird die materielle Einsatzbereitschaft durch den zunehmenden Verschleiß und die wachsende Alterung der in den Systemen genutzten Komponenten bestimmt. Der Erhalt der Einsatzreife ist hier in besonderem Maße herausfordernd. Obsoleszenzen und durch zunehmende Systemerweiterungen erreichte Grenzen der Belastbarkeit bestimmen die Anstrengungen des Erhalts der Einsatzreife. Mitunter kann
nur durch Ausbau von Ersatzteilen aus anderen Systemen die Einsatzfähigkeit erhalten werden. Hinzu kommen auch Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit, die nur mit einer verlässlichen Aussage zur Rest-Nutzungsdauer auch höhere Investitionen für eine Nutzungsdauerverlängerung rechtfertigen. Jedoch sind aufgrund der noch klassischen (bewährten) Technik aber auch hier im Vergleich zu Systemen der Phase 1 noch hohe Einsatzbereitschaftswerte zu erzielen. Verbunden mit der erforderlichen Vollausstattung für alle Truppenteile einschl. der Reserve kommt diesen Produkten zukünftig eine besondere Bedeutung zu. Der Umgang mit neuen, hochkomplexen Systemen stellt Reservisten und die hierfür verantwortliche Ausbildungsorganisation vor große Herausforderungen. Die Weiternutzung von bewährten und noch einsatzreifen Systemen kann sich hier positiv auswirken. Kommt eine Ablösung für einen absehbaren Zeitraum nicht in Frage, ist mit einer Reduzierung der Typenvielfalt durch Anpassung an den aktuellen Bauzustand der gesamten Flotte zumindest eine Entlastung zu erreichen (Ausbildung, Vorschriften, Ersatzteile und Werkzeuge).
Logistische Aspekte zur Erhöhung der materiellen Einsatzbereitschaft Grundsätzliche Voraussetzung für eine hohe Einsatzbereitschaft ist insgesamt betrachtet einsatzreifes Gerät, in ausreichender Menge unter Berücksichtigung von Reserven. Ergänzend zu den Aspekten der Einsatzreife und materiellen Einsatzbereitschaft der Systeme in ihren Lebensphasen wird durch weitere Maßnahmen der Bereitschaftsstand auf hohem Niveau gehalten. Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung von ungeschützten Mobilitätsträgern, in einem Einsatzumfeld
• Tank- u. Radfahrzeuge, Feldlager • Übung, Auslandseinsatz • Bw-Instandsetzungsverbund
EAFT Emder Anlagen- und Fahrzeugtechnik GmbH | Zum Zungenkai | 26725 Emden | 04921 9375-0 | [emailprotected]
• Werksinstandsetzung • Baugruppeninstandsetzung • Schweißen, Strahlen, Lackieren
MWB Fahrzeugtechnik GmbH | Im Steinviertel 45 | 27607 Geestland | 04743 884-0 | [emailprotected]
• ABC-Abwehr • Instandsetzung • Sonderanfertigungen
OWR Odenwaldwerke Rittersbach GmbH | Oberschefflenzer Str. 9 | 74834 Rittersbach 06293 73-1 | [emailprotected]
Foto: Bundeswehr/Selsemeier
Mit einer neuen mobilen Werkstattausstattung, die in nur zwei Container passt, können die Instandsetzer noch effizienter reparieren.
unter geringerer Bedrohung, aus der Bereitstellung durch die BwFuhrparkService (BwFPS) GmbH. Modernität, Flexibilität und Nutzbarkeit auch für die spezifischen Bedingungen der militärischen Einsatzumgebung (Tarnbeleuchtung, Vorrüstung für Kommunikationsmittel und Handwaffen, Standardschnittstellen für Container und Wechselpritschen…) halten, in Verbindung mit einer im Grundbetrieb und auf Basis handelsüblicher Fahrzeuge funktionierenden Logistik durch die gewerbliche Wirtschaft, die materielle Einsatzbereitschaft auf hohem Niveau. Um diese positiven Aspekte auch im Einsatzgebiet und im Rahmen der NatRKV zu erhalten, ist jedoch sowohl die Ausbildung des Personals der Militärischen Logistik sowie die Verfügbarkeit von Dokumentation, Ersatzteilen und Sonderwerkzeugen sicherzustellen. Hierzu stellt die BwFPS beispielsweise die „Werkstattausstattung mobile Instandhaltung Bedarfsfall BwFPS“ bereit. In diesem Zuge ist auch die Nutzung der Logistischen Informationssysteme sicherzustellen, um mit dem Übergang vom Grundbetrieb in den Einsatz medienbruchfrei alle produktbezogenen logistischen Informationen verfügbar zu haben und zu nutzen.
Mobile Logistikkräfte Ein weiteres Handlungsfeld des Erhalts und der Wiederherstellung der materiellen Einsatzbereitschaft sind die konzeptionellen und organisatorischen Aspekte einer in der Vergangenheit konsequent auf den Auslandseinsatz ausgerichteten Militärischen Logistik. Planungsleitend war die Sicherstellung der durchhaltefähigen logistischen Unterstützung von Stabilisierungsoperationen in bis zu zwei Einsatzgebieten. In den Einsatzgebieten stellte sie die logistische Basis zur Versorgung der Einsatzkräfte sowie den Anschluss an die Logistische Basis In56
land und die Integration der logistischen Leistungen Dritter als „Logistikzentrum im Einsatz“ bereit. Die mobilen Logistikkräfte des Heeres und der SKB sind in derzeitiger Struktur bei weitem nicht ausreichend, der veränderten nationalen Ambition in der Landes- und Bündnisverteidigung und NatRKV gerecht zu werden. Beide Militärischen Organisationsbereiche haben ihre jeweiligen strukturellen Untersuchungen vorgelegt und erwarten für eine Umsetzbarkeit auf der Zeitachse die notwendigen Entscheidungen, insbesondere in der Trendwende Personal, jedoch in Verbindung mit Material und Infrastruktur. Eine Wiedererstarkung der logistischen Ebene eins sowie ein Ausbau der Ebene zwei gehören dazu. In allen logistischen Ebenen wurde die dringende Modernisierung der querschnittlichen Werkstattausstattungen, z.B. der Mobilen Instandhaltung, auf den Weg gebracht, um die Materialerhaltungsaufgaben sachgerecht und effizient in allen Einsatzoptionen mit militärischen Kräften erfüllen zu können.
Ortsfeste Logistik Nicht nur der Zwischenschritt 1, die VJTF 2023, erfordert eine Bevorratung von Ersatzteilen für 30 Tage, sondern auch die weiteren Schritte. Mit der in 2019 beschlossenen Wiederinbetriebnahme von Material- und Munitionslagern, beginnend zum 1. April 2021 mit dem Materiallager in Königswinter, wird die ortsfeste Logistik wieder robuster aufgestellt werden, um ihren notwendigen logistischen Beitrag für die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte zu leisten.
Beschaffungsorganisation Mit der Task Force Beschaffungsorganisation widmet sich der Organisationsbereich Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (AIN) der Unterstützung
einer seiner Hauptaufgaben: der Herstellung und Erhaltung der Einsatzreife. Hier kommen die Personalumfänge zur Erfüllung aller Managementaufgaben für die Aufrechterhaltung des Betriebs und für die neuen Projekte zum Abbau des Modernisierungsstaus jedoch schnell an ihre Grenzen. Es werden aber auch Aspekte der Vertragsgestaltung über Rahmen- und Lieferverträge sowie Kooperationen mit anderen Nutzernationen bzgl. gemeinsamer Beschaffungen oder Ersatzteillogistik ins Auge gefasst. Und Prozesse stehen auf dem Prüfstand, um mit pragmatischen Lösungen eine Verbesserung zu erzielen.
Fazit Zusammengefasst verlangen die einzelnen Bemühungen und Projekte zur Erhöhung der materiellen Einsatzbereitschaft der Systeme der Bundeswehr Maßnahmen im materiellen, personellen, organisatorischen, prozessualen und infrastrukturellen Bereich. Die materiellen Anstrengungen gehen in Richtung der Beschaffung von mehr Gerät einschließlich Reserven und der Bevorratung von Ersatzteilen. Die personellen Herausforderungen manifestieren sich in der Umsetzung der Trendwende Personal, der Mittelfristigen Personalplanung und den diesbezüglichen politischen Vorgaben und Grenzen zum Personalumfang der Bundeswehr. Die personellen Verstärkungen im Bereich der Unterstützungsaufgaben stehen dabei in Konkurrenz zu den Personaldefiziten in anderen Bereichen wie z.B. im Bereich der IT. Organisatorische Aspekte zielen auf die Sicherstellung der Versorgung z.B. durch Aufwuchs der Mobilen Logistikkräfte der Landstreitkräfte in den zugeordneten Zwischenschritten im Fähigkeitsprofil. Nahezu alle Maßnahmen erfordern, oft langdauernde, infrastrukturelle Anstrengungen, gut sichtbar an der Wiederinbetriebnahme der Lagereinrichtungen verbunden mit einer modernen Ausstattung. Und nicht zuletzt prozessuale Veränderungen zur schnellen und bürokratiearmen Umsetzung von Materialforderungen der Streitkräfte. Mit der „Bundeswehr der Zukunft“ wird es sicherlich weitere Antworten und Lösungen zur Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft geben. L
Geschützte Radfahrzeuge Bundeswehr
Geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge für die Bundeswehr Gerhard Heiming Mit der Abschließenden funktionalen Forderung (AF) vom 27. Februar 2004 nach dem damals gültigen Customer Product Management wurde erstmals der Bedarf der Bundeswehr an geschützten Führungs- und Funktionsfahrzeugen (GFF) im Zusammenhang dargestellt. Inzwischen haben sich tausende GFF in Einsätzen bewährt. Die ersten Fahrzeuge stehen nach starker Abnutzung zur Ablösung an. m den notwendigen Beitrag zur Fähigkeit zur geschützten taktischen Beweglichkeit im Rahmen landgebundener Operationen zu erreichen, sind in der AF die militärischen Forderungen für die GFF dokumentiert. GFF verfügen über eine Sicherheitszelle, in der sowohl die Besatzung als auch die Missionsausstattung gegen Bedrohungen auf dem Gefechtsfeld geschützt sind. Aus den Kriterien Lufttransport, Mobilität und Schutz ergaben sich vier Fahrzeugklassen, mit denen Fahrzeuge für unterschiedliche Aufgaben konfiguriert wurden. Da sich die Kriterien gegenseitig beeinflussen, hat sich das Gesamtgewicht als charakteristische Größe durchgesetzt. Klasse
1
Das ESK Mungo voll beladen im infanteristischen Einsatz
2
3
4
5,3 bis 7,5 t
7,5 bis 13 t
mehr als 13 t
1 Fzg in CH-53
2 Fzg in C-130
1 Fzg in C-130
1 Fzg in A400M
Ballistischer Schutz
Level 2
Level 3 (ohne Wolfram Carbide)
Minenschutz
AntiPers Level 2a Mine DM 31
Maximales Gesamtgewicht bis 5,3 t Luftverladbarkeit
STANAG 4569
Foto: KMW
U
Klasse 1 Zur Klasse 1 GFF gehören das Einsatzfahrzeug Spezialisierte Kräfte (ESK) Mungo in drei Varianten und das leichte gepanzerte Patrouillenfahrzeug (Light Armoured Patrol Vehicle – LAPV) Enok. Die Erprobung der An-
Level 3
Level 3b
wärter für diese Klasse in 2006 ergab, dass nur der Mungo die Anforderungen erfüllte. Der unverändert bestehende Bedarf an weiteren Fahrzeugen in dieser kleinsten Klasse wurde mit dem Enok gedeckt, der in der leichtesten Version die Gewichtsgrenze gerade noch einhalten kann.
Einsatzfahrzeug Spezialisierte Kräfte Mungo
Das zivile Multicar ist Basis des Einsatzfahrzeugs Spezialisierte Kräfte (ESK) Mungo, das Krauss-Maffei Wegmann (KMW) entsprechend den militärischen Anforderungen ausgelegt hat. In der Grundausführung bietet der Mungo 1 Platz für eine komplett aufgerüstete Fallschirmjägergruppe mit acht Personen plus Kraftfahrer und Gruppenführer. Die Forderung nach Luftverladbarkeit in der CH-53 mit der Begrenzung bei Gewicht und Abmessungen zwang zu Kompromissen beim Schutz, der nur bis Level 1 nach STANAG 4569 gegen ballistische Bedrohungen realisiert werden konnte, und beim Verstaukonzept. Der Mungo 2 ist als Mehrzweckfahrzeug ausgelegt. Auf der 1,8 m x 57
2,0 m großen Ladefläche können Lasten oder Rüstsätze mit bis zu 1,5 Tonnen Gewicht transportiert werden. Der Mungo 3 ist mit einer Großraumkabine mit acht m³ Volumen ausgestattet und verfügt über höhere Schutzlevel gegen alle Bedrohungsarten und ist für die Aufnahme von z.B. Führungs- und Kommunikationsmitteln vorbereitet. Ein Teil der Fahrzeuge ist als A/C-Kampfmittel-Aufklärungsfahrzeug ausgestattet. Damit sind A/CDetektion und vorläufige Identifikation von Kampfstoffen und vergleichbaren industriellen Gefahrstoffen möglich. Außerdem können Kontaminationen überwacht und deren Ausmaß dokumentiert werden. Im Zeitraum 2005 bis 2013 hat die Bundeswehr rund 500 Mungo aller drei Versionen erhalten, die von Spezialkräften und der Luftlandetruppe eingesetzt werden.
Foto: Heiming
Geschützte Radfahrzeuge Bundeswehr
Der kleine und wendige Enok ist für Spezialaufgaben besonders geeignet.
Mit dem LAPV 6.1 hat Mercedes den Enok modular bei Schutz und Mobilität erweitert. Dazu wurde das Potential des Baukastens der G-Modell-Serie voll ausgenutzt. Fünf minengeschützte
GFF 1
Technische Daten im Überblick – ESK Mungo – 4x4
Mungo 1
Mungo 2
Mungo 3
Zul. Gesamtgewicht
5,3 t
5,9 t
5,4 t
Nutzlast
2,0 t
Länge/ Breite/Höhe
4,7 m/ 1,9 m/2,4 m
58
Der Eagle IV ist eine Eigenentwicklung von General Dynamics European Landsystems (GDELS)-Mowag, bei der auf das Chassis des DURO III (DUrable – dauerhaft - and RObust) eine hochgeschützte Kabine integriert wurde, die je nach Ausführung Platz für vier bis fünf Soldaten plus Ausrüstung bietet. Die Besatzung ist gegen ballistische Bedrohungen, Minen und IED geschützt. ABC-Schutzbelüftung und die Vorbe-
Technische Daten im Überblick – Enok – 4x4
GFF 1
Auf der Basis des Mercedes-Benz GModells, das als ungeschütztes bzw. leicht geschütztes Radfahrzeug unter der Bezeichnung Wolf in die Bundeswehr eingeführt ist, haben MercedesBenz und Armoured Car Systems (ACS) das leichte gepanzerte Patrouillenfahrzeug (Light Armoured Patrol Vehicle – LAPV) entwickelt. Höher gelegtes Fahrgestell und Ganzstahlzelle mit Schutz bis zum Level 2 sind Kennzeichen des Enok. ABC-Schutzbelüftung und die optionale Ausstattung mit einer fernbedienbaren Waffenstation sind weitere Schutzmerkmale. In der viertürigen Version finden bis zu sechs Soldaten einschließlich Ausrüstung Platz. Zweitürige Fahrzeuge verfügen neben der geschützten kurzen Kabine für zwei Personen über eine ungeschützte Cargo-Pritsche.
Sitzplätze im geschützten und schutzbelüfteten Innenraum sowie ein außen liegendes Gepäckabteil gehören zu den Charakteristika des Enok II.
Typ 5.4
Typ 6.1
Zul. Gesamtgewicht
5,4 t
6,1 t
Länge/Breite/Höhe
4,8 m/1,9 m/1,9 m
5,0 m/2,1 m/ 2,3 m
135 kW
Motorleistung Technische Daten im Überblick
GFF 2
Leichtes gepanzertes Patrouillenfahrzeug Enok
4,5 m/ 1,9 m/2,1 m
100 kW
Motorleistung
Für die Klasse 2 hat sich eigentlich kein Fahrzeug gefunden. Das einzige dieser Klasse zugeordnete Fahrzeug ist der Eagle, der aber die Gewichtsgrenze überschreitet. Dies gilt insbesondere für die leistungsgesteigerte Version Eagle V besonders die mit drei Achsen. Mehrzweckfahrzeug Eagle IV und V
1 bis 1,5 t 4,5 m/ 1,9 m/2,1 m
Klasse 2
Eagle IV
Eagle V
Eagle V 6x6
Zul. Gesamtgewicht
8,8 t
10 t
13,7 t
Nutzlast
2,2 t
3,0 t
6,0 t
Länge/ Breite/Höhe
5,4 m/ 2,2 m/2,4 m
5,4 m/ 2,2 m/2,4 m
6,9 m/ 2,2 m/2,4 m
Motorleistung
180 kW
183 kW
183 kW
Foto: GDELS
Geschützte Radfahrzeuge Bundeswehr Die insgesamt 175 Fahrzeuge wurden im Zeitraum 2004 bis 2009 der Truppe übergeben. Allschutz-Transport-Fahrzeug Dingo
Der Eagle V bietet Schutz und Platz in schwierigem Umfeld.
Klasse 3 Die Klasse 3 bildet den Schwerpunkt der GFF. Hier gelang der Kompromiss der konkurrierenden Anforderungen bei hohem Gewichts- und Raumbedarf am besten. Mehrzweckfahrzeug DURO/Yak Zu den ersten geschützten Fahrzeugen gehörte der DURO III von Mowag (heute GDELS). Nach einer Anfangsbeschaffung lieferte Rheinmetall als Generalunternehmer die Fahrzeuge unter dem Namen Yak mit verbessertem ballistischem Schutz, integriertem Schutz gegen Minen und IED sowie ABC-Schutz an die Bundeswehr. Auf ein 6x6-Fahrgestell kam ein von der Fahrerkabine getrennter Aufbau mit 15 m³ Nutzvolumen, in dem – je nach Ausführung – bis zu zehn Personen mit Ausrüstung oder Missionsausstattungen transportiert werden können. In mehreren Losen wurden Fahrzeuge mit Ausstattungen für Bewegliche Arzttrupps (BAT), Feldjäger, Kampfmittelbeseitigung (EOD) sowie für Teile des Bodensegments des Drohnensystems LUNA und für den Personentransport beschafft.
Technische Daten im Überblick – DURO – Yak – 6x6
GFF 3
reitung für eine fernbedienbare Waffenstation ergänzen den Schutz. Während die ersten Fahrzeuge als Patrouillenfahrzeuge konfiguriert waren, sind später Führungsfahrzeuge und Fahrzeuge für Bewegliche Arzttrupps (BAT) hinzugekommen. Auch die Bundespolizei hat für die Aufgabenwahrnehmung in Afghanistan Eagle IV erhalten. Mitte 2010 hat Mowag den Eagle V vorgestellt, dessen wichtigste Unterschiede zu seinem Vorläufer der mit neuem Motor umgestaltete Motorraum und das glatte Dach sind. Damit konnte bei gleichen Außenabmessungen der Innenraum vergrößert werden und der Einbauplatz für die Waffenstation rückte – zugunsten eines verbesserten Wirkungsbereichs der Waffe – nach vorne. Neue Sitze, verbesserte Ergonomie und überarbeitete Schutzelemente steigern die Überlebensfähigkeit. Mit Einführung einer dritten Achse und verlängerter Kabine wurde beim Eagle 6x6 das Gesamtgewicht auf 13,7 t gesteigert. In der Kabine mit einem Nutzvolumen von 14,5 m³ können bis zu 14 Soldaten oder – beim mittleren geschützten Sanitätsfahrzeug – bis zu zwei liegende Verletzte plus medizinischem Betreuer transportiert werden. 2008 bis 2015 wurden die insgesamt 671 Eagle in den 4x4-Versionen ausgeliefert. Die Auslieferung von 80 6x6-Fahrzeugen ist bis 2024 geplant. Der Eagle mit seinen Varianten gehört zu den häufigsten GFF in der Bundeswehr.
Trendsetter für die GFF wurde ab 2000 der Dingo, der sich als Dingo 2 seit 2005 mit verstärktem Fahrgestell und verbessertem Schutz in den Einsätzen der Bundeswehr bewährt. Unter Ausnutzung der modularen Bauweise wurden zwei Grundtypen mit unterschiedlichem Radstand realisiert. Die neue hochgeschützte Sicherheitszelle wurde auf die modernen Schutzwerkstoffe abgestimmt; auf den V-förmigen Deflektor konnte – ohne Verlust von Schutzqualität – verzichtet werden. In amtlichen Tests nach STANAG 4569 wurde das geforderte Schutzniveau gegen ballistische Bedrohungen, Splitter, Minen und IED nachgewiesen. Eine integrierte ABC-Schutzbelüftung gehört ebenso wie die Vorbereitung für eine unter Schutz bedienbare Waffenanlage zur Schutzausstattung. Im 11 m³ großen geschützten Innenraum des Dingo 2 mit langem Radstand können bis zu acht voll ausgerüstete Infanteristen transportiert werden. Die bedeutendste Variante im Einsatz ist die Ausführung als Patrouillenund Sicherungsfahrzeug (zum Teil mit Schützendetektionsausstattung). Patrouillen- und Sicherungsfahrten gehören zu den wichtigsten Aufgaben in den Einsätzen mit immer wieder hoher Gefährdung für die Besatzungen. Weitere eingeführte Varianten dienen dem Personentransport (mit neun Sitzplätzen), als Basis für den Systeminstandsetzungsfeldwebel, die OpInfo-Truppe (Operative Information), als IED-Störfahrzeug sowie als Trägerfahrzeuge für den Gefechtsschadeninstandsetzungstrupp (GSI) und das Bodenüberwachungsradar (BÜR). Mit dem Spezialfahrgestell 14,5 t von Mercedes-Benz wurde der Dingo 2 HD entwickelt, der mit hö-
Zul. Gesamtgewicht
12 t
Nutzlast
5,5 t
Länge/Breite/Höhe
6,5 m/2,5 m/2,6 m
Motorleistung
184 kW 59
Geschützte Radfahrzeuge Bundeswehr Bestand an GFF (Stand: Mai 2021) GFF Klasse
Typ
Bestand
1
Mungo
489
Enok
380
Eagle IV
495
Eagle V
176
DURO III/ Yak
175
Dingo 1
147
Dingo 2
636
Dingo 2 lang – 4x4
Dingo 3 6x6
Zul. Gesamtgewicht
12,5 t
20 t
Nutzlast
2,5 t
5t
Länge/ Breite/Höhe
6,1 m/ 2,4 m/2,6 m
8,1 m/ 2,4 m/3,0 m
2
Motorleistung
163 kW
260 kW
3 Foto: Bundeswehr
GFF 3
Technische Daten im Überblick
Gesamt
2.498
Verbreitung in Europa und Australien. Mit diesem Fahrzeug befassen sich weitere Artikel in diesem Report.
Ausblick
Für Missionsausstattungen mit hohem Raumbedarf hat sich der DURO III / Yak bewährt. Geschütztes Transportkraftfahrzeug Boxer
Durch die Trennung von Mobilität und Funktion mit Fahr- und Missionsmodul ist eine große Zahl an Varianten entstanden, mit denen zahlreiche Fähigkeiten realisiert worden sind. Der Boxer erfährt derzeit große internationale Foto: KMW
herer Nutzlast und größerer Sicherheitszelle das Anwendungsspektrum vergrößert. Durch Einführung einer dritten Achse wurde das Gesamtgewicht weiter auf 20 t erhöht, mit einem Nutzlastanteil von fünf Tonnen. Dieser Dingo 3 wurde bisher noch nicht eingeführt. 147 Dingo 1 wurden im Zeitraum 2000 bis 2002 geliefert. Mit 636 Dingo 2, die ab 2005 geliefert wurden, wuchs der Bestand an Dingo bis 2014 auf 783 Fahrzeuge. Der Dingo ist das meist genutzte GFF der Bundeswehr. Mit Lieferungen in das europäische Ausland überschritt das Produktionsvolumen die 1.000er Marke.
Das Konzept Geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge hat sich bewährt. Die Klasseneinteilung führte über Priorisierung der Anforderungen zu einem Fahrzeugspektrum, mit dem eine große Bandbreite an Aufgaben durchgeführt werden kann bei gleichzeitig angemessenem Schutz der Besatzungen. Nach mehr als einem Jahrzehnt Nutzung in internationalen Einsätzen mit hohen Belastungen oft an der technischen Leistungsgrenze der Fahrzeuge kommen die GFF in die Jahre. Gestiegener Bedarf an elektronischer Unterstützung und technologische Weiterentwicklung vor allem bei Elektronik und Schutz erfordern eine Neuauflage der Fahrzeuge, um die erfolgreiche Fahrzeugkategorie L fortzusetzen.
Klasse 4 In der Klasse 4 ist das Höchstgewicht durch die Forderung nach der Lufttransportfähigkeit in der A400M auf 33,5 Tonnen begrenzt. Außer dem GTK Boxer konnte sich in dieser Klasse kein anderes Fahrzeug durchsetzen. 60
Der Trendsetter Dingo – hier in der Version Dingo 2 Patrouillen- und Sicherungsfahrzeug – ist das häufigste GFF.
Transportfahrzeuge Mobilitätsträger
Erneuerung der Lkw-Flotte der Bundeswehr Gerhard Heiming Lastkraftwagen gehören zu den Grundvoraussetzungen mobiler Operationen der Streitkräfte. Die Versorgung mit Mengen- und Einzelverbrauchsgütern sowie Ersatzteilen und in steigendem Maße die Bereitstellung von Funktionsträgern bis in die Einsatzorte ist ohne Lkw nicht denkbar. Der sichere und ausdauernde Betrieb von Gefechtsfahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen ist auf Unterstützung durch Lkw angewiesen.
ie Bundeswehr hat in ihrem Konzept für die Landmobilität in den Handlungsfeldern Schutz, Automatisierung, Funktionalität und Kraftstoffresilienz qualitative Vorgaben gemacht und die Gesamtumfänge für die unterschiedlichen Fahrzeugklassen mit Nutzlasten zwischen 0,5 Tonnen und 100 Tonnen bestimmt. Die Fahrzeuge werden in zwei Kategorien bereitgestellt: handelsübliche Lkw, die der Mobilitätsdienstleister der Bundeswehr, die BwFuhrparkService GmbH (BwFPS), in Dauer- oder zeitlich begrenzter Miete zur Verfügung stellt und militarisierte Lkw, die durch die Bundeswehr selbst beschafft werden. Die unterschiedlichen Kanäle ergänzen sich, um die notwendigen Beschaffungsumfänge an Lkw zu realisieren. Handelsübliche Lkw – konfiguriert nach den Anforderungen der Bundeswehr – beschafft die BwFPS in Abstimmung mit dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr. Sind militärische Anpassungen in begrenztem Umfang (z.B. Waffen- und Geräteträger, Farbe, Härtung für Geländeeinsatz) notwendig, werden die Fahrzeuge als handelsüblich mit militärischer Sonderausstattung (hümS) bezeichnet. Grundsätzlich sollen diese Fahrzeuge ohne Inanspruchnahme von Ausnahmegenehmigungen nach §70 (4) StVZO zugelassen werden können. Damit wird eine Weitervermarktung der Lkw auf dem zivilen europäischen Markt nach Erreichen des bundeswehrspezifischen Ersatzzeitpunktes ermöglicht. Für das System Landmobilität hat die Bundeswehr den konzeptionellen
Bedarf an Radfahrzeugen für das Fähigkeitsprofil bis 2027 mit rund 67.000 Fahrzeugen bestimmt. Darin enthalten sind 16.500 Lkw mit geschützten und 16.000 Lkw mit ungeschützten Fahrerkabinen in der Betriebs- und Versorgungsverantwortung der Teilstreitkräfte/militärischen Organisationsbereiche. Diese Fahrzeuge sind im Materialsoll der Dienststellen aufgeführt und werden daher „stückzahlorientiert“ betrachtet. Die damit verbundenen Beschaffungsvorhaben werden im Folgenden detailliert dargestellt. Von den handelsüblichen Fahrzeugen in der Betriebs- und Versorgungsverantwortung der BwFPS werden 8.400 hümSund 7.300 hü-Lkw ebenfalls stückzahlorientiert bewirtschaftet. 18.800 handelsübliche Lkw werden beschafft, um den konkreten Mobilitätsbedarf der Truppe, der mit dienststellenbezogenen Fahrzeugen nicht abgedeckt werden kann, zu befriedigen.
genutzter und veralteter (vor allem hü) Fahrzeuge Mittel für die Beschaffung neuer Fahrzeuge. Um den Abbau des Altfahrzeugbestands zu beschleunigen und die Ausstattung mit modernen Fahrzeugen zu forcieren erhöht der Bund immer wieder die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft. Aus den Eigenkapitalerhöhungen sind 2020 über 540 hümS-Fahrzeuge mit Nutzlasten zwischen 500 kg und zehn Tonnen ausgeliefert worden. Darunter sind neben 50 VW-Transporter T6 für die Einrüstung FüInfoSys und 100 Mercedes-Benz G300 CDI „Wolf“ Greenliner, in der Fünf-TonnerKlasse 240 Mercedes-Benz 6x6 Arocs und 50 IVECO 6x6 Trakker. Eigenkapitalerhöhungen Weitere Eigenkapitalerhöhungen sind eingeleitet. Aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung vom Juni 2020 sind dafür 416 Millionen Euro bereitgeGrafik: MaWiBo
D
Geplanter Fahrzeugbestand für das System Landmobilität bis 2027 (Zahlen gerundet)
BwFuhrparkService Grundsätzlich erwirtschaftet die BwFPS aus den Mieten für die Fahrzeuge und aus den Erlösen vom Verkauf ab-
stellt worden. Davon waren 131,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr, weitere 60 Millionen Euro sind in diesem Jahr und 224,5 Millionen Euro 2022 verfügbar. Für diese Summen werden 61
Transportfahrzeuge Mobilitätsträger zurzeit die Programme vorwiegend zum Ersatz von Altfahrzeugen aber auch zum Schließen von Fähigkeitslücken erarbeitet.
tomatik PowerShift 3 getragen von einer robusten Federungs- und Rahmenkonstruktion sind der Kern des Fahrzeugs. Für bestmögliche Traktion und gute Lenkbarkeit bilden Antrieb, Fahrwerk, Federung und Rahmen eine präzise aufeinander abgestimmte Einheit, die bei allen Arocs für den jeweiligen Einsatz auf der Straße oder in extremem Gelände optimal ausgelegt ist. Der handelsübliche Arocs hat nach den militärischen Anforderungen Sonderausstattungen für die Durchführung von logistischen und taktischen Fähigkeiten erhalten. Hierzu gehören neben der Farbgebung u. a. Tarnlicht, eine runde Dachluke mit lichtem Durchmesser von 800 mm, umfangreiche elektrische Ergänzungen, Verzurrösen oder Staumöglichkeiten.
Nutzlastklasse zwei Tonnen In der Zwei-Tonner-Klasse wurde erstmals der Iveco 4x4 Eurocargo MLL 150 E 28 WS ausgewählt, von dem 2020 in zwei Tranchen 102 Fahrzeuge zugelaufen sind. Die Fahrzeuge verfügen über eine ungeschützte Fernfahrerkabine mit neuer, hochkomfortabler Sitzanordnung und flexiblem Stauraum für Funksysteme und persönlicher Ausrüstung. Dachluke und NATO-Blackout-Leuchte gehören zur militärischen Sonderausstattung. Ein Mehrzweck-Wechselbrückenrahmen ist ideal für die Unterstützung von Multimissionseinsätzen außerhalb Deutschlands. Angetrieben von einem 207 kW-Euro VI-Dieselmotor und bestückt mit geländegängiger Einzelbereifung erreicht das Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h.
Nutzlastklasse fünf Tonnen Der Mercedes-Benz Arocs Euro VI 6x6 ist Basis für unterschiedliche logistische Anwendungen. Ein Spezialist für den schweren Einsatz, der einzelbereift mit seinen 26 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht fünf Tonnen Nutzlast (mil) tragen kann. Seine hohe Leistung bringt er in unwegsamem Gelände ebenso zuverlässig auf die Strecke wie auf der Straße. Der robuste und durchzugsstarke Euro VI Motor OM 470 mit 335 kW und einem Drehmoment von 2.200 Nm in Verbindung mit der Schaltau62
Foto: Rheinmetall
Ein neues Gesicht in der Zuladungsklasse zwei Tonnen IVECO Eurocargo 4x4
Abrollkipper Ende 2019 hat die BwFPS bei Rheinmetall 342 Abrollkipperfahrzeuge (Bundeswehrbezeichnung: Lkw hü, Abrollersystem) mit einem Auftragsvolumen im Bereich von 50 Millionen Euro bestellt. Die Fahrzeuge werden als mittelfristige Übergangslösung gemietet, bis eine reguläre Beschaffung nach CPM realisiert wird: Im November 2020 begann die Auslieferung mit den ersten 160 Fahrzeugen. Mit einer Rate von bis zu acht Fahrzeugen pro Woche sollen die restlichen 182 Lkw bis Mitte 2021 an die Bundeswehr übergeben werden.
Die Abrollkipper sind auf Basis der zivilen MAN-Baureihe TGS 8x4 realisiert und werden bei der BwFPS als hü Lkw geführt. Das geräumige ungeschützte LX-Fahrerhaus bietet Platz für eine zweiköpfige Besatzung, deren persönliche Ausrüstung und zwei Betten. Mit dem 316 kW-Euro VI-Dieselmotor ist das Fahrzeug vorwiegend für den Straßenbetrieb ausgelegt, ist aber begrenzt geländetauglich. Automatisiertes Schaltgetriebe (bei 281 Fahrzeugen, Rest manuelles Schaltgetriebe) und Fahrassistenten erleichtern dem Fahrer die Führung des Fahrzeugs. Das zulässige Gesamtgewicht beträgt 32 Tonnen, technisch möglich sind 36 Tonnen. Mit dem Hakenladegerät können rollbare Ladungsträger wie Container, Flatracks und Wechselaufbauten mit militärischen Nutzlasten bis 15 Tonnen ohne weitere Hilfsmittel aufgenommen und abgesetzt werden. Damit bringen die neuen TGS Trucks eine deutliche Erweiterung der logistischen Fähigkeiten in Bezug auf schnellen Materialumschlag mit sich und leisten einen wichtigen Beitrag zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Mit Zulauf der Serienfahrzeuge wird die Bundeswehr in die Lage versetzt, umfangreiche schnelle Verlegungen von Material im Rahmen der durch sie zu stellenden NATO-Speerspitze Very High Readiness Joint Task Force (VJTF)
Bei den handelsüblichen Fahrzeugen mit militärischer Sonderausstattung übernimmt der Arocs 6x6 von Mercedes-Benz querschnittliche Transportaufgaben
Foto: Rheinmetall
Transportfahrzeuge Mobilitätsträger
Mit dem handelsüblichen Abrollkipper TGS 37S von Rheinmetall werden die logistischen Abläufe beschleunigt.
Schwerstlastzüge 70 t hü Aus der Bestellung von 40 Schwerstlastzügen sind, nach Ausbildung von Kaderpersonal durch den Hersteller, die ersten Exemplare Ende 2020 an die BwFPS übergeben worden. Damit beginnt die Ausbildung an der Logistikschule der Bundeswehr. Mit einer Rate von drei bis vier Fahrzeugen pro Monat wird die Auslieferung bis November 2021 abgeschlossen sein. Die Lastzüge bestehen aus Sattelzugmaschinen von Scania und Tieflade-Sattelaufliegern von DOLL. Die Sattelzugmaschinen werden bei der BwFPS als „Sattelzugmaschine, handelsüblich, große Lasten“ (SaZgM hü gr La) geführt. Die Bundeswehr hat dafür den Scania 650 S A8x6/4HA ausgewählt, der von einem V8-Motor (Euro VI) mit 478 kW angetrieben wird. Über ein automatisiertes Schaltgetriebe mit zwölf Vorwärts-, zwei Kriech- und zwei Rückwärtsgängen kann die Zugkraft den Lasten und den Bodenverhältnissen entsprechend angepasst werden. Von den vier Achsen sind erste, dritte und vierte Achse angetrieben. Als Sonderentwicklung entsprechend den Anforderungen der Bundeswehr ist die zweite – nicht angetriebene – Achse als gelenkte Achse ausgeführt. Damit hat das Fahrzeug mehr Traktion im Gelände und bei nassen oder feuchten Stra-
ßenverhältnissen sowie einen deutlich reduzierten Wendekreis. Die Kabine bietet Platz für Fahrer und Beifahrer auf luftgefederten Sitzen. Neben genügend Stauraum für die persönliche Ausrüstung sind auch zwei Betten vorhanden, sodass auch lange Fahrten durchgeführt werden können, ohne auf feste Infrastruktur angewiesen zu sein. Für die Nahfeldkommunikation gehören vier Handsprechfunkgeräte zur Ausstattung.
Foto: Scania
2023 mit eigenen Logistikfahrzeugen durchzuführen.
telzugmaschine verbunden, der auch die Steuersignale für die hydraulische Zwangslenkung aller Achsen des Aufliegers überträgt. Die Achsen können unabhängig davon auch mittels Funkfernsteuerung angesteuert werden, um den Wendekreis zu vergrößern oder zu verkleinern oder ein Lenkimpuls-unabhängiges Steuern zu ermöglichen, sollte die Zugmaschine in Rückwärtsfahrt beispielsweise mangels Straßenbreite keinen eigenen Lenkimpuls generieren können. Bei maximaler Achslast von zwölf Tonnen pro Achse kann die knapp 13 Meter lange Ladefläche Lasten bis 80 Tonnen tragen. Die Beladung mit rollfähigen Gütern erfolgt über hydraulisch bedienbare Rampen, wofür die Ladefläche auf 0,85 m abgesenkt werden kann. Im Gelände kann die Ladefläche über den hydraulischen Achsausgleich (in Grenzen) waagerecht gehalten werden. Die BwFPS wird die Schwerstlastzüge an Dienststellen in Deutschland verteilen, wo sie der Truppe zum Teil in Dauerausleihe zur Nutzung überlassen werden. Die Schwerlastzüge werden der Truppe für zunächst sieben Jahre bereitgestellt. Dann soll der Bedarf vollständig mit dem in der Einführung befindlichen Schwerlasttransporter SLT 70/2 gedeckt werden.
Die handelsüblichen Schwerstlastzüge 70 t mit der Kombination Scania 650 S und DOLL Panther können die schwersten Gefechtsfahrzeuge transportieren.
Für die Aufnahme der Schwerlast kommt ein acht-achsiger DOLL Sattelauflieger Panther S8E-0S2 zum Einsatz. Der ca. 27 Tonnen wiegende Auflieger wird über einen hydraulisch kompensierenden Schwanenhals mit der Sat-
Bundeswehr Militarisierte und insbesondere geschützte Fahrzeuge sind für den Einsatz bei militärischen Operationen ausgelegt. Die dafür notwendigen techni63
Transportfahrzeuge Mobilitätsträger schen Einrichtungen wie Lafetten und Schutzelemente erfordern eine besondere Zulassung für den Straßenverkehr, die eine zivile Nutzung nach Ausmusterung ohne Änderungen an den Fahrzeugen ausschließt. Die Betriebs- und Versorgungsverantwortung liegt bei den Inspekteuren.
Foto: Rheinmetall
Ungeschützte Transport-Fahrzeuge (UTF mil) Die Bundeswehr hat bis 2017 ungeschützte Transportfahrzeuge in den Zuladungsklassen (ZLK) 5 Tonnen und 15 Tonnen entwickeln lassen und mit Rheinmetall MAN Military Vehicles einen Rahmenvertrag über die Lieferung von bis zu 2.271 Fahrzeugen abgeschlossen, der 2020 mit Mitteln aus dem
Wechselladersysteme Mit einem Rahmenvertrag über die Lieferung von 4.000 WechselladerLkw in der Zuladungsklasse 15 Tonnen wird die mit dem MULTI eingeführte „Mechanische Umschlag-, Lager- und Transport-Integration“ ausgebaut. Das Vertragsvolumen wurde mit zwei Milliarden Euro angegeben. Die 8x8-Lkw können Ladungsträger mit Nutzlasten bis 15 Tonnen ohne externe Hilfe aufnehmen und absetzen. Damit sind die Zugmaschinen für andere Aufgaben verfügbar, wenn die Ladungsträger vor Ort (z. B. für Be- oder Entladen) genutzt werden.
Aus dem auf sieben Jahre angelegten Vertrag wurde sofort eine erste Tranche im Wert von 348 Millionen Euro mit 540 Wechselladersystemen (WLS) in Auftrag gegeben, davon 230 mit geschützten Kabinen. Bis Ende 2022 sollen bereits bis zu 75 geschützte und 90 ungeschützte Lkw WLS ZLK 15 Tonnen für die NATO-Speerspitze VJTF (L) 2023 zur Verfügung stehen. Die robusten und geländegängigen HX2 44M 8×8-Fahrzeuge von RMMV sind für die Ausstattung mit geschützten Kabinen ausgelegt und können somit wahlweise geschützte oder ungeschützte Kabinen aufnehmen. Angetrieben wird das Fahrzeug von einem 400 kW Euro V Motor über ein Automatikgetriebe mit Drehmomentwandler und Primärretarder. Die Räder an allen vier angetriebenen Achsen sind mit Notlaufelementen ausgestattet. Die Kabinen bieten Platz für eine dreiköpfige Besatzung und sind für die Aufnahme von Führungs-/Informationssystemen sowie einer fernbedienbaren Waffenstation vorbereitet. Geschützte Kabinen bieten den Insassen Schutz gegen Minen und Sprengfallen, Beschuss mit Handfeuerwaffen sowie die Wirkung von ABC-Waffen. Das von Hiab entwickelte Hakenladegerät ermöglicht das schnelle Aufnehmen und Absetzen von Wechselladerpritschen (Flatracks). Die Wechselladerpritschen sind mit den mit dem MULTI eingeführten identisch. Zusätzlich können die Fahrzeuge auch eine Wechselpritsche oder einen Container über die standardisierten 20 Fuß ISO-Schnittstellen aufnehmen.
Foto: Rheinmetall
Die ungeschützten militarisierten Transportfahrzeuge UTF mil werden als universelle Logistikfahrzeuge in den Zuladungsklassen 5 und 15 Tonnen eingesetzt.
Konjunkturpaket (398 Millionen Euro) um 1.000 Fahrzeuge erweitert wurde. Bis Ende 2020 waren aus dem Rahmenvertrag insgesamt 1.870 Lkw ausgeliefert. Mit den zusätzlichen Mitteln konnte der gesamte Umfang an Fahrzeugen aus dem Rahmenvertrag abgerufen werden. Die im Zeitraum 2021 und 2022 zu liefernden Fahrzeuge gliedern sich in 292 Lkw (ZLK 5t) und 109 Lkw (ZLK 15t) aus dem ursprünglichen Rahmenvertrag und 150 Lkw (ZLK 5t) und 850 Lkw (ZLK 15t) aus der Erweiterung. Die Lkw sind für die Nutzung von Wechselaufbauten vorbereitet. Aus Mitteln des Konjunkturpaketes werden 1.850 Wechselpritschen im Wert von 48 Millionen Euro beschafft, die von den Firmen Sonntag transport technology und der SAXAS Nutzfahrzeuge geliefert werden. Bis 2022 sollen 950 Wechselpritschen von 15 Fuß Länge und 900 Stück von 20 Fuß Länge bereitgestellt werden.
Mit den Wechselladersystemen wird das MULTI-Konzept mit der Trennung von Fahrzeug und Ladungsträger fortgesetzt und der Bestand an geschützten Lkw ausgeweitet. 64
Foto: Iveco
Geschützte 8x8 Transportfahrzeuge GTF Bereits 2013 hatte die Bundeswehr die ersten 147 GTF der Zuladungsklasse 15 Tonnen bestellt, die bis 2019 ausgeliefert worden sind. Ende 2020 hat das BAAINBw einen Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von sieben Jahren für die Lieferung von bis zu 1.048 Geschützten Transportfahrzeugen (GTF) 8x8 Trakker in der Zuladungsklasse 15 Tonnen mit Iveco Defence Vehicles abgeschlossen. Als erster Abruf wurden 224 Fahrzeuge verbindlich bestellt, die beginnend ab 2021 im Zeitraum bis 2025 ausgeliefert werden und damit teilweise für den Einsatz bei der Speerspitze der NATO VJTF 2023 zur Verfügung stehen sollen.
Mit den geschützten Transportfahrzeugen (GTF) der Zuladungsklasse 15 t auf Basis des 8x8-Trakker von IVECO wird die 2013 eingeleitete Beschaffung fortgeführt.
Die geschützten Transportfahrzeuge kommen in fünf Varianten: Als Grundversion sollen 32 Fahrzeuge geliefert werden. 15 Fahrzeuge sind mit einem Ladekran ausgestattet. Windenanlagen sind an 76 Fahrzeugen vorgesehen. Sieben Fahrzeuge erhalten Ladekran und Windenanlage. 94 der geschützten Transportfahrzeuge werden mit einer luftgefederten Hinterachse ausgeliefert. Die Versorgungsgüter können in Wechselpritschen oder in Containern transportiert werden. Basis ist der robuste Iveco Trakker. Mit der militärischen Nutzlast von 15 Tonnen erreicht das GTF ein Gesamtgewicht von 32 Tonnen, technisch möglich sind bis zu 40 Tonnen. Angetrieben wird der Trakker von einem 368-kW-Dieselmotor nach Euronorm V über ein automatisches Getriebe auf
allen Achsen. Die Radbaugruppen verfügen über Notlaufeigenschaften. Die geschützte Kabine von KraussMaffei Wegmann bietet den geforderten Schutz gegen Beschuss und Minen/IED und ist für die Aufnahme moderner Führungs-/Informationssysteme vorbereitet. Die GTF Trakker waren die ersten Bundeswehrfahrzeuge, die mit dem systemübergreifenden Bedienkonzept „Querschnittliche Bedienung und Anzeige“ (QBA) ausgeliefert wurden. Die Sitze für die drei Besatzungsmitglieder können sowohl mit als auch ohne persönliche Schutzausrüstung genutzt werden. Das Dach ist für die Aufnahme einer ferngesteuerten Waffenstation FLW 100 vorbereitet. D.h. die Durchbrüche und Anschlusspunkte sind vorhanden ebenso wie die Verkabelung und die Gerätehalterungen. Deshalb ist das Fahrzeug auch als Waffensystem gekennzeichnet. Der Trakker mit geschützter Kabine ist bereits 2008 als Trägerfahrzeug für die Dekontaminationsausstattung TEP 90 und für Straßentankfahrzeuge eingeführt worden. Die TEP 90-Träger gehörten – ohne ABC-Ausstattung – zu den ersten geschützten Logistikfahrzeugen der Bundeswehr in Afghanistan. Sattelzugmaschinen 70 t mil Auch für die Ergänzung der Ausstattung mit militarisierten Sattelzugmaschinen 70 t (SaZgMa 70t mil) wird ein bestehender Rahmenvertrag genutzt. Im Januar 2019 hatte die Bundeswehr Rheinmetall mit der Lieferung von 137 Sattelzugmaschinen über sieben Jahre beauftragt. Die 32 Fahrzeuge aus dem ersten Abruf sind 2020 ausgeliefert worden. Im November 2020 sind weitere 48 Sattelzugmaschinen im Wert von 41 Millionen Euro abgerufen worden. Damit können die Fahrzeuge für die NATO-Speerspitze VJTF 2023 genutzt werden. Die militärisch vorgerüsteten Sattelzugmaschinen mit ungeschützten Kabinen können Nutzlasten bis 70 Tonnen (wie z.B. schwere Kettenfahrzeuge Kampfpanzer Leopard 2 A7) transportieren. Die Kabinen sind für die Einrüstung militärischer Kommunikations- und Führungsausstattungen vorbereitet. Die SaZgM 70 t mil basiert
Foto: Rheinmetall
Transportfahrzeuge Mobilitätsträger
Mit der militarisierten Sattelzugmaschine 70 t können die Logistiker die schwersten Gefechtsfahrzeuge der Truppe unter Schutz auch in schwerem Gelände transportieren.
auf dem HX81 von RMMV und verfügt über einen Achtzylinder-Dieselmotor mit 500 kW. Der hochmobile AllradLkw erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 89 km/h und kann Steigungen von 60 Prozent überwinden. Das technisch zulässige Zuggesamtgewicht liegt bei 130 t.
Resümee, Ausblick Um mehr als 4.000 Lkw wächst der Bestand an Logistik-Lkw der Bundeswehr im Zeitraum 2020 bis 2022 an. Damit werden die logistischen Fähigkeiten der Truppe, vor allem im Hinblick auf den bevorstehenden Einsatz bei der Speerspitze der NATO (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF 2023), deutlich gestärkt. Neue Lkw stärken das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der logistischen Unterstützung und sind ein wesentliches Element für den Schutz der eingesetzten Kräfte. Überdies senken neue Lkw – teilweise mit Euro VI Motoren – den Flottenausstoß an umweltbelastenden Emissionen. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, hat die Beschaffungsmaßnahmen, die sich seit 2020 konkret in der Truppe auswirken, als einen wichtigen Schritt zur Modernisierung und Erneuerung der LKWFlotte der Bundeswehr bezeichnet. Nachholbedarf besteht aber weiterhin. Insbesondere bei geschützten Fahrzeugen ist das Defizit besonders L groß. 65
Sonstige geschützte Transportfahrzeuge
GTK Boxer – Varianten des Heeres, Bewaffnung und Schutz Karlheinz Boenke Das gepanzerte Transportkraftfahrzeug GTK Boxer ist ein geschütztes, hochmobiles 8x8-Radfahrzeug für Führungs-,
Foto: Bundeswehr/Marco Dorow
Aktuelle und zukünftige Forderungen
Unterstützungs- und Transportaufgaben. Es ist das Hauptwaffensystem der Infanterie sowie Führungsfahrzeug der gepanzerten Verbände im Heer. GTK Boxer bei der Schussabgabe
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Multinationaler Ansatz Mit dem Aufkommen immer präziserer, luft- und bodengebundener Abstandswaffen und Bombletmunition waren die bis dahin eingeführten Transport-, Führungs- und Unterstützungsfahrzeuge nicht mehr bedrohungsgerecht
Foto: Bundeswehr/Krumbach
er Einsatz erfolgt neben und im Verbund mit gepanzerten Kräften. Das Fahrzeug ist modular konstruiert, see-, luft- und bahnverladbar. Es ist weltweit einsetzbar und selbstverteidigungsfähig. Die GTK Boxer haben sich unmittelbar nach ihrer Einführung im ISAF-Einsatz bewährt.
Das Gepanzerte Transport-Kraftfahrzeug, kurz GTK, Boxer im Einsatz in Afghanistan. geschützt. Selbst der Transportpanzer 1 Fuchs bot mit seiner Panzerstahlwanne Autor: lediglich Schutz gegen HandfeuerwafOberstleutnant Karlheinz Boenke fen und nur sehr begrenzt gegen Artilist im Amt für Heeresentwicklung leriesplitter. Mit dem „Taktischen Konder Bevollmächtige Vertreter des zept für ein gepanzertes Transport-KFz Heeres im IPT Boxer. (GTK)“ aus dem Jahre 1990 wurde dem 66
Rechnung getragen. In den neunziger Jahren kamen zudem die besonderen Auslandseinsätze des Heeres hinzu, aus denen zusätzliche Anforderungen resultierten, die in die Forderungsdokumente einflossen. In der Folge vereinbarten Frankreich und Deutschland Anfang 1998 – später auch Großbritannien – gemeinsam ein allradgetriebenes, geschütztes 8x8 Radfahrzeug zu entwickeln. Hierzu wurde zunächst ein 6×6-Technologiedemonstrator gefertigt, der bereits einige grundsätzliche Eigenschaften des geplanten GTK demonstrieren sollte. Frankreich und später auch Großbritannien zogen sich jedoch wieder aus der Zusammenarbeit zurück. Deutschland und die mittlerweile in das Projekt eingestiegenen Niederlande entschieden sich trotz dieser Rückschläge für eine bilaterale Fortführung. Ab 2001 wurden dann insgesamt acht seriennahe Prototypen bereitgestellt, mit denen umfangreiche technische und taktische Erprobungen durchgeführt wurden. Der Serienvertrag wurde Ende 2006 im niederländischen Amersfoort unterzeichnet. Deutschland beschaffte zunächst insgesamt 272 GTK Boxer in unterschiedlichen Varianten, die Niederlande 200.
Grafik: BAAINBw K5. 3
Die Truppe – im Schwerpunkt die Infanterie – wurde ab 2011 mit den GTK Boxer ausgestattet, zuerst mit Priorität für den ISAF-Einsatz. Aktuell haben sich auch Litauen, Australien und erneut Großbritannien entschieden, diese Plattform einzuführen. Mit der Einrichtung einer internationalen BOXER-User-Group sollen der Erfahrungsaustausch gefördert, gemeinsame Ersatzteilbeschaffung sowie kostenteilige technisch-logistische Betreuung oder gemeinsame Ausbildungsvorhaben koordiniert werden.
Entwicklung und Realisierung
Der modulare Aufbau des Boxer ermöglicht durch sein einheitliches Fahrmodul und eine Vielzahl spezifisch, schnell wechselbarer Missionsmodule die flexible Anpassung an zukünftige militärische Aufgaben oder sich ändernde Anforderungen. Neu gegenüber bisherigen Ansätzen war das Konzept einer einheitlichen, geschützten Plattform, bei der die Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzer bereits konstruktiv berücksichtigt werden sollten. Die Realisierung erfolgte durch einen konsequent umgesetzten modularen Aufbau, bestehend aus einem einheitlichen Fahrmodul und abnehmbaren aufgabenspezifischen Missionsmodulen. Dabei ist ein schneller Tausch der Missionsmodule mit Truppenmitteln möglich, was diesem System gegenüber anderen derzeitig verfügbaren Plattformen ein signifikantes Alleinstellungsmerkmal Das Eiserne Dreieck "Iron Triangle" zeigt die gegenseitige Beeinflussung verleiht. zwischen wesentlichen militärischen Parameter (Schutz, Wirkung und Das Fahrmodul ist gleichzeitig Teil Mobilität) auf. des mehrstufigen Schutzsystems, das durch das Missionsmodul als Sicherbekanntermaßen gegenseitig. Dies ist ler Technologien, insbesondere auch heitszelle ergänzt wird. Das Gesamtgerade beim (passiven) ballistischen zum Schutz gegen Bedrohungen, zu system zeigt ein sehr gutes ÜberlastSchutz sehr augenscheinlich. Denn hier ermitteln. Die Ergebnisse bildeten die verhalten, wie Ansprengversuche bebedeutet ein Mehr an Schutz zumeist Grundlage für die taktisch-techni- stätigt haben. auch ein deutliches Mehr an Gewicht, schen Forderungen. Dabei sollte die was wiederum insbesondere zulasten neue Plattform noch über genügend Varianten des Heeres der Mobilität geht, gerade im Gelände Aufwuchsfähigkeit verfügen, um perabseits von Straßen und Wegen. Zu- spektivisch auch zukünftigen Aufga- Die Bundeswehr hat bislang vier ungleich wird der Spielraum für Nutzlast ben und Herausforderungen gerecht terschiedliche Varianten eingeführt, eingeschränkt, auch für mitzuführende werden zu können, zur Teilnahme am davon zwei für das Heer, speziell für Munition und Verpflegung. Der Zusam- öffentlichen Straßenverkehr zugelas- die Infanterie. Diese sind das „Grupmenhang wird üblicherweise durch das sen werden und bahn- sowie luftver- pentransportfahrzeug“ (GTFz) und „Eiserne Dreieck“ (Iron Triangle) an- lastbar im A 400 M sein. Dies setz- „Führungsfahrzeug“ (FüFz). Der Zenschaulich dargestellt. te deutliche Grenzen für Design und trale Sanitätsdienst verfügt über das Daher wurden für das GTK Boxer Konstruktion, insbesondere hinsicht- „schwere geschützte Sanitätskraftzunächst mehrere Studien und Un- lich der maximalen Breite und Höhe fahrzeug“ (sgSanKfz) und die Streittersuchungen durchgeführt, um die des Fahrzeugs, der Achslast und der kräftebasis über das „Fahrschulfahrzeug“ (FahrSFzg). Möglichkeiten und Grenzen aktuel- Gesamtmasse.
Die wesentlichen militärischen Parameter „Schutz“, „Wirkung“ und „Mobilität“ bedingen bzw. beeinflussen sich
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Foto: Bundeswehr
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GTK Boxer als Führungs-, Gruppentransport- und schweres geschütztes Sanitätskraftfahrzeug bei der Einsatzprüfung in Norwegen
Gruppentransportfahrzeug Das GTFz dient dem geschützten Transport einer Infanteriegruppe (10 Soldaten) und nimmt in seiner Funktion als „Mutterschiff“ wesentliche Funktionalitäten im Bereich der Unterstützung wahr. Der Transport ist unter allen Bedingungen bei Tag und Nacht, schlechter Sicht, Bedrohung durch Infanterie, Artillerie, Einsatz von ABC-Kampfmitteln und vergleichbarer Gefährdungen möglich. Die Mobilitätsauslegung des Fahrzeugs erlaubt den Transport sowohl über große Entfernungen auf der Straße als auch in schwerem Gelände. Für den autarken Einsatz kann Verpflegung und Ausrüstung für mehr als 48 Stunden mitgeführt werden. Im Einsatzraum wird ein schnelles Ab- und Aufsitzen der Infanteriegruppe ermöglicht. Mit der Bordbewaffnung kann der abgesessene Kampf unterstützt werden. Über die Waffenanlage, die auch über ein Wärmebildgerät verfügt, bestehen Beobachtungs- und Wirkmöglichkeiten vom Fahrzeug aus. Vier Soldaten der Infanteriegruppe können zudem über die Dachluken des Fahrzeugs sichern, auch während der Fahrt. Die Funkgeräteausstattung berücksichtigt die spezifischen Anforderungen des Systems „Infanterist der Zukunft“ (IdZ) und seine Anbindung über das Führungsinformationssystem Heer. Eine medienbruchfreie Einbindung der Infanteriegruppe in den gesamten Führungsverbund ist damit gewährleistet.
Führungsfahrzeug Das FüFz dient als taktisch mobiler und geschützter Arbeitsraum für Führungseinrichtungen des Heeres und stellt einen signifikanten Zugewinn gegenüber den 68
bis dahin eingesetzten Systemen dar. Die Ausstattung besteht aus vier VHF-Funkgeräten, einem HF-Funkgerät und einem optionalen Satellitenfunkgerät. Über das Führungsinformationssystem Heer ist die Befähigung zur vernetzten und mobilen Operationsführung gegeben. Es war damit erstmals möglich, die Funktionalitäten eines Gefechtsstandfahrzeugs und einer beweglichen Befehlsstelle in einer Fahrzeugvariante zu vereinen, die auf den Führungsebenen Kompanie bis Division eingesetzt werden kann. Die Fahrzeuge verfügen über ein aufblasbares Zelt, welches am Heck des Missionsmoduls angeflanscht werden kann, um den Arbeitsbereich der fünfköpfigen Besatzung zu vergrößern. Auf diese Weise können auch zwei FüFz im stationären Betrieb aneinandergekoppelt werden. Signifikantestes Ausstattungsmerkmal ist ein 40-Zoll-Monitor, der unter anderem zur Darstellung der Lagekarte oder zur Befehlsausgabe dient.
Geplante Varianten In der Beschaffung befindet sich aktuell das Modul „Qualifizierte Fliegerabwehr“ (qFlgAbw) zur Ausstattung der VJTF (L) 2023. Das Modul stellt eine Erstbefähigung C-sUAS (Countering small Unmanned Aircraft System) dar und dient der Abwehr von Mini-/MicroUAS (unbemannte Luftfahrzeugsysteme - NATO Terminologie: Unmanned Aircraft System - UAS, die ein Abfluggewicht kleiner 15 kg haben) im Nächstbereich. Der Einsatz erfolgt gemäß den Regelungen zur Fliegerabwehr aller Truppen. Die Fahrzeuge werden hierzu mit einer neuen Waffenstation sowie einem Radar-Sensor ausgestattet. Die Bekämpfung der UAS erfolgt mittels tempierbarer 40-mm-Sprengmunition.
Mit der Variante „Joint Fire Support Team schwer“ (JFSTsw) wird die Fähigkeit zur Zielaufklärung und Feuerlenkung von eigenem indirekten boden- und seegebundenen Feuer als auch Close Combat Attack (CCA) durch die Heeresflieger und Close Air Support (CAS)/Digital Aided Close Air Support (DACAS) durch die JFST der Artillerie modernisiert. Hierdurch soll das für eine Wirkungsforderung am besten geeignete und im Einsatzraum durch ein Joint Fire Support Coordination Team (JFSCT) / Joint Fire Support Coordination Group (JFSCG) zugewiesene Wirkmittel reaktionsschnell eingesetzt werden. Die Auswahlentscheidung über eine Lösung basierend auf dem GTK Boxer wurde 2017 getroffen. Serienbeginn des ersten Loses ist ab 2023 geplant. Des Weiteren ist beabsichtigt, den „Schweren Waffenträger Infanterie“ (sWaTrg Inf), einen mit bemanntem Turm ausgestatteten Boxer, einzuführen. Das Projekt befindet sich noch in einer frühen Phase, wobei die Funktionalen Forderungen bereits erstellt sind. Durch eine Kooperation mit Australien sollen Kosten und Entwicklungszeit eingespart werden, so dass die Serienfertigung voraussichtlich ab 2024 beginnen kann. Im Projekt „Geschützte Bewegliche Führungseinrichtung“ (GBF) soll unter anderem auch das GTK Boxer als Trägerplattform genutzt werden. Die Funktionalen Forderungen sind aktuell in Erarbeitung.
Bewaffnung Die Varianten GTFz und FüFz sind mit der fernbedienbaren Waffenstation FLW 200 ausgestattet. Daran können sowohl ein schweres Maschinengewehr (Kal. 12,7 mm) als auch eine 40-mm-
Sonstige geschützte Transportfahrzeuge
Schutz Beim GTK Boxer bieten bereits die Strukturen von Fahr- und Missionsmodul einen Grundschutz gegen die Blastwirkung von Artilleriegeschossen und behelfsmäßigen Sprengladungen, einschließlich deren Splitterbildung. Ein Schutz gegen Panzerabwehrminen ist durch eine konstruktiv optimierte Fahrzeugstruktur in annähernder Doppel-V-Struktur aus Fahrmodul und Missionsmodul und entkoppelten Mannschaftssitzen berücksichtigt. Optional kann zur weiteren Erhöhung des Schutzes ein zusätzlicher Minenschutzboden adaptiert werden. Die Fahrzeuge des ISAF-Einsatzes waren hiermit ausgestattet. Als ballistischer Rundumschutz gegen Feuer aus schweren Maschinengewehren sind auf Schock-Absorbern montierte metallische Schutzplatten frontal und
seitlich am Fahrzeug adaptiert. Diese Platten können leicht austauscht werden und reduzieren durch den Luftspalt zum Fahrzeug dessen Infrarotsignatur. Frontal besteht insbesondere durch die Formgebung der Fahrzeugfront ein erweiterter Schutz auch gegen Feuer aus Waffen mittleren Kalibers. Ergänzend wurden Sekundärschutz-
Grafik: ARTEC
Granatmaschinenwaffe adaptiert werden. Im GTFz wird zudem der Waffenmix der Infanteriegruppe, bestehend aus missionsspezifisch zusammengestellten Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen, mitgeführt. Über die reine Selbstverteidigung hinaus sind diese Fahrzeuge befähigt, abgesessene Kräfte mit Feuer zu unterstützen oder offensiv gegen ungepanzerte oder leicht gepanzerte Kräfte zu wirken. Die Waffenstation bietet zudem die Möglichkeit zur Beobachtung und Aufklärung bei Tag und bei Nacht. Die mit dem GTK Boxer gewonnenen neuen Fähigkeiten tragen entscheidend zur Durchsetzungsfähigkeit der Infanterie bei und wurden in die taktischen Regelungen und Einsatzgrundsätze der Infanterie aufgenommen. Mit dem sWaTrg Inf wird sich die Kampfkraft der Infanterie weiter erhöhen. Als Hauptbewaffnung ist eine 30-mm-Maschinenkanone vorgesehen, analog zum Schützenpanzer PUMA. Als Sekundär- und Tertiärbewaffnung sind ein koaxiales Maschinengewehr und eine turmunabhängige Waffenstation für den Kommandanten vorgesehen. Darüber hinaus wird mit der Integration des Lenkflugkörpersystems MELLS eine weitreichende Fähigkeit zur Panzerabwehr geschaffen. Infanteristische Absitzstärke ist nicht vorgesehen.
Die Doppel-V Struktur aus Fahrund Missionsmodul und entkoppelten Mannschaftssitzen bietet Schutz vor Panzerabwehrminen.
maßnahmen realisiert. Zur Vermeidung von Splitterbildung im Innenraum des Fahrzeugs sind dort hochfeste Gewebematten, sogenannte Spall-Liner, angebracht. Hinzu kommt, sowohl im Motor- als auch im Kampfraum, eine schnell wirkende automatisch auslösende Feuerlöschanlage. Entstehungsbrände bis hin zu Verpuffungen können so sicher verhindert werden. Durch Einzelradaufhängung sowie Reifen mit Notlaufeigenschaften wird eine bemerkenswert gute Restmobilität sichergestellt, selbst nach Beschädigung des Fahrwerks durch Beschuss oder Minen. Eine ABC-Schutzbelüftungsanlage stellt zeitlich begrenzt die Überlebensfähigkeit in kontaminiertem Gelände sicher. Konstruktiv umgesetzte Maßnahmen zur Signaturreduzierung verringern die Aufklärbarkeit des Fahrzeugs. Im Notfall ermöglicht die richtbare Nebelmittelwurfanlage das sichtgeschützte Ausweichen. Ein an die GTK Boxer angepasstes, multispektral wirkendes Tarnnetz ist industrieseitig verfügbar und kann bei Bedarf beschafft werden.
Ausblick Mit dem zweiten Los GTFz im Konstruktionsstand A2, das derzeit der Truppe zuläuft, werden Restmaßnahmen
aus den Einsatzprüfungen und Forderungen aus dem ISAF-Einsatz umgesetzt. Parallel läuft die Hochrüstung der bereits vorhandenen GTK Boxer auf diesen Konstruktionsstand. Durch den anstehenden Generationenwechsel hin zu digitalen Funkgeräten, der Einführung eines neuen Battle Management Systems und der neuen Panzerabwehrhandwaffe Wirkmittel 90 besteht bereits jetzt erkennbarer weiterer Anpassungsbedarf. Erste Integrationsuntersuchungen haben stattgefunden. In diesem Zusammenhang sollen auch weitere Maßnahmen eingebracht werden. Im Schwerpunkt stehen dabei Sichtmittelverbesserungen, zusätzliche Sensorik und eine motorunabhängige Energieversorgung. Die Verbesserung des Schutzes gegen Panzerabwehr-Lenkflugkörper und Panzerabwehr-Handwaffen stellt eine noch nicht gelöste Herausforderung dar. Mit der Realisierung des sWaTrg Inf werden hierzu Möglichkeiten untersucht, die auch für die übrigen Boxer nutzbar sein sollen. In Bezug auf neue Varianten gibt es erste Überlegungen, im Sinne des Flottengedankens ein Mörserträgerfahrzeug zu entwickeln, möglicherweise in Kooperation mit Großbritannien. Erste Sondierungsgespräche haben hierzu stattgefunden. Eine planerische oder finanzielle Abbildung ist hier allerdings noch nicht gegeben. Insgesamt kann festgestellt werden, dass das Aufwuchspotential der GTK Boxer noch nicht ausgereizt ist, was beispielsweise mit dem Firmendemonstrator eines 155mm-Artilleriegeschützes „Remote Controlled Howitzer (RCH)“ oder eines Berge- und Abschleppfahrzeuges eindrucksvoll belegt wird.
Fazit Das GTK Boxer besticht durch sein einzigartiges Konzept und konsequent umgesetzter Modularität. Schutz, Mobilität, Gefechtswert und Durchsetzungsfähigkeit der Infanterie und weiterer Truppenteile werden signifikant erhöht. Mit der Einführung neuer Varianten werden sich zusätzliche Möglichkeiten und Fähigkeiten für die nutzenden Truppenteile ergeben. L 69
Sonstige geschützte Transportfahrzeuge
Schwerer Waffenträger Infanterie – Bedarf und Forderungen Peter Gerlach und Oliver Gawrylowicz Die Feuerunterstützung der mit dem gepanzerten Transportkraftfahrzeug (GTK) Boxer ausgestatteten Infanterieverbände muss auch nach dem Nutzungsende des Waffenträgers Wiesel 1 gewährleistet werden.
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fahrzeug für Führungs-, Unterstützungsund Transportaufgaben der Bundeswehr. In den damit ausgestatteten Verbänden der Infanterie ist es der Hauptmobilitätsträger sowie das Führungsfahrzeug der gepanzerten Verbände im Heer. Im multinationalen Bündnis hat sich die Plattform
Foto: Bundeswehr / Schulz
as Nachfolgesystem soll, neben der erforderlichen Waffenwirkung, dem eingeführten und in Nutzung befindlichen gepanzerten Gruppentransportfahrzeug der Infanterie, auch hinsichtlich dem Schutz und der Mobilität, entsprechen.
Das GTK Boxer ist das „Mutterschiff“ der damit ausgestatteten infanteristischen Kräfte.
Gepanzertes Transportkraftfahrzeug Das gepanzerte Transportkraftfahrzeug (GTK) Boxer ist ein hochmobiles 8x8-Rad-
Autoren: Major Peter Gerlach, Hauptmann Oliver Gawrylowicz sind Angehörige des Amtes für Heeresentwicklung.
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des GTK Boxer als Multi Role Armoured Vehicle (MRAV) etabliert. Das Fahrzeug ist modular konstruiert und ist see-, luft- und bahnverladbar. Es ist weltweit einsetzbar und selbstverteidigungsfähig. Seine Tag- und Nachtkampffähigkeiten, kombiniert mit einem außerordentlich hohen Maß an Schutz und Mobilität, machen das GTK Boxer zum modernsten gepanzerten Radfahrzeug der Bundeswehr und „Mutterschiff“ der damit ausgestatteten infanteristischen Kräfte.
Gruppentransportfahrzeuge der Infanterie Die Variante Gruppentransportfahrzeug (GTFz) Boxer ist in der Infanterie das Basisverbringungsmittel für die Jägergruppe und auch für die mit diesem Fahrzeug ausgestattete Gebirgsjägergruppe. Es verfügt über eine hohe Agilität und kann mit seinen 530 kW (720 PS) und 36,5 Tonnen Gefechtsgewicht große Entfernungen sowohl auf Straßen als auch in schwierigem Gelände überwinden. Dabei erreicht das Fahrzeug eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 103 km/h. Das Fahrzeug bietet den Soldatinnen und Soldaten einen hohen Schutz gegen schwere Maschinenwaffen, Panzerabwehrminen und Artilleriesplitter. Als Hauptbewaffnung verfügt das GTFz Boxer über die fernbedienbare leichte Waffenstation (FLW) 200 mit jeweils adaptierbarer Granatmaschinenwaffe Kaliber 40 mm oder schwerem Maschinengewehr Kaliber 50 (12,7 mm). Beide Waffen sind nach Umbau auf den jeweils anderen Waffenrüstsatz austauschbar. Das Selbstschutzsystem besteht aus der an der FLW200 angebrachten Nebelmittelwurfanlage, durch die sich das GTFz Boxer der visuellen Aufklärung entziehen kann. Bei der Konstruktion des GTFz Boxer wurden Aspekte der Signaturreduzierung berücksichtigt und umgesetzt. Mit einem kontinuierlichen Verbesserungsprogramm wurden die Erfahrungen aus den Einsätzen in Afghanistan in die Fahrzeuge durch Hochrüstprogramme eingebracht. Eingesetzt wird das GTFz Boxer, um die dann abgesessen kämpfende Gruppe
nahe an einen Einsatzort zu verbringen. Der hintere Kampfraum bietet ausreichend Platz für die Infanteriegruppe, ihre Bewaffnung und umfängliche Ausrüstung. Neben den GTFz Boxer für die Verbringung, sind Waffenträger für die Feuerunterstützung der grundsätzlich abgesessen kämpfenden Infanterie unerlässlich.
Foto: Bundeswehr / Dorow
Sonstige geschützte Transportfahrzeuge
Waffenträger heute: Wiesel 1 Die leichtgepanzerte Kettenfahrzeugplattform Wiesel 1 ermöglicht in den Infanterieverbänden der Bundeswehr die Feuerunterstützung der abgesessenen Infanterie. Den Waffenträger Wiesel 1 gibt es in den zwei Varianten MK (Maschinenkanone) und TOW (Tube Launched Optically Tracked Wire Command-link Guided Missile). Der Wiesel 1 MK ist mit einer 20-mmMaschinenkanone ausgestattet und dient mit seiner 2-Mann-Besatzung der Bekämpfung von leichtgeschützten Fahrzeugen und Feind hinter Deckung. Der Wiesel 1 TOW wird mit seiner integrierten Lenkflugkörperstartanlage und seiner 3-Mann-Besatzung zur weitreichenden Panzerabwehr genutzt. Sein Waffensystem wird durch das neue, effektivere Lenkflugkörpersystem MELLS (Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörper-System) ersetzt. Das Fahrzeug wird anschließend in Waffenträger Wiesel 1 Panzerabwehr umbenannt werden. Aufgrund einer lediglich leichten Panzerung und der kompakten Abmessung ist der Wiesel 1 mit mittleren Transporthubschraubern luftverladbar und luftverlastbar. Der Wiesel 1 zeichnet sich durch eine hohe taktische Beweglichkeit bei geringer optischer Signatur aus. Damit steht den abgesessen kämpfenden Kräften ein robustes und hochbewegliches Vollkettenfahrzeug zur Verfügung, welches optimal auf seinen Auftrag zugeschnitten ist. Mit Nutzungsdauerende des Wiesel 1 bis zum Jahr 2030 wird eine Feuerunterstützung der abgesessen kämpfenden Infanterie auf GTK Boxer durch Waffenträger nicht mehr gegeben sein. Während für die Fallschirmjägerregimenter und die Gebirgsjägerbataillone (ausgenommen
Wiesel 1 MK und TOW folgen der Infanterie im bewaldeten Gelände.
GebJgBtl 231) der luftbewegliche Waffenträger als „leichte“ Alternative in der Nachfolge des Waffenträger Wiesel 1 geplant ist, entstünde ohne entsprechenden Ersatz eine Fähigkeitslücke bezüglich taktischer Feuerunterstützung in den mit GTK Boxer ausgestatteten Verbänden.
trägergebundene, direkte taktische Feuerunterstützung erfolgt grundsätzlich in unmittelbarer Nähe der abgesessenen Kräfte, u.a. um unmittelbare Absprachen treffen zu können. Dies geschieht bei entsprechender Sicht auch durch Waffen mit großen Reichweiten.
Taktische Feuerunterstützung
Begleitende taktische Feuerunterstützung Während die direkte taktische Feuerunterstützung darauf ausgelegt ist, den abgesessen kämpfenden Kräften auch in schwierigem Gelände zu folgen und diese direkt mit ihren Waffen zu unterstützen, orientiert sich die begleitende taktische Feuerunterstützung an der Mobilität der Hauptverbringungsmittel. So schafft die begleitende taktische Feuerunterstützung für die Infanterieverbände die Möglichkeit, operative Verlegungen im Wirkverbund geschlossen durchzuführen. Ebenso ermöglicht sie das Beherrschen infanterieungünstiger, offener Geländeteile durch Waffenwirkung und eine schnelle Schwerpunktverlagerung unter Aufrechterhaltung von Schutzniveau und Durchhaltefähigkeit. In allen taktischen Aktivitäten trägt somit die Fähigkeit zur begleitenden taktischen Feuerunterstützung entscheidend zum Erfolg der Operation bei.
Schwere Waffensysteme ermöglichen in den Infanterieverbänden die Feuerunterstützung der abgesessen kämpfenden Kräfte durch indirektes und direktes Feuer und leisten einen wesentlichen Beitrag zu Durchsetzungsfähigkeit und erfolgreicher Operationsführung bei allen taktischen Aktivitäten. Dies wird als taktische Feuerunterstützung bezeichnet. Bezogen auf den Einsatz von Waffenträgern wird zwischen direkter und begleitender taktischer Feuerunterstützung differenziert. Direkte taktische Feuerunterstützung Die direkte taktische Feuerunterstützung ermöglicht der Infanterie ein rasches und geschütztes Vorgehen durch gezielte Bekämpfung, beispielsweise von weitreichenden, gegnerischen Waffensystemen. Die waffen-
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Foto: Bundeswehr / Burow
Sonstige geschützte Transportfahrzeuge
GTK Boxer mit Waffenträger Wiesel 1 TOW bei einer Großübung
Abgeleitet aus dieser Beschreibung der Feuerunterstützung lässt sich nun die folgende Frage beantworten.
Warum ein schwerer Waffenträger für die Infanterie? Mit dem kommenden Nutzungsdauerende der Waffenträger Wiesel 1 auf der einen Seite und der Refokussierung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung auf der anderen Seite, besteht die Notwendigkeit an einem hochmobilen, zukunftsfähigen und kriegstauglichen System für die taktische Feuerunterstützung der abgesessen kämpfenden Infanterie. Logistisch bedarf es eines Systems, welches mit minimalen Aufwand in die bestehenden Instandhaltungs- und Materialbewirtschaftungsprozesse integrierbar ist. Dies gilt für Fahrzeug, Bewaffnung und Munition. Bezogen auf die Infanterieverbände, die mit dem GTK ausgestattet sind, ist dabei die mit allen Fahrzeugen gemeinsame, operative Verlegbarkeit über mehrere hundert Kilometer im Landmarsch ein wichtiges Kriterium für zukünftige Systeme. Nur dann, wenn alle Fahrzeuge der Verbände ohne Zuhilfenahme von anderen Transportmitteln über eine vergleichbare, operative Radbeweglichkeit verfügen, kann dadurch ein entsprechend hoher, operativer Einsatzwert erreicht werden. Neben der Mobilität ist die Fähigkeit der Feuerunterstützung für die abgesessen kämpfende Infanterie maßgeblich für einen zukünftigen schweren Waffenträger. Dabei sollen direkte und begleitende taktische Feuerunterstüt72
zung mit Maschinenkanonen und die weitreichende Panzerabwehrfähigkeit in einem Waffenträger vereint werden. Essentiell ist ein durchsetzungsstarkes Operieren der Infanterieverbände gegen leicht motorisierten, anteilig sogar gegen gepanzerten Feind. Die hierfür erforderlichen Fähigkeiten soll ein schwerer Waffenträger für die Infanterie bereitstellen, an den unterschiedlichste, im Folgenden aufzuzeigende Forderungen gestellt werden.
Forderungen an einen schweren Waffenträger Die geforderte Mobilität und eine einheitliche Logistik innerhalb des Verbandes begründen die Notwendigkeit eines schweren Waffenträgers auf Basis der Plattform GTK Boxer. Auf Grundlage dieser Mobilität und der Kombination von direkter Wirkung mit weitreichenden Panzerabwehrlenkflugkörpern in einer Plattform, soll der schwere Waffenträger durchhaltefähig und reaktionsschnell das Gefecht der abgesessenen Infanterie unterstützen. Sowohl die begleitende als auch die direkte taktische Feuerunterstützung werden durch einen schweren Waffenträger sichergestellt. Die Bewaffnung muss daher mindestens aus einer 30 mm Maschinenkanone, einem achsparallelen Maschinengewehr Kaliber 7,62 mm und Panzerabwehrlenkflugkörpern bestehen. Das Schutzniveau des schweren Waffenträgers muss dem eines GTK Boxer vergleichbar sein. Ein Warnund Schutzsystem vor Bedrohungen im Elektromagnetischen Spektrum ist
ebenfalls notwendig. So kann sich der schwere Waffenträger bei Beschuss der feindlichen Sichtlinie entziehen. Die Besatzung sollte sich aus Fahrer, Richtschützen und Kommandant zusammensetzen. Die Aufnahme der Bewaffnung, des Richtschützen und des Kommandanten soll über einen bemannten Turm erfolgen. So ist eine Verbindungsaufnahme auf Sicht mit der abgesessenen Infanterie zur Abstimmung und Koordinierung von Feuer und Bewegung in unübersichtlichen, typischen Infanterielagen, in schwierigem oder urbanem Gelände gegeben. Gleichzeitig sind für ein Gefecht unter Luke technische Systeme zur 360°-Rundumsicht zu berücksichtigen. Der schwere Waffenträger muss über störungsunanfällige Führungsmittel verfügen und mit diesen im Kommunikationsverbund des Verbandes nach den Vorgaben des Programms „Digitalisierung landbasierter Operationen“ an den Daten-, den Sprachfunk und entsprechende Battle Management Systeme angebunden sein. Zur strategischen Verlegung ist ein Transport der schweren Waffenträger auf dem Seeweg und mit der Bahn zu ermöglichen. Er soll zudem (ggf. nach einer Trennung von Missions- und Fahrmodul) durch Transportflugzeuge, mindestens vom Typ A400M, im Lufttransport verbracht werden können. Für die Ausbildung der Besatzungen sind an den Standorten der betroffenen Infanteriebataillone und der Infanterieschule vor allem leistungsstarke Simulatoren, die reale Gefechtssituationen nachbilden, vorzusehen. Diese sollen zum einen die individuelle Ausbildung
der Besatzung ermöglichen und zum anderen für die taktische Ausbildung genutzt werden. So soll ein Zug mit vier schweren Waffenträgern in einer digitalen Umgebung ausgebildet werden können. Gleichfalls ist eine Ausstattung für das Ausbildungsgerät Duellsimulator (AGDUS), welche Lasersender sowie aktive und passive Sensoren enthält, notwendig. Nur so kann Ausbildung (zum Beispiel im Gefechtsübungszentrum Heer) realistisch gestaltet werden. Der schwere Waffenträger sollte über nachhaltiges Aufwuchspotential verfügen. Dies gilt für die Bereiche Schutz, Waffen, Sensorik, aber auch für die Nutzung des hinteren Kampfraumes. Auf der internationalen Ebene besteht bereits eine enge Kooperation zwischen den Nationen, welche den Boxer nutzen. Hier ist internationale Kooperation zielführend und weiter zu intensivieren, um bei Beschaffungsvorhaben Zeit und Kosten zu optimieren und ein von vornherein einsatzreifes System schnellstmöglich den Verbänden zur Verfügung zu stellen.
Waffenträger morgen Bis zum Jahr 2027 sollen drei Jägerbataillone über jeweils drei Züge schwere Waffenträger verfügen. In den folgenden Jahren werden weitere Verbände entsprechend ausgestattet. Mit dem schweren Waffenträger Infanterie wird somit die Plattformfamilie Boxer ein neues Mitglied bekommen, das Schutz, Mobilität, Gefechtswert und Durchsetzungsfähigkeit der Infanterie signifikant erhöht. Der logistische Mehraufwand innerhalb der Verbände bleibt zudem überschaubar. Mit dem vorhandenen Aufwuchs-potential sind von Beginn an alle Voraussetzungen gegeben, damit die Plattformfamilie Boxer zum Nukleus zukünftiger, radbeweglicher Kräfte werden kann. Durch hohe Eigenmobilität, Schutz und weitreichende Waffenwirkung kann die Boxer-Familie im Allgemeinen und der schwere Waffenträger im Speziellen skalierbare Handlungsoptionen, sowohl in der Landes- und Bündnisverteidigung als auch im Rahmen des internationalen Krisenmanagements, bieten. Ergänzend zum schweren Waffenträger wird derzeit das Zusammenwirken mit Unmanned Ground Vehicles (UGV) unter dem Begriff Manned – Unmanned Teaming betrachtet. Hierdurch könnte die direkte Unterstützung der abgesessenen Kräfte weiter gesteigert werden. Auch ist ein Zusammenwirken mit Unmanned Aerial Systems (UAS) zur Aufklärung und im Verbund von Sensor-to-Effector zukünftig denkbar. Mit dem schweren Waffenträger Infanterie wird die Mobilität der Feuerunterstützung in den Infanteriebataillonen auf GTK Boxer den Hauptmobilitätsträgern angepasst bzw. insgesamt neu dimensioniert. Kampfkraft und Einsatzwert erhöhen sich signifikant. Schließlich wird die Erfolgsgeschichte der deutschen Boxer-Familie national L wie international fortgeschrieben.
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Sonstige geschützte Transportfahrzeuge
Baukasten Boxer Gerhard Heiming Mit der Aufteilung in Fahr- und Missionsmodul ist das Geschützte Transportkraftfahrzeug (GTK) Boxer konzeptionell als Träger für ein großes Spektrum an Fähigkeiten angelegt. Die Anzahl der weit über 20 eingeführten unterschiedlichen Missionsmodule wächst durch Entwicklungen im
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ie Industrie nutzt die Möglichkeiten des Modul-Konzepts und erweitert mit Eigenentwicklungen das Angebot an Lösungen, um die Bandbreite möglicher Anwendungen bis zur Serienreife zu untersuchen und um Beschaffungsprozesse zu beschleunigen. Im Folgenden wird eine Handvoll solcher Industrielösungen vorgestellt.
Foto: KMW
Auftrag der öffentlichen Bedarfsträger laufend an.
Ferngesteuertes 155-mm-Artilleriesystem
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Eine frühe Version des Artilleriemoduls RCH 155 . Foto: KMW
Abgeleitet von der Panzerhaubitze 2000 hat Krauss-Maffei Wegmann eine ferngesteuerte Haubitze mit 155 mm/L52 Waffe (Remote controlled Howitzer, RCH 155) in ein Missionsmodul integriert. Mit der Fernsteuerung konnte die Besatzung auf zwei Personen reduziert werden ohne Einbußen an Wirksamkeit. So wurde ein vollautomatisches Ladesystem für Geschosse und modulare Treibladungen integriert. Die Zünder werden induktiv programmiert. Die Waffenanlage wird elektrisch gerichtet. Die Kampfbeladung besteht aus maximal 30 bezünderten Geschossen und 144 modularen Treibladungen. Der Feuerkampf wird durch einen Feuerleitrechner mit integrierter Ballistikrechnung und Datenfunk-Anbindung zu einem Artillerieführungssystem unterstützt, der auf eine hochgenaue Navigationsanlage, mit oder ohne GPS-Stützung zurückgreift. Der Turm kann ohne Fahrzeugabstützung um 360° gedreht werden. Die Elevation des Rohres von -2,5° bis 65° erlaubt den Feuerkampf sowohl auf große Entfernung (z.B. bis 40 km mit Base Bleed; bis 54 km mit V-LAP)
Brückenleger Boxer mit 22-m-Leguan-Brücke in Transportstellung
als auch im direkten Richten auf nahe Ziele. Die Nutzung endphasengelenkter Geschosse (Vulcano, Excalibur) ist vorgesehen. Das Schießen in alle Richtungen erfolgt ohne hydraulische Stützen. Dies ermöglicht schnellen Stellungswechsel.
Gefechtsfeldbrücke Für infanteristische Operationen, überwiegend mit Fahrzeugen mit einem Gewicht deutlich unter 50 Tonnen (z.B. das GTK Boxer mit MLC 40 bis 50), hat KMW mit dem Bo-
30-mm-Kanone für die Luftverteidigung Die Bedrohung aus der Luft insbesondere mobiler Kräfte im Nah- und Nächstbereich ändert sich ständig durch neue Waffen und Einsatzverfahren. Rheinmetall Air Defence (RAD) hat das Waffensystem Oerlikon Skyranger 30 als eine Lösung für die Luftverteidigung im Nahbereich in einem unbemannten Turm mit einem Gewicht von weniger als 2,5 Tonnen entwickelt. Als (aktiver) Erkennungssensor dient ein S-Band AESA-Radar, das UAV der Klasse I in einer Entfernung von 20 km erfassen kann. Der passive Sensor Fast InfraRed Search and Track (FIRST) überwacht mit hoher Auflösung das gesamte Umfeld. Die Identifizierung und Verfolgung erfolgt über einen kombinierten Sensorkopf mit Wärmebild- und Videokanal sowie zwei Laserentfernungsmessern.
Der Effektor ist die weiterentwickelte Oerlikon KCA 30x173 mm Kanone, die über eine einspulige Programmiereinheit Airburst-Munition programmieren kann. Mit hoher Kadenz werden die Ahead-Geschosse mit 160 Wolfram-Projektilen auf Zielentfernungen bis 3.000 m abgefeuert, wo sie in optimaler Entfernung einen tödlichen Splitterkegel erzeugen. Der Turm kann ergänzend ein Raketensystem für ein Entfernungsband bis neun Kilometer aufnehmen. Der Oerlikon Skyranger befindet sich im Technology Readiness Level (TRL) 4 bis 5 (Versuchsaufbau in Einsatzumgebung). Ab Mitte 2021 sind Schießversuche geplant. TRL 6 soll bis Ende 2021 erreicht werden.
20 t-Bergefahrzeug Bergefahrzeuge müssen über die gleiche Mobilität verfügen wie die Fahrzeuge der unterstützten Truppe. Radfahrzeuge sind für die Bergung von Radfahrzeugen ausreichend. Diese Überlegung führte zum Bergemodul, das die Flensburger Fahrzeugbau GmbH (FFG) bis zu Funktions- und Systemtests entwickelt hat. Das 13-Tonnen-Modul bietet Platz für Kommandant und Bergewart. Vom Fahrersitz im Fahrmodul gibt es einen direkten Zugang zum Berge-Modul. Das Berge-Modul ist über mechanische Standardschnittstellen mit dem Fahrmodul verbunden. Der Antrieb des Hydrauliksystems erfolgt über ei-
Luftverteidigungssystem Oerlikon Skyranger 30 beispielhaft auf einem Boxer-Fahrgestell
ne Batterie, die aus dem Fahrmodul geladen wird. Damit kann das BergeModul auch autark bei abgeschaltetem Triebwerk eingesetzt werden. Für Instandsetzungs- und Bergungsarbeiten (Triebwerks- oder Turmausbau, Radwechsel) dient ein schwenkbarer, 5,3 m ausladender Kranausleger mit 20 t Hebekraft. Dabei wird das Modul über hydraulisch ausfahrbare Stützen an der Seite in Verbindung mit einem „Heckanker“ stabilisiert und ebenso wie das Fahrmodul entlastet. Die Steuerung und Überwachung aller Systeme erfolgt zentral über Touchscreen-Displays. Zur breiten Palette an Spezialwerkzeugen gehören z.B. Schneid- und Schweißgeräte sowie pneumatische Bergewerkzeuge. Foto: FFG
xer als Träger- und Verlegefahrzeug ein Brückenlegesystem realisiert, das selbst weniger als 40 Tonnen (MLC 50) wiegt und über den notwendigen (ballistischen, Minen- und ABC-) Schutz und die notwendige Mobilität verfügt. Die MLC 50-Brücke (einteilig 14 m, zweiteilig 22 m) wird über das Heck verlegt, um das Fahrzeug mit dem vorn liegenden Triebwerk optimal als Gegengewicht nutzen zu können. Der Arbeitsplatz des Kommandanten findet sich im Missionsmodul. An der Verlegestelle übernimmt der Kommandant die Steuerung des gesamten Fahrzeugs mit einer Fernsteuerung (Drive by wire), unterstützt von Taglicht-Video- und Wärmbildkameras sowie Entfernungsmessern. Weder Kommandant noch Kraftfahrer müssen die geschützte Kabine verlassen. Bei Bedarf kann die Verlegung aber auch von außerhalb des Fahrzeugs erfolgen. Der Verlegevorgang dauert für die 22-m-Brücke rund fünf Minuten. Die 14-m-Brücke ist in drei Minuten verlegt. Der Prototyp ist in allen Funktionen betriebsbereit.
Foto: Rheinmetall
Sonstige geschützte Transportfahrzeuge
Bergeboxer mit ausgefahrenen Stützen in Arbeitsstellung 75
Sonstige geschützte Transportfahrzeuge Am Heck ist eine 20-t-Bergewinde mit 60 m langem Seil installiert, die auch zur Selbstbergung genutzt werden kann. Der Bergeboxer ist serienreif.
Artillerieradar ARTHUR ModD
Foto: Saab
Saab hat das „Artilleriejagd-Radar” ARTHUR (ARTillery HUnting Radar) zur Version D weiterentwickelt und die Integration in einen Boxer demonstriert. Das mobile Überwachungsradar kann mit einem Öffnungswinkel von 120 Grad den Abschuss von Artillerieund Mörsergranaten sowie Raketen erkennen, das Kaliber bestimmen und die voraussichtliche Flugbahn berechnen. Für den berechneten Treffpunkt soll nach Firmenangaben der zirkulare Fehler (CEP, circular error probable) unter 0,15 Prozent der Schussweite betragen. Die Entdeckungsreichweite
liegt zwischen 0,8 und 100 km und kann möglicherweise bis auf 200 km anwachsen. Gleichzeitig können mehr als 100 Ziele verfolgt werden. Im „Weapon Location“-Modus klärt ARTHUR den Standort des feindlichen Artilleriefeuers auf und ermöglicht Warnung/Schutz der eigenen Truppe sowie Gegenmaßnahmen. Im „Fire Direction“-Modus können die Daten unmittelbar zur Feuerleitung bei der Bekämpfung genutzt werden. Grundlage dafür ist eine passive elektronisch geschwenkte Radar-Matrix in Galliumnitrid (GaN)-Technik mit 3.480 virtuellen Sende-/Empfangsmodulen im C (G/H) Band. ARTHUR ist als mobiles Radar ausgelegt. Auf der „Future Indirect Fires“Konferenz hat Saab auf die Integration des inklusive der Energieversorgung, Steuerelektronik und Kommunikation rund zwei Tonnen schweren Radars in das GTK Boxer verwiesen. Zu den elf ARTHUR-Nutzerländern gehört Großbritannien, die demnächst den Boxer einführen.
Foto: Cockerill
Das Artillerieradar ARTHUR nutzt Schutz und Beweglichkeit des Boxer.
Hohe Feuerkraft auf einem Radfahrzeug erfreut sich wachsender Beliebtheit 76
105-mm-Gefechtsturm Mit Mobile Gun Systems wird hohe Feuerkraft mit leichten Fahrzeugen auf dem Gefechtsfeld zur Wirkung gebracht. In Zusammenarbeit von KMW und Cockerill Defense wurde in München ein Cockerill C3105 zwei-PersonenTurm mit 105 mm Kanone und automatischem Lader in ein Missionsmodul integriert. Für die voll stabilisierte Hochdruck-Kanone nach NATO-Standard werden 16 Schuss für Boden-Bodenund 12 Schuss für Boden-Luft-Einsätze im Modul mitgeführt. Als Sekundärwaffe ist ein leichtes oder ein schweres Maschinengewehr vorgesehen oder ein 40-mm-Granatmaschinenwerfer. Bei Bedarf kann die Bewaffnung durch einen Raketenwerfer ergänzt werden. Der Turm kann bis zum Level 5 nach STANAG 4569 geschützt werden. Kommandant und Richtschütze können über stabilisierte Tag-/Nacht-Visiereinrichtungen mit Hunter-Killer-Funktionalität statische und bewegte Ziele bekämpfen. Ein Präzisionsfeuerleitsystem in Verbindung mit elek-trischen Turmantrieben führt zu einer hohen ErstschussTreffwahrscheinlichkeit. Der Turm ist in Serienproduktion und wird in verschiedene Rad- und Kettenfahrzeuge integriert. Nach dem Einbau des Turms in ein Missionsmodul wurden bei KMW Fahrversuche durchgeführt. Für 2021 ist die Durchführung von bemannten Schießversuchen in Deutschland und Großbritannien geplant.
Foto: Drummond via Twitter
MICHAEL STEHR
UNBEMANNTE CYBER SYSTEME OPERATIONEN UND Streitkräfte und Konflikte im 21. Jahrhundert – Eine Einführung
Boxer IFV mit 30-mm-Schnellfeuerkanone
Boxer mit unbemanntem Infanterieturm Bemannte und unbemannte Infanterietürme sind bereits für Litauen, Australien, Deutschland und Großbritannien beschafft bzw. in Entwicklung. Jetzt hat die ARTEC, das Rheinmetall/KMW-Joint Venture, eine weitere Variante eines Infanteriekampffahrzeugs (IFV) Boxer vorgestellt, wie der Verteidigungsanalyst Nicholas Drummond via Twitter berichtet hat. Demnach ist der Boxer IFV für ein Land im Mittleren Osten vorgesehen. Das Missionsmodul trägt einen unbemannten RT 60-Turm von Kongsberg mit einem Gewicht um drei Tonnen. Als Hauptwaffe ist die XM813 30-mm-Kanone von Northrop Grumman eingebaut, eine Weiterentwicklung der Bushmaster Maschinenkanone für moderne Munition. Mit der Kanone kann programmierbare Airburst-Munition verschossen werden, die besonders wirksam gegen fliegende Ziele auch auf kurze Entfernung (wie z.B. UAV) eingesetzt werden kann. Die Kanone ist vorbereitet für neue Munitionssorten z.B. gelenkte Munition mit und ohne Annäherungszünder. Als Sekundärwaffe ist ein Maschinengewehr auf einer separaten Waffenstation vorgesehen. Wahlweise kann ein leichtes (7,62 x 51mm) oder schweres (12,7 x 99mm) Maschinengewehr genutzt werden. Der Turm ist am Heck mit einem Werfer für die Panzerabwehrlenkrakete Missile Moyenne Portée (MMP) von MBDA ausgerüstet. Kern der Ziel- und Beobachtungseinrichtung ist eine kompakte Wärmebildkamera aus der Catherine Familie von Thales. Das Fahrmodul ist offensichtlich in der Version A2. Darauf deutet die „44“ an Bug des Fahrzeugs hin. Das bedeutet ein zulässiges Gesamtgewicht von 36,5 Tonnen und eine Motorleistung von 530 kW. Das von Drummond veröffentlichte Bild zeigt den Boxer IFV in Tarnfarben mit allen Waffen in schussbereiter Position. Daraus kann geschlossen werden, dass das Fahrzeug in seriennaher Ausführung zur Auslieferung L bereitsteht.
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Kettenfahrzeuge
Getriebetechnologie für Kettenfahrzeuge Rolf Hilmes In diesem Beitrag wird die Bedeutung der Kraftübertragungselemente bei Landfahrzeugen erläutert. Gegenüber Radfahrzeugen liegen bei Kettenfahrzeugen im Hinblick auf die Kurvenfahrt besondere Randbedingungen vor.
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aher wird der Schwerpunkt der Betrachtungen auf die Entwicklung und Auslegung von Lenkgetrieben für Kettenfahrzeuge gelegt.
Schaltgetriebe und Anfahrelement
Quelle: RENK
Im Gegensatz zu (2-Wellen-) Gasturbinen oder Elektromotoren kann der Hubkolbenmotor beim Anfahren (Motordrehzahl: Null) kein Drehmoment entwickeln. Auch reichen weder der zulässige Drehzahlbereich noch das dabei
Wirkung eines Schaltgetriebes in einem Fahrzeug: damit können Motordrehzahl und -drehmoment bestmöglich an den Verlauf der idealen Zugkrafthyperbel angepasst werden.
Autor: Rolf Hilmes ist Wissenschaftlicher Direktor a.D.
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abgegebene Drehmoment des Motors alleine aus, um die für ein Landfahrzeug erforderlichen Fahrzustände erreichen zu können. Erst mit einem nachgeschalteten Getriebe inkl. einem darin befindlichen Anfahrelement (z.B. Kupplung) können die notwendigen Funktionen – wie z.B. Anfahren oder Fahren mit Höchstgeschwindigkeit – erreicht werden. Auch ermöglicht das Schaltgetriebe die Rückwärtsfahrt des Fahrzeugs. Grundsätzlich liegen bei militärischen Kettenfahrzeugen im Hinblick auf das Schaltgetriebe inkl. Anfahrelement ähnliche Randbedingungen vor. Das deutlich höhere Fahrzeuggewicht sowie die sehr viel höheren Fahrwerks- und Rollwiderstände (insbesondere bei Geländefahrt) führen jedoch zu anderen Gesichtspunkten bei der Auslegung des Getriebes. So würden mechanische Reibungskupplungen als Anfahrelement einen relativ hohen Verschleiß aufweisen und hohe Anforderungen an den Fahrer stellen – sie wurden daher seit langer Zeit durch verschleißfrei arbeitende Drehmomentwandler ersetzt. Um das Fahren in schwerem Gelände und an Steigungen zu erleichtern, werden in Kettenfahrzeugen vornehmlich Automatikgetriebe eingesetzt, bei denen der Schaltvorgang ohne Unterbrechung der Zugkraft erfolgen kann.
Lenkgetriebe für Kettenfahrzeuge Bei Kettenfahrzeugen wird das Lenken, bzw. die Kurvenfahrt durch das Erzeugen einer Drehzahldifferenz zwischen den beiden Ketten erreicht. Hierfür ist ein gesondertes Lenkgetriebe erforderlich. An die Funktion und das Betriebsverhalten des Lenkgetriebes werden vielfältige Anforderungen ge-
stellt. Insbesondere soll das Lenkgetriebe möglichst verlust- und verschleißfrei arbeiten und das Fahren von stufenlos wählbaren Kurvenradien ermöglichen. Bei der Entwicklung der ersten Tanks im Jahr 1915 musste u.a. auf diesem Gebiet technisches Neuland betreten werden. Aus technischer Sicht ist es höchst reizvoll, die Entwicklung der Lenkgetriebe für Kettenfahrzeuge in den letzten 100 Jahren zu verfolgen und den bis heute erreichten Fortschritt zu betrachten.
Die Anfänge Die Kurvenfahrt eines Kettenfahrzeugs erfolgt durch das Erzeugen einer Drehzahldifferenz zwischen den beiden Ketten. Vereinfacht ausgedrückt muss die kurveninnere Kette langsamer drehen als die kurvenäußere. Da das Kettenfahrzeug aufgrund der großen Kettenauflagelänge die Tendenz zeigt, geradeaus zu fahren, muss für die Kurvenfahrt die kurveninnere Kette zwangsweise abgebremst werden. Hierbei wird Leistung (Drehmoment und Drehzahl) über die kurveninnere Kette vom Boden aufgenommen, die dann bei den älteren Lenkgetrieben durch Schlupf in Lenkbremsen in heftigen Verschleiß und Wärme umgewandelt wird. Wie bei einer technischen Entwicklung üblich, ergaben sich am Anfang einfache Lösungen, die zwar die geforderten Grundfunktionen aufwiesen – aber ansonsten sehr viele Nachteile zeigten. Erst im Laufe der Entwicklung wurden schrittweise die Nachteile eliminiert – was im Regelfall durch eine höhere Komplexität erkauft wurde. Die Anfänge der Lenkgetriebe wurden durch zwei verschiedenen Grundkonstruktionen geprägt:
Quelle: ZF
Kettenfahrzeuge
Schematischer Aufbau eines einfachen Differenzial-Lenkgetriebes.
Entsprechend sinkt der Wirkungsgrad des Lenkgetriebes und das Fahrzeug verliert in diesem Zustand spürbar an Geschwindigkeit. Erst durch völlige Festziehen der Lenkbremse und Abbremsen der kurveninneren Antriebswelle bis zum Stillstand sinken die Lenkverluste auf Null. Das Fahrzeug dreht in diesem Fall um eine Kette. Ein kleinerer Kurvenradius, bzw. ein Wenden um die Hochachse ist mit dieser Getriebebauart nicht möglich. Ähnliche Verhältnisse liegen bei einem Kupplungs-Brems-Lenkgetriebe vor. Allerdings wird hierbei die Kurvenfahrt zuerst durch das Öffnen der Verbindungskupplung an der kurveninneren Triebradwelle eingeleitet. In diesem Zustand beschreibt das Kettenfahrzeug einen Kurvenradius, der primär vom
Quelle: Archiv Autor
Quelle: ZF
• das Differenzial-Lenkgetriebe, • das Kupplungs-Brems-Lenkgetriebe. Das Kernelement eines Differenzial-Lenkgetriebes ist ein einfaches Differenzial, so wie es auch bei den angetriebenen Achsen eines Radfahrzeugs zum Ausgleich der Wegdifferenzen bei einer Kurvenfahrt genutzt wird. Im Gegensatz zur Verwendung in einem Radfahrzeug kann bei einem Differenzial-Lenkgetriebe durch den Fahrer jedoch durch Betätigen einer entsprechenden Lenkbremse die Antriebswelle zu dem kurveninneren Triebrad abgebremst werden. Damit dreht das kurveninnere Triebrad langsamer und das Fahrzeug beschreibt eine Kurve. Durch den Schlupf in der Bremse werden in diesem Zustand jedoch z. T. hohe Lenkverluste erzeugt. Im Einzelfall können bis zu 70 % der Motor-Antriebsleistung in der Lenkbremse in Verschleiß und Wärmeentwicklung umgewandelt werden.
Rollwiderstand an der kurveninneren Kette abhängig ist. Soll eine engere Kurve gefahren werden, so muss die entsprechende Lenkbremse an der Abtriebswelle betätigt werden. Während des Schlupfvorgangs wird dabei z.T. ein hoher Anteil in Bremsleistung (Verlust) umgewandelt. In der Folgezeit war man bei der Lenkgetriebeentwicklung vorrangig bestrebt, diese Verlustanteile bei der Kurvenfahrt zu reduzieren. Bereits Anfang der 20er Jahre hat das US-Unternehmen Cleveland Tractor Company (Auclid/Ohio) mit dem sog. „Cletrac“Lenkgetriebe eine sehr erfolgreiche Konstruktion vorgelegt. Es handelt sich dabei um ein DoppeldifferenzialLenkgetriebe in Stirnradausführung. Durch eine sinnvolle Konstruktion kann durch Anziehen einer gesonderten Lenkbremse zwischen der Geradeausfahrt und dem Wenden um eine Kette ein zusätzlicher Kurvenradius annähernd verlustfrei gefahren werden. Diese Lenkgetriebebauart zeichnet sich durch einen relativ hohen Nutzwert bei überschaubarem technischen Aufwand aus. Ein „Cletrac“-Lenkgetriebe wird in dem hunderttausendfach gebauten MTW M113 sowie im LLWaTrg Wiesel 1 verwendet. Auch bei dem sog. Umlauf-Lenkgetriebe wird durch zusätzlichen Einbau von zwei Planetengetrieben mit einer zugehörigen Kupplung und Lenkbremse das annähernd verlustfreie Fahren eines zusätzlichen Kurvenradius ermöglicht. Diese Getriebebauart wird in den ebenfalls hunder-
Schematischer Aufbau eines Kupplungs-Brems-Lenkgetriebes.
Aufbau eines „Cletrac“-Lenkgetriebes; damit konnten die Lenkverluste in einem gewissen Radienbereich reduziert werden. 79
Hydrostatisches Überlagerungslenkgetriebe des frz. Panzers Char B 1 aus dem Jahr 1921. Auf dem Schaltgetriebe ist der Hydrostatikanteil (ohne Farbanstrich) erkennbar. Diese Technik war zur damaligen Zeit noch sehr störanfällig
von schweren Kettenfahrzeugen zu realisieren. Überlagerungs-Lenkgetriebe wurden in den 40er Jahren in den deutschen PzKpfWg „Panther“ und „Tiger I und II“ eingebaut. Eine weitere Optimierung wurde bei den ÜberlagerungsLenkgetrieben Anfang der 60er Jahre durch den Einsatz von hydrostatischen
Lenkdrehzahl an der Welle des kurvenäußeren Triebrades für eine entsprechende Erhöhung der Triebraddrehzahl. Somit zeigt ein Überlagerungs-Lenkgetriebe bei den Geschwindigkeitsprofilen der Triebräder einen Differenzialeffekt. Die fahrbaren Kurvenradien sind bei Überlagerungs-Lenkgetrieben aller-
Quelle: Archiv Autor
Foto: Archiv Autor
Kettenfahrzeuge
tausendfach gebauten russischen KPz T-54/55/62 verwendet.
Überlagerungs-Lenkgetriebe – der entscheidende Fortschritt
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Schematischer Vergleich der Kraftübertragung bei „einfachen“ Lenkgetrieben mit einem Überlagerungs-Lenkgetriebe. Zu beachten ist der Übergang von einer Reihenanordnung der Kraftübertragungselemente zu einer Parallelanordnung.
dings vom eingelegten Gang im Schaltgetriebe abhängig – daher bedürfen Fahrer dieser Fahrzeuge einer sorgfältigen Schulung. Verfügt ein Überlagerungslenkgetriebe über ein Schaltgetriebe mit vier Gängen und können im Lenkgetriebeteil die Lenkdrehzahlen in zwei Stufen („Gänge“) erzeugt werden, so stehen im Bereich zwischen Geradeausfahrt und dem Fahren sehr kleiner Kurvenradien 2 x 4 = 8 feste Lenkübersetzungen zur Verfügung, die annähernd verlustfrei gefahren werden können. Der entscheidende Vorteil der Überlagerungs-Lenkgetriebe gegenüber den älteren Konstruktionen besteht darin, dass die Kurvenfahrt nicht durch schlupfende Lenkorgane mit entsprechend hohen Verlusten erreicht wird, sondern getriebeintern durch einen Schaltvorgang, bzw. Erzeugen einer Lenkübersetzung zwischen den beiden Triebrädern realisiert wird. Erst durch diese Konstruktion ist es möglich gewesen, die Lenkbarkeit
Quelle: ZF
Der entscheidende Fortschritt bei der Lenkgetriebeentwicklung für Kettenfahrzeuge wurde im Jahr 1921 durch die Konstruktion des ersten Überlagerungs-Lenkgetriebes für den französischen Panzer CHAR B-1 erreicht. Während bei den bislang aufgezeigten Bauarten das Schalt- und das Lenkgetriebe in Reihenschaltung – d.h. hintereinander - angeordnet waren, sind bei einem Überlagerungslenkgetriebe Schalt- und Lenkgetriebe parallel zueinander angeordnet (Bild 6). Im Gegensatz zu den bislang behandelten Bauarten können beim Überlagerungs-Lenkgetriebe im Bedarfsfall beide Getriebeteile Antriebsleistung vom Motor aufnehmen. So nimmt bei Geradeausfahrt nur das Schaltgetriebe Leistung vom Motor auf und erzeugt durch eine entsprechende Gangauswahl die geforderten (Vorwärts-) Drehzahlen der Triebräder. Bei Einleiten einer Kurvenfahrt durch den Fahrer erhält nun auch das Lenkgetriebe eine Antriebsleistung und erzeugt für die beiden Triebräder eine sog. Lenkdrehzahl. Beide Drehzahlen werden in sog. „Summierungsgetrieben“ (Planetengetriebe) zusammengeführt. Dabei sorgt die Lenkdrehzahl an der kurveninneren Triebradwelle für eine Reduzierung der Triebraddrehzahl. Im gleichen Maße sorgt die aufsummierte
Schematischer Aufbau eines Überlagerungs-Lenkgetriebes mit hydrostatischem Antrieb des Lenkgetriebeteils.
Antriebselementen zur Erzeugung der Lenkdrehzahlen erreicht werden. Damit können die (gangabhängig) fahrbaren Radienbereiche stufenlos vom Fahrer gewählt werden. In Einzelfällen wurden entsprechende Panzerfahrzeuge sogar mit normalen Lenkrädern ausgerüstet (JPz Kanone und JPz Jaguar). Ein weiterer großer Vorteil von Überlagerungs-Lenkgetrieben besteht darin, dass diese Bauart nun erstmals ein Wenden um die Hochachse ermöglicht. In dieser Funktion können Kettenfahrzeuge auf kleinstem Raum gedreht werden. Dies ist z.B. bei der Eisenbahnverladung oder bei Bewegungen in Hallen oder in technischen Bereichen von großem Vorteil.
Die Gegenwart In den 70er und 80er Jahren haben die Lenkgetriebe für Kettenfahrzeuge ihre Optimalform erreicht. Durch Integration eines Retarders wurde in einigen Getrieben die Funktion einer verschleißfreien (Dauer-) Bremse implementiert. Gegenlauf-Retarder, die den Einsatzbereich auch zu niedrigeren Fahrzeuggeschwindigkeiten erweitern, wurden erprobt. Eine serienmäßige Umsetzung ist bislang nicht erfolgt. Die Hydrostatikelemente im Lenkgetriebeteil wurden zwischenzeitlich in Kompaktbauweise ausgeführt und damit jegliche Rohrleitungen vermieden. Durch Einsatz von hydrodynamischen Kupplungen, die im Falle eines hohen Lenkleistungsbedarfs zugeschaltet werden können, konnten Baugröße und Gewicht der Hydrostatik begrenzt werden. Durch eine elektronische Regelung, welche auch die Vorgaben des Fahrers sowie den Betriebszustand des Motors mit einbezieht, konnten Automatikschaltungen realisiert werden, die in allen Fahrzuständen für optimale Betriebsverhältnisse sorgen und den Fahrer moderner Kettenfahrzeuge spürbar entlasten. Das Getriebe HSWL 295 TM von RENK stellt heute mit einem Leistungsgewicht von 2,1 kg/kW und einem Leistungsvolumen von 0,83 dm3/kW ein relatives Optimum dar. Weitere Verbesserung erscheinen
nur durch Detailoptimierungen möglich. Eine weitere Reduzierung der Baugröße würde u.a. zu einer Verringerung des Ölvolumens führen, was zu Problemen bei der Wärmeabfuhr führen könnte. Durch steigende Strömungsverluste könnte dadurch der Wirkungsgrad sinken.
Quelle: ZF
Kettenfahrzeuge
Die Zukunft Vor über hundert Jahren begann 1917 mit dem frz. Tank „St. Chamond“ die Ära des otto-elektrischen Antriebs von Kettenfahrzeugen. Seit dieser Zeit sind in vielen Staaten unzählige Versuchsträger, Demonstratoren und Prototypen gebaut worden, um in der Kraftübertragung das mechanische Getriebe durch elektrische Bauelemente zu ersetzen. Bekannt sind die Versuche in den 40er Jahren in Deutschland, bei denen der „Porsche Tiger“ und der 188 t-Panzer „Maus“ mit otto-elektrischen Antrieben ausgerüstet wurden. Immerhin wurden von dem Panzerjäger „Ferdinand“ 90 Fahrzeuge gebaut und an verschiedenen Fronten eingesetzt. Obgleich heute sowohl sehr kompakte elektrischen Maschinen (Motoren, Generatoren) mit KobaltSamarium-Permanentmagneten und auch klein bauende Leistungselektroniken zur Verfügung stehen, haben Untersuchungen im Rahmen der Vorentwicklung des Puma-Programms ergeben, dass ein diesel-elektrischer Antrieb (DEA) gegenüber einer mechanischen Lösung größer und schwerer ausfällt. Vergleichende Informationen über die Entwicklungsund Produktionskosten wurden nicht publiziert. Im Nachkriegszeitraum wurden weltweit fast dreißig Demonstratoren mit DEA gebaut und untersucht. Allein in Deutschland wurden im Zeitraum 1985 - 2005 sechs verschiedene Demonstratoren (vier RadFzg; zwei KettenFzg) mit DEA gebaut und intensiv untersucht. Nach Ausgaben von ca. 70 Mill. Euro wurden nach 20 Jahren Entwicklungsarbeit alle weiteren Aktivitäten abgebrochen – ohne dass es zu einer praktischen Anwendung, bzw. einer serienmäßigen Umsetzung dieser Technologie in einem
Schematischer Aufbau eines Überlagerungs-Lenkgetriebes mit hydrostatischem Lenkantrieb, der bei hohem Lenkleistungsbedarf durch zuschaltbare hydrodynamische Kupplungen unterstützt werden kann.
Landfahrzeugprogramm der Bundeswehr gekommen ist. Ab dem Jahr 2002 wurde auf der WTD 41 in Trier ein umfassender Prüfstand aufgebaut, der einen DEA für ein 50 t-Kettenfahrzeug (1.100 kW) repräsentieren sollte. Im Laufe der Untersuchungen konnten wertvolle Erkenntnisse über Baugröße, Gewichte und den notwendigen Kühlaufwand sowie das Betriebsverhalten der Elektrik/Elektronik gewonnen werden. Bei einer Betriebsspannung von 750 V traten Ströme bis über 1.000 A auf, deren thermische Beherrschung eine größere Herausforderung darstellte. Im Hinblick auf die Entwicklung der Kraftübertragung bei zukünftigen Kampffahrzeugen wird erwartungsgemäß der Einsatz einer hybriden Antriebstechnik diskutiert. In der Werbung der Automobilindustrie wird der Hybridantrieb insbesondere für Stadtautos propagiert, da diese Antriebsform gerade hier mit einem geringeren Kraftstoffverbrauch (auch geringere Emissionen) sowie einer geringeren Lärmentwicklung 81
Elektromotor M 56 des SIL-Prüfstandes bei der WTD 41 mit dem dazugehörigen Elektronik-Rack (100 kg). Der Motor hat einen Durchmesser von 1.040 mm und wiegt 800 kg. Zu beachten ist der Kabelaufwand. Für den Antrieb der beiden Triebräder sind zwei dieser gezeigten Aufbauten nötig.
Speichern mit hoher Energiedichte in einem Kampffahrzeug aus? • führt die EAT zu operationellen Vorteilen, bzw. ergeben sich durch die EAT neuartige Funktionalitäten mit taktischer Relevanz, durch die das Verlassen des risikoärmeren Quelle: GDLS
punkten kann. Bei der Auswahlentscheidung der Antriebstechnologie für zukünftige Kampffahrzeuge spielen sicherlich eine Vielzahl von Aspekten eine Rolle – wie z.B.: • wie hoch ist bei Verwendung einer elektrischen Antriebstechnik (EAT) bei dem typischen Einsatzprofilen, bzw. unter einsatznahen Randbedingungen der tatsächliche Verbrauchsvorteil? • führt die EAT bei dem Gesamtsystem zu einem spürbaren Gewichtsund Volumenvorteil? Als eine gewisse Messlatte könnten hilfsweise die spezifischen Werte des Getriebes HSWL 295 TM (Technologiestand: Anfang der 90er Jahre) herangezogen werden. Wie verhalten sich die Entwicklungs- Beschaffungs- und Nutzungskosten? • wie verhält sich Nutzen : Aufwand bei dem Aspekt der Rückgewinnung der Bremsenergie bei einem gepanzerten Kettenfahrzeug unter Berücksichtigung der hohen Laufwerks- und Fahrwiderstände? • lohnt der Volumen/Gewichts/ Kostenaufwand beim Einsatz von Batterien/Speichern unter Berücksichtigung der darstellbaren Leistungs- und Energiedichte? Welches Gefährdungspotenzial geht von
Quelle: Archiv Autor
Kettenfahrzeuge
8x8 Demonstrator AHED von GDLS aus dem Jahr 2002. Das Fahrzeug wurde mit großem Aufwand weltweit demonstriert und propagiert – bis heute hat sich kein einziger Kunde für diese Technologie gefunden… 82
Pfades bei der evolutionären Weiterentwicklung der konventionellen und bewährten Technologie gerechtfertigt werden könnte? Hier kann ein Blick auf den Verlauf der US-Entwicklungsprogramme FCS (1999 – 2009) und GCV (2010 – 2014) hilfreich sein. Bei diesen Programmen war für alle Fahrzeugvarianten ein hoch innovativer Hybridantrieb vorgesehen. Auch eine sorgfältige Analyse des Betriebs- und Ausfallverhaltens sowie des Materialerhaltungsaufwands hochbelasteter und leistungsfähiger Komponenten der Elektrik und Elektronik in modernen Kampffahrzeugen sollte in einen derartigen Entscheidungsprozess einfließen. Bei den Entscheidungen für den Einsatz von meist hochrisikobehafteten Zukunftstechnologien („Game Changer“) oder dem Einsatz eher evolutionär weiterentwickelter bewährter Technologien stellen sicherlich technisch-wirtschaftliche Kriterien, bzw. Betrachtungen bezüglich Nutzen: Aufwand eine große Rolle. Darüber steht aber immer das wichtigste Entwicklungsziel: nämlich die Realisierung eines truppen-, einsatzund kriegstauglichen Waffensystems!
DST Defence Service Tracks GmbH
Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied Mobilität in schwierigstem Gelände zählt unbestreitbar zu den Schlüsselfähigkeiten von Kettenfahrzeugen. Unabdingbar hierfür ist eine Auswahl an Laufwerkskomponenten, welche eine perfekt aufeinander abgestimmte Einheit bilden. Hierzu gehören die Kette selbst, die Triebkränze, Lauf- und Umlenkrollen sowie deren Verträglichkeit zum Gesamtsystem. eit über 60 Jahren arbeitet die DST Defence Service Tracks GmbH mit Herstellern von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen sowie Streitkräften auf der ganzen Welt zusammen. 1959 begann DST mit der Herstellung von Ketten für die Fahrzeuge der in Deutschland stationierten Besatzungsmächte. Die ersten neuen Ketten wurden für die neuen Schützenpanzer, Panzerjäger, Haubitzen und Raketenträger der deutschen Bundeswehr entwickelt, welche die seit 1955 eingesetzten amerikanischen Fahrzeuge ersetzten. Der nächste große Durchbruch gelang mit der Eigenentwicklung der DST Stahlsystemkette für den Kampfpanzer Leopard 1, mit dem patentierten Quick-Fit® System für austauschbare Laufpolster. Fortan konnten Laufpolster sicher, schnell und unkompliziert getauscht werden, ohne sie durch zusätzliche Verschraubungen befestigen zu müssen. Mehr als 100 verschiedene Kettentypen sind seitdem entwickelt, produziert und in verschiedenen Armeen weltweit eingeführt worden. Alle Kettenfahrzeuge der Bundeswehr fahren auf DST Ketten. Ob für den 3 Tonnen leichten Waffenträger Wiesel 1 mit 64 kW oder den 70 Tonnen schweren Kampfpanzer Leopard 2 A7V mit über 1100 kW, DST Ketten sorgen für eine optimale Übertragung der Motorleistung auf jegliches Terrain und garantieren so eine konkurrenzlose Effizienz, Mobilität und Traktion. Bereits in der Konzeptionsphase begleitet die DST Beschaffungsbehörden und Systemhäuser. Sie bringt bei den Bestrebungen neue Fahrzeuge zu entwickeln oder Bestandsfahrzeuge aufzuwerten die gesamte Erfahrung in der Auslegung der Ketten mit ein.
Studien zur möglichen Verwendung alternativer Werkstoffe oder völlig neuartigen Kettentechnologien unterstreichen den Willen der DST ihre Produkte stetig zu verbessern und dem Nutzer die bestmögliche Lösung zur Verfügung zu stellen. Die damit verbundenen Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Langlebigkeit erfüllt die DST aus dem eigenen, hohen Anspruch durch eine kontinuierliche Verbesserung der eigenen Produkte und die laufende Anpassung der Produktionsprozesse nach letztem Stand der Technik. Hierbei wird auch jede Komponente im Fertigungsprozess einer 100%-igen Prüfung unterzogen.
tralen Kette. Diese neue Kette 464 F ist abwärtskompatibel und kann ohne Anpassungen auf allen Puma verwendet werden. In Eigeninitiative entwickelt die DST für den Leopard 2 A7V (70t) die neue Leichtgewichtskette DLT 571, die für das Gesamtsystem einen Gewichtsvorteil von fast 450 kg bedeutet. Darüber hinaus kann die bestehende Beschränkung der Laufleistung auf 4.000 km für die Kette 570Z entfallen. Der Marder 1A5 ist im Rahmen der Nutzungsdauerverlängerung ebenfalls auf die Kette des Puma gestellt worden. Dadurch konnte das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs angehoben wer-
Schützenpanzer Puma mit DST Kette „DLT 464“
Kampfpanzer Leopard 2 A7 mit DST Kette
So begleitet die DST z.B. die anstehende konsolidierte Nachrüstung des Schützenpanzers Puma mit einer angepassten Kette. Die Fahrzeuge, die dann dem VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) Stand entsprechen werden, haben, inkl. Aufwuchspotential, ein auf 45 t gestiegenes Maximalgewicht. Das Limit der aktuelle Kette 464 E des Puma liegt jedoch bei 43 t. Die DST trägt dem gestiegenen Kampfgewicht des Fahrzeugs und den damit verbundenen Anforderungen an die Kette in jeder Hinsicht Rechnung. Die Verwendung eines alternativen Werkstoffes ermöglichte die Realisierung einer gewichtsneu-
den. Durch die Vereinheitlichung der Ketten von Marder und Puma entstehen zudem Synergien in Logistik und Beschaffung, die helfen die Ressourcen der Bundeswehr sinnvoll und ökonomisch einzusetzen. Das weltweite Netzwerk von Kooperationspartnern, sowie der weltweit agierende Kundendienst sorgen für einen direkten Draht zum Nutzer, wo auch immer er sich befindet. So kann DST über die gesamte Lebensdauer des Produkts das höchste Maß an Unterstützung bieten.
Fotos: KMW
S
DST – THE BASE FOR YOUR FLEET 83
Kettenfahrzeuge
Aktuelle Aspekte zur Kampfpanzerentwicklung Rolf Hilmes Ein Blick auf die internationale Kampfpanzerentwicklung zeigt wenige Neuentwicklungen und eine größere Anzahl an Kampfwertsteigerungs-/Modernisierungsprogrammen von eingeführten Fahrzeugen.
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2025 - 2027: Gesamtsystemdemonstratorphase, ab 2028: Realisierungsphase, ab 2035: Einführungsphase. In der Technologiedemonstratorphase sollen mögliche Technologien auf deren Wirksamkeit, Entwicklungsrisiken, Erfüllungsgrad und Kosten untersucht werden. Das Gesamtsystem könnte z. B. aus einer Kommandoplattform (bemannt) und mehreren Effektorplattformen (bemannt bzw. auch unbemannt) inkl. Drohnen bestehen und wird einen hohen Automatisierungsgrad aufweisen.
nteressanterweise wurden, bzw. werden in letzter Zeit in einigen Nationen auch wieder leichtere Kampffahrzeuge mit großkalibrigen Waffen entwickelt.
Neuentwicklungen Bei den Kampfpanzern (KPz) ergibt sich für den Bereich Neuentwicklungen, bzw. kurz vor der Einführung stehenden Projekten folgendes Bild.
Mit dem deutsch-/französischen MGCS-Programm wird ein Systemansatz – bestehend aus bemannten und unbemannten Elementen – verfolgt. Die Einführung der ersten Systeme ist ab 2035 geplant; das MGCS sollen den KPz Leopard 2, bzw. Leclerc ablösen. Das Programm läuft seit dem Jahr 2013. Seitdem wurden gemeinsame militärische Forderungen an Hand von ausgewählten taktischen Kleinlagen (Vignetten) erarbeitet. Daraus wurden die funktionalen und technischen Forderungen für das System abgeleitet. Derzeit besteht folgende Zeitplanung: 2019 - 2025: Technologiedemonstratorphase; Bau von Teilsystemdemonstratoren (z.B. für die Bereiche: Wirkung/ Effektoren, Mobilität, Schutz, Führbarkeit),
Autor: Rolf Hilmes ist Wissenschaftlicher Direktor a.D.
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Quelle: BMVg
Main Ground Combat System (MGCS)
logien sowie die Umsetzung in einen Systemverbund, müssen auch nicht triviale Fragen der industriepolitischen Kooperation, z.B. der Aufteilung von Arbeitspaketen (work sharing) geklärt und gelöst werden. Es ist schon jetzt erkennbar, dass die militärischen Forderungen zu einem System mit hohen Kosten und hohen System-Folgekosten führen wird. Mit Spannung wird die notwendige, einvernehmliche Lösung bezüglich der Exportphilosophie zwischen Deutschland und anderen europäischen Staaten erwartet. Auch eine Lösung der Frage nach dem „Know-
MGCS – deutscher Konzeptvorschlag. Mit Führungsfahrzeug, bemannt und PzK, Robotik-Plattform mit Hyper-Velocity Missiles, Robotik-Plattform mit Laser und Drohnen, Robotik-Plattform mit PzK
Dabei dürften einige Funktionen durch künstliche Intelligenz (KI) unterstützt werden. Eine besondere Herausforderung dürfte in der Forderung nach Funktionssicherheit im CyberRaum (cyber war) bestehen. Neben den anspruchsvollen und vielfältigen technischen Forderungen inkl. gemeinsame Auswahl der geeigneten Techno-
how“ – und Technologie-Transfer zwischen den einzelnen Nationen dürfte sich als sehr herausfordernd erweisen. Um im Laufe der Projektbearbeitung ein Scheitern des Projektes zu vermeiden, bedarf es gegenüber der heutigen Situation in vielen Bereichen des Projektmanagements eines Paradigmenwechsels.
KPz Altay Nach einem euphorischen Start des Programms im Jahr 2007 – bei dem die ersten vier Prototypen 18 Monate früher als geplant, geliefert werden konnten – wurde der Beginn der Serienfertigung für 2017 festgelegt. Überraschenderweise gab es in der Endphase des Programms dramatische Verzögerungen, nachdem die türkische Regierung beschlossen hatte, die Serienfahrzeuge nicht mehr mit dem deutschen Euro-Power-Pack auszurüsten, da eine Lieferung der deutschen Baugruppen aufgrund der Embargo-Bestimmungen der Bundesregierung ab dem Jahr 2019 unterbrochen wurde. Panikartig soll die Türkei dann bei 20 internationalen Motor- und Getriebeherstellern nach kurzfristig verfügbaren Alternativlösungen angefragt haben. Da die Umfrage zu keiner Lösung geführt hatte, beschloss man, den Auftrag national zu vergeben. Nach kurzer Zeit musste die Firma TÜMOSAN im Jahr 2016 zugeben, dass sie das Entwicklungsziel nicht erreichen wird. Daraufhin wurde BMC mit der Entwicklung des Triebwerks beauftragt. BMC hat jedoch schon angekündigt, dass frühestens im Jahr 2022 mit einem fertigen Triebwerk gerechnet werden könne. Und dabei steht noch immer die Frage im Raum, ob dieses Triebwerk dann am Ende die erforderlichen Funktions- und Leistungsnachweise bestehen wird. Inzwischen hat Fa. BMC eine Vereinbarung mit den südkoreanischen Firmen Doosan und S&T Dynamics über die Lieferung des K 2-Triebwerks für den KPz Altay getroffen. Während der südkoreanische Motor fertig entwickelt ist, bereitet das Getriebe noch weiterhin technische Probleme. Insofern ist die Zukunft des KPz Altay völlig ungewiss.
KPz T-14 Armata Die ursprünglich im Jahr 2015 geäußerten Visionen zur Produktion von mehreren tausend Fahrzeugen ab dem Jahr 2020 wurden spätestens im Jahr 2018 von der Realität einFoto: Archiv Autor
Prototyp des KPz Altay aus dem Jahr 2016.
intensiver Bemühungen – keine Exportkunden gefunden werden. Eine spezielle Wüstenversion des K 2 wurde vor einigen Jahren in Oman vorgeführt. Im Jahr 2020 wurde auf der Rüstungsmesse in Kielce (Polen) ein speziell für Polen modifiziertes Modell (K 2 PL) - mit 7 Laufrollen und einem Gefechtsgewicht von ca. 60 t - vorgestellt. Hier hegt man große Hoffnungen für eine rüstungstechnische Partnerschaft, da Polen vor zwei Jahren bei dem Versuch, an dem Programm MGCS zu partizipieren, die kalte Schulter gezeigt wurde.
KPz K 2 Black Panther Eine ähnliche Entwicklung hat auch der süd-koreanische KPz K 2 Black Panther hinter sich, nachdem Süd-Korea wohl aus Gründen des Nationalstolzes, wie auch im Hinblick auf die Abwicklung von erwarteten Exportaufträgen beschlossen hatte, für die Serienfertigung auf das deutsche Euro-Power-Pack verzichten zu können. Während die Prototypen des K 2 noch mit dem kompletten deutschen Triebwerk ausgestattet waren, versuchte die südkoreanische Firma Doosan Infracore mit dem 12-Zyl.-Dieselmotor DV27K den deutschen Motor MT 883 von Fa. MTU zu ersetzen. Ebenso sollte das deutsche Getriebe HSWL 295 TM von Fa. RENK durch das Getriebe EST15K von Fa. S&T Dynamics ersetzt werden. Hierbei ergaben sich bei der Entwicklung beider Komponenten
Aktuelle Version des südkoreanischen KPz K 2 Black Panther.
unerwartet Probleme, so dass das 1. Los (100 Fahrzeuge) ab 2014 weiterhin mit dem deutschen Triebwerk ausgeliefert wurden. Bis zur Fertigung des 2. Loses ergab sich im Zeitraum 2017-2019 eine Unterbrechung der Produktion. Ab 2020 wurden die 106 Fahrzeuge des 2. Loses zwar mit dem südkoreanischen Motor – jedoch mit dem deutschen Getriebe HSWL 295 TM ausgeliefert, da das südkoreanische Getriebe noch immer erhebliche Zuverlässigkeits- und Lebensdauerprobleme aufwies. Nun besteht die Hoffnung, das geplante 3. Los (110 Fahrzeuge) in Zukunft komplett mit dem südkoreanischen Triebwerk auszuliefern. Aufgrund der Komplexität des K 2 und den zusätzlichen Entwicklungsaufwendungen dürfte der K 2 mit einem Stückpreis von ca. 8,8 Mill. US-$ der derzeit teuerste KPz sein. Daher konnten für das Fahrzeug bislang – trotz
geholt, hier wurde mit dem Konzern Uralvagonzavod in Nizhniy Tagil ein erster Produktionsvertrag über 132 Fahrzeuge (T-14, T-15 und T-16) abgeschlossen. Hierbei soll es sich nach russischen Angaben um einen ersten Foto: Archiv Autor
Foto: OTOKAR
Kettenfahrzeuge
Prototyp des russischen KPz T-14 Armata 85
Kampfwertsteigerungs- und Modernisierungsprogramme Für den Bereich der Kampfwertsteigerungs- und Modernisierungsprogramme ergibt sich folgende Lage. 86
KPz Leopard 2 A7V / Leopard Ax In Deutschland befindet sich der KPz Leopard 2 nunmehr seit 41 Jahren in der Nutzung. Im Zeitraum 2019 – 2023 läuft die Umrüstung von 104 KPz auf die Version Leopard 2A7V. Unter anderem durch die Verstärkung des Bugschutzes der Wanne werden diese Fahrzeuge insbesondere für Einsätze im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung ertüchtigt. Weiterhin kann bei dieser Version nun auch der Fahrerraum gezielt gekühlt werden. Die dafür erforderlichen Teile der Kampfraumkühlanlage wurden im Raum der ABC-Schutzbelüftungsanlage in der Kettenschulter untergebracht. Die neue ABC-Schutzbelüftungsanlage baut kleiner und ist zusammen mit der Kampfraumkühlanlage für den Turmbereich im Turmheck platziert. Der Fahrer erhielt mit dem System Spectus am Bug und Heck eine leistungsfähige Anlage, welche ihm das Fahren unter Schutz bei Tag und bei Nacht ermöglicht. Die Kette und das Seitenvorgelege wurden im Hinblick auf das gestiegene Gefechtsgewicht angepasst. Aufgrund der Erkenntnisse von Gefechten in Nordsyrien wurde kurzfristig beschlossen 17 KPz Leopard 2 (= ein Kompanie-Äquivalent) mit dem israelischen Hard-Kill-System Trophy auszurüsten. Hierzu werden 17 Türme der Version Leopard 2 A6A3 mit dem Schutzsystem ausgestattet und auf neu zu bauende Fahrgestelle in der A 7-Konfiguration aufgesetzt. Die Auslieferung der Fahrzeuge soll im Zeitraum 2024/2025 erfolgen. Da mit einer Nutzungszeit des KPz Leopard 2 bis zum Jahr 2040 gerechnet wird, muss für die restlichen 15 Jahre Nutzungszeit das Fahrzeug nochmals ein Modernisierungsprogramm angedacht werden, bei dem auch die Beseitigung von Obsoleszenzproblemen
Foto: KMW
Leopard 2 A7V – Demonstrator aus dem Jahr 2018.
Musterumrüstung eines KPz Leopard 2 mit dem abstandsaktiven Schutzsystem Trophy.
eine wichtige Rolle spielen werden („Leopard Ax“). Darüber hinaus können u.a. eine Teil-Digitalisierung der Feuerleitanlage, die Laserfähigkeit des PERI, die Adaption einer fernbedienbaren Waffenstation und die Adaption eines abstandsaktiven Schutzsystems erwogen werden. Die Umrüstung auf die z.Zt. in Entwicklung befindliche 130 mm-PzK dürfte allein aus Kostengründen nicht zur Debatte stehen. KPz Challenger 2 (CR 2) In Großbritannien befindet sich der KPz CR 2 im 31. Nutzungsjahr. Nach Foto: Rheinmetall
„experimental batch“ handeln. Es erscheint – allein schon aus Kostengründen – sehr unwahrscheinlich, dass der KPz T-14 in Zukunft der StandardKPz russischen Panzertruppen werden wird. Dem Vernehmen nach soll der Hersteller (Fa. Uralvagonzavod) einen Stückpreis von bis zu 6,5 Mill. US-$ angegeben haben. Es kann daher angenommen werden, dass mit den neuen Fahrzeugen in den nächsten Jahren zwei Bataillone ausgerüstet werden, um in einer Art Truppenversuch die neuen Konzeptmerkmale und Funktionalitäten auf ihre Praxis- und Kriegstauglichkeit hin zu untersuchen. Die Erkenntnisse könnten dann in zukünftige Entwicklungen einfließen. Nachdem im Jahr 2015 nach dem ersten Auftauchen des T-14 ARMATA das Fahrzeug in vielen Medien als „der Wunderpanzer“ deklariert wurde, ist in der Zwischenzeit die Euphorie einer sachlicheren Bewertung gewichen. Zweifelsfrei bietet der T-14 der Besatzung in dem Kompaktkampfraum im Bug eine sehr gute Überlebenswahrscheinlichkeit. Andererseits weist das Fahrzeug durch den geringen Panzerschutz des Turmes eine relativ hohe „Firepower-Kill-Wahrscheinlichkeit“ – und damit eine recht hohe MissionsAusfallwahrscheinlichkeit auf. Zudem begünstigt der im Zentrum liegende Munitionsraum mit fehlenden Ausblasflächen („blow-off-panels“) eine hohe „Total-Kill-Wahrscheinlichkeit“. Weitere Probleme ergeben sich bei dem Konzept durch die hohe Komplexität (Automatisierungsgrad) und die fehlenden Notbetriebsmöglichkeiten für wichtige Grundfunktionen sowie die fehlende „situational-awareness“ für die Besatzung bei Ausfall von Kameras und Monitoren. Hier wird in einigen Jahren mit Interesse zu beobachten sein, wie die russische Panzertruppe diese Problembereiche im Vergleich zu der verbesserten Überlebensfähigkeit der Besatzung gewichtet und bewertet.
Foto: KMW
Kettenfahrzeuge
Demonstrator des Challenger 2 mit 120-mm-Rh-Glattrohrkanone und neuem Turm.
KPz Leclerc XLR Der KPz Leclerc befindet sich heute im 28. Nutzungsjahr. Das Fahrzeug wurde bereits während der Produktion (in drei Serien) ständig moderni-
Foto: Archiv Autor
Prototyp des KPz Leclerc XLR aus dem Jahr 2016.
siert. Auch während der Nutzungszeit wurde mit der Version Leclerc AZUR (Action en Zone Urbaine; Variante für MOUT-Einsätze (Military Operations in Urban Terrain) – Orts- und Häuserkampf) eine modernisierte Version vorgestellt (die bislang aber nicht in einer Serie umgesetzt wurde). Im Jahr 2015 wurde im Rahmen des ScorpionProgramms für den KPz Leclerc ein umfassendes Modernisierungsprogramm beschlossen. Die Verbesserungen dieser als Leclerc XLR bezeichneten Version betreffen vorwiegend den Schutz und die Führbarkeit. Die Zusatzpanzerung am Bug und an den Seiten soll insbesondere gegenüber der Bedrohung durch PanzerabwehrHandwaffen und Sprengfallen (IED; Improvised Explosive Devices) einen besseren Schutz bieten. Darüber hinaus erhält diese Version das neue Führungssystem SICS, um eine Kompatibilität mit den anderen Elementen und Fahrzeugen des Scorpion-Programms zu erreichen. Es ist die Umrüstung von 200 KPz und 18 Bergepanzern im Zeitraum 2020 bis 2028 geplant. KPz M 1 Abrams In den USA befindet sich der KPz M 1 Abrams seit 40 Jahren in der Nutzung. Das Fahrzeug wurde in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich modernisiert und im Kampfwert gesteigert. Im Januar 2020 erhielt GDLS den Auftrag zur Umrüstung von 274 Fahrzeugen zur Version M 1 A2C. Unter anderem erhielt diese Version einen verbesserten Schutz, durch den das Gefechtsgewicht auf 73,6 t gestiegen ist. Sofern bei dieser Version auch das abstandsaktive Schutzsystem Trophy adaptiert wird, so ist mit einer nochmaligen Gewichtserhöhung um 2,3 t zu rechnen. Eine Version M 1 A2D befindet sich in der Planung (geplante Einführung: ab 2024), hierbei sollen
Foto: Archiv Autor
einer 20-jährigen Ruhezeit reiften im Jahr 2020 die ersten Überlegungen für ein Modernisierungsprogramm. Die weiteren Entwicklungen in der Folgezeit waren geprägt von finanziellen Problemen und den daraus resultierenden Verzögerungen im Programmablauf. Erst im Jahr 2004 befasste man sich ernsthafter mit Überlegungen zum Ersatz der 120-mm-Zugrohrkanone L 30 A1 durch die deutsche 120-mm-Glattrohrkanone L/55. Nach dem Einbau einer derartigen Waffe im Jahr 2005 konnten im Jahr 2006 die Schießversuche erfolgreich abgeschlossen werden. Danach erfolgte wieder eine lange Pause im Programmablauf. Schließlich musste aufgrund zunehmender Obsoleszenzprobleme das Modernisierungsprogramm im Jahr 2015 notgedrungen wieder aufgenommen werden. Zur Umsetzung wurden Angebote verschiedener Unternehmen eingeholt, von denen im Jahr 2016 nur noch die beiden Firmen BAE Systems und Rheinmetall in die „short-list“ aufgenommen wurden. Beide Firmen erhielten ein Fahrzeug zur Vorstellung eines GesamtsystemDemonstrators. In den letzten Jahren wurde die Zahl der umzurüstenden Fahrzeuge von 386 auf 227 reduziert; eine weitere Reduzierung auf ca. 170 Fahrzeuge wird derzeit diskutiert. Zwischenzeitlich hat Rheinmetall eine Mehrheitsbeteiligung an BAE Systems erworben, so dass heute nur noch ein Anbieter zur Verfügung steht. Der entsprechende Gesamtsystem-Demonstrator wurde im Jahr 2019 vorgestellt. Er verfügt über einen neuen Turm mit einer 120-mm-Rh-Glattrohrkanone L/55 A1 sowie eine digitale Feuerleitanlage. Aufgrund erneuter finanzieller Probleme ist eine mögliche Serienumrüstung auf das Jahr 2021 verschoben worden Im April 2021 wurde Fa. Rheinmetall tatsächlich mit der Umrüstung des KPz Challenger 2 (zum Challenger 3) beauftragt – somit findet das Vorhaben nach 16 Jahren doch noch einen erfolgreichen Abschluss!.
Demonstrator des US KPz M 1 A2 SEP v2 mit Schutzsystem Trophy.
u.a. Wärmebildgeräte der 3. Generation eingebaut werden. Planungen für ein Nachfolgesystem unter dem Begriff „Next Generation Combat Vehicle“ wurden im Herbst 2019 begonnen. Die Arbeiten zu dieser Studie sollen in diesem Jahr begonnen werden. Somit befinden sich in den USA die Planungen für ein Nachfolgesystem für den KPz M 1 Abrams – dessen Nutzung derzeit bis 2040 geplant ist – noch in einem sehr frühen Stadium.
Abschließende Bemerkungen Während die KPz der 2. Generation (Leopard 1, AMX 30 usw.) eine Nutzungszeit von ca. 40 Jahren aufwiesen, muss nun bei den Fahrzeugen der 3. Generation (KPz Leopard 2, M 1 Abrams usw.) mit einer Nutzungszeit von 60 Jahren (ggf. auch länger) gerechnet werden. Als Ursachen können einerseits das deutlich größere Wachstumspotenzial dieser Fahrzeuge und andererseits der extrem hohe Zeit- und Investitionsaufwand für die Entwicklung einer neuen Fahrzeuggeneration (MGCS usw.) vermutet werden. L 87
Kettenfahrzeuge
Schützenpanzer Puma Christoph Jansen Der Schützenpanzer (SPz) Puma hat im vergangenen Jahr erhebliche Fortschritte hinsichtlich Einsatzreife, Fähigkeitsgewinn und Einsatzbereitschaft erzielt. Zudem wird mit der Umsetzung des für die „Very High Readiness Joint Task Force“ (VJTF) 2023 deutlich verbesserten Systems Panzergrenadier (Sys PzGren) ein Meilenstein in der vernetzten Operationsführung erreicht.
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Funktionsumfang über verschiedene Maßnahmen schrittweise zu verbessern, wurden in den Folgejahren verschiedene Einzelverträge über Musterintegrationen wie beispielsweise die
Fotos: Bundeswehr
as Ergebnis ist so zufriedenstellend, dass entschieden wurde, diesen Bauzustand sukzessive auf die Gesamtflotte des 1. Loses zu übertragen. Die Verhandlungen mit der Industrie
Abschuss eines Flugkörpers aus der Waffenanlage MELLS
wurden kürzlich abgeschlossen. Sollte der Haushaltsausschuss dieses Vorhaben noch vor dem Sommer billigen, kann mit der Umrüstung umgehend begonnen werden. Der SPz Puma wurde 2015 in Abstimmung mit dem Heer zunächst mit eingeschränkter Einsatzreife (Initial Operational Capability, IOC) und mit noch nicht allen geforderten Funktionalitäten in die Nutzung übergeben, um frühzeitig ausbilden und Erfahrungen mit dem neuen Waffensystem sammeln zu können. Um die Einsatzreife und den geforderten
Autor: Technischer Regierungsdirektor Christoph Jansen ist Referent in der Abteilung Ausrüstung des Bundesministeriums der Verteidigung.
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Sichtmittelverbesserungen geschlossen. Nach aktueller Planung erfolgt im II. Quartal 2021 die Auslieferung des letzten der insgesamt 350 SPz Puma. Damit wird das Kapitel der Auslieferung des 1. Loses an die Truppe nach rund sechs Jahren abgeschlossen.
PUMA VJTF 2023 als Teil des Systems Panzergrenadier VJTF 2023 Mitte 2017 forderte das Heer mit Blick auf die NATO-Verpflichtung VJTF 2023 die Hochrüstung von 41 SPz Puma und damit eine erhebliche Verbesserung der Fähigkeiten. Auch die Ausstattung der Soldaten mit dem „Infanteristen der Zukunft – Erweitertes System“ (IdZ-ES) galt es anzupassen, um so das „System Panzergrenadier“ als engen
Wirkverbund zwischen SPz Puma und seinem absetzbaren Schützentrupp zu realisieren. Der zugehörige Vertrag „Leistungspaket System Panzergrenadier VJTF 2023“ wurde Mitte 2019 geschlossen. Die Industrie hatte dazu eigens eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) gegründet, die neben den bisherigen Herstellern des SPz Puma (PSM als Joint Venture der Firmen KMW und Rheinmetall Landsysteme) nun auch den Hersteller des IdZ-ES (Rheinmetall Electronics) einband, um die hohen Anforderungen an den Zusammenschluss von Puma und IdZ-ES umsetzen zu können. Der Vertrag umfasst neben der Hochrüstung von 41 SPz Puma und zehn (plus drei optionalen) Zugsystemen des IdZ-ES – beides aus dem Bestand der Bundeswehr – auch Ausbildungsgeräte und ein umfangreiches Logistikpaket bis Ende 2024. Gleichzeitig wurde eine Vielzahl von Nutzererfahrungen umgesetzt.
Umfangreiches Maßnahmenpaket Die Maßnahmen am SPz Puma umfassen im Wesentlichen die Verbesserung der Führungsfähigkeit durch die Einrüstung moderner, digitaler und deutlich frequenzökonomischer VHF- und UHFFunkgeräte für eine durchgängige Führung auf- und abgesessen, inklusive der benötigten Antennen und eines neuen, digitalen Schleifrings. Zudem erfolgte die Anpassung beziehungsweise Vereinheitlichung des Führungssystems auf Basis des „Battle Management Systems“ (BMS) des IdZES, das nun eine Einsatzführung bis auf Kompanieebene (zuvor Zugebene) er-
Kettenfahrzeuge möglicht. Auch der voll automatisierte Datenaustausch zum Führungsinformationssystem des Heeres – zur Anbindung an die Bataillonsebene – wird realisiert. Die Maßnahmen umfassen darüber hinaus die Verbesserung der Sichtmittel für den Kraftfahrer, inklusive Wärmebild zur Verbesserung der Einsatzfähigkeit bei Nacht und schlechter Sicht sowie der waffenführenden Sichten (Periskop und Waffenoptik), unter anderem durch Umstellung auf Farbsichten. Von großer Bedeutung ist auch die Integration der Waffenanlage Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem (WA MELLS) zur Bekämpfung von Panzern und anderen hochgeschützten Zielen. Zudem wird die noch in der Entwicklung befindliche turmunabhängige sekundäre Waffenanlage (TSWA) bereits vorgerüstet, um die spätere Adaption mit geringem Aufwand realisieren zu können. Die Maßnahmen am IdZ-ES umfassen ebenfalls die Einrüstung moderner, digitaler und deutlich frequenzökonomischerer Funkgeräte einschließlich der Anpassung des „elektronischen Rückens“.
Logistik ist sichergestellt Durch das umfangreiche Logistikpaket wird die logistische Versorgung der Systeme, mit Ersatzteilen und Sonderwerkzeugen von der Nachweisführung bis zur Ausbildung über den gesamten dreijährigen VJTF-Bereitschaftszeitraum sichergestellt. Der Vertrag beinhaltet auch die Umsetzung einer für die Zertifizierung benötigten Anfangsausstattung des Ausbildungsgeräts Duellsimulator (AGDUS) und der Realisierung der Fähigkeit zum strategischen Bahntransport der SPz Puma. Die ersten sechs SPz Puma VJTF 2023 wurden Anfang 2020 ausgeliefert und einer technischen Nachweisführung an den Wehrtechnischen Dienststellen unterzogen. Bei der anschließenden Einsatzprüfung im Sommer 2020 konnten trotz der hohen technischen Komplexität, dem enormen Zeitdruck, und nicht zuletzt auch trotz der pandemiebedingten Einschränkungen, viele Anforderungen nachgewiesen werden.
Im Rahmen des von Beginn an zielorientierten und kontinuierlichen Dialogs zwischen der Industrie, dem Heer und dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und seinen Dienststellen konnten die verbliebenen Defizite beseitigt werden. In der angeschlossenen taktischen Untersuchung im Februar 2021 konnte schlussendlich die Einsatztauglichkeit des Systems Panzergrenadier festgestellt und die Genehmigung zur Nutzung erteilt werden.
Planmäßiger Ausbildungsbeginn Bis Ende April 2021 wurden 33 SPz Puma VJTF 2023 und zehn Zugsysteme IdZ-ES ausgeliefert. Damit konnte das Panzergrenadierbataillon 112 planmäßig mit der Ausbildung für die VJTF 2023 beginnen. Derzeit wird an der Technischen Schule des Heeres die technisch-logistische Einsatzprüfung durchgeführt. Parallel werden an den Systemen bis Ende 2021 noch kleinere Anpassungen vorgenommen.
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Quelle: KMW
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Insgesamt bedeuten die umgesetzten Maßnahmen und Verbesserungen für den SPz Puma einen erheblichen Fähigkeitsgewinn und markieren damit einen maßgeblichen Meilenstein auf dem Weg zur vollen Einsatzreife (Full Operational Capability, FOC). Gleichzeitig vollzieht das Sys PzGren VJTF 2023 mit Blick auf den Bereich der vernetzten Operationsführung einen Quantensprung und wird den Einsatzwert der deutschen VJTFKräfte 2023 deutlich erhöhen.
Erfolgsmotor Zielvereinbarungen Die Einsatzbereitschaft des SPz Puma war lange Zeit durch zu wenige Ersatzteile, Sonderwerkzeuge und Systeminstabilitäten geprägt. Auch die teils un90
gleichen Bauzustände der SPz Puma sind herausfordernd, diese ergaben sich aus dem stetigen Einbringen der Erfahrungen aus Produktion und Nutzung in die weitere Produktion. In den Jahren 2017 und 2018 wurden Systeminstabilitäten im Rahmen sogenannter „Nutzungskampagnen“ systematisch analysiert, verifiziert und die Software der SPz Puma anschließend optimiert. Gleichzeitig wurden in erheblichem Umfang Ersatzteile unter Vertrag genommen und ein Ersatzteilrahmenvertrag geschlossen. Aufgrund teils langer Lieferzeiten der Hochwertbaugruppen von bis zu zwei Jahren wirken sich diese seit Mitte 2020 spürbar aus. Der Durchbruch bei der Verbesserung der Einsatzbereitschaft gelang Mitte 2020 durch eine zwischen Bundeswehr
(vertreten durch den Abteilungsleiter Ausrüstung im BMVg und das Kommando Heer) und Industrie (vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden der Rheinmetall AG und dem Geschäftsführer der KMW) geschlossene Zielvereinbarung (ZV), die aufgrund der positiven Ergebnisse und Erfahrungen für 2021 fortgeschrieben und noch erweitert wurde. Dazu wurden Schwachstellen systematisch identifiziert, bewertet und priorisiert und eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen aus unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen ganzheitlich betrachtet und in Maßnahmenpaketen gebündelt. Neben einer Verringerung von Stand- und Prüfzeiten, Verbesserungen bezüglich Verfügbarkeit und Management von Ersatz- und Austauschteilen sowie der Weiterent-
wicklung der logistischen Grundlagendaten und der Software liegt aktuell insbesondere die Verfügbarkeit ausreichender Instandsetzungsinfrastruktur und das Erreichen der hohen Einsatzbereitschaftswerte der SPz Puma VJTF 2023 im Fokus.
Einsatzbereitschaft im Fokus Infolge dieser Anstrengungen konnte 2020 die Einsatzbereitschaft binnen weniger Monate bereits von knapp 30 % auf 50 % erhöht werden. Die ZV 2021 sieht zunächst eine Stabilisierung und eine anschließende Steigerung bis Jahresende auf 60 % vor. Die Erfolge des ersten Quartals 2021 zeigen, dass die mit der ZV 2021 nochmals höhergesteckte Ziele erreichbar sind. Insgesamt konnte die Einsatzbereitschaft des SPz Puma binnen neun Monaten verdoppelt werden. Damit muss der SPz Puma den Vergleich zu anderen Hauptwaffensystemen der Bundeswehr nicht scheuen. Gleichwohl werden weiterhin alle Anstrengungen unternommen, um eine weitere und nachhaltigere Steigerung der Einsatzbereitschaft zu erreichen. Ausschlaggebend für die hinsichtlich Einsatzreife und Einsatzbereitschaft erreichten Fortschritte war insbesondere die von Beginn an ausgesprochen pragmatische und zielorientierte Zusammenarbeit aller Beteiligten des BAAINBw inklusive seiner Wehrtechnischen Dienststellen, des Heeres und der Industrie. Nur so konnten die erheblichen Herausforderungen in kurzer Zeit – trotz Einschränkungen durch COVID-19 – erfolgreich umgesetzt werden.
Konsolidierte Nachrüstung SPz Puma, 1. Los Der mit dem Konstruktionsstand „SPz Puma VJTF 2023“ erreichte Fähigkeitsgewinn und die nachgewiesene taktische Einsatztauglichkeit sowie die deutlichen Fortschritte bei der Einsatzbereitschaft aller SPz Puma bilden eine solide Basis, um die erreichten Fortschritte auf die weitere Puma-Flotte auszurollen. Hierzu sollen SPz Puma im Rahmen der sogenannten „konsolidierten Nachrüstung“ auf einen im Vergleich zum Stand „SPz Puma VJTF 2023“ nochmals verbesserten Stand „S1“ hochgerüstet werden, um diese ebenso für Einsätze operationell nutzbar zu machen und gleichzeitig den maßgeblichen Schritt zur vollen Einsatzreife (FOC) zu erreichen. Die konsolidierte Nachrüstung umfasst im Wesentlichen die bereits beim „SPz Puma VJTF 2023“ umgesetzten Maßnahmen, wie die Verbesserung der Führungsfähigkeit durch moderne Funkgeräte und die Anpassung des Führungsinformationssystems, die Verbesserung der Sichtmittel für Fahrer, Periskop und Waffenoptik, die Integration der Waffenanlage MELLS zur Bekämpfung hochgeschützter Ziele und die SPz Puma während der Vorbereitung der AdaptiEinsatzprüfung on der TSWA.
Kettenfahrzeuge Darüber hinaus beinhaltet sie: • vielfältige Verbesserungen hinsichtlich Zuverlässigkeit und Systemstabilität, Schnittstellen im Gesamtsystemkontext und Umsetzung der Erfahrungen vom SPz Puma VJTF 2023, eine Generalüberholung sowie eine optionale Auflastung für eine Gewichtsaufwuchsreserve auf 45 Tonnen und die Harmonisierung der Bauzustände,
SPz Puma Fahrt im Gelände
• p eriphere Leistungen, wie umfangreiche Ersatzteilerst- und Folgebedarfe, Sonderwerkzeuge, Lagerbehälter für Schutzmodule und Anpassungen der Dokumentation, • eine Konzeptstudie zur Untersuchung der für die vollumfängliche Einsatzreife (FOC) erforderlichen Funktionalitäten sowie Analysen zur Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit, • Regelungen bezüglich der Nutzungsrechte an der interaktiven elektronischen technischen Dokumentation (IETD) des SPz Puma. Anders als beim SPz Puma VJTF 2023 sollen beim SPz Puma im Stand „S1“ erstmalig Funkgeräte der streitkräftegemeinsamen, verbundfähigen Funkgeräte-Ausstattung (SVFuA) verbaut werden. Die ersten 23 SPz Puma S1 erhalten dazu die bereits aus dem „Lösungsvorschlag (LV) 50“ für diese Führungsfahrzeuge (FüFz) SPz Puma beschafften SVFuA. Die Funkgeräte für die weiteren SPz Puma S1 sollen über den bestehenden Rahmenvertrag SVFuA beschafft werden. Eine Entscheidung über die Funkgeräteausstattung wird im Rahmen des Rüstungsprogramms Digitalisierung Landbasierte Operatio92
nen (D-LBO) voraussichtlich bis Ende 2022 erfolgen. Das SVFuA ist interoperabel zu den im SPz Puma VJTF 2023 verbauten SDTR-VHF-Funkgeräten und bietet durch die programmierbare Wellenform und die künftige Nutzung der ESSOR-Wellenform (European Secure Software Defined Radio) eine breite Interoperabilitätsbasis, zum Beispiel zu den im Rahmen D-LBO auszuwählenden Funkgeräten. Im Rahmen des zu schließenden Vertrages kann das Heer die Ausbildung der für den Zwischenschritt 2 des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr (ZS 2 FPBw) und damit der für die „Division 2027“ geplanten Kräfte mit dem SPz Puma S1 umsetzen. Der ebenfalls zum Sys PzGren zugehörige IdZ-ES soll im Rahmen eines eigenständigen Vertrages ebenfalls angepasst werden. Die konsolidierte Nachrüstung setzt alle diese Maßnahmen im Rahmen nur eines Werksaufenthalts um. Damit werden neben wirtschaftlichen Vorteilen Nachrüstzeiten reduziert und die Verfügbarkeit der SPz Puma im Heer maximiert.
Übergreifende Bedeutung Die Umsetzung der konsolidierten Nachrüstung mit einem Vertrag bis Mitte 2021 hat eine herausragende Bedeutung auf dem Weg zum Erreichen der vollen operationellen Einsatzreife (FOC) des SPz Puma. Gleichzeitig führt die Homogenisierung der Konstruktionsstände zu einer Verbesserung der logistischen Versorgung und schafft damit eine Grundlage zur weiteren Verbesserung der Einsatzbereitschaft des SPz Puma. Auch ist die konsolidierte Nachrüstung zum Erreichen der NATO-Planungsziele und Ausrüstung der Division 2027 mit operationell einsetzbaren SPz Puma im Sys PzGren erforderlich. Darüber hinaus leistet die geplante Aufrüstung der SPz Puma einen unverzichtbaren Beitrag zum Erhalt der nationalen wehrtechnischen Kernkompetenzen auf dem Gebiet der Kampffahrzeuge, die wiederum im Kontext der Planungen bezüglich eines künftigen „Main Ground Combat System“ (MGCS) von hoher Bedeutung sind. Mit dem SPz Puma „S1“ können nahezu alle Forderungen an die FOC erfüllt
werden. Die zum Erreichen der vollen Einsatzreife erforderlichen Elemente sind im Wesentlichen die TSWA, die Umsetzung von Entscheidungen im Programm D-LBO sowie die aktuell noch in der Entwicklung befindliche „Video Managing Unit“ zur vollumfänglichen Umsetzung der Sichtmittelverbesserungen. Die TSWA befindet sich derzeit ebenfalls noch in der Entwicklung. Die Ergebnisse aller drei Elemente sollen Ende 2022 vorliegen und anschließend umgesetzt werden, sodass die volle Einsatzreife des SPz Puma für 2025 avisiert wird. Das 2. Los SPz Puma wurde im Rahmen der Änderung der Fähigkeitsforderung vom 2. September 2019 anerkannt und ist erforderlich, um den ZS 3 des FPBw zu erreichen. Die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung des 2. Loses, wie die erfolgreiche Einsatzprüfung des SysPzGren VJTF 2023 sowie eine signifikante Erhöhung der Einsatzbereitschaft, liegen vor. Es ist beabsichtigt, dass zunächst einmal die konsolidierte Nachrüstung beauftragt wird. In einem weiteren Schritt ist in 2022 über die Beschaffung eines 2. Loses SPz Puma zu entscheiden.
Fazit Zusammenfassend lässt sich sagen: Die frühe Einführung des SPz Puma stellte die Bundeswehr und die Industrie in den vergangenen Jahren vor vielfältige Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich der eingeschränkten Nutzbarkeit durch die noch im Aufbau befindliche Logistik, Systeminstabilitäten und die noch nicht vorhandene operative Einsatzreife des SPz Puma. In den vergangenen Jahren wurden dank guter Zusammenarbeit aller Beteiligten und hoher Anstrengungen signifikante Fortschritte hinsichtlich Einsatzbereitschaft und operativer Einsatzreife beim SPz Puma gemacht. Die Umsetzung des Systems Panzergrenadier VJTF 2023 stellt dabei einen besonderen Meilenstein in der vernetzten Operationsführung – auch im internationalen Vergleich – dar. Der SPz Puma ist damit auf der Zielgeraden. Nun kommt es darauf an, diese Fortschritte im Rahmen der konsolidierten Nachrüstung auf die Puma-Flotte auszubringen und damit den technisch veralteten SPz Marder durch ein modernes und zukunftsfähiges Waffensystem L abzulösen.
Kettenfahrzeuge
Gepanzerte Pioniermaschine fördert die Landmobilität Gerhard Heiming Die Pioniere unterstützen die Kampftruppe weit vorn, indem sie deren taktische Beweglichkeit aufrechterhalten oder verbessern, zu ihrem Schutz beitragen und Bewegungen eines militärischen Gegners hemmen und kanalisieren.
um Fördern der Bewegungen eigener Truppen räumen die Pioniere Kampfmittel und beseitigen Hindernisse und Trümmer. Wege und Straßen werden bei Bedarf zu Marschstraßen verstärkt und wiederhergestellt. Dazu gehört auch das Herstellen von Zuund Abfahrten an Gewässerübergängen oder Uferzonen und das Befahrbarmachen von Gewässergrund. Gegnerische Kräfte werden durch zeitlich begrenzte oder dauerhaft unpassierbar gemachte Geländeabschnitte, Straßen und Brücken in ihren Bewegungen gehemmt oder in bestimmte Abschnitte gelenkt (kanalisiert), um das Erreichen der gegnerischen Ziele zu verhindern. Zum Schutz der Truppe vor allem gegen direktes Feuer legen die Pioniere Stellungen für Kampffahrzeuge an, die bei Bedarf zur Führung des Feuerkampfs bezogen werden. Um für diese Aufgaben gerüstet zu sein, müssen die Pioniere über die gleiche Beweglichkeit und den gleichen Schutz wie die Kampftruppe verfügen. Daher nutzen die Panzerpioniere als gepanzerte Arbeitsmaschinen Pionierpanzer. Nicht nur in Deutschland sind Pionierpanzer auf dem Fahrgestell von Kampfpanzern aufgebaut.
Pionierpanzer Kodiak Die deutschen Pioniere erhalten ab 2023 neue Pionierpanzer 3 Kodiak, die die seit Ende der 1980er Jahre eingesetzten Pionierpanzer 2A1 Dachs ablösen werden. Im Mai 2021 hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) mit Rheinmetall einen Vertrag zur Lieferung von 44 Pionierpan-
Foto: Heiming
Z
Der Pionierpanzer 3 Kodiak ist speziell nach den Anforderungen der Pioniertruppe entwickelt. Im Mittelpunkt stehen das verstellbare Planierund Räumschild, der Knickarmbagger in der Mitte der Fahrzeugfront und die Doppelwindenanlage.
zern Kodiak mit einem Volumen von 295 Millionen Euro abgeschlossen. Die Panzer werden von Rheinmetall Landsysteme hergestellt und zusammen mit Mess- und Prüfmitteln, Ersatzteilerstbedarf und Sonderwerkzeugen im Zeitraum 2023 bis 2029 ausgeliefert. Hinzu kommen Lehrgänge für Ausbildungs- und Instandsetzungspersonal und Ausbildungsmittel. Der Kodiak wird auf dem Fahrgestell des Kampfpanzers Leopard 2 A7V realisiert. Damit wird eine weitgehende logistische Gleichheit mit dem Bergepanzer 3 Büffel und den Kampfpanzern erreicht. Die Bundeswehr stellt 44 Leopard 2 A4 Fahrgestelle bereit. Die Wanne bringt den notwendigen Grundschutz gegen Beschuss, Splitter und Minen und wird nach Entfernen des Turms im vorderen Teil so ausgebaut, dass eine geschützte Kabine für die Bediener, zusätzliche Geräte und
Ausrüstung entsteht. Der Antriebsstrang wird auf den Standard Leopard 2 A7V angepasst. Der bewährte Dieselantrieb von MTU mit 1.100 kW liefert die Energie für die Mobilität und den Betrieb der überwiegend hydraulisch betätigten pioniertechnischen Arbeitsgeräte. Hierfür stellt eine von einer digitalen Steuereinheit kontrollierte Hydraulikeinheit mit einer Axialkolbenpumpe den notwendigen Hochdruck-Ölstrom zur Verfügung. Die am Nebenabtrieb des Hauptmotors angeflanschte Axialkolbenpumpe läuft im Leerlauf sehr verlustarm. Ein Hilfsaggregat zur Energieerzeugung (Auxiliary Power Unit) liefert bei Bedarf die elektrische Energie, ohne dass der Hauptmotor in Betrieb ist und versorgt zugleich die Kampfraumkühl- und Heizanlage. Die Kombination MTU-Diesel und elektrohydraulisches Renk-Getriebe stellt 93
Kettenfahrzeuge
Fähigkeiten Herausragendes Merkmal des Kodiak ist der in der Mitte der Fahrzeugfront positionierte dreiteilige Baggerarm. Damit kann der Bediener mit dem Bagger zu beiden Seiten gleichermaßen bei maximalem Schutz arbeiten. Das Mittelarmkonzept bietet der Besatzung bei Baggerarbeiten einen guten Überblick und ermöglicht den Fahrzeugeinsatz auch in Engstellen. Die minimale Abhängigkeit des Arbeitsbereichs von der Fahrzeugausrichtung vereinfacht und verkürzt den Einsatz und trägt so zum Schutz und zur Sicherheit der Soldaten bei. Der leistungsstarke Knickarmbagger lässt sich darüber hinaus auch zum Anheben und Versetzen von Lasten einsetzen. Bei voller Reichweite von neun Metern kann der Arm bis zu 3,5 Tonnen heben. Über eine hydraulisch betätigte Schnellkupplung mit Hydraulikanschlüssen für verschiedene Baggerwerkzeuge wie Universalgreifer, Hydraulikhammer und Betonschere können die Werkzeuge unter Panzerschutz getauscht werden. Auf dem Heckträger kann das Fahrzeug bis zu zwei zusätzliche Baggerwerkzeuge transportieren. Der Kodiak verfügt über ein 1,11 Meter hohes Räumschild mit hydraulischer Schnitt- und Neigungswinkel- sowie
Foto: Rheinmetall
sicher, dass der Kodiak den heutigen hochmobilen Gefechtsverbänden uneingeschränkt folgen kann und führt zu einer Höchstgeschwindigkeit von 68 km/h auf festem Untergrund.
Beim Herrichten von befestigten Wegen spielt der dreiteilige Knickarmbagger an der Mitte des Fahrzeugs seine Reichweite und Kraft aus. Dank Kameras kann die Steuerung auch unter Panzerschutz erfolgen.
Höhenverstellung, das von 3,42 m auf 4,02 m verbreitert werden kann. Reißzähne zum Aufbrechen harter Oberflächen sind am Räumschild angebracht. In einer Doppelwindenanlage im Frontbereich des Fahrzeugs können zwei Spillwinden unabhängig voneinander genutzt werden. Sie ermöglichen im Einsatz höchste Flexibilität bei absoluter Zuverlässigkeit. Die vergleichsweise leichten Windenseile können schnell und ohne zusätzliche Hilfsmittel oder Werkzeuge von einem Soldaten an ein Objekt herangeführt werden, wodurch der Aufenthalt außerhalb des hoch geschützten Fahrzeugs minimiert wird. Die konstante Zugkraft von maximal neun Tonnen pro Winde kann bei Bedarf mit Umlenkrollen auf 64 t verstärkt werden.
Sicht- und Schutz Ein Sichtkonzept unterstützt die dreiköpfige Besatzung, in dem Winkelspiegel und bis zu sechs Videokameras die
Technische Daten Pionierpanzer Kodiak
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Fahrgestell
Leopard 2 A7V
Antrieb
MTU-MB 873 mit 1.100 kW
Länge / Breite / Höhe
10,2 m / 3,5 m / 2,6 m
Militärische Lastenklasse
MLC 70
Schutz
Ballistischer Schutz, Minenschutz
Höchstgeschwindigkeit
68 km/h
Bagger
Schaufelvolumen: 1 m³ Reichweite, horizontal: 9 m, vertikal: 8,2 m Hubkapazität bei max. Reichw.: 3,5 t
Windenanlage
Zwei 9-t-Winden (Spill) konstante Zugkraft Kabellänge: 200 m
Planiersystem
Planierschild: Breite 3,42 m (4,02 m erweitert) zwei Aufreißer (0,3 m) variabler Schnittwinkel (24° bis 79°) variabler Neigungswinkel (+/–5°) vertikale Planierschildverlängerung
Überwachung der Werkzeuge im Einsatz ermöglichen. Die Besatzungsmitglieder können die Kamerabilder unabhängig voneinander beobachten und so pionierspezifische Arbeiten – auch den Werkzeugwechsel – durchführen, ohne die geschützte Kabine verlassen zu müssen. Die Kamerabilder ermöglichen auch die Fernsteuerung von Funktionen des Pionierpanzers. Für den Selbstschutz verfügt der Kodiak über eine Nebelmittelwurfanlage im Kaliber 76mm auf dem neuesten Stand der Technik sowie über die von Rheinmetall entwickelte fernbedienbare Waffenstation „Natter“. Die Waffenstation kann wahlweise mit einem Maschinengewehr im Kaliber 7,62 mm x 51 oder 12,7 mm x 99 (.50 BMG) ausgerüstet werden oder eine 40mm-Granatmaschinenwaffe aufnehmen.
Entwicklung Der Pionierpanzer Kodiak ist das Ergebnis einer Entwicklung nach den Anforderungen der Pioniertruppe, die Rheinmetall 2002 gemeinsam mit RUAG und der Schweizer Armee begonnen hat. Zwischenzeitlich sind 40 Kodiak in der Schweiz, Schweden, den Niederlanden und Singapur in Nutzung.
Bewertung Mit dem Pionierpanzer Kodiak erhalten die Pioniere endlich wieder eine leistungsfähige Arbeitsmaschine auf dem Stand der Technik. Universelle Fähigkeiten machen ihn zu einem wertvollen – und manchmal entscheidenden – Instrument der Operationsführung. Neben der militärischen Nutzung kann der Kodiak auch im Katastrophenschutz L eingesetzt werden.
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Landmobilität der Fallschirmjägertruppe Marcus Christoph Die Fallschirmjägertruppe bildet den Kern der infanteristischen Kräfte im System Luftbeweglichkeit. Luftbeweglichkeit von Landstreitkräften ist dabei die Befähigung, die Dimension Luft für Landoperationen im Rahmen von verbundenen Operationen zu nutzen.
H
ier sind das Ergreifen der Initiative, temporäre Wirkungsüberlegenheit durch überraschende Kräfteprojektion, eine schnelle Reaktion auf Handlungen des Feindes sowie das Agieren über weite Entfernungen essentielle Kernelemente. Die luftlandefähigen Fahrzeuge der Fallschirmjägertruppe sind grundsätzlich als modulare, vielfältige Fähigkeits- und Mobilitätsträger ausgelegt. Sie werden im Schwerpunkt in luftbeweglichen Operationen sowohl in der Landes- und Bündnisverteidigung als auch im Rahmen des nationalen Risiko- und Krisenmanagements als Beitrag zum Schutz deutscher Staatsbürger im Ausland eingesetzt. Durch die Bereitstellung von Fahrzeugen in den ersten Phasen nach Luftlandung kann die Durchsetzungsfähigkeit der Fallschirmjägertruppe nachhaltig erhöht werden. Dabei spielen nicht nur Waffenträger, Sanitäts-, Führungsund Transportfahrzeuge eine wesentliche Rolle, sondern beispielsweise auch Pioniergerät, um durch Instandsetzung oder Ertüchtigung von Landebahnen die Voraussetzungen zum Anlanden von Folgekräften zu schaffen. Somit ist das bestimmende Funktionsmerkmal für alle taktischen Fahrzeuge der Truppengattung die Lufttransportfähigkeit als Innen- und Außenlast mit einem schweren Transporthubschrauber und die Fallschirmabsetzbarkeit aus Transportflugzeugen.
Autor: Oberstleutnant Marcus Christoph ist im Amt für Heeresentwicklung II 2 (1), Gruppe Infanterie, Teamleiter Team Fallschirmjäger.
Gerade die Fähigkeit zur Fallschirmabsetzbarkeit von Fahrzeugen stellt eine essentielle Fähigkeitsforderung dar, über die die Fallschirmjägertruppe letztmalig mit den ersten Versionen der Kraftkarren in den 1970er-Jahren verfügte. Die dargestellten Kernforderungen stehen zwangsläufig in Konkurrenz zu Forderungen nach Schutz, Zuladung und Bewaffnung. Dem tragen die perspektivisch ausgerichteten Planungen des Heeres Rechnung.
Die aktuellen Luftlandeplattformen und Herausforderungen in der Nutzung Wiesel 1 und 2 Die seit den 1990er-Jahren in der Bundeswehr genutzten Waffenträger Wiesel 1 haben sich in den Varianten Maschinenkanone 20 Millimeter und Panzerabwehrlenkflugkörper TOW (Tube-launched, Optically-tracked,
Wire-guided) über Jahrzehnte bewährt. Sie erhöhen die Durchsetzungsfähigkeit der Fallschirmjägertruppe deutlich. Die Fähigkeit zur direkten taktischen Feuerunterstützung und der hochmobilen und weitreichenden Panzerabwehr wurden mit Einführung der Systeme deutlich gesteigert. Der Nachfolger der Waffenträger Wiesel 1, der „luftbewegliche Waffenträger“, wird nach derzeitiger Planung im Jahr 2027 in die Truppe eingeführt. Somit besteht die Notwendigkeit, die vorhandenen Waffenträger für eine verlängerte Nutzungsdauer zu ertüchtigen. Im Rahmen der derzeit stattfindenden Nutzungsdauerverlängerung wird u.a. ein blockbarer Dämpfer (zum präziseren Wirken mit der Maschinenkanone 20 Millimeter) realisiert. Die Waffenanlage TOW weicht dem moderneren MELLS (Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem) und alle Fahrzeuge erhalten ein digitales
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Waffenträger Wiesel 1 MK. 95
?????? Fire Support Coordination Team“ (JFSCT) ergänzt. Die Sanitätsfahrzeuge der Baureihe erhalten zudem eine Rüstsatzanpassung, die das signaturarme Betreiben der Sanitätsgeräte ohne Energieversorgung durch den Antriebsmotor gewährleistet. Zusätzliche Pufferbatterien ermöglichen schließlich eine Patientenversorgung während des Marsches.
Waffenträger Wiesel 1 TOW.
Führungs- und Informationssystem. Zusätzlich werden die Maschinenkanonen sowie die Aufklärungsfahrzeuge der Luftlandeaufklärungskompanien mit einer neuen, zeitgemäßen Optik ausgestattet. Gleichzeitig soll (soweit dies das Gesamtgewicht zulässt) das Schutzniveau der Waffenträger verbessert werden. Insgesamt wird der Wiesel 1 durch diese Maßnahmen für weitere Jahre für Übung und Einsatz zur Verfügung stehen und zudem mit seiner weltweit unvergleichlichen Mobilität und Wirkung als innenlastfähiges, leicht gepanzertes Fahrzeug überzeugen. Die Wiesel 2 in der Version “Bewegliche Befehlsstelle“ bleiben bis zur Ablösung durch die neue Luftlandeplattform ebenfalls in Nutzung. Die
bestehende Fahrzeugflotte wird im kommenden Jahr durch die neuen Varianten „Pioniererkunder“ und „Joint
Einsatzfahrzeug Spezialisierte Kräfte Mungo und Mungo Mehrzweck Die Familie des „Einsatzfahrzeug Spezialisierte Kräfte“ (ESK) Mungo wurde in den Jahren 2005 bis 2011 in die Bundeswehr eingeführt. Aufgrund des modernen Konstruktionsstandes bleiben diese Fahrzeuge ohne weitere investive Maßnahmen bis mindestens 2030 in Nutzung.
ESK Mungo.
Ausblick: Taktisches, luftlandefähiges Utility Terrain Vehicle
Wiesel 2 Sanitätstrupp. 96
Die Fallschirmspezialzüge der Fallschirmjägerregimenter werden ab 2021 mit sogenannten Utility Terrain Vehicle (UTV) ausgestattet. Bei diesem Typ handelt es sich um geländegängige Kleinfahrzeuge, die bis zu vier Personen transportieren können und eine Zuladung von bis zu 500 Kilogramm ermöglichen. Das UTV wird mit dem in Nutzung befindlichen selbststeuernden Lastengleitfallschirmsystem aus Transportflugzeugen absetzbar sowie als Innen- und Außenlast mit Transporthubschraubern verbringbar
Zukünftige Luftlandeplattformen Das Gesamtprojekt „Luftlandeplattformen“ zielt auf eine Ablösung der luftlandefähigen Radfahrzeuge sowie der Wiesel 1 und 2 ab. Hier wird das Ziel verfolgt, vor allem die Nachfolgegeneration luftlandefähiger Fahrzeuge mit einheitlicher Plattform zu rüsten. Grundsätzlich sind zwei Luftlandeplattformen geplant: Eine mit Radfahrwerk (Unterstützungsfahrzeug) und eine mit Kettenlaufwerk (Gefechtsfahrzeug/Luftbeweglicher Waffenträger). Nach heutigem Stand wird die Division Schnelle Kräfte ab dem Jahr 2027 beginnend mit Unterstützungsfahrzeugen (zehn Rüstsatzvarianten) ausgestattet. Zur Vermeidung von Doppelausstattungen, Reduzierung des Ausbildungsaufwandes und zur Steigerung der Flexibilität ist zudem geplant, alle Varianten mit Anschlussmöglichkeiten für „Rucksackfunkgeräte“, Leistungsverstärkern und Antennensätzen auszustatten. Auf fest installierte Führungsmittel wird somit verzichtet. Dadurch wird auch der administrative Aufwand zum Konfigurieren der einzelnen Fahrzeuge minimiert. Die Kompatibilität mit der nächsten Generation von Führungsmitteln der Bundeswehr ist somit gewährleistet, Kosten werden signifikant reduziert. Die Luftlandetruppe ist in dieser Konfiguration ab- und aufgesessen uneingeschränkt in der Lage, im gesamten Entfernungsspektrum alle relevanten Kommunikationsräume abzudecken. Die Ausstattung mit einem Luftbeweglichen Waffenträger ist wesentlicher Teil des Projektes „Luftlandeplattformen“. Ähnlich der aktuellen Fahrzeuggeneration Wiesel 1 werden die Luftbeweglichen Waffenträger zukünftig ebenfalls in zwei Varianten (Maschinenkanone und Panzerabwehr) ausgeplant. Derzeit wird
Konzept Luftbeweglicher Waffenträger
unter anderem die Integration einer 27-Millimeter-Maschinenkanone, eines Mehrfachwerfers MELLS, eines aktiven und geteilten Kettenlaufwerkes sowie eines elektrischen Antriebes untersucht. Dementsprechend ist keine Fähigkeitslücke im Bereich der direkten taktischen Feuerunterstützung und der hochmobilen und weitreichenden Panzerabwehr absehbar.
Zukunftsentwicklung Der landbewegliche Transport wird im Wesentlichen durch verschiedene Rüstsatzvarianten der Luftlandeplattform gewährleistet. Auch wenn diese Fahrzeuge zukünftig mit Lastenabsetzsystemen aus Transportflugzeugen verbracht werden können, besteht dennoch der Bedarf, die taktische Mobilität der abgesessen kämpfenden Kräfte durch leichte Systeme zu erhöhen. Die Fallschirmjägertruppe ist oft extremen physischen Belastungen ausgesetzt. Diese resultieren im Wesentlichen aus dem Transport von Mit der Panzerabwehrwaffe TOW auf Wiesel 1 können die Soldaten bis auf 3.750 m wirken.
schweren Waffen, Munition, Verpflegung und der persönlichen Ausrüstung. Diese zusätzliche Ausrüstung kann im abgesessenen Einsatz nur bedingt durch die Luftlandeplattform transportiert werden. Hauptsächlich sind hier die Luftlandemörserzüge und die schweren Fallschirmjägerzüge mit Panzerabwehrlenkflugkörpersystem MELLS und Granatmaschinenwaffe betroffen. Aber auch der Aspekt des Transportes von Verwundeten bzw. von sonstigem Material stellt die abgesessenen Soldatinnen und Soldaten vor Herausforderungen und bindet nachhaltig Kräfte. In diesem Kontext hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr mit Unterstützung der Gruppe Infanterie des Amtes für Heeresentwicklung eine Studie zum Einsatz von marktverfügbaren, unbemannten bodengebundenen Landfahrzeugen zur Unterstützung von abgesessen kämpfenden Kräften durchgeführt. Sowohl Handhabung, taktischer Nutzen als auch die Bedienbarkeit und Interaktion zwischen Soldat und unbemanntem System wurden im Rahmen der Studie als auch im praktischen Versuch äußerst positiv bewertet. Perspektivisch wird ein solches System den Einsatzwert der abgesessen kämpfenden Fallschirmjäger nachhaltig steigern. Dabei sollen die Systeme sowohl teleoperiert (fernbedienbar) als auch teilautomatisiert den abgesessenen Fallschirmjägern folgen können. Das Projekt befindet sich gegenwärtig im Initiativstatus mit einer geplanten Realisierung im Jahr 2027. L Foto: Bundeswehr
sein. Somit erhält die Luftlandetruppe eine verbesserte taktische Mobilität, um gerade in den ersten Phasen von luftbeweglichen Operationen das Einsatz- und Wirkungsspektrum deutlich zu erweitern.
Quelle: IABG
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Demonstrator nimmt Formen an Nachfolgemodell für den Wiesel André Forkert Seit 30 Jahren setzt die Bundeswehr den Wiesel als Plattform für unterschiedliche Zwecke ein. Längst sollte das Nachfolgemodell bei den deutschen Streitkräften eingeführt werden. Darauf muss allerdings noch gewartet werden. Deshalb setzt die Bundeswehr jetzt auf eine Runderneuerung.
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z. T. von anderen UN-Truppen als „Pocket Tank“ bezeichnet wurde. Schon bei der Entwicklung waren die technischen Anforderungen sehr hoch. Vor allem ging es darum, dass nicht unnötig viel Material benötigt wurde. So sollte Gewicht gespart werden. Eine der grundlegenden Forderungen damals wie heute war und ist es, dass der Wiesel in
Foto: DSK/Forkert
er Wiesel ist seit 1990/92 als leicht gepanzerte Kettenfahrzeugplattform in der Bundeswehr eingeführt. Dort wird er als Aufklärungs-, Führungs-, Wirkungs- und Unterstützungssystem genutzt. Es gibt ihn in zwei Grundformen als „kleiner“ Wiesel 1 (2,75 bis 3,30 Tonnen) und als größeren Wiesel 2 (4,1 bis 4,78 Tonnen).
heutigen Bedürfnissen und dem Stand der Technik angepasst werden. Das umfasst vor allem die Bereiche Schutz, Ergonomie, Führungssystem, Beobachtungsmittel sowie viele kleinere Bereiche. Ziel ist es, das System bis mindestens 2030 zu nutzen. Als eine der ersten Maßnahmen wurde das System MELLS (Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörper-System) von EuroSpike integriert. Es ersetzt das Waffensystem TOW (Tube Launched Optically Tracked Wire Command-link Guided Missile). Derzeit plant das Heer mit 196 Fahrzeugen. Die Verteilung sieht ca. 2/3 MK 20 mm, ca. 1/3 Panzerabwehr-Waffenträger Wiesel 1 (MELLS) sowie 16 Fahrzeuge Aufklärung vor.
Nutzungsdauerverlängerung
Der Wiesel MK 20 mm während der Übung Green Griffin 2019 der Division Schnelle Kräfte, die 20-mm-Kanone wird ersetzt durch die stärkere BK-27 (27 mm), dank der Waffenstabilisierung steigt die Ersttrefferwahrscheinlichkeit – auch aus der Bewegung.
Der Waffenträger Wiesel 1 ist die Feuerunterstützungsplattform der Infanterie, vor allem der Fallschirmjägerkräfte. Er zeichnet sich durch seine Lufttransportfähigkeit, seine hohe Mobilität im Gelände und seine Feuerkraft aus. Nach 30 Nutzungsjahren wird eine grundlegende Runderneuerung nötig, die zum einen Maßnahmen der Materialerhaltung, zum anderen den Austausch von Teilen beinhalten. Das Fahrzeug wirkt von außen einfach und klein, so dass der Wiesel 1993 in Somalia von Somalis und
Autor: André Forkert ist freier Redakteur.
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einem Hubschrauber CH-53 transportiert werden kann. Eigentlich sollte seit 2020 eine neue Generation Luftlandefahrzeuge eingeführt werden, doch bisher wurde noch kein Beschaffungsvorhaben eingeleitet. Somit wird der Wiesel 1 auch in Zukunft noch gebraucht. Das Heer hat sich als Folge der Truppenreduzierung schon mit dem Planungsamt der Bundeswehr über die Aussonderung eines Teils der Wiesel 1 geeinigt. Diese Fahrzeuge werden „kannibalisiert“, um mit den dadurch gewonnenen Ersatzteilen die restliche Flotte auftragsgerecht zu erhalten. Darüber hinaus sollen die ursprünglich angedachten Fähigkeiten aber auch den
Ursprünglich war geplant, dass die Entwicklung der nötigen Schritte zur Nutzungsdauerverlängerung des Wiesel 1 im Jahr 2017 beginnen, die dann bis 2019/20 umgesetzt sein sollten. Doch die Nutzungsdauerverlängerung wurde im Zusammenhang mit der Instandhaltung erst im Dezember 2018 ausgeschrieben. Im Vorfeld wurden durch die Flensburger Fahrzeugbau GmbH (FFG) bereits drei Prototypen entwickelt. Kernelemente der Nutzungsdauerverlängerung sind die Verbesserung der Geräusch- und Vibrationssignatur und des Schutzes sowie die Optimierung der Gewichts- und Energiebilanz. Dies betrifft die Fahrwerkskomponenten, den ballistischen Schutz, den Minenschutz, die Beseitigung von Obsoleszenzen bei der Waffenanlage sowie das Führungsinformationssystem, die Beleuchtung, die Batterien und Verbesserungen der Ergonomie sowie des Arbeitsschutzes. Der Auftrag besteht weiter aus der Lieferung eines
für die Variante Maschinenkanone (MK) wird bei rund 4,5 Tonnen liegen. Damit wird eine der wichtigsten Forderungen nach Luftverlastbarkeit erfüllt. Ein MTH (Mittlerer Transporthubschrauber) könnte immer noch ein Fahrzeug, ein Schwerer Transporthubschrauber zwei Fahrzeuge als Innenlast transportieren. Natürlich ist der „LuWa“ auch außenlastfähig. Die Besatzung des Waffenträgers wird aus zwei Soldaten bestehen. Der Wiesel hatte bisher ebenfalls zwei Soldaten in der MK-Variante (Fahrer, Kommandant/Richtschütze) sowie drei in der TOW-Variante (Fahrer, Kommandant, Richtschütze). Generalunternehmer für den Demonstrator ist die ACS Armoured Car Systems GmbH aus Derching bei Augsburg. ACS ist für das Konzept verantwortlich, fertigt das gesamte Fahrgestell und integriert den Turm. Die Rheinmetall Waffe Munition (RWM) 20 mm MK 20 Rh 202 Kanone (20x139 mm) des Wiesel MK wird ersetzt durch die stabilisierte Rheinmetall BK-27 (27x145 mm). Die einläufige Revolverkanone mit fünf Patronenkammern und
Wiesel-Nachfolger „LuWa“ Der Wiesel soll bei den Fallschirmjägern durch den luftbeweglichen Waffenträger (LuWa) ersetzt werden. Die Jägerverbände werden künftig mit dem schweren Waffenträger Boxer mit der 30-mm-Maschinenkanone des Puma ausgestattet. Jetzt wurden erstmals Einzelheiten zum Prototypen des luftbeweglichen Waffenträgers bekannt. Das Gewicht
Foto: R
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Grafik: ACS
Die BK-27 ist schon bei der Luftwaffe und der Marine in Nutzung, jetzt wird sie erstmals für Landsysteme eingesetzt.
So ähnlich wird der LuWa-Demonstrator aussehen, neben der Bordkanone wird es ein koaxiales Maschinengewehr geben, beides wird aus der Wanne und damit unter Schutz bedient, der fernbediente Turm mit der Möglichkeit zum Durchstieg erhöht die Handlungsmöglichkeiten des Fahrzeugkommandanten.
verschiedenen Munitionsarten wird bei der Bundeswehr schon genutzt, unter anderem als Marineleichtgeschütz 27 mm oder als Bordkanone im Eurofighter und im Tornado. Insgesamt wird sie in 20 Staaten genutzt. Als koaxiale Zweitbewaffnung kann der Turm entweder das Heckler & Koch MG5 (7,62x51 mm) oder das Heckler & Koch MG4 (5,56x45 mm) nutzen. Die Waffen sind eingebaut in einem unbemannten Turm des slowenischen Herstellers Valhalla. Der Turm hat extrem kompakte Maße. Seine geringe Höhe von weniger als 400 mm reduziert zum einen die Fahrzeugsignatur. Zum anderen ermöglicht dies die Einfahrt in den Transporthubschrauber ohne Modifikationen.
Foto: Bundeswehr
Ersatzteilerstbedarfs, eines Ersatzteilvorrats, von Sonderwerkzeugen und aus der Aktualisierung der Dokumentation. Die Ausschreibung sah die Nutzungsdauerverlängerung der Wiesel-1-Flotte und die Instandsetzung der Instandhaltungsstufe drei mit Schadabstellung vor. Ziel ist es, dass im Rahmen dieses Auftrages der Konstruktionsstand vereinheitlicht wird, sodass am Ende statt neun Varianten des Wiesel 1 nur noch vier Varianten existieren, die dann bis mindestens 2030 genutzt werden können. Das Besondere bei diesem Auftrag ist die Kombination von Nutzungsdauerverlängerung und Instandhaltung/-setzung.
Ein Wiesel als Last in einer CH-53, auch beim Nachfolger ist die Luftlandefähigkeit einer der existenziellen Fähigkeitsforderungen, sowohl als Außen- und Innenlast, in einer CH-53 oder einem Schweren Transporthubschrauber.
Neben den Waffen kann er, abhängig von der Konfiguration des Fahrzeuges, bis zu 210 Patronen 27x145 mm und 1.000 Schuss MG-Munition aufnehmen. Anders als beim Wiesel wird die Waffenanlage hier aus der Wanne und damit unter Schutz bedient. Auch die Beseitigung eines Munitions-Staus, das Nachladen oder die Gefechtsfeldbeobachtung erfolgen unter Schutz. Zudem wurden ein Notausstieg und eine Dachluke integriert. Valhalla ist für die gesamte Waffenanlage verantwortlich, die Kanone wird durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) beigestellt. Im Bereich der taktischen Mobilität werden Fähigkeiten wie eine verbesserte Agilität und Geländegängigkeit, eine rein elektrische Schleichfahrt, Notlaufeigenschaften, automatisierte Kolonnenfahrt und eine Erhöhung der Durchhaltefähigkeit gefordert. Letzteres wird unter anderem durch eine eingebaute Fahrfunktion für beide Bediener oder die automatisierte Kolonnenfahrt umgesetzt. Bei allen Fähigkeiten ist natürlich der Gesichtspunkt der Gewichtsreduzierung zu berücksichtigen, denn der hohe Grad an Luftbeweglichkeit darf nicht gefährdet werden. Umgesetzt wird das ganze durch den Einsatz von Leichtbaukomponenten, einem Hybridantrieb und einem geteilten Laufwerk. Der Prototyp erhält eine Gliederkette. Es wird aber für das spätere Fahrzeug über ein Gummiketten-System nachgedacht. Das geteilte Laufwerk stammt von der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH. Der Vorteil ist zum einen die Erhöhung der Mobilität, ein stabileres Fahrverhalten durch eine größere Anpassung an die Geländekontur sowie eine Erhöhung der L Restmobilität. 99
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Merkmale moderner militärischer Logistik-Lkw Gerhard Heiming Im modernen Gefecht, das durch Operationen in ausgedehnten Räumen gekennzeichnet ist, gehört die Logistik, basierend auf leistungsfähigen Lkw, zu den Garanten erfolgreichen Handelns. Militärische Lkw profitieren von den laufenden Weiterentwicklungen ziviler Lkw, benötigen
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uverlässigkeit, hohe Transportleistung, taktische Mobilität und nicht zuletzt angemessener Schutz gehören zu den zentralen Anforderungen an militärische Logistik-Lkw. Die langen, geplanten Nutzungsdauern von zehn bis zwanzig Jahren, die in der Praxis oft noch überschritten werden, erfordern ein hohes Aufwuchspotenzial. Derzeit wurde die Modernisierung der LkwFlotte mit Kapitalerhöhungen bei der BwFuhrparkService GmbH und durch Mittel aus dem 2020 aufgelegten Konjunkturprogramm der Bundesregierung erheblich beschleunigt.
Fahrzeugkategorien Der militärische Bedarf ist – gemessen in Stückzahlen – gering im Vergleich zum Ausstoß der großen Lkw-Fabriken. Daher bildet der Entwicklungsstand im zivilen Sektor den Ausgangspunkt für die Ergänzung der Fahrzeugeigenschaften entsprechend den militärischen Anforderungen. Je nach Verwendungszweck und Anpassungsbedarf können militärische Logistik-Lkw in drei Kategorien eingeteilt werden. Sind nur unwesentliche Anpassungen erforderlich, werden handelsübliche (hü) Lkw verwendet, so wie sie auf dem Markt angeboten werden. Das Anforderungsspektrum umfasst oft hohe Laufleistung auf gut ausgebauten Versorgungswegen. Schutz vor Bedrohungen wie Beschuss oder Ansprengungen wird nicht realisiert. Wegen des Verzichts auf eigene (Zusatz-)Entwicklung sind Beschaffung und Betrieb der Fahrzeuge besonders kostengünstig. 100
Foto: Rheinmetall
aber darüber hinaus spezielle Ausrüstungsmerkmale.
Die HX3-Baureihe von Rheinmetall ist der zukünftige Nachfolger der HX2Baureihe, die in zahlreichen NATO-Staaten (Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Schweden) und Australien in großen Stückzahlen eingeführt ist.
Fahrzeuge mit umfangreichen Anpassungen an den militärischen Bedarf werden als handelsüblich mit militärischer Sonderausstattung (hümS) bezeichnet. Zu den Anpassungen zählen u.a. Halterungen für militärische Ausrüstung wie Waffen und Funkgeräte sowie robuste Unterböden und Hochlegen einzelner Aggregate zur Steigerung der Eignung für Geländefahrt. Insgesamt bleibt jedoch die Fahrzeugkonstruktion unangetastet und die Fahrzeuge sind ohne Einschränkungen für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Die dritte Kategorie sind militarisierte Fahrzeuge, die von Grund auf entsprechend der militärischen Forderungen konstruiert und aufgebaut werden. Für die Herstellung werden weitestgehend erprobte und bewährte Bauteile, Baugruppen und Komponenten aus der
Großserie verwendet. Damit werden Entwicklungsrisiken vermieden, die Zuverlässigkeit gesteigert und Herstellungskosten gesenkt. Schutz der Besatzungen vor Bedrohungen auf dem Gefechtsfeld und Bewaffnung gehören zu den häufig realisierten Optionen. Militarisierte Logistik-Lkw – also die dritte Kategorie – sind Gegenstand des weiteren Artikels.
Rahmen militärischer Forderungen Neben den technischen Fortschritten bei Zivil-Lkw setzen militärische Forderungen die Impulse für die Weiterentwicklung militärischer Logistik-Lkw. Hohe Effizienz und angemessener Schutz sind die leitenden Merkmale für die Forderungskataloge, nach denen moderne
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Grundsätze Das Produktionsvolumen militärischer Lkw ist gering gegenüber dem Ausstoß der Hersteller für den zivilen Markt. Daher setzen die technische Entwicklung der Großserien-Lkw und die Erfahrungen aus dem kommerziellen Betrieb der Fahrzeuge den Rahmen für die Konzeption neuer militärischer Lkw. Fortlaufend werden im Rahmen der Modellpflege technische Neuerungen und Verbesserungen eingeführt, die in größeren Abständen zu neuen Baureihen führen. Dem gegenüber werden militärische Fahrzeuge mit geplanten Nutzungszeiten von bis zu zwanzig Jahren beschafft, sind häufig noch länger in Betrieb und erreichen bei weitem nicht die Laufleistungen der zivilen Pendants. Spezielle Entwicklungsabteilungen bei den Lkw-Herstellern widmen sich der Konstruktion militärischer Lkw. Sie nutzen den Baukasten mit im Einsatz bewährten Komponenten und Aggregaten und bauen damit Lkw entsprechend den militärischen Anforderungen auf. Dabei wirken sich Modularisierung und Standardisierung vorteilhaft auf die breite Verwendbarkeit und auch auf logistische Vereinfachung aus.
be lackiert, die lange Haltbarkeit des Rahmens garantieren. Auslegungsgröße sind mehrere hunderttausend Kilometer bei hohem Off-Road-Anteil. Auf der Innenseite der C-Profile sind die elektrischen, hydraulischen und pneumatischen Daten- und Energieversorgungsleitungen verlegt, geschützt vor mechanischen Angriffen durch Gehölze und Steine bei der Fahrt in schwerem Gelände sowie gegen Beschuss, Splitter und Ansprengungen. Bei den meisten Baureihen ist der Rahmen für alle Varianten bis auf die Länge gleich. Gelegentlich werden Verstärkungen angebracht. Im Bereich des Vorderwagens, wo Kabine, Triebwerk und weitere Aggregate die Vorderachse(n) belasten, ist der Rahmen verstärkt für die optionale geschützte Kabine (Zusatzlast rund zwei Tonnen). Der Rahmen nimmt die Verwindungen auf, die bei der Geländefahrt entstehen und stellt über torsionsfrei gelagerte, höhen- und gewichtsoptimierte Zwischenrahmen die Anschlusspunkte (z.B. Twistlocks) für die starren Ladungsträger wie Pritschen, Wechselladungsträger oder Container bereit. Container entwickeln sich derzeit zur Standardlast
über ein Hakensystem auf- bzw. abgeladen. Automatisierte Ladesysteme, wie das Automated Load Handling System (ALHS), das die australische Firma Supashock mit Rheinmetall auf dem HX2 und HX3 vorgestellt hat, können die Beladezeit im Gelände unabhängig von Verschmutzung und ungenauer Ausrichtung halbieren. ALHS kann von einer Person aus der Kabine unter Schutz bedient werden. Feste Aufbauten sind bei Neufahrzeugen selten und vor allem bei schweren Spezialfahrzeugen zu finden. In Konkurrenz zu Kettenfahrzeugen als Plattform ist das gesamte Fahrzeug auf die spezielle Funktion ausgerichtet. Aktuelle Beispiele sind 155-mm-Haubitzen, Gefechtsfeldbrücken oder Feuerleit- bzw. Überwachungsradare, die den logistischen Vorteil eines einheitlichen Basisfahrzeugs nutzen.
Moderne Kabinenausstattung Die Kabine ist Steuerzentrale und Lebensraum gleichzeitig. Das Cockpit entspricht weitestgehend der zivilen Ausführung, ergänzt durch Bedienelemente für militärische Funktionen, wie z.B. SigFoto: Iveco
Lkw für die Streitkräfte entwickelt werden. In Deutschland hat das Verteidigungsministerium im Konzept „Landmobilität der Bundeswehr“ vier Handlungsfelder erläutert, mit denen die Auslegung der Logistikfahrzeuge bestimmt wird. Die Handlungsfelder Schutz, Trennung von Mobilität und Funktionalität, Kraftstoffresilienz sowie Automatisierung und unbemanntes Fahren beschreibt Ralph Willi Jeroma im Artikel „Konzeptioneller Bedarf der Bundeswehr im Bereich Landmobilität im gesamten Aufgabenspektrum“ (siehe Seite 9).
Chassis
Das Trakker-Fahrgestell ist die Basis der Militär-Lkw von IVECO, die neben Italien und Deutschland u.a. in Österreich, der Schweiz und Frankreich verbreitet sind.
Das Chassis ist im wahrsten Sinne des Wortes das tragende Teil des Fahrzeugs. Kern sind C-Profile aus hochfestem und gleichzeitig zähem Hochleistungsstahl, die mit Querträgern zum einem torsionsarmen Leiterrahmen verschraubt werden. Die Profile werden vor der Verarbeitung mit rostschützender Far-
und werden für den Transport von Versorgungsgütern oder für die bewegliche Bereitstellung von Funktionen genutzt. Wechselladersysteme sind für den schnellen Wechsel der Ladungsträger optimiert und benötigen dafür keine externen Hilfsmittel. Die Wechselladungsträger (Racks) oder Container werden
naturmanagement (Licht, Funk). Intuitive, nutzerfreundliche Bedienung nach zivilen Standards ermöglicht auch dem Fahranfänger die sichere Beherrschung des Fahrzeugs. Schwingsitze, die mit Schutzkleidung genutzt werden können, tragen ebenso zur Durchhaltefähigkeit bei wie Klimati101
Ungeschützte Mobilität sierung mit optimierter Luftführung und integrierter Schutzbelüftung. Wesentlich ist die Bereitstellung der Infrastruktur für Kommunikation, Aufklärung, Bewaffnung und elektronische Gegenmaßnahmen. Hierzu gehören elektrische/elektronische und mechanische Schnittstellen einschließlich schwingungsgeschützter Racks für die Unterbringung der Geräte. Um die oft geforderte Bewaffnung installieren zu können, ist das Kabinendach für die Aufnahme von Lafetten, fernsteuerbaren Waffenanlagen und Schutzsystemen vorbereitet.
Antrieb
Foto: Heiming
Militärische Logistikfahrzeuge werden zurzeit ausschließlich von Dieselmotoren angetrieben. Auf absehbare Zeit ist mit einem Alternativantrieb nicht zu rechnen. Die robusten Antriebsmaschinen werden vor allem hinsichtlich des Betriebsstoffverbrauchs und der Absenkung der Emissionen weiterentwickelt. In den in Europa geltenden Abgasnormen sind Höchstgrenzen für Kohlendioxid, Partikel und Stickoxide festgelegt. Die derzeit gültige Norm Euro VI erfordert Betriebsstoffe mit hoher Qualität, die im Einsatz außerhalb Europas oft nicht erreicht wird. Daher ist in vielen Ländern Euro V die Standardanforderung.
Wenn Logistikfahrzeuge mit Euro VI-Motoren ausgestattet sind, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um Mischbetrieb zu ermöglichen. Je nach Verfahren für die Abgasreinigung müssen Baugruppen der Abgasanlage, insbesondere der Katalysator, vor und nach dem Betrieb mit Kraftstoffen geringer Qualität, wie sie auch nach dem Single Fuel-Konzept der NATO zum Einsatz kommen, ausgetauscht oder funktionsunfähig gemacht werden. Hierfür sind Umrüstkits entwickelt und werden von den Streitkräften bereitgehalten. Der Umbau durch Instandsetzungspersonal dauert einige Stunden und führt zum nichtzertifizierten Abgasbetrieb. Bei Abgasanlagen mir selektiver katalytischer Reduktion (Selective catalytic reduction, SCR), wie sie Iveco verwendet, reduziert sich der Umrüstaufwand auf wenige Handgriffe. Das Leistungsangebot der Triebwerke reicht von etwa 175 kW bis zu knapp 400 kW mit Drehmomenten zwischen 1.000 und 2.500 Nm. Automatisierte Schaltgetriebe sind Standard. Bei der Bundeswehr und einigen anderen Streitkräften werden Vollautomatikgetriebe verwendet, die Vortrieb ohne Zugkraftunterbrechung ermöglichen. Das ist besonders beim Betrieb in schwerem Gelände vorteilhaft, wo der Fahrer mit der Wahl der
Der 2019 vorgestellte Zetros NG gehört neben dem (hier nicht abgebildeten) Arocs zu den militärischen Lkw von Mercedes-Benz. Das Haubenfahrzeug war das erste geschützte Transportfahrzeug der Bundeswehr. 102
Fahrstrecke vollauf beschäftigt ist. Eine Wandlerschaltkupplung unterstützt das feinfühlige Anfahren unter schwerer Last. Gekoppelt mit einem Retarder, wie in der Turbo-Retarder-Kupplung, die z.B. Daimler und Rheinmetall in ihrem Lkw anbieten, kann Anfahren auch in schwierigen Geländesituationen sichergestellt werden.
Fahrwerk Zwei bis vier – selten fünf oder mehr – Achsen bringen über Geländereifen das Fahrzeuggewicht einschließlich Nutzlasten und die Antriebs-, Führungs- und Bremskräfte auf den Boden. Üblicherweise sind alle Achsen angetrieben. Zugmaschinen haben zum Teil nichtangetriebene Hinterachsen. Bei der Vorderachse geht die Entwicklung in Richtung 11-Tonnen-Achse. Ein Grund ist mögliche hohe Belastung durch die schwere geschützte Kabine. Die hohen Radlasten führen zu hohem Lenkwiderstand, der spezielle Lenkgetriebe erforderlich machen kann. Bei den weiteren Achsen liegt die Achslast zwischen zehn und 16 Tonnen. Eine gelenkte Hinterachse bei Vierachsern reduziert den Wendekreis und verbessert die Manövrierfähigkeit. Um die unterschiedlichen Raddrehzahlen bei Kurvenfahrt auszugleichen, sind in den Achsen Differenzialgetriebe integriert. Selbstsperrende Differenziale verhindern den völligen Zugkraftverlust an einem Rad, wenn die Untergrundverhältnisse an beiden Rädern stark unterschiedlich sind. Bei Geländefahrzeugen können die Differenziale bei Bedarf gesperrt werden. Für die Verteilung der Zugkraft auf die verschiedenen Achsen dienen Längsdifferenziale. Als Federn kommen bei militärischen Geländefahrzeugen zur Schwingungsisolierung überwiegend Blattfedern zum Einsatz. Blattfedern sind unempfindlich gegen Beschädigungen und Verschmutzung, neigen aber bei kleinen Lastwechseln aufgrund von Reibung zum Verschlechtern der Federung. In Verbindung mit Stoßdämpfern werden die notwendigen großen Radbewegungen im Gelände ermöglicht und dabei die Bodendruckkräfte erhalten, die für Spurhalten und Lenken notwendig sind.
Foto: Scania
Ungeschützte Mobilität Für Sonderanwendungen wie die oben angesprochenen Radarträger, Gefechtsfeldbrücken oder Haubitzen kommen einstellbare Feder/Dämpferkombinationen zum Einsatz, wie sie unter anderem mit aktiven Federungssystemen realisiert werden. Bei aktiver Federung werden die vom Boden eingeleiteten Kräfte genutzt, um die Federkennlinie und die Dämpfereigenschaften so zu verändern, dass Bewegungen des Aufbaus stark reduziert und gezielt beeinflusst werden. Hierfür eignen sich besonders hydropneumatische Federelemente, die von Sensoren angesteuert werden.
Schutz Durch die Veränderung der Einsatzbedingungen ist der Schutz der Besatzung stark in den Vordergrund gerückt. Geschützte Kabinen gehören zum Standardangebot bei Neufahrzeugen. Geschützte Kabinen sind aus Panzerstahl aufgebaut und auf Widerstand gegen Beschuss, Splitter und Ansprengungen ausgelegt. Hierzu gehören beschussfeste Scheiben, Entkoppelung der Sitze und Pedale vom Boden und Sicherung der am Boden befestigten Ausrüstung. Das hohe Gewicht und der hohe Preis der geschützten Kabinen führte zum bisher wenig genutzten Konzept für Wechselkabinen. Dabei ist das Chassis für die hohen Lasten vorbereitet. Aktiver Schutz, bei dem Effektoren die Wirkung von Beschuss verhindern oder zumindestens stark verringern, kann in die Kabine integriert werden. Rheinmetall hat bei der Eurosatory 2018 einen Demonstrator mit dem Active Defense System ADS vorgestellt. Aktiver Schutz wird allerdings bei logistischen Radfahrzeugen selten gefordert. Bei aktuellen Beschaffungsprojekten sind etwa ein Drittel bis zur Hälfte der Fahrzeuge mit geschützten Kabinen ausgestattet. Ungeschützte Kabinen sind oft für die Aufnahme von Schutzelementen vorbereitet (z.B. bei den ungeschützten Transportfahrzeugen, die derzeit der Bundeswehr zulaufen). Damit kann ein skalierbarer Schutz dargestellt werden. In Großbritannien können beispielsweise bis zu 95 Prozent der taktischen Lkw mit Add-on-Schutz ausgestattet werden. Ein Schutz vor ABC-Kampfstoffen wird in Verbindung mit der Klima-/
Scania setzt bei der R-Serie militärischer Lkw auf extreme Modularität zur Reduzierung des logistischen Footprints. Die Streitkräfte der skandinavischen Länder, der Niederlande und Deutschlands gehören zu Betreibern größerer Scania-Flotten.
Raumkühlanlage sichergestellt. Einerseits sind alle Tür-, Fenster- und sonstigen Öffnungen abgedichtet. Andererseits wird die Atemluft gefiltert und über die Klimaanlage bereitgestellt. Dabei wird ein Überdruck erzeugt, der einen ständigen Luftstrom nach außen erzeugt.
Fahrzeugelektronik Die elektrische/elektronische Ausstattung der modernen Lkw ist der größte Unterschied zu den Vorgängermodellen und gleichzeitig das Gebiet mit der größten Dynamik in der Weiterentwicklung. Der Markt mit kommerziellen Lkw gibt hier in besonderem Maße den Takt vor, allerdings kann nicht jede Neuerung, die für zivile Anwendungen angeboten wird, für militärische Fahrzeuge genutzt werden. Kommerzielle Lkw sind quasi ständig online mit Bluetooth, WLAN, anderen Nahbereichsfunkdiensten, Radar und Mobilfunk. In militärischen Fahrzeugen muss aber der Zustand „Sendeverbot“ hergestellt werden können, bei dem alle im elektromagnetischen Spektrum sendenden Geräte abgeschaltet sein müssen. Die NATO hat in der STANAG 4754 Vorgaben für die generische elektronische Architektur (NATO Generic Vehicle Architecture, NGVA) festgelegt, an der die Auslegung neuer Fahrzeuge gemessen wird. Kennzeichen sind die Vernetzung der Subsysteme über einen gemeinsamen Datenbus und die Steuerung über multifunktionale Bedien- und Anzeigegeräte.
Daraus ergeben sich mehrere Vorteile. Über den gut geschützten Datenbus können nicht nur die Geräte gesteuert werden. Darüber hinaus sind die Zustände der Subsysteme überall zu Steuerungs- und Überwachungszwecken verfügbar. Der Verkabelungsaufwand wird geringer, die Flexibilität zur Integration neuer Geräte steigt und der Aufwand für den elektromagnetischen Schutz sinkt. Die Verkabelung zur Energiezuführung kann von den Datenleitungen getrennt erfolgen. Dies führt zu kurzen Kabeln mit entsprechendem Gewichtsvorteil. Die steigende Anzahl elektronischer Geräte stellt hohe Anforderungen an die elektrische Energieversorgung. Die derzeitige Bordspannung von 24 Volt wird voraussichtlich nicht verändert. Mit höherer Spannung (z.B. 48 Volt) sinkt der Strombedarf der Geräte und damit der notwendige Leitungsquerschnitt sowie das Gewicht für die Verkabelung. Hochleistungsgeneratoren liefern 120 A bis 180 A. Als Option werden auch 340 A bis 400 A angeboten, das sind bei 24 V bis zu 9,6 kW. Als Energiespeicher setzen sich Lithium-Ionen-Akkumulatoren mit Kapazitäten über 110 Amperestunden (entspricht 2,6 kWh) durch. Kennzeichen sind hoher Spitzenstrom z.B. für den Anlassvorgang und hoher Dauerstrom für die kontinuierliche Versorgung der elektronischen Geräte auch bei Stillstand des Motors. Damit wird auch die Energieversorgung von externen Verbrauchern z.B. im Aufbau möglich. Die neuen Akkus bringen nur noch ein 103
Viertel der von Blei-Akkus verschiedener Bauarten bekannten Gewichte auf die Waage. Nachteilig sind Leistungseinbußen bei niedrigen Temperaturen und zusätzliche Gefahren bei Beschuss. Aufgrund der weitgehenden Digitalisierung der Geräte und Fahrzeugaggregate liegen die Schnittstellen zur Steuerung der Geräte vor. Auf diese Schnittstellen kann zugegriffen werden, um verschiedene Missionsmodi (z.B. Blackout -› Tarnmodus) einzustellen und Autonomiefunktionen zu realisieren.
Bedienung Die Fahrzeugbesatzung soll sich beim Betrieb des Lkw darauf konzentrieren, Fahrweg und Fahrgeschwindigkeit in Abhängigkeit von Gelände und (feindlichem) Umfeld zu wählen. Für alle anderen Funktionen stehen Fahrerassistenzsysteme zur Verfügung. Antriebsschlupfregelung im Gelände ist besonders schwierig, weil praktisch an jedem Rad unterschiedliche Verhältnisse herrschen, die sich zudem noch schnell ändern können. Elektronische Antriebsschlupfregelung (Automatic Traction Control, ATC) oder Automatisches Antriebsstrangmanagement (Automatic Drivetrain Management, ADM) steuern die Differenzialsperren an allen Achsen und optimiert damit die Zugkraftverteilung zur Verbesserung der Mobilität. Das von Volvo entwickelte und von Arquus in Lkw der neuesten Generation angebotene ATC reduziert darüber hinaus ohne Eingriff des Fahrers den Betriebsstoffverbrauch und den Reifenverschleiß zugunsten der Verminderung des Wartungsbedarfs und damit des logistischen Fußabdrucks. Das ADM, wie es beispielsweise Iveco in militärischen Geländefahrzeugen verwendet, regelt in Abhängigkeit vom Schlupf an den Rädern alle Differentiale, um jederzeit die höchstmögliche Traktion zu gewährleisten. Mit vorausschauendem Fahren kann die Geländenutzung stark verbessert werden. Basierend auf aktuellen Karten und unter Einbeziehung ortsbezogener Darstellung weiterer Informationsquellen (z.B. Luft- und Satellitenbilder, Steigungskarten, Höhenlinien) wird das Fahrzeugverhalten simuliert und dem Fahrer eine Route vorgeschlagen. Ein solches Off-Road-Fahrerassistenzsys104
Foto: Arquus
Ungeschützte Mobilität
Die Neuentwicklung ARMIS steht in der Tradition militärischer Lkw von Arquus. Ausgerichtet an französischen Forderungen, geht das Fahrzeug in den Wettbewerb zur Ausstattung der Armée de Terre.
tem hat CPA ReDev 2020 bei der Forschungskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik vorgestellt. Schleuderschutz, Tempomat, Abstandskontrolle, Spurhaltung und Notbremsunterstützung sind eher für die Fahrt auf befestigten Straßen von Bedeutung, führen aber bei weiträumiger Verlegung zu erheblicher Entlastung des Militärkraftfahrers. Diese besonders im zivilen Bereich verbreiteten Assistenzsysteme sind Komponenten, mit denen der Weg zum autonomen Fahren beschritten werden kann. Während die Assistenzsysteme schon fast zur Standardausstattung heutiger Lkw gehören, sind sie im militärischen Bereich noch nicht weit verbreitet. Als Folge der Digitalisierung sind aber Schnittstellen und zum Teil auch die Aktuatoren verfügbar, mit denen alle Autonomiestufen bis zur vollen Autonomie realisiert werden können. Bisher noch wenig entwickelt ist der Einsatz von Kameras, um die zahlreichen Rückblickspiegel zu ersetzen. Die Spiegel ragen weit aus der Fahrzeugsilhouette heraus und sind besonders im Gelände mit Bewuchs stark gefährdet. Mit einem 360°-Kamerasystem können Seiten-, Front- und Heckflächen und die Umgebung beobachtet werden. Gefahrloses Rückwärtsfahren ohne Einweiser wird möglich. Mit Nachtsichtfähigkeit der Kameras könnte das Leistungsvermögen der Lkw weiter gesteigert werden.
Wartung/Instandsetzung Militärische Fahrzeuge erreichen häufig nur geringe Fahrleistungen von unter 10.000 km/Jahr. Daher sind Standschäden häufiger als die Abnutzung im Betrieb. Vorbeugender Instandhaltung kommt daher besondere Bedeutung zu, damit die
Fahrzeuge in der tatsächlichen Nutzungsperiode zuverlässig funktionieren. Verschleißträchtige und für die Funktion entscheidende Aggregate wie Motor, Getriebe, Bremsen können unter Ausnutzung der Digitalisierung mit Überwachungssystemen (Health and Usage Monitoring System, HUMS) versehen werden, um Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit von Fahrzeugen sicherzustellen. Damit können Betriebsdaten gesammelt und zusammen mit den Daten der Fehlerspeicher ausgewertet werden. Im Rahmen des Flottenmanagements kann die Nutzung der Lkw so gesteuert werden, dass sie für definierte Einsatzprofile und -dauern bereitgestellt werden können, ohne dass Routineinstandsetzung fällig wird. Die Industrie bietet die Übernahme des Flottenmanagements an und garantiert ein festgelegtes Maß an Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Damit wird einerseits militärisches Personal gespart. Andererseits ist die Industrie nahe an der Nutzung und kann unmittelbar Erfahrungen sammeln und in die Entwicklung neuer Fahrzeuge mit verbesserter Zuverlässigkeit einfließen lassen.
Schlussfolgerungen Moderne militärische Fahrzeuge bieten Mobilität an den Grenzen der Physik. Digitalisierung und Modularisierung ermöglichen die Individualisierung der Fahrzeuge entsprechend den militärischen Forderungen. Durch Nutzen der Erfahrungen aus der Produktion und Betrieb ziviler Großserien-Lkw stehen für militärische Fahrzeuge erprobte und robuste Baugruppen zur Verfügung, mit denen leistungsfähige militärische Fahrzeuge entstehen. L
SAXAS Nutzfahrzeuge Werdau GmbH
Schnittstelle zur Nutzlast Stephan Mayer, Henning Schütz, Nico Boden Funktionalität und Mobilität sind in modernen logistischen Fahrzeugsystemen vereint. Leistungsfähige und sichere Schnittstellen von SAXAS zwischen dem Chassis vom Lkw-Hersteller und der Ladung gewährleisten die geforderte Flexibilität.
D
ie SAXAS-Gruppe, mit Hauptsitz im zentral-sächsischen Werdau zählt europaweit zu den bedeutendsten Herstellern von Aufbauten und Anhängern für den Verteilerverkehr, sowie für nicht-zivile logistische Systeme. Zur Gruppe zählen, neben dem Mutterunternehmen SAXAS Nutzfahrzeuge Werdau GmbH, der Komponentenhersteller FZL 3D GmbH, sowie das separate Beschichtungswerk am Standort Crossen bei Gera.
Fotos: SAXAS
Der Kern der Geschäftstätigkeit liegt in einer sehr hohen Eigenfertigungstiefe für alle Metallkomponenten, sowie einer starken Entwicklungskompetenz als Teil der eigenen Wertschöpfungskette. Die hohe Fertigungstiefe gepaart mit professionellem Engineering sind Hauptbausteine für unseren Erfolg. Modernste Produktionsmöglichkeiten im Stahlbereich (hohe Kompetenz in automatisierter Fertigung von hochfesten Stahl-Großbaugruppen), als auch der anschließende Korrosionsschutz in eigener Pulverbeschichtungsanlage, machen große Stückzahlen für höchste Produkt-anforderungen erst möglich. Auf dieser Basis wurde in den letzten zehn Jahren der Auf- und Ausbau des eigenständigen Geschäftsfeldes rund um Pritschenaufbau mit Bordwänden und hydraulisch betätigter Ladeklappe für 20 Tonnen Nutzlast die nicht-zivile Radfahrzeuglogistik konZum in Bauweise und Ausstattung sequent und nachhaltig vorangetrieben. auf Kundenanforderungen zugeschnitAktuell verfügt die SAXAS-Gruppe tenen Produktprogramm gehören, nicht nur über einen breit aufgestellten neben Wechselverkehrsausrüstungen Produktbaukasten für Verteidigungs(Containerrahmen) für den Transport logistik und Hilfsorganisationen, sondern unterschiedlichster Behälter mit ISO- auch über eine speziell ausgerüstete FerSchnittstelle auch Komplettlösungen tigung zur effizienten Herstellung der wie Pritschenaufbauten mit Bordwänden Komponenten in gleichbleibend hoher und (bei Bedarf) Planen/Spriegel sowie Qualität. Insbesondere letztere wurde Kofferaufbauten und Abrollplattformen. und wird durch Kundenaudits und Zertifizierungen regelmäßig bestätigt. Mit diesen Referenzen ist es SAXAS Autoren: in den letzten Jahren bereits gelungen, Stephan Mayer, Henning Schütz viele tausend Aufbauten, bzw. Komund Nico Boden sind Geschäftsplettsysteme erfolgreich an namhafte führer der SAXAS Nutzfahrzeuge Beschaffungsbehörden weltweit zu lieWerdau GmbH. fern. Gleichzeitig konnten wir weitere
Kunden in anspruchsvollen NATO-Großprojekten von unserer Leistungsfähigkeit überzeugen und somit ein fortgesetztes Wachstum des nicht-zivilen Geschäftsfeldes für die nächsten Jahre konsolidieren. Unsere renommierten Endkunden wissen insbesondere den hohen Grad an Know-how im Projektmanagement und die Professionalität unseres ILS-Teams zu schätzen. Trotz, oder gerade wegen, bereits erreichter Erfolge wird das Produktprogramm auch zukünftig stetig weiter ausgebaut, verbessert und individualisiert. Bereits heute können wir eine Vielzahl von Auf-/Umbauten für Radfahrzeuge (Koffer, Pritschen, Abrollplattformen, Wechselbehälter, usw.) in jeweils fester, verwindungsarmer oder verwindungsfreier Version, sowie dazu passende gezogene Einheiten anbieten. Die Lieferung und Integration der Ausrüstungen (Winden, Ladebordwände, Kräne, Staulösungen, usw.), sowie Innenausbauten sind dabei natürlich auch Bestandteil des SAXAS-Portfolios.
Wechselbehälter (hier mit Bordwänden und Planen) können mit wenigen Handgriffen vom Trägerfahrzeug gelöst und vor Ort verwendet werden. 105
IVECO
Ungeschützte Mobilität von IVECO in der Bundeswehr Fortsetzung einer langjährigen Erfolgsgeschichte Die Bundeswehr hat – vertreten durch die Bundeswehr Fuhrpark Service GmbH (BwFPS) – im April 2021 der IVECO Magirus AG in Ulm den Zuschlag für eine erneute Lieferung von 130 weiteren ungeschützten Lkw 6x6 ZLK > 10 t (handelsüblich mit militärischer Sonderausstattung, hümS) auf Basis IVECO TRAKKER AT 260 T 45 W/P in EURO VI mil erteilt.
N
Konzeptionelle Forderungen
Die Technik
Gemäß der im Konzept „Landmobilität der Bundeswehr“ geforderten Beschaffungsdevise „Trennung von Mobilität und Funktionalität“ verfügen die neuen Lkw auch wieder über den einheitlich konzipierten und militäreinsatzgerecht gestalteten torsionsarmen Wechselrahmen der Firma Sonntag. Mit TwistLock-Verriegelungen zur flexiblen Aufnahme von 10ft- und/oder 20ft-ISO-Containern (in Ausführung 1C oder auch 1CC / immer innerhalb von vier Metern Gesamtfahrzeughöhe) oder alternativ zur Aufnahme von allen gängigen Wechselpritschen der Bundeswehr mit Einsatzgesamtgewichten von bis zu 26 t (gesetzlich) bzw. bis zu 33 t (technisch) im Einsatz.
Die Fahrzeuge basieren erneut auf den bewährten 6x6-Fahrgestellen mit permanentem Allradantrieb und ECAS-gesteuerter Luftfederung an beiden Hinterachsen aus der aktuellen TRAKKER-Baureihe (handelsüblich, hü). Sie verfügen über diverse militärische Sonderausstattungen (mS) für die spezifische Nutzung bei der Bundeswehr. Hierzu gehören NATOTarnlicht, Dachluke mit Drehringlafette, Funkvorbereitung u.v.a.m. Weitere bewährte Komponenten sind der robuste konzerneigene CursorMotor mit 13 Litern Hubraum und 335 kW (450 PS) Leistung in aktueller EURO-VId-Ausführung mit Eignung für Single-Fuel-Einsatzkonzepte und ein vollautomatisches 12-Gang-Getriebe (ZF-Eurotronic-2). Aufgrund noch höherer Anforderungen an die allgemeine Grundmobilität und Nutzungs-Flexibilität verfügen die IVECO-Lkw in der ZLK 1-3 t und ZLK 3-10 t darüber hinaus über eine großvolumige Single-Bereifung rundum sowie eine vollkommen torsionsfreie Lagerung der Wechselrahmen einschließlich darin bereits baulich integrierter ContainerAufnahmepunkte, welche neben dem klassischen Ladungsträger-Transport sogar auch problemlos die Beförderung sensibler Funktionscontainer und Shelter ermöglicht.
Photo: IVECO
ach bereits weit über 1.600 in den letzten ca. zehn Jahren schon in ähnlicher Form erfolgreich in Dienst gestellten IVECO-hümS-Fahrzeugen stellt diese jetzt erneut abgerufene Fahrzeug-Folgebestellung einen weiteren eindrücklichen Vertrauensbeweis dar. Damit wird bestätigt, dass die IVECO Magirus AG mit Ihren Produkten auch weiterhin zu den besonders verlässlichen und langjährigen Traditionslieferanten der Bundeswehr zählt. Die aktuelle Bestellung umfasst weitere 130 identische Fahrzeuge, von denen schon Ende 2021 erste Fahrzeuge der Truppe zulaufen. Sie werden in absolut baugleicher Ausführung zur vorangegangenen Lieferung aus 2016 ausgeführt werden.
IVECO Lkw 6x6 ZLK > 10 t auf Basis IVECO TRAKKER 106
Foto: Bundeswehr
Das Konzept der hümS-Fahrzeuge scheint sich mehr und mehr durchzusetzen und immer beliebter zu werden. Dies könnte vermutlich auch darin begründet sein, dass sich mit diesem Ansatz – trotz der Abstützung auf einer rein zivilen Serien-Chassis-Basis – sehr beeindruckende neue Möglichkeiten und Fähigkeiten ergeben, wie es z.B. die hier gezeigte 400-mm-Diagonalverwindung anschaulich vermittelt.
Bewährung im Einsatz Aufgrund der extrem hohen Teilegleichheit, den erprobten und ausgereiften Konstruktionsprinzipien, die sich z.T. bereits schon seit über einem Jahrzehnt im nationalen und auch internationalen Einsatz bewähren und den wirklich universellen Verwendungsmöglichkeiten dieser Fahrzeuge ist davon auszugehen, dass auch dieser neueste Lkw-Abruf als zusätzlichem weiteren Standbein der umfangreichen „IVECO-hümS-Flotte“ in der täglichen Bundeswehr-Logistik bei den späteren soldatischen Nutzern im Alltag erneut auf eine große Akzeptanz stoßen wird.
Foto: Fa. Sonntag
IVECO Lkw 6x6 mit Funktionscontainer
EU-Richtlinie für eine weiterhin problemlose StVZO-Zulassungsfähigkeit.
Die Kabine
Foto: Fa. Sonntag
Die Kabinen der neuen Lkw bieten einer dreiköpfigen Besatzung durch Klimaanlage, Zentralverriegelung, Standheizung, beheizte Spiegel u.v.a.m. ein
Beeindruckende 400-mm-Diagonalverwindung gehört zu den Merkmalen der IVECO-TRAKKER Fahrgestelle
IVECO 4x4, ein Standbein der umfangreichen „IVECO-hümS-Flotte“ für den täglichen Einsatz in der Bundeswehr-Logistik
durchgehendes und sehr hohes Maß an Komfort. Weitere einheitlich konzipierte Ausstattungsdetails sind zwei elektr(on) isch vollständig in das Bordnetz integrierte Tarnlichtsysteme (NATO & Infrarot), eine militärische Anhängerkupplung am Heck und – im Falle der jetzigen aktuellen Bestellung erstmalig – auch ein neu konzipierter und nochmalig verstärkter Heckunterfahrschutz gemäß der ab Herbst 2021 neu geltenden
Der jetzige erneute Verkaufserfolg bei der Bundeswehr ist ein weiterer Beleg für die besondere Eignung dieser langlebigen und zuverlässigen IVECOLkw-Baureihe, welche auch von diversen anderen Verteidigungskräften in ganz Europa, einschließlich z.B. auch Schweiz, Großbritannien, Polen, Spanien und Italien, in verschiedensten Konfigurationen kontinuierlich beschafft wurden und werden. 107
Ungeschützte Mobilität
Neue Fahrzeuggeneration im Feldjägerwesen Ronny Scherz Zur Durchführung militärpolizeilicher Aufgaben im In- und Ausland verfügt der Aufgabenbereich
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iese Fahrzeuge sind grundsätzlich mit einer Sondersignalanlage zur Wahrnehmung von Sonderrechten gem. §§ 35 „Sonderrechte“ und 38 „Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht“ der Straßenverkehrsordnung ausgestattet.
Fotos: KdoFJgBw
Feldjägerwesen der Bundeswehr sowohl über geschützte als auch über ungeschützte Fahrzeuge.
Einsatz im Inland Im Inland werden hierbei überwiegend ungeschützte Fahrzeuge eingesetzt, die durch die Bundeswehr Fuhrpark Service GmbH (BwFPS GmbH) bereitgestellt werden. Diese Fahrzeuge werden regelmäßig etwa alle vier bis fünf Jahre durch neue Fahrzeuge ersetzt, sodass die Fahrzeugflotte dadurch immer auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten werden kann. Dadurch können einerseits die Ausfallzeiten durch verschleißbedingte Instandsetzungsarbeiten minimiert werden und andererseits die strengeren Vorgaben zu Abgasemissionswerten erfüllt werden. Zugleich steigert eine moderne Fahrzeugflotte das Fähigkeitsprofil und somit den Einsatzwert und führt zur besseren Auftragserfüllung und Attraktivität der Truppe durch Nutzung moderner Technik. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um handelsübliche Fahrzeuge, welche durch die jeweiligen Aufbauhersteller im Auftrag der BwFPS GmbH an die Forderungen der Feldjäger angepasst werden. Dies umfasst beispielsweise
Autor: Hauptmann Ronny Scherz ist im Kommando Feldjäger der Bundeswehr Dezernent Mobilität im Dezernat Planung Weiterentwicklung CPM-Rüstung.
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Das „Krad gl mittel“ als Feldjägervariante. Die am Heck verbaute Blitzleuchte kann auf ca. zwei Meter ausgezogen werden, um die Sichtbarkeit an Einsatzstellen zu erhöhen.
die Einrüstung einer Sondersignalanlage, Funkgeräte, Waffenhalterungen und die entsprechende Folierung oder Lackierung. Die Fahrzeuge, die nur in Deutschland zum Einsatz kommen, unterscheiden sich gegenüber denen, die weltweit eingesetzt werden können, lediglich in Farbgebung, Tarnausstattung und Geländegängigkeit. Nachfolgend wird nur auf Fahrzeuge eingegangen, die seit 2020 neu im Aufgabenbereich Feldjägerwesen der Bundeswehr eingesetzt werden. 2020 wurde der Aufgabenbereich Feldjägerwesen der Bundeswehr mit der Nachfolgegeneration geländegängiger Kräder vom Typ BMW F 850 GS ausgestattet, die BMW G 650 GS wurde abgelöst. Erstmalig wurden diese Kräder mit einer Sondersignalanlage ausgerüstet. Diese Kräder können
weltweit mit Schwerpunkt auf befestigten Straßen und Wegen eingesetzt werden. Sie sind jedoch, je nach Auftrag, auch in der Lage im Gelände bewegt zu werden. Diese Kräder kommen unter anderem für Kradmelder, zur Begleitung von Marschkolonnen, zur Erkundung und Überwachung von Marschstraßen, als auch zur Überwachung von Räumen, wie beispielsweise auf Übungsplätzen hinsichtlich des Zutrittsverbots Unberechtigter, zum Einsatz. Das Herz dieser Kräder ist ein 2-Zylinder Motor mit 853 cm³ Hubraum und einer Leistung von 70 kW (95 PS). Die beiden wasserabweisenden Seitenkoffer und der Tankrucksack können je nach Auftrag abgenommen werden, um die Manövrierfähigkeit im Gelände zu erhöhen.
Fotos: KdoFJgBw
Ungeschützte Mobilität
Feldjägerstreifenfahrzeug VW T6 FJg 4x4
Seit Mitte 2020 wurde der neue VW T6 FJg 4x4 an den Aufgabenbereich Feldjägerwesen der Bundeswehr ausgeliefert und löst damit den Vorgänger VW T5 FJg 4x4 ab. Diese Fahrzeuge verfügen, wie der Vorgänger auch, über eine erhöhte Bodenfreiheit und einen Allradantrieb, welches in der Benennung 4x4 zu erkennen ist. Gegenüber dem Vorgänger sind diese Fahrzeuge jetzt in Flecktarn lackiert und nicht mehr in Bronzegrün foliert. Dies erhöht die Tarnung im Gelände, da diese Fahrzeuge sowohl
weltweit bei Einsätzen mit geringer Intensität, als auch im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung eingesetzt werden. Als weitere wesentliche Änderung zum Vorgänger sei das Automatikgetriebe (7-Gang-DSG), Tempomat und das eingebaute Navigationsgerät genannt, welches den Kraftfahrer stark entlastet und dadurch dessen Durchhaltefähigkeit erhöht. Des Weiteren verfügen diese Fahrzeuge über flexible Waffentaschen, welche eigentlich nur in geschützten Fahrzeugen zum Einsatz kommen.
Regalsystem zur Aufnahme feldjägerspezifischer Ausstattung (hier: Unfallaufnahmeausstattung) mit entsprechendem Ladungssicherungsnetz.
Deren Einführung war notwendig, da der Aufgabenbereich Feldjägerwesen der Bundeswehr mit einer Vielzahl unterschiedlicher Handwaffen ausgestattet ist. Diese Fahrzeuge sind in Deutschland hauptsächlich zur Unterstützung der Truppe bei Übungen und zur Durchführung von Truppenübungsplatzstreifen, Einsatz bei Naturkatastrophen und bei
Innenansicht Fondbereich mit Klappsitzen, flexiblen Waffentaschen und im Boden befindlichen Verzurrschienen, um bei Bedarf weiteres Material ladungssicher verstauen zu können. 109
Foto: KdoFJgBw
Ungeschützte Mobilität Ausbildungsfahrzeuge. Diese komplett handelsüblichen Fahrzeuge sind gut motorisiert und entsprechen dem neuesten Stand der Technik. Dies hat den Vorteil, dass deren Fahreigenschaften denen der einsatztaktischen Fahrzeuge entsprechen und diese auch in Extremsituationen sicher bewegt werden können.
Einsätze im Ausland
Fotos: KdoFJgBw
Ausbildungsfahrzeuge der oberen Mittelklasse auf der Fahrausbildungsfläche der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover. Foto: KdoFJgBw
Luftfahrzeugunfällen vorgesehen. Im Rahmen Landes- und Bündnisverteidigung und in Einsätzen mit geringer Intensität kommt der Einsatz im Rahmen des Militärischen Verkehrsdienstes wie beispielsweise Marschbegleitung und Aufnahme von Kraftfahrzeugunfällen hinzu. In Deutschland werden in erster Linie die weißen, mit fluoreszierender und reflektierender Tagesleuchtfolie versehenen VW T6 FJg 4x2 eingesetzt, welche bereits seit 2018 genutzt werden und im Verkehr deutlich besser zu erkennen sind. Dieser Fahrzeugtyp unterscheidet sich in der Farbgebung, der Geländegängigkeit, Tarnlichtausstattung und er verfügt „noch“ über sieben, statt fünf Sitzplätze. Beide Varianten sind mit der leuchtstarken Sondersignalanlage DBS 4000 LED mit zusätzlichen Front- und Heckblitzleuchten ausgestattet und verfügen bereits über den Einbausatz für das noch zulaufende Fahrzeugfunkgerät Digitalfunk BOS (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben).
Foto: SFJg/StDstBw
Das seit 2018 in Nutzung befindliche Feldjägerstreifenfahrzeug VW T6 FJg 4x2.
Fahrausbildung Für die Fahrausbildung wurden dem AufgBer FJgWesBw erstmalig Fahrzeuge der BwFPS GmbH in der Mittel- und oberen Mittelklasse sowie SUV’s zur Verfügung gestellt. Diese Fahrzeuge ersetzen die mittlerweile an der Verschleißgrenze befindlichen bisherigen 110
Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen der Bundeswehr hatte in 2020 den Zulauf von sondergeschützten handelsüblichen Fahrzeugen vom Typ Toyota Landcruiser 200 zu verzeichnen. Diese Fahrzeuge werden grundsätzlich nur im Auslandseinsatz eingesetzt und dienen dem geschützten Transport von Personal L und Material.
Toyota TLC 200
Ungeschützte Mobilität
Cargo Mule – unbemannte Bodenfahrzeuge für die Infanterie Waldemar Geiger und Lars Hoffmann Die Waffensysteme der schweren Züge in den Infanteriekompanien tragen maßgeblich zum hohen Einsatzwert der deutschen Infanterieeinheiten im Feuerkampf bei. Das Verbringen der Granatmaschinenwaffen und MELLS-Panzerabwehrlenkflugkörpersysteme sowie der dazuge-
I
m Schnitt trägt jeder Soldat des Dreimann-Trupps 10 kg bis 75 kg Zusatzgewicht, dieses muss derzeit mit bloßer Körperkraft an den Einsatzort gebracht werden. Dass dies Reichweite, Einsatzund Durchhaltefähigkeit des Trupps stark einschränkt, liegt auf der Hand. Dies könnte sich jedoch zukünftig ändern. Denn die Bundeswehr beabsichtigt, die schweren Züge mit unbemannten Bodenfahrzeugen für den Transport von Waffen und Material auszustatten und erprobt dazu mehrere marktverfügbare Systeme in wechselnden Einsatzszenarien. Die Ergebnisse eines Tests im vergangenen Jahr sowie einer Erprobung, die Ende November 2020 abgeschlossen wurde, zeigen das große Potenzial dieser Unmanned Ground Vehicles (UGV) – auch Cargo Mules genannt – und den bereits erreichten Reifegrad. „Das Produkt ist soweit, dass man es beschaffen kann“, bringt Dr. Frank E. Schneider, stellvertretender Abteilungsleiter „Kognitive Mobile Systeme“ beim Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) die Ergebnisse der Tests auf den Punkt. Alle Anbieter erfüllen seiner Einschätzung nach die vorgegebenen Grundanforderungen. Das FKIE unterstützt mit seiner Expertise im Bereich der technisch-wissenschaftlichen Beratung der Testversuche und der damit einhergehenden Dokumentation. So auch bei der im November 2020 abgeschlossenen Erprobung zweier marktverfügbarer Systeme auf dem Truppenübungsplatz Lehnin, die federführend durch das Amt für Heeresentwicklung (Abteilung II 2) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Aus-
rüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (Abteilung U6.2), der Wehrtechnischen Dienststelle 81 und der 6. Kompanie des Wachbataillons durchgeführt wurde. Für die Tests in Lehnin wurden die UGV Ziesel von Hentschel und Diehl Defence sowie THeMIS (Tracked Hybrid Modular Infantry System) von Milrem Robotics aus Estland genutzt. Im Herbst 2019 waren bereits an der Infanterieschule in Hammelburg Tests mit den ferngesteuerten Systemen Mission Master (Rheinmetall), Ziesel sowie Probot V2 (Friedrich Hippe GmbH/Elbit Systems) erfolgt, um erste praktische Erkenntnisse zur Nutzung der neuen Technologie im urbanen Umfeld zu gewinnen.
Forderungen des Deutschen Heeres Die Planungen des Heeres sehen gegenwärtig pro Granatmaschinenwaffenbzw. MELLS-Trupp ein UGV vor, das sind sechs UGV pro Zug und damit 18 dieser Fahrzeuge pro Jäger- und Gebirgsjägerbataillon beziehungsweise 30 pro Fallschirmjägerregiment. Insgesamt wird ein Bedarf von etwa 230 Fahrzeugen projektiert. Die Initiative für die UGV wurde 2019 geschrieben und liegt gegenwärtig beim Planungsamt, eine sogenannte Fähigkeitslücke und Funktionale Forderung (FFF) dafür könnte womöglich ab 2022 erstellt werden. Eine Einführung der ersten Systeme ist dann für 2027 denkbar. Grundsätzlich fordert das Heer, dass die zukünftig genutzten UGV eine Durchhaltefähigkeit von mindestens 72 Stunden aufweisen. Weiterhin wird eine Ladekapazität von etwas über einer hal-
Fotos: Fraunhofer FKIE
hörigen Munition ist im abgesessenen Einsatz eine sprichwörtlich „schwere“ Angelegenheit.
Der Probot V2 während der Erprobung in Hammelburg. Das Fahrzeug zeichnet sich dadurch aus, dass es sowohl als Rad- als auch Kettenfahrzeug genutzt werden kann.
ben Tonne Ausrüstung gefordert. Neben dem Transport der Ausrüstung sollen die UGV auch für den Verwundetentransport genutzt werden können. Die Steuerung der Fahrzeuge soll sowohl mittels Fernbedienung als auch durch selbstständiges Hinterherfahren ohne aktive Steuerung erfolgen können, damit alle Soldaten des Trupps sich auf den infanteristischen Auftrag während eines Marsches konzentrieren können und nicht durch die Steuerungstätigkeit gebunden sind. Erst beim Auftreffen auf Hindernisse etc. soll der Soldat bei Bedarf eingreifen und das Hindernis überwinden helfen. Eine Überschneefähigkeit wird derzeit nicht gefordert, auch wenn die UGV in den Gebirgsjägerverbänden Verwendung finden sollen. Dem Vernehmen nach ist eine Überschneefähigkeit technisch derzeit nur unter Inkaufnahme einer deutlich verringerten Traglastkapazität erreichbar. 111
Der Mission Master als logistisches UGV während der Erprobung in Hammelburg.
Taktischer Einsatz und Praxistests Da bisher noch keine Erfahrungen mit unbemannten Transportfahrzeugen in der Truppe vorliegen, wurde entschieden – im Vorfeld der Formulierung von Beschaffungskriterien – marktverfügbare Systeme mehreren taktischen Tests durch die Truppe zu unterziehen. Wie beschrieben, wurden bereits zwei Erprobungsdurchläufe abgeschlossen. Dem Vernehmen nach erhielten beide sehr positives Feedback aus der Truppe. Ein dritter Test soll 2021 folgen. Ein Schwerpunkt der bisher abgeschlossenen Erprobungen bildete das selbstständige Hinterherfahren ohne aktive Steuerung. Dazu mussten die beladenen Unmanned Ground Vehicles unter anderem im bewaldeten Gelände einem Soldaten folgen. Eine wichtige Fähigkeit, denn Infanteristen gehen in der Regel gedeckt und abseits von Straßen und Wegen vor, um nicht aufgeklärt zu werden. Gerade der Wald bietet dazu ideale Bedingungen. Da eine Infanteriegruppe in einem solchen Umfeld allerdings jeden Mann für die Wahrnehmung von Sicherungsaufgaben benötigt, sollte das Cargo Mule automatisch den vorausgehenden Soldaten folgen können. Bei dieser Funktion scheint generell noch Entwicklungsbedarf zu bestehen. Denn ein Tracking über GPS ist beispielsweise aufgrund des Blätterwerks nur beschränkt möglich. Die Fahrzeuge müssen vielmehr eine direkte optische oder IR-Sichtlinie mit dem vorausgehenden Infanteristen aufbauen – auch bei schlechter Sicht und bei Nacht. Hierfür haben die Anbieter dem Vernehmen nach unterschiedliche Lösungen gezeigt, die je nach Umfeld Vor- und Nachteile aufwiesen. Dabei kamen sowohl passive als auch aktiv strahlende Sensoren zum Einsatz. Nach Angaben des FKIE-Wis112
senschaftlers Schneider ist das Halten der optischen Sichtverbindung im deutschen Mischwald ein Lackmustest für die Bildauswertungstechnologie. Die Tarnkleidung tragenden Soldaten sind hier nicht mehr so einfach erkennbar, wie es beispielsweise in einer urbanen Umgebung der Fall ist. Schneider sieht die Technik aber auf einem guten Weg. Ein Anbieter habe sogar eine Gestensteuerung vorgestellt. Damit könnte der Soldat das Fahrzeug auch mittels der in der Truppe gebräuchlichen Handzeichen steuern und einfache taktische Kommandos ohne Fernsteuerung übermitteln. Ob diese Funktionalität in der Praxis auch benötigt wird, bleibt abzuwarten. Technisch sind zahlreiche Möglichkeiten der Steuerung und Automatisierung denkbar. Aber es besteht immer das Risiko des „OverEngineering“, wenn einfache Lösungen ausreichen würden. Prinzipiell ist vorgesehen, dass die UGV den Truppen nicht nur bis zur Ablauflinie, sondern gegebenenfalls bis zur letzten Deckung vor dem Feind folgen. Als Ablauflinie wird der Punkt bezeichnet, an dem ein Infanterieverband in der Operationsart Angriff von seinen Fahrzeugen absitzt und die Gefechtsgliederung einnimmt. Die letzten, je nach Gelände ein bis drei Kilometer werden
dann in Gefechtsgliederung gewonnen und mögliche feindliche Sicherungen geworfen, bevor die Truppe wenige hundert Meter vor dem Objekt in der letzten Deckung vor dem Feind unterzieht. Der Begriff Gewinnen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass während des Marsches mit Feindkontakt zu rechnen ist. Der Führer der Kräfte nähert sich im Anschluss mit seinen Unterführern weiter an das Objekt an, bis er seine Unterführer mit einem Blick ins Gelände einweisen kann. Der Rest der Truppe bereitet sich derweil auf den Angriff vor. Gepäckstücke werden abgelegt und letzte Maßnahmen der Angriffsvorbereitung getroffen. Bis zu diesem Punkt sollen die UGV in Zukunft als Trägerfahrzeuge für die angesprochenen Waffensysteme, die entsprechende Munition und weitere Ausrüstung dienen. Der Trupp kann dann die letzte Deckung vor dem Feind kampfkräftig gewinnen. Da sie nicht durch das Schleppen der Ausrüstung beeinträchtigt sind, können sich die Soldaten auf die Maßnahmen zur Einhaltung der Sicherungsbereiche in der Annährung konzentrieren. Somit muss der Trupp sein Waffensystem nur noch die letzten hundert Meter in die Sturmausgangsstellung mit eigener Kraft bringen. Rucksäcke und zusätzliche Munition könnten dann auf das UGV geladen und bei Bedarf ferngesteuert nachgezogen werden. Die Forderung nach einer Durchhaltefähigkeit von 72 Stunden wurde bislang jedoch noch nicht getestet. Hier stellt sich die Frage, ob die teilweise mit LithiumIonen-Batterien ausgestatten UGV ohne Komplikationen im Feld nachgeladen werden können. Dazu müsste eine Energieversorgung mit hohen Ladeströmen
Der THeMIS ist ein Kettenfahrzeug. Er kann wahlweise mit einem reinen Verbrenner- oder einem Hybridmotor ausgerüstet werden.
bereitgestellt werden, damit die Fahrzeuge schnell wieder einsatzbereit sind. Die Nutzung einer Brennstoffzelle wäre ebenfalls denkbar, wurde aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht praktisch getestet. Einige Anbieter haben bereits die Möglichkeit von Wechselbatterien vorgesehen – die allerdings auch zugeführt und vorgeladen sein müssten. Alternativ ist auch der Einsatz eines Verbrennungsmotors als Stand-alone-Lösung oder in einer Hybrid-Variante denkbar. Allerdings scheint bei einigen Anbietern solcher Systeme das Problem der Geräuschemission noch nicht gelöst zu sein. Keine großen Leistungs-Unterschiede scheint es bei den Tests hinsichtlich des Fahrwerks gegeben zu haben: Sowohl Ketten- als auch Radfahrzeuge sollen gut funktioniert haben. Auch der Transport der UGV in den Einsatz ist noch nicht abschließen geklärt. Ein Transport mit Anhängern scheint die wahrscheinlichste Lösung zu sein. Trotz der Herausforderungen – die sicherlich technisch gemeistert werden können – haben die beiden Tests wichtige Ergebnisse geliefert. So ist Hauptmann Göran Bölke, der das Projekt von Seiten des Amtes für Heeresentwicklung betreut, positiv überrascht über die Flexibilität der Cargo Mules: „Wo ein mit der entsprechenden Ausrüstung beladener Soldat hinkommt, da kommt das System auch hin“, sagt er. Auch hätten sich die Soldaten nach nur etwa anderthalb Stunden Einweisung mit der Bedienung und Nutzung der UGV zurechtgefunden. Ein Faktum, das auch Frank E. Schneider vom FKIE unterstreicht. So waren bei den Tests nur Mannschaftssoldaten eingebunden, die alle in der Lage gewesen seien, die Cargo Mules mit einem Joystick zu steuern.
Ausblick und internationaler Vergleich Die unterschiedlichen UGV haben nachweisen können, dass sie bereits durch die Wahrnehmung von logistischen Aufgaben den Einsatzwert der Infanterie deutlich steigern können. Es ist auch zu bedenken, dass die derzeitige zügige technische Entwicklung, insbesondere im Bereich der Software, bereits in wenigen Jahren deutliche Leistungssteigerungen bei den Systemen erreichen wird.
Bewaffnungsfähige UGV versprechen eine weitere Steigerung des Einsatzwertes. Auch wenn bei dem Projekt Cargo Mule noch nicht vorgesehen, ist der Bedarf für solche Systeme bereits hinterlegt. So sollen die Waffenträger Wiesel der Jäger- und Gebirgsjägerverbände sowohl durch einen Radpanzer Boxer mit Maschinenkanone als auch durch ein bewaffnetes UGV abgelöst werden. Die Erstellung der Initiative für einen UGVWaffenträger ist demnach für 2021 in Planung. Denn der Boxer kann aufgrund seiner Ausmaße nur sehr eingeschränkt abseits von Wegen eingesetzt werden. Die ersten Schritte für die Erprobung solcher Systeme sind bereits angelaufen. So wurde das französische Unternehmen Nexter Anfang 2020 durch das BAAINBw mit der Lieferung von sieben Waffenanlagen P20 beauftragt. Die Waffenanlage soll der Qualifikation der neu in die Bundeswehr einzuführenden Maschinenkanone im Kaliber 20 mm zur Integration in ein autonomes Gefechtsfahrzeug, die so genannte Leichte Landplattform, dienen. Dem Vernehmen nach ist für 2021 seitens des Heeres erstmals ein Gefechtsschießen unter Abstützung auf UGV-Plattformen geplant. Dabei sollen die UGV sowohl logistische Aufgaben, wie beispielsweise Materialtransport und Bergung von Verwundeten, übernehmen, aber auch beim Feuerkampf unterstützen. Es ist zu erwarten, dass die Truppe noch weitere Vorteile und Einsatzmöglichkeiten der Systeme entdecken wird, sobald diese zugelaufen sind und genügend Zeit für die ausgiebige Nutzung der UGV im Gefechtsdienst verstrichen ist. Und genau hier liegt der Wermutstropfen im Ansatz der Bundeswehr: Während verbündete Staaten, wie beispielsweise die Niederlande, Großbritannien und USA eine geringe Menge von unterschiedlichen UGV – auch bewaffnete – beschafft und speziell designierte Truppenteile für Langzeittests abgestellt haben, scheint die Bundeswehr nicht mit der gleichen Entschlossenheit an die Erprobung dieser neuen Technologie heranzugehen. Dabei zeigen die Tests im Ausland sehr deutlich, dass das frühe und regelmäßige Einbinden der Truppe wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung und Herstellung der Einsatzreife bringt. So ist zu vernehmen, dass der zur
Die automatisierte Steuerung des Ziesels erfolgt mittels rein passiver Sensorik. Im Bild ist das UGV beim Verwundetentransport während der Erprobung 2020 in Lehnin zu sehen.
13. Lichte Brigade gehörende niederländische UGV-Versuchsverband den für 2022 vorgesehenen Enhanced Forward Presence Einsatz in Lettland mit den kürzlich erworbenen UGV durchführen möchte. Eine kontinuierliche Beschäftigung mit UGV scheint überdies angeraten zu sein, um der zu erwartenden Entwicklung der Technologie folgen zu können. Denn die in Zukunft zu beschaffenden Cargo Mules werden sich sicher deutlich von den heute getesteten unterscheiden. Einen zumindest in größeren regelmäßigen Abständen stattfindenden Rahmen zur praktischen Erprobung von Anwendungsszenarien wie Cargo Mule bietet der vom FKIE alle zwei Jahre durchgeführte European Land Robot Trial (ELROB). Die politische Diskussion um das Setzen der Rahmenbedingungen für den Einsatz von bewaffneten unbemannten Systemen geht in Deutschland weiter, eine Entscheidung noch in dieser Legislaturperiode ist nicht zu erwarten. Im April wurde die Absicht zur Entwicklung und Beschaffung eines European MALE RPAS (MediumAltitude Long-Endurance Remotely Piloted Aircraft System) durch die zuständigen Ausschüsse bestätigt. Mit diesem System soll die von der Bundeswehr künftig eingesetzte MALE UAS Überbrückungslösung German Heron TP mittelfristig abgelöst werden. Eine möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt zu realisierende Bewaffnung wird nach Absicht des BMVg erst nach erneuter parlamentarischer Befassung beschafft und nur nach parlamentarischer Billigung eingesetzt. L 113
Ungeschützte Mobilität
Container für alle Fälle Gerhard Heiming Sechzig Jahren nach der Einführung von Containern werden zwei Drittel des internationalen Warenhandels mit den genormten Metallboxen abgewickelt. Die Trennung von Transport und die Behandlung des Ladungsguts haben schnell zur Entwicklung von Funktionscontainern geführt,
E
in Container ist mit Länge, Breite, Höhe, Maximalgewicht schnell beschrieben und über die Abstände der „Twist Lock“-Befestigungen an allen acht Ecken geometrisch bestimmt. Während im (vor allem schiffsgestützten) Welthandel der 40‘-Container vorherrscht, werden Funktionscontainer schwerpunktmäßig in der Größe 20‘ ausgeführt. Mit 2,438 m Breite und 2,591 m Höhe sind die 20‘ ISO-Standardcontainer auf normalen Straßen transportierbar. Bei einer Länge von 6,058 m und der Gewichtsbegrenzung auf 24 Tonnen Gesamtgewicht sind übliche Lkw als Transportmittel geeignet. Mit ihren genormten Abmessungen bestimmen Container den intermodalen Verkehr. Alle Verkehrsträger (Schiff, Bahn, Flugzeug und Lkw) verfügen über „Twist Locks“ und können Container aufnehmen. So kann im intermodalen Verkehr das jeweils günstigste Verkehrsmittel gewählt werden. Für den (strategischen) Langstreckentransport kommen Schiffe (kostengünstig) und Flugzeuge (schnell) in Frage. Auf der Lang- und Mittelstrecke an Land steht vor allem in Europa ein ausgedehntes Eisenbahnverkehrsnetz zur Verfügung. Für den (taktischen) Verteilverkehr bis an den Einsatzort – auch abseits von Straßen und Wegen – kommen nur Lkw infrage. Dafür sind moderne LogistikLkw und Anhänger der Streitkräfte mit Containertragrahmen ausgestattet.
Trennung von Transport und Funktion Die Verwendung von Containern ermöglicht neben dem intermodalen Transport die Trennung von Trans114
Foto: Drehtainer
mit denen Fähigkeiten mobil bereitgestellt werden können.
In einem Feldlager ist eine große Anzahl verschiedener Container verbaut
portmittel und Funktion. Dazu muss der Container vom Transportmittel abgesetzt werden. Einige Lkw, wie das Wechselladerfahrzeug MULTI A4 der Bundeswehr oder die derzeit zulaufenden TGS 8x4 Abrollkipper, verfügen über Vorrichtungen zum Absetzen von Containern. Rheinmetall und Supashock haben im Mai 2021 als Zubehör für die neue Lkw-Generation HX3 ein Automated Load Handling System (ALHS) vorgestellt, mit dem Container auch unter Gelände-Bedingungen (u.a. Schmutz, Neigungen von Gelände und Fahrzeug) von einer Person sicher abgesetzt bzw. aufgenommen werden können. Ansonsten ist entweder eine entsprechende Infrastruktur erforderlich oder das Vorhandensein von speziell für das Handling von Containern geeigneten Flurförderzeugen. In besonderen Fällen verfügen Container über hydraulische Stützen, mit denen der einzelne (oder gekoppelte) Container am
Einsatzort vom Lkw-Chassis angehoben und – nachdem der Lkw weggefahren ist – auf Arbeitshöhe abgesenkt wird. Funktionscontainer werden von Spezialfirmen gebaut und erhalten von Systemfirmen ihre missionsspezifische Ausstattung. Durch Verwendung von Mehrfachcontainern, bei denen sich durch Schiebemechanismen die Grundfläche fast verdoppeln bzw. verdreifachen lässt, oder durch Kopplung von Containern kann die ohne Zwischenwände nutzbare Arbeitsfläche in weiten Grenzen vergrößert werden. Für die Anwender sind Modularität, Mobilität und Schutz wichtige – weitgehend missionsunabhängige – Aspekte.
Containeraufbau Die Hauptaufgabe für den Container ist es, einen definierten und geschützten Innenraum bereit zu stellen. Minimumforderung an die Wände, Decke
Ungeschützte Mobilität
Geschützte Container Militärisch genutzte Container sind im Einsatz der Bedrohung durch feindliche Kräfte ausgesetzt. Insbesondere das Personal – aber auch bedeutende Einrichtungen, wie z.B. Gefechtsstände und einsatzkritisches Gerät – müssen vor Zugriff und Beschuss mit Waffen aller Art geschützt werden. Die Schutzforderungen beziehen sich auf ballistischen Schutz, Schutz gegen Blast, Abstrahlsicherheit/HF-Schirmdämpfung und ABC-Schutz. Die Firma Drehtainer beispielsweise hat bereits Container in großer Zahl ausgeliefert, deren Schutz nach den NATO-Normen STANAG 2280 (für Infrastruktur) und STANAG 4569 (für
Fahrzeuge und Aufbauten) zertifiziert ist. Solche Container können das Personal auch gegen Direkttreffer mit 107mm- oder 122-mm-Raketen schützen. Die Schutzforderungen müssen auch realisiert werden, wenn Container in Gruppen gekoppelt werden, wie es im Feldlager mit Wohn- und Bürocontainern die Regel ist. Das ist für Blastund ballistischen Schutz kein Problem. Für Abstrahlsicherheit und ABC-Schutz müssen die Anbindungen an Flure oder Verbindungstrakte zusätzlich „abgedichtet“ werden. Für den ABCSchutz ist zusätzlich zur Abdichtung eine Schutzbelüftung erforderlich, die gefilterte Atemluft mit Überdruck be-
in Deutschland sind auf diesem Gebiet – neben der schon oben erwähnten Firma Drehtainer – u.a. Procontain, CHSContainer und Losberger tätig. Die Container können mit herausnehmbaren Wänden geliefert werden. Dann können vor Ort flexibel unterschiedlich größere Räume hergestellt werden. Türen und (an den Außenwänden) Fenster gehören zur Standardausstattung ebenso wie die elektrische Installation einschließlich Netzwerkverkabelung und Beleuchtung. Nach dem mechanischen Aufbau mit bis zu drei Stockwerken sind lediglich die elektrischen Verbindungen herzustellen und der Container ist betriebsbereit.
Foto: KMW
und Boden sowie Türen und Fenster ist daher die Dichtigkeit gegen Wasser und Staub sowohl bei der Verladung, während des Transports als auch im stationären Betrieb. Stabilität erhalten die Wände durch Sicken, die das Bild des Containers prägen. Für den Betrieb bei hohen und niedrigen Temperaturen ist eine Wärmedämmung rundum erforderlich. Je nach Temperaturspektrum und Arbeitsanforderung muss die Innentemperatur durch Kühl- oder Klimageräte in der benötigten Bandbreite gehalten werden. Für Streitkräfte im Einsatz ist oft auch Schutz gegen Bedrohung durch Beschuss oder Sprengmittel gefordert. Während auf der Außenseite Bedrohungen und Unbilden abgehalten werden sollen, sind die Wände auf der Innenseite die Träger der Ausrüstung. Zur sicheren Platzierung der Inneneinrichtung oder Transportgüter und deren Befestigung (einschließlich Transportsicherung) werden überwiegend standardisierte Montageschienen verwendet. Die unterzubringenden Elemente werden als fertige Module angeliefert und mit wenigen Handgriffen nach Aufbauplan montiert. Schienensysteme ermöglichen darüber hinaus die schnelle Veränderung des Innenlebens je nach Missionsanforderungen. Mit den vielen Anforderungen wird die Außenhaut des Containers ein komplexes Gebilde, das innerhalb der Gewichtsgrenzen des Containers realisiert werden muss.
Geschützter Transportcontainer MuConPers für 18 Personen
reitstellt. Baulich ist der Zugang durch eine Schleuse zu regeln, durch die die Kontamination durch Einschleppen von Kampfmitteln verhindert wird.
Wohn- und Bürocontainer Zu den am häufigsten eingesetzten Funktionscontainern gehören Wohncontainer, die auch im zivilen Umfeld zahlreich Verwendung finden. Mit Wohn- und Bürocontainern können – nach Vorbereitung der Fundamente – schnell Unterkünfte und Arbeitsplätze in Raumzellenbauweise für größere Anzahlen von Personen errichtet werden. Der in Stückzahlen gemessen hohe Bedarf wird von einer großen Anzahl von Anbietern gedeckt. Allein
Ein eigenes Gewerk bildet die Inneneinrichtung mit der wohnlichen Gestaltung der Wände und der Möblierung. Die flexible und zugleich robuste Bauweise prädestiniert die Container für den Bau und Betrieb von Einsatzinfrastruktur für den schnellen und hochmobilen Einsatz weltweit.
Feldlager Für die Unterbringung der Truppe bei internationalen Einsätzen werden mangels verfügbarer Infrastruktur stationäre Feldlager eingerichtet. Sie sind die Basis für alle Aktivitäten und gleichzeitig sicherer Rückzugsraum für die eingesetzten Kräfte. Für Aufgaben wie Operationsplanung (Headquar115
ter), Instandsetzung bis hin zu Flugplätzen müssen Unterkünfte bereitstehen, in denen dauerhaft mit hoher Leistungsfähigkeit gearbeitet werden kann. Während für kurzfristige Unterbringung überwiegend Zelte genutzt werden, kommen für mittelfristige Zeiträume (ein bis zwei Jahre) Container zum Einsatz. Die Bundeswehr plant derzeit die Beschaffung von zehn containerbasierten, geschützten Feldlagermodulen mit Unterbringungskapazitäten von je 500 Personen. Die Container – im Verbund oder einzeln aufgestellt – sind mit der jeweiligen Fachtechnik ausgestattet. Der integrierte ballistische Schutz nach der Widerstandsklasse C4 (STANAG 2280) soll die Splitter- und Blastwirkung von Geschossen, die im Nahbereich niedergehen, abhalten. Die mehr als ein Dutzend aufgeführten Bausteine erfordern Leistungen aus nahezu allen Gewerken des Liegenschaftsbetriebs. Einzelne Bausteine wie Energieversorgung oder Feldlagerbetrieb nutzen komplexe Technik und wirken sich auf alle anderen Bausteine aus. Daher steht und fällt das Modulsystem Feldlager mit einer wirkungsvollen, übergreifenden Koordinierung in Entwicklung und Produktion.
Tankcontainer
Geschützter Verwundetentransport auf Lkw ist noch eine Fähigkeit der Zukunft
Spezielle Anwendungen
Trinkwasser (sofern nicht vor Ort produziert) zum Endverbraucher erfolgt fast ausschließlich mit Tankcontainern. Spezialisten wie Gocher Fahrzeugbau GOFA und Thielmann WEW haben Komplettlösungen innerhalb von ISOContainerabmessungen realisiert. Im Mittelpunkt steht der Tankbehälter, der hohe Sicherheitsanforderungen erfüllen muss und in einigen Ausführungen auch gegen Beschuss gehärtet ist. Für die praktische Anwendung sind Pumpund Verteilanlagen von Bedeutung, die – unter Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen – zum Beispiel die Einrichtung einer Feldtankstelle ermöglichen kann. Foto: Drehtainer
Der Nachschub von Mengenverbrauchsgütern wie Betriebsstoff oder
Foto: Drehtainer
Ungeschützte Mobilität
Lkw mit Containern aufgefahren zum Koppeln 116
Modulare Sanitätseinrichtungen Die sanitätsdienstliche Unterstützung gehört zu den Kernaufgaben bei Einsätzen. Um den hohen Qualitätsanspruch auf Krankenhausniveau schnell realisieren zu können, kommen Containerlösungen zum Tragen, mit denen Aufbaukonfigurationen von der Rettungsstation bis zum Einsatzlazarett vor Ort verfügbar gemacht werden können. Damit kann die medizinische Erst- und Weiterversorgung unter Einsatzbedingungen gewährleistet werden. Die bedarfsgerecht ausgewählten Komponenten werden im intermodalen Transport (Lufttransport eingeschlossen) an den Einsatzort verbracht und sind in kürzester Zeit nutzbar. Das Marineeinsatzrettungszentrum besteht aus 26 Containern, die an Land vollständig ausgerüstet werden und an Oberdeck eines Einsatzgruppenversorgers installiert werden. Damit kann eine sanitätsdienstliche Kapazität, die auch mit Hubschrauber erreichbar ist, weltweit bereitgestellt werden. Personentransport Für den geschützten Transport von Personen außerhalb von gesicherten Feldlagern hat die Bundeswehr einen Mannschaftstransportcontainer, (MULTI-fähiger, geschützter Container zur Personenbeförderung, MuConPers) beschafft.
Ungeschützte Mobilität
Arbeitsplätze in gekoppelten Containern Um schnell abseits von fester Infrastruktur ohne externe Hilfe einen Arbeitskomplex (wie z.B. Sanitätseinrichtung, Gefechtsstand, Checkpoint, o.ä.) hat Drehtainer ein System zum aufgesetzten Koppeln von Containern entwickelt. Zwischen Trägerfahrzeug und Container ist ein spezieller Verschieberahmen implementiert, der Geländeunebenheiten, Höhenunterschiede und Fahrzeugabstände ausgleichen kann. Sobald die Lkw mit aufgelasteten Containern ihre Positionen erreicht haben, werden die Container mit dem Verschieberahmen so bewegt, dass sie mit dem im Feldlagerbau bewährten Kopplungsprinzip miteinander verbunden werden. So entstehen Räume aus mehreren Containern, die hydraulisch von den Trägerfahrzeugen getrennt und auf die gewünschte Höhe gebracht werden können. Ausführung (z.B. geschützt) oder Ausrüstung richten sich nach militärischen Anforderungen. Werkstattausstattung Die BwFuhrparkService ist der Mobilitätsdienstleister der Bundeswehr und stellt Fahrzeuge im Full Service
bereit. Dazu gehört auch Wartung und Instandsetzung im Einsatz. Wenn – z.B. im Ausland – ein Rückgriff auf Vertragswerkstätten nicht möglich ist, stellt die BwFuhrparkService eine Werkstattausstattung im Container (WSA) bereit. Das – vorher ausgebildete – Bundeswehrpersonal findet darin die notwendigen Sonderwerkzeuge und eine Grundausstattung an Ersatzteilen (bis zum Reifen), die im täglichen Betrieb notwendig sind. Die Containerlösung ermöglicht es,
können als auch über einen X-Rahmen zu Absetzen von Containern. Trägerfahrzeug ist ein SX45 Lkw von Rheinmetall MAN Military Vehicles mit geschützter Kabine. Auch der neue Allroundtransporter, das ungeschützte militarisierte Transportfahrzeug (UTF mil) wird ebenso mit Containertragrahmen ausgestattet wie die Geschützten Transportfahrzeuge (GTF). Beide können in der 8x8-Version 20‘ ISO Container transportieren. Foto: Thielmann WEW
Der Container hat von KMW eine hochgeschützte Struktur gegen asymmetrische Bedrohungen wie Sprengfallen und Beschuss erhalten und bietet 18 Sitzplätze für Einsatzpersonal einschließlich ihrer Ausrüstung. Als Transportmittel dient ein MULTI (siehe unten), der den MuConPers ohne externe Hilfe aufnehmen und absetzen kann. Drehtainer hat einen geschützten Verwundetentransportcontainer (GVTC) entwickelt, in dem Verwundete in Begleitung von zwei Sanitätern zwischen Sanitätseinrichtungen oder zum Heimflug transportiert werden können. Je nach Konfiguration kann der GVTC vier sitzende und vier liegende bzw. sechs liegende Verwundete aufnehmen. Im Container sind die Personen gegen Ballistik und Blast sowie gegen ABC-Kampfmittel geschützt. Der GVTC ist durch die Bundeswehr geprüft und serienreif. Ein Lieferauftrag ist noch nicht erteilt.
Mobile Feldtankstelle
in gewissem Umfang der Truppe zu folgen und lagegerecht positioniert zu werden.
Trägerfahrzeuge In den Streitkräften setzen sich immer mehr Lkw durch, die z.B. mit Tragrahmen für den Transport von Containern ausgestattet sind. Wechselladerfahrzeuge (Palletized Loading System, PLS oder Demountable Rack Offload and Pickup System, DROPS) sind dafür ausgerüstet, mit eigenen Mitteln Container aufnehmen und absetzen zu können. Der Lkw muss mindestens 15 Tonnen militärische Nutzlast tragen können, um einen 20‘ ISO Container aufzunehmen. Der in die Bundeswehr eingeführte MULTI A4 FSA verfügt sowohl über einen Haken, mit dem sogenannte Abrollcontainer abgesetzt werden
Die US-amerikanischen Streitkräfte verfügen seit mehr als zwanzig Jahren über PLS-Trucks von Oshkosh, der auf einem 10x10-Fahrwerk 15 Tonnen Nutzlast tragen kann und eine eigene Handling unit mitführt.
Container auf dem Vormarsch Der kleine und sicher nicht vollständige Einblick in die Nutzung von Containern bei den Streitkräften zeigt ein erhebliches Potential für den Zuwachs an Fähigkeiten durch den Einsatz von Containern. Schnelle strategische und taktische Verlegbarkeit ermöglichen eine schnelle Verlagerung von Schwerpunkten. Das eingesetzte Personal findet optimale Arbeitsbedingungen – wenn notwendig unter Schutz – und muss dabei nicht auf empfindliches elektronisches Gerät verzichten. L 117
Zukunftsentwicklung
Zukünftige Fähigkeiten der Landstreitkräfte – Eine technologische Trendanalyse Thomas Doll und Uwe Beyer Eine wesentliche Aufgabe der Zukunftsentwicklung ist es, technologische Trends im Blick zu haben und zu bewerten, ob sie Potential für nutzbare Weiter- oder gar Neuentwicklungen bieten.
D
Ableitungen für Landstreitkräfte der Zukunft“ einer ersten vorläufigen militärischen Bewertung unterzogen. Die dargestellten Entwicklungen orientieren sich an internationalen Konzepten, sind deutlich in die Zukunft gerichtet und gehen teilweise erheblich über eigene der-
dieser Entwicklungen dazu führen werden, dass Gefechte zukünftig auf unterschiedliche Weisen geführt werden müssen. Wer sich auf diese Veränderungen nicht rechtzeitig einstellt, wird sich in militärischen Konflikten zunehmend schwerer behaupten können. Foto: Bundeswehr/Mario Bähr
as Amt für Heeresentwicklung führt hierzu derzeit die technologische Trendstudie „Gefechtsfeld zukünftiger Landstreitkräfte“ durch. Mit diesem Artikel werden aktuelle Forschungsergebnisse dieser Studie dargestellt und beginnend mit dem Abschnitt „Erste
Die Durchhaltefähigkeit in A2/AD-Szenarien wird maßgeblich durch den Einsatz weitreichender Waffensysteme bestimmt.
Autoren: Oberstleutnant Thomas Doll ist
Dezernatsleiter Operations Research – Modellbildung und Simulation im Amt für Heeresentwicklung. Uwe Beyer ist Abteilungsleiter Adaptive Reflective Teams im FraunhoferInstitut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS).
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zeitige Rüstungsanstrengungen hinaus. Der Artikel liefert Impulse und Denkanstöße für einen Diskurs zum etwaigen Bedarf zukünftiger Fähigkeiten.
Technologische Entwicklungen Beim Fortschritt der zivilen und militärischen technologischen Entwicklungen ist bereit jetzt erkennbar, dass einige
Gleichermaßen muss damit gerechnet werden, dass zukünftige Gegner die vorhandenen Defizite bereits frühzeitig erkennen und ausnutzen werden. Neben der Analyse aktueller Entwicklungsstände kommt damit dem rechtzeitigen Erkennen technologischer Trends eine herausgehobene Bedeutung zu. Im Folgenden werden Bereiche betrachtet, die das Potential haben, die zukünftige
Operationsführung von Landstreitkräfte nachhaltig zu verändern. Es handelt sich um militärtechnische Entwicklungen, die zum Teil deutlich über nationale Bestrebungen hinausgehen. Punktgenaue Fernwirkung Sowohl Reichweite als auch Präzision von indirekt gerichteten Waffensystemen und Wirkmitteln werden in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren eine deutliche Leistungssteigerung erfahren. Die Reichweite von Rohrartilleriesystemen wird auf etwa 100 Kilometer gesteigert werden können. Zudem werden diese Systeme zunehmend intelligente Munition verschießen, die in der Endanflugphase eine automatisierte Zielauswahl und gelenkte Zielbekämpfung durchführen kann. Dies führt dazu, dass Gefechtsfahrzeuge aller Art mit einer sehr hohen Trefferquote, weit außerhalb der Reichweite ihrer eigenen Waffenwirkung, punktgenau zerstört werden können. Der Einsatz KI-gestützter Algorithmen wird dazu beitragen, dass neuere Generationen dieser Munition Ziele noch präziser und treffsicherer bekämpfen können. Erste Varianten dieses Munitionstyps sind in der Bundeswehr bereits seit den frühen 2000er Jahren in Nutzung. Raketenbasierte Waffensysteme werden zukünftig Ziele, auf Entfernungen von bis zu mehreren hundert Kilometern, punktgenau bekämpfen können. Mit entsprechender Sensorik und Rechenleistung ausgestattet, werden sie zudem in der Lage sein, Ziele aktiv zu suchen. Zielortungsgenauigkeit, Ziel-Priorisierung und Flugverhalten werden in der Endanflugphase mittels KI-basierter Steuerungen nochmals verbessert. Neben beweglichen Zielen wie beispielsweise Kampfpanzern, Panzerhaubitzen oder Raketenwerfern können mit diesen Systemen auch gehärtete stationäre Ziele – z.B. die der Flugabwehr – zuverlässig bekämpft werden. Es ist zu erwarten, dass die Flugkörper sowohl ballistisch als auch im bodennahen Lenkflug eingesetzt werden können. Der bodennahe Anflug wird zu deutlich verkürzten Vorwarnzeiten sowie zu einer erschwerten Abwehr von anfliegenden Lenkflugkörpern führen.
Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt
Blick in die Zukunft
Holistische Führung baut auf Internet of Things-Technologie und KI-Verfahren auf.
Flächendeckende Realzeitaufklärung großer Räume Die Weiterentwicklung luft- und weltraumgestützter Aufklärungsmittel wird dazu führen, dass eine flächendeckende Aufklärung in Räumen von mehreren hunderttausend Quadratkilometern sichergestellt werden kann. Die Anzahl der eingesetzten Systeme wird deutlich zunehmen, wodurch Abdeckungen von bis zu 95 Prozent des Raumes durchaus plausibel erscheinen. In Kombination mit leistungsfähigen KIVerfahren wird es damit möglich werden, nahezu alle Fahrzeug-, Bahn- und Luftbewegungen zu erfassen, Fahrzeuge, Key-Leader und Schlüsselgüter zu klassifizieren und eine sehr hohe Anzahl von Zielen in Realzeit gleichzeitig zur verfolgen. Die Aufklärung erfolgt über lange Zeiträume und liefert damit auch dort Ergebnisse, wo eine einfache Bildauswertung heute versagen würde. Es erfolgt eine permanente Zielaufklärung in sehr großen Gebieten. Da die Aufklärung multispektral erfolgt, können Ziele, auch bei schwierigen Umweltbedingungen und bei Nacht, verfolgt werden. Der Einsatz unbemannter luftgestützter Aufklärungssysteme (UAS) wird auch zukünftig die weltraumgestützte Aufklärung sinnvoll ergänzen und zusätzliche Redundanzen schaffen.
Es ist zu erwarten, dass zukünftig, mit Hilfe KI-basierter Softwareagenten zur Überwachung von Netzwerkinfrastrukturen, eine permanente Aufklärung aller relevanten Kommunikationsströme des gesamten Operationsgebietes möglich wird. Dies beinhaltet insbesondere auch die Informationsströme zwischen technischen Einrichtungen, beispielsweise im Bereich kritischer Infrastrukturen, der Energieversorgung und des Verkehrs. Hierdurch entsteht ein Lagebild, welches vielfältige Rückschlüsse auf militärisch relevante Faktoren wie beispielsweise Produktion, Transport, Truppenbewegungen oder Engpässe zulässt. Das Lagebild beruht zu großen Teilen auf der Analyse öffentlich zugänglicher Informationen zum Beispiel aus dem Internet, sowie aus Last- und Verbindungsanalysen, die entweder offen zugänglich sind oder weniger gut geschützt werden können. Internet of Things und Führungssysteme Durch den konsequenten Einsatz von IoT(Internet of Things)-Technologie wird es zukünftig möglich sein, jede relevante personelle und materielle Komponente des gesamten Fähigkeitsspektrums der Landstreitkräfte in einem Informationsverbund zu 119
koppeln. Entsprechend aufbereitet entsteht so ein flächendeckendes Lagebild der eigenen, als auch der aufklärbaren gegnerischen Kräfte. Der als „Combat Cloud“ bezeichnete Informationsverbund kann automatisch und in Realzeit auf Ausfälle und Angriffe, sowohl im physischen als auch im Cyber- und Informationsraum, reagieren und konfiguriert sich permanent so, dass er in der aktuellen Lage bestmöglich funktioniert. Die permanent einströmende Informationsflut wird von KI-Systemen in Realzeit so verarbeitet, dass sie dem militärischen Führer zu jedem Zeitpunkt, ebenengerecht eine abgewogene Entscheidungsunterstützung bietet. Der gezielte Einsatz von IoT-Technologie im Zusammenwirken mit einem KI-gestützten Führungsprozess wird im Folgenden als „holistische Führung“ bezeichnet. Es ist zu erwarten, dass mit holistischer Führung eine maximale Verbundwirkung aller Wirk- und Aufklärungsmittel, aller Waffen- und Truppengattungen, der gesamten eingesetzten Streitkraft über alle Dimensionen hinweg möglich wird. Die KI-gestützte Koordinierung aller Komponenten in der Combat Cloud soll in der Lage sein, jeden erkennbaren Vorteil auszunutzen und klassischen Informations- und Entscheidungsabläufen in vielen Situationen deutlich überlegen sein. Das bewährte und leitende Prinzip der Auftragstaktik wird hierdurch nicht ersetzt, sondern im Sinne einer ebenengerechten und abgewogenen Entscheidungsunterstützung gezielt verbessert und sogar gestärkt. Die beschriebene Fähigkeit stellt rüstungstechnisch durchaus eine Herausforderung dar und wird zeitnah, z.B. mit Einführung eines neuen Führungssystems, nicht verfügbar sein. Vielmehr ist zu erwarten, dass zunächst nur eine Anfangsbefähigung erreicht wird, die dann nach und nach an Qualität und Funktionalität dazugewinnt. Andere Nationen, allen voran auch Israel, sind mit der Entwicklung entsprechender Systeme und Fähigkeiten bereits weiter fortgeschritten.
Mögliche Trends einer zukünftigen Gefechtsführung Die Kombination aus punktgenauer Fernwirkung und flächendeckender 120
Quelle: AHEntwg I 5/H Sundermann
Blick in die Zukunft
Ein mögliches Zonenkonzept zukünftiger Gefechtsführung aus der Studie „Gefechtsfeld zukünftiger Landstreitkräfte“.
Realzeitaufklärung großer Räume wird im Zusammenspiel mit holistischer Führung dazu führen, dass sich die Kräfteverhältnisse auf dem Gefechtsfeld nochmals weiter in Richtung weitreichender, vermehrt auch unbemannter Aufklärungs- und Wirksysteme, verschieben. Die alleinige Kernfähigkeit von Landstreitkräften, im Nahbereich mit Kräften Räume zu nehmen und zu halten, bleibt davon zwar unberührt. Sie wird aber noch viel stärker als bisher, im Vorfeld des eigentlichen Einsatzes, durch zielgenaue Abstandswirkung unterstützt. Jeder feindliche Kampfpanzer, der nicht zur Wirkung
kommt, verringert die Bedrohung der eigenen Kräfte im Nahbereich. Dies gelingt heute auf kurze bis mittlere Entfernungen. Die abstandsfähige Bekämpfung auf weite Entfernungen stellt derzeit noch ein Defizit dar, welches mit Hilfe technologischer Entwicklungen zu schließen ist.
Ein neues Zonenkonzept? Die Studie „Gefechtsfeld zukünftiger Landstreitkräfte“ empfiehlt gegebenenfalls über eine „neue Klassifizierung von Räumen und Zonen“ nachzudenken. Der hierzu entwickelte Ansatz
Anti-Access/Area Denial (A2/AD) Das A2/AD Konzept beschreibt die Fähigkeit eines Gegners, eigenen Kräften, wie weitreichenden Waffen gegen Ziele an Land, auf See und in der Luft den Zugang zu strategisch wichtigen Gebieten zu verwehren und ist eine weitere Herausforderung für zukünftige Landstreitkräfte. Die Freiheit der Operationsführung kann in allen Konfliktphasen immer wieder durch Maßnahmen aus diesem Bereich eingeschränkt sein und muss dann erst gewonnen bzw. zurückgewonnen werden. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass Luftstreitkräfte die permanente Operationsfreiheit für Landstreitkräfte nicht immer durch Herstellen der Luftüberlegenheit oder sogar Luftherrschaft in allen Konfliktphasen garantieren bzw. diese gar nicht erst erlangen können. Zukünftige Landstreitkräfte müssen daher mit hoch beweglichen Kräften am Boden, ergänzt um Mittel zur multispektralen Wirkung sowie zur Wirkung im Cyber-/Informationsraum, Lücken im gegnerischen A2/AD-Netzwerk identifizieren und ausweiten können. In der Folge gilt es größeren Formationen Eintritt zu verschaffen um die erforderliche Bewegungsfreiheit im Einsatzraum zu ermöglichen.
Blick in die Zukunft kung beider Parteien kann einander nur mit großem Aufwand erreicht und bekämpft werden. Keine der betroffenen Parteien kann offensiv agieren, ohne frühzeitig Verluste zu riskieren. Zwischen den Konfliktparteien entsteht ein „fragiles Gleichgewicht der Kräfte“, welches schlagartig zu Gunsten einer Seite kollabieren kann, sobald eine Partei die Fähigkeit zur flächendeckenden Realzeitaufklärung oder die Kampfkraftgleichheit bei Fernwaffen und Luftabwehr einbüßt. In diesem Fall führt der Dominoeffekt der Zonen dazu, dass die unterlegene Seite die Freiheit des Handelns verliert. Falls eine der Parteien bereits zu Beginn nur über eine unterlegene Fernwirkung oder unzureichende Aufklärung verfügt, kann die andere Partei höchstwahrscheinlich davon ausgehen, mit geringen Verlusten die eigenen Ziele zu erreichen. Dieses fragile Gleichgewicht der Kräfte legt nahe, dass jede Partei eine maximale Verbundwirkung aller Dimensionen (Land, Luft, See, Weltraum sowie Cyber- und Informationsraum) ausnutzt, um dominant zu werden.
Zusätzlich werden beide Seiten versuchen, die Sperrzone des Gegners zu penetrieren bzw. abzunutzen und sie dadurch gleichsam unwirksam zu machen. Die Fähigkeit, über alle Zonen hinweg den Verbund von Führung, Aufklärung, Wirkung und Unterstützung schnell, koordiniert und effektiv zur Wirkung zu bringen, wird auch zukünftig der entscheidende Faktor erfolgreicher Gefechtsführung bleiben. Es ist nicht davon auszugehen, dass jeder Konflikt notwendigerweise das volle Spektrum der ausgeführten Fähigkeiten erfordert, da die Konfliktparteien diese entweder nicht oder nur teilweise besitzen bzw. einsetzen. Das aktuell verfügbare Fähigkeitsspektrum wird also keineswegs an Bedeutung verlieren. Dessen ungeachtet muss eine moderne Streitkraft in der Lage sein, in allen relevanten Zonen angemessen agieren zu können. Nur so kann die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit zum einen und der notwendige Schutz der eigenen Soldaten zum anderen sichergestellt werden. Hinsichtlich des Aufbaus eigener A2/AD-Fähigkeiten zeichnet sich damit ein erster Handlungsbedarf ab.
Foto: Bundeswehr/PIZ Marine/Djibouti
lässt den Charakter zukünftiger Gefechte erkennen und unterstreicht die erforderliche Bedeutung dimensionsübergreifender Verbundwirkung (Multi Domain Operations). Neu ist hier insbesondere die benötigte Fähigkeit der punktgenauen Abstandswirkung auf Entfernungen von mehreren hundert Kilometern, im aufgeführten Schema als Fernbereich bezeichnet. Folgende Zonen werden unterschieden; • Urbaner Raum, • Nahbereich (bis zu zehn km), • Fernbereich (mehrere hundert km), • strategischer Fernbereich (mehrere tausend km) und • Weltraum. Der Cyber- und Informationsraum ist anteilig in den jeweiligen Zonen enthalten, ohne dass hier Entfernungen eine Bedeutung haben. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass die Überlegenheit in einer weiter außenliegenden Zone (z.B. dem strategischen Fernbereich) dazu führt, dass die Siegwahrscheinlichkeit in den inneren Zonen (z.B. dem Nahbereich) steigt, da der Gegner in dieser Zone angegriffen und abgenutzt werden kann, ohne dass er effektive Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Es entsteht ein Dominoeffekt, bei dem eine Überlegenheit in einer äußeren Zone dazu führt, dass man auch in allen innenliegenden Zonen nach einiger Zeit siegreich sein wird, obwohl der Gegner hier ursprünglich überlegen war. Die Überlegenheit in einer innenliegenden Zone (z.B. beim Kampf im Nahbereich) nutzt nichts, wenn nicht sichergestellt ist, dass in allen weiter außenliegenden Zonen zumindest Waffengleichheit herrscht. Durch die neue Fähigkeit der zielgenauen Abstandswirkung entsteht eine mehrere hundert Kilometer Tiefe „Sperrzone“ (Anti-Access/Area Denial Zone, A2/AD-Zone) in der sowohl Boden- als auch Luftsysteme zuverlässig zerstört werden können. Ein Tarnen, Schleiern oder Täuschen in dieser Sperrzone ist, zumindest mit herkömmlichen Verfahren, nicht mehr möglich, da jede Bewegung durch den qualitativ und quantitativ verbesserten Aufklärungsverbund permanent automatisch beobachtet und sicher bewertet werden kann. Die Fernwir-
Satellitengestützte Zielaufklärung, „holistischen Führung“ und weitreichende Waffensysteme werden das Gefecht von morgen grundlegend verändern. 121
Blick in die Zukunft Erste Ableitungen für Landstreitkräfte der Zukunft Es gilt, die beschriebenen Entwicklungen durch die Zukunftsentwicklung auszuwerten: Zukünftige Landstreitkräfte müssen sich mit all ihren Verfahren und Systemen nahtlos in das Gesamtfähigkeitsspektrum der Bundeswehr und aller verbündeten Nationen einfügen. Landstreitkräfte müssen unverändert zum Führen von Joint und Combined Operationen in der Lage sein. Ihre Kompetenz muss damit auch in den Zonen liegen, in denen heute aufgrund mangelnder Fähigkeiten noch Defizite bestehen. Die Studie sieht hier insbesondere den Fernbereich. Dieser erstreckt sich über eine Tiefe von mehreren hundert Kilometern und ist weder mit den Reichweiten noch mit der Zielgenauigkeit der derzeit in Nutzung befindlichen Wirksysteme (z.B. Artillerie) vergleichbar. Die Fähigkeit einer flächendeckenden Zielaufklärung in Kombination mit der Fähigkeit zur echtzeitnahen Übertragung von Aufklärungsergebnissen sind von entschiedener Bedeutung für die Durchsetzungsfähigkeit zukünftiger Landstreitkräfte. Hierzu sind robuste, dimensionsübergreifende Lösungen erforderlich. Die Fähigkeit zur KI-gestützten Führung aller Kräfte in allen Zonen ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der Sperrzone und damit für die Kampfkraft in entsprechenden Szenarien. Die Datenmenge der Informationen in Echtzeit aus der flächendeckenden hochauflösenden Aufklärung können von Menschen nicht mehr schnell und genau genug ausgewertet werden. Insbesondere hier wird der Einsatz KI-gestützter Analyse- und Auswerteverfahren erforderlich sein. Die Fähigkeit zur Bekämpfung von Punkt- und Flächenzielen in großer Entfernung ist essentiell für die Durchhaltefähigkeit. Hierbei sollte die Reichweite der eigenen Waffensysteme mindestens so groß sein wie die der gegnerischen Systeme, da der Gegner sonst die eigene Fernwirkung zerschlagen kann. Zusätzlich zu weitreichenden Raketenartilleriesystemen müssen Rohr-Artillerie-Systeme und Kampftruppen verfügbar sein, um Kräfte zu 122
bekämpfen, denen ein tiefes Eindringen in eine Sperrzone gelungen ist. Da der Gegner über ein eingeschränktes Arsenal von Fernwirkung höherer Reichweite verfügen kann, müssen eigene Kräfte gegen vereinzelten, gezielten Beschuss mit Lenkflugkörpern geschützt werden. Zudem muss auch bei massiven Luftangriffen davon ausgegangen werden, dass es dem Gegner gelingen kann, die Sperrzone mit vereinzelten Luftfahrzeugen zu durchstoßen. Zum Schutz vor diesen Bedrohungen sind entsprechende Abwehrsysteme erforderlich. Auch eine effektive Cyberabwehr ist unerlässlich für die Durchhaltefähigkeit in A2/AD-Szenarien. Der Ausfall von Systemen muss innerhalb von wenigen Minuten durch vorbereitete Resilienzmaßnahmen kompensiert werden können. Die Überlebensfähigkeit von „holistischen Führungsstrukturen“ entsteht durch ein verteiltes Operieren sowie durch eine Combat Cloud, die auf ein verteiltes Netzwerk von kooperierenden weit vorne liegenden IoT- und Führungskomponenten in den Plattformen aufbaut.
Laufende Arbeiten und Ausblick aus Sicht der Heeresentwicklung Die dargestellten technologischen Entwicklungen lassen erkennen, dass auf die Gefechtsführung zukünftiger Landstreitkräfte zahlreiche Herausforderungen zukommen. Insbesondere im Hinblick auf Auseinandersetzungen mit einem ebenbürtigen oder überlegenen Gegner zeichnen sich Fähigkeitslücken ab. Die Schließung dieser wird erhebliche Anstrengungen und zweifelsohne auch etliche Jahre Zeit kosten. Die sicherheitspolitische Lage an den Grenzen Europas und im nordatlantischen Bündnis verstärken diesen sich abzeichnenden Handlungsbedarf. Die aktuellen Anstrengungen des Heeres im Bereich der Digitalisierung von Landoperationen sind ein erster und wichtiger Schritt zum Aufbau holistischer Führungsfähigkeiten. Mit den beiden Forschungs- und Technologie Vorhaben „Shared Information Space“ und „5G im Rahmen beweglicher Gefechtsführung“
wird das Amt für Heeresentwicklung 2021 beginnen, weitere wichtige Grundlagen zu untersuchen. Andere Aktivitäten im nicht-technischen Studienbereich untersuchen derzeit, wie mittels geeigneter KI-Verfahren Gefechtssituationen analysiert und erforderliche Führungsentscheidungen bestmöglich unterstützt werden können. Es ist zu erwarten, dass auch diese Untersuchung weitere Hinweise zur Ausgestaltung holistischer Führungsfähigkeiten liefern wird. Eigene Artilleriesysteme sind derzeit in der Lage, mit Rohrwaffen auf eine Entfernung von ca. 30 Kilometer und mit Raketenwaffen auf eine Entfernung von ca. 80 Kilometer zu wirken. In der Fähigkeitsentwicklung wird bereits darauf hingearbeitet, auf Entfernungen von 100 Kilometern mit Rohrwaffen und mehreren hundert Kilometern mit Raketenwaffen punktgenau Einzelziele bekämpfen zu können. Jedem erkannten Ziel auf dem Gefechtsfeld steht damit ein Wirkmittel gegenüber, das in der Lage ist, dieses auf große Entfernungen zuverlässig zu bekämpfen. Sowohl potentielle Gegner als auch verbündete Nationen verfügen bereits heute über entsprechende Fähigkeiten. Der Aufbau einer dimensionsübergreifenden, eng verzahnten Zielaufklärung trägt der zunehmenden Bedeutung von zukünftigen A2/ AD-Szenarien Rechnung. Aus technologischer Sicht sind in Deutschland alle erforderlichen Ressourcen vorhanden, um eine entsprechende Fähigkeit aufzubauen. Im Sinne einer zukünftig zu stärkenden Rolle als Anlehnungspartner in Europa erscheint es durchaus auch denkbar, das Projekt im internationalen Verbund mehrerer europäischer Nationen anzustoßen. Die technologische Trendstudie „Gefechtsfeld zukünftiger Landstreitkräfte“ wird weitere Forschungsergebnisse liefern, die nach entsprechender Bewertung, in vielfältiger Form Eingang in die konzeptionelle Ausgestaltung des Deutschen Heeres finden werden. Derzeit wird an einem simulationsgestützten Wargame gearbeitet, mit dem die beschriebenen Fähigkeiten zukünftig tiefergehend L untersucht werden können.
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